6. Sonntag der Osterzeit

Apg 15,1-2.22-29; Ps 67,2-3.5.6 u. 8; Offb 21,10-14.22-23; Joh 14,23-29

Apg 15
1 Es kamen einige Leute von Judäa herab und lehrten die Brüder: Wenn ihr euch nicht nach dem Brauch des Mose beschneiden lasst, könnt ihr nicht gerettet werden.
2 Da nun nicht geringer Zwist und Streit zwischen ihnen und Paulus und Barnabas entstand, beschloss man, Paulus und Barnabas und einige andere von ihnen sollten wegen dieser Streitfrage zu den Aposteln und den Ältesten nach Jerusalem hinaufgehen.
22 Da beschlossen die Apostel und die Ältesten zusammen mit der ganzen Gemeinde, Männer aus ihrer Mitte auszuwählen und sie zusammen mit Paulus und Barnabas nach Antiochia zu senden, nämlich Judas, genannt Barsabbas, und Silas, führende Männer unter den Brüdern.
23 Sie gaben ihnen folgendes Schreiben mit: Die Apostel und die Ältesten, eure Brüder, grüßen die Brüder aus dem Heidentum in Antiochia, in Syrien und Kilikien.
24 Wir haben gehört, dass einige von uns, denen wir keinen Auftrag erteilt haben, euch mit ihren Reden beunruhigt und eure Gemüter erregt haben.
25 Deshalb haben wir einmütig beschlossen, Männer auszuwählen und zusammen mit unseren geliebten Brüdern Barnabas und Paulus zu euch zu schicken,
26 die beide für den Namen Jesu Christi, unseres Herrn, ihr Leben eingesetzt haben.
27 Wir haben Judas und Silas abgesandt, die euch das Gleiche auch mündlich mitteilen sollen.

28 Denn der Heilige Geist und wir haben beschlossen, euch keine weitere Last aufzuerlegen als diese notwendigen Dinge:
29 Götzenopferfleisch, Blut, Ersticktes und Unzucht zu meiden. Wenn ihr euch davor hütet, handelt ihr richtig. Lebt wohl!

Wir hören als erste Lesung aus der Apostelgeschichte, dass einige Vertreter aus Judäa nach Antiochia kommen, um ohne Bevollmächtigung radikale judenchristliche Lehren zu verbreiten und die Heidenchristen damit zu beunruhigen. „Herab“ kommen sie nicht deshalb, weil sie vom Norden in den Süden ziehen (Judäa liegt ja 50 km südlich vom syrischen Antiochien). Es hat vielmehr mit der Höhe der Städte zu tun. Deshalb heißt es oft, dass man hinaufzieht nach Jerusalem. Es liegt ja auf dem Zionsberg und während dort die Höhe über dem Meeresspiegel um die 800 Meter beträgt, liegt sie für Antiochia gerade mal bei 67 Metern.
Dieses Hinabziehen ist aber auch sinnbildlich zu deuten, denn die Christen der Jerusalemer Urgemeinde haben eine besondere Autorität. Sie stehen „höher“ als die nachfolgenden Gemeinden, denn dort ist das Christentum entstanden, dort haben die Apostel die Kerngemeinde gebildet. In dieser Situation ist es natürlich anders, da es sich nicht um apostolische Sendung handelt. Diese Menschen kommen nach Syrien in die Basis des Heidenchristentums. Dort predigen sie den Christen, dass sie sich beschneiden lassen müssen, um gerettet zu werden. Sie stellen heraus, dass die Beschneidung heilsnotwendig sei. Dies veranlasst die Christen zu einem Streit, denn die Heidenchristen sowie der Heidenapostel Paulus stehen für die Heilsnotwendigkeit allein der Taufe ohne vorausgehende Beschneidung ein. Es gibt wohl auch andere Streitfragen, bei denen sich Juden- und Heidenchristen nicht einig sind. Die beste Möglichkeit ist in so einer Situation, ein Konzil zusammenzurufen und die Fragen dort zu diskutieren. Es ist auch angemessen, mit solchen Fragen bis zur höchsten Autorität vorzudringen. Es betrifft schließlich die gesamte Christenheit.
Auch in Vers 2 wird mit dem Hinaufziehen nach Jerusalem gespielt. Es ist einerseits lokal zu verstehen, andererseits ist es aber auch wieder hierarchisch gemeint. Bei Uneinigkeit wenden sich die unterschiedlichen Parteien an die höhere Instanz, also an die Apostel. Paulus und Barnabas werden von der Gemeinde verabschiedet und ziehen daraufhin über Samaria und Phönizien nach Jerusalem.
Dann folgen hitzige Auseinandersetzungen auf dem Apostelkonzil in Jerusalem, von denen wir nichts hören. Es wurde über die Heilsnotwendigkeit der Beschneidung diskutiert sowie über die Einhaltung der gesamten Torah durch die Heiden. Petrus hat entschärfend gewirkt, Paulus und Barnabas die Chance gehabt, Zeugnis von der heidnischen Bekehrungswelle auf der ersten Missionsreise zu berichten und Jakobus sodann das entscheidende Wort gesprochen: So wie im levitischen Heiligkeitsgesetz sollen die Heiden aus Rücksicht vor den Judenchristen ein Mindestmaß an Ritualgeboten einhalten, ansonsten aber weder beschnitten werden noch der Torah unterworfen werden. Sie sollen nicht mit der pharisäischen Strenge belastet werden wie die Juden.
Damit können sich die meisten wohl anfreunden, denn wir hören davon, dass zusammen mit Paulus und Barnabas eine Gesandtschaft von zwei jerusalemer Brüdern nach Antiochia, der heidenchristlichen Basisgemeinde, zurückkehren und die Beschlüsse verlesen. Dies hätten Paulus und Barnabas auch hinbekommen, doch geht es hier um die Bedeutung der Vertreter. Dies macht die Angelegenheit hochoffiziell und autoritär. Das Zeugenrecht besagt, dass eine Sache von zwei Zeugen bestätigt werden muss. Judas Barsabbas und Silas werden ausgewählt, diese Aufgabe zu übernehmen. Wir erfahren auch den Wortlaut des Schreibens:
Es handelt sich von der Form her um einen Brief, der klassisch mit einem Präskript beginnt. Dort wird der Autor und der Absender formuliert sowie ein Gruß an den Adressaten gerichtet. Die Absender sind die Apostel und die Ältesten (das heißt die Presbyter der Urgemeinde). Bei den Empfängern handelt sich um die Heidenchristen („Brüder aus dem Heidentum“) in Antiochia, Syrien und Kilikien. Ein ganz knapper Gruß folgt der Nennung der Adressaten mithilfe des Wortes χαίρειν chairein (hier: „zum Gruß“).
Dann erfahren wir weitere Details von der Vorgeschichte, aufgrund welcher das Apostelkonzil überhaupt einberufen worden ist: Es gab Brüder der Urgemeinde, die ohne Beauftragung in Antiochia gepredigt und mit der Beschneidungsforderung für Unruhe gesorgt haben.
Aus diesem Anlass hat die Urgemeinde beschlossen, mit Barnabas und Paulus die Männer Silas und Judas zu ihnen zu senden, die auch mündlich für den Inhalt des Schreibens einstehen. Es sind wirklich bewährte Männer, die „ihr Leben eingesetzt haben“ für Christus. Es könnte durchaus auf Bedrängung von Seiten der jüdischen Elite in Jerusalem hindeuten, die immer wieder versuchte, die aufkommende „Christus-Sekte“ auszumerzen.
Und dann kommt dieser wunderbare Satz: „Denn der Heilige Geist und wir haben beschlossen.“ Das muss man wirklich betonen. Es ist ein Teamwork von Gott und Mensch. Trotz hitziger Auseinandersetzungen war der Prozess des Apostelkonzils geistgetragen und dieser hat ihnen die richtigen Impulse, Erinnerungen und Beschwichtigungen eingegeben, sodass die Kirche zusammengehalten werde. Wir müssen hier ganz klar unterstreichen, dass es von Anfang an Spannungen in der Kirche gibt. Wo unterschiedliche Menschen zusammenleben, belasten ihre menschlichen Schwächen irgendwann die Gemeinschaft. Und es ist auch normal, dass es unterschiedliche Akzente und Mentalitäten gibt. Von Anfang an war katholische Problemlösung immer darauf bedacht, diese Schwerpunkte in ihrer Vielfalt zu erhalten. Wo nur ein Akzent zugelassen worden ist, entstanden Sekten, die irgendwann nichts mehr mit dem Christentum zu tun hatten (z.B. Markion mit seinem Antijudaismus). Katholisch heißt „allumfassend“, auch in der Weite der Lehre. Dies gilt bis heute. Katholisch ist Gregorianik und Alte Messe, katholisch ist aber auch die katholische charismatische Erneuerung.
Was auf dem Apostelkonzil entschieden worden ist, wurde unter dem Einfluss des Heiligen Geistes beschlossen. Eine höhere Autorität gibt es nicht. So signalisiert das Schreiben nun etwas Entscheidendes, an das man sich unbedingt halten muss:
Die Heidenchristen müssen die „Last“ der Juden nicht tragen (Beschneidung, Torah), jedoch Götzenopferfleisch, Blut, Ersticktes und Unzucht meiden. Sie verhalten sich richtig, wenn sie wenigstens dies halten.
Der Brief endet mit der gängigen Abschlussformel ἔρρωσθε errosthe, was so viel wie „Lebet wohl“ oder „Gehabt euch wohl“ bedeutet.
So ziehen die vier Männer nach Antiochia und der Brief wird dort verlesen. Es ist heilsam, dass in dieser Streitfrage endlich ein Machtwort gesprochen und Gewissheit eingekehrt ist. Die Verunsicherung in einer ganz ungeklärten Situation hat die Heidenchristen sehr verunsichert.
Wir lernen aus der heutigen Perikope, dass eine Autorität innerhalb einer Gemeinschaft wirklich wichtig ist. In so einem System kann Klarheit herrschen und eine deutliche Linie vorgegeben werden, die wiederum mit dem Willen Gottes übereinstimmen muss. Wenn jeder macht, was er will und keine Einigkeit bei allen Christen herrscht, ist es keine Weltgemeinschaft mehr. Es zerfällt in ein einziges Schollenmeer, das keine Einheit mehr hat. Und ganz wichtig: Lehramt ist nicht etwas menschlich Gemachtes für den persönlichen Machterhalt, wie jetzt wieder so laut behauptet wird. Es ist die Vollmacht, die Christus seinen Aposteln übertragen hat. Diese ist durchdrungen vom hl. Geist, den man nicht einfach leugnen darf und dann behaupten kann: „Ach, und du weißt genau, was Gottes Wille ist oder was!“

Ps 67
2 Gott sei uns gnädig und segne uns. Er lasse sein Angesicht über uns leuchte
n,
3 damit man auf Erden deinen Weg erkenne, deine Rettung unter allen Völkern. 
5 Die Nationen sollen sich freuen und jubeln, denn du richtest die Völker nach Recht und leitest die Nationen auf Erden.  
6 Die Völker sollen dir danken, Gott, danken sollen dir die Völker alle. 
8 Es segne uns Gott! Fürchten sollen ihn alle Enden der Erde.

Als Antwort beten wir Ps 67, der den aaronitischen Segen aufgreift und weiterführt. Es handelt sich von der Gattung her um ein Danklied.
In Vers 2 wird Vers 25 aus Num 6 sehr ähnlich wiederholt: Die beiden Bestandteile „Gnädigsein“ und „Leuchten seines Angesichts“ aus dem Numeritext sind hier wieder zu erkennen. Es wird aber nicht nur wiederholt, sondern reflektiert. Der Zweck des Wunsches wird nämlich an dieser Stelle erklärt: Die Israeliten sollen durch das Leuchten des Angesichts Gottes seinen Weg erkennen, das heißt seinen Willen. Der aaronitische Segen wird paränetisch fortgesetzt, also zur Unterweisung im moralischen Verhalten. Der nächste Nebensatz geht darüber hinaus. Die Rettung unter allen Völkern klingt in unseren christlichen Ohren sehr messianisch (hebr. בְּכָל־גֹּ֝ויִ֗ם יְשׁוּעָתֶֽךָ b’chol-gojim jeschu’atecha, der Name Jesu ist enthalten und wird auf die nichtjüdischen Völker bezogen). So müssen wir den Vers in messianischer Interpretation folgendermaßen verstehen: Lass dein Angesicht leuchten, damit wir den Messias erkennen, der die ganze Welt erlösen wird.
Im Anschluss erkennen wir wieder die positive Sicht auf das göttliche Gericht, über das die „Nationen“ sich freuen. Hier steht עַמִּ֥ים ammim und nicht gojjim, was auf die Stämme Israels hinweist. Die Stämme können dann endlich aufatmen, nachdem sie so viel Leid durch Fremdherrschaft und Tyrannei erleiden mussten. Gott bringt endlich die ersehnte Gerechtigkeit!
Der Psalm wird mit einem Segenswunsch abgeschlossen, der wiederum an den aaronitischen Segen von Num 6 anknüpft.
Die Psalmen bringen immer wieder zum Ausdruck, dass Gottes Erlösungsplan, der sich mit Jesus erfüllt hat, über die jüdischen Grenzen hinausgeht, aber v.a. dort beginnt. Deshalb ist dieser Psalm eine sehr passende Antwort auf die erste Lesung, in der die Heidenchristen eine Erleichterung erfahren, sich zugleich der judenchristlichen Leitung unterstellen.

Offb 21
10 Da entrückte er mich im Geist auf einen großen, hohen Berg und zeigte mir die heilige Stadt Jerusalem, wie sie von Gott her aus dem Himmel herabkam,
11 erfüllt von der Herrlichkeit Gottes. Sie glänzte wie ein kostbarer Edelstein, wie ein kristallklarer Jaspis.
12 Die Stadt hat eine große und hohe Mauer mit zwölf Toren und zwölf Engeln darauf. Auf die Tore sind Namen geschrieben: die Namen der zwölf Stämme der Söhne Israels.
13 Im Osten hat die Stadt drei Tore und im Norden drei Tore und im Süden drei Tore und im Westen drei Tore.
14 Die Mauer der Stadt hat zwölf Grundsteine; auf ihnen stehen die zwölf Namen der zwölf Apostel des Lammes.
22 Einen Tempel sah ich nicht in der Stadt. Denn der Herr, ihr Gott, der Herrscher über die ganze Schöpfung, ist ihr Tempel, er und das Lamm.

23 Die Stadt braucht weder Sonne noch Mond, die ihr leuchten. Denn die Herrlichkeit Gottes erleuchtet sie und ihre Leuchte ist das Lamm.

In der zweiten Lesung aus der Johannesoffenbarung hören wir heute wieder vom himmlischen Jerusalem. Letzte Woche wurde die Neuschöpfung Gottes nach dem Weltgericht und der Zerstörung des Feindes und des Todes in den Blick genommen. Es wurde angekündigt, welchen Trost Gott schenken wird und wie er alles neu macht. Heute schaut der Visionär das himmlische Jerusalem im Detail:
Zunächst wird er auf einen hohen Berg gestellt, wie Jesus bei der Versuchungsgeschichte. Auf diese Weise kann er einen Überblick über die Stadt erhalten. Johannes erwähnt noch einmal, dass die Stadt aus dem Himmel herabkommt. Das kam auch in dem Abschnitt letzte Woche. Das ist wichtig, weil es die Vaterunser-Bitte erfüllt: Das Reich kommt von der Ewigkeit her, sodass es sich durchsetzt „wie im Himmel, so auf Erden“.
Die Herrlichkeit der Gnade Gottes wird wie schon im Alten Testament mit dem Bildfeld des Edelsteins verglichen. Edelsteine haben schöne Farben und Beschaffenheiten, in denen sich das Licht bricht, sobald es durch sie scheint. Gottes Herrlichkeit erstrahlt also in hellem Licht und in wunderschönen Farben. Als Beispiel wird an dieser Stelle der Jaspis genannt, laut antiken Quellen ein glasklarer Stein, aus dem sich der grüne Smaragd entwickelt. Das es sich um Lichtspiel handelt, erkennen wir auch am Ende, wo es heißt, dass Gottes Gegenwart inmitten der Stadt so hell leuchtet, dass es keiner Himmelskörper mehr bedarf. Das Licht der Herrlichkeit Gottes ist vollkommener als das Licht von Himmelskörpern, weil wir das ungeschaffene Licht mit dem geschaffenen Licht vergleichen.
Johannes schaut sodann die Stadtmauer, die zwölf Tore und zwölf Grundsteine besitzt. Auf den Toren stehen die Namen der zwölf Stämme Israels, auf den Grundsteinen die der zwölf Apostel. Es geht einem ein wenig auf, dass diese Namen zusammen 24 ergeben und diese die Ältesten um den Thron Gottes sind. Was hier geschaut wird, ist ein anderes Bild für dieselbe Wirklichkeit wie in Offb 4-5. Was zuvor nur im Himmel ist, nämlich Gottes Reich in seiner Ordnung, wird am Ende der Zeiten auf die Erde verlagert, wiederum in derselben Ordnung. Gott ist in der Mitte und um ihn herum die 24 Ältesten, die Vertreter des Alten und Neuen Bundes. Wir können diese Vision sehr auf die erste Lesung beziehen: Das Heil kommt von den Juden und doch ist es universal. Gott setzt sich sein Volk zusammen aus allen Völkern, Stämmen, Sprachen und Nationen. Der Alte Bund ist nicht verworfen, Gott ist treu. Zugleich läuft der Alte Bund zusammen im Neuen Bund wie in einem Fluchtpunkt. Jesus hat die jüdischen Gebote aufgegriffen, um aus ihnen etwas Neues zu machen. Er hat vieles aufgegriffen, nicht um es zu verwerfen, sondern um es zu erfüllen. Dieses Bild von 24 Namen an der Stadtmauer ist uns also ein tiefes Sinnbild für die Beziehung von Altem und Neuem Bund.
Wie letzte Woche angedeutet bedarf es auch keines Tempels mehr, denn Gott selbst ist der Tempel. Der Schleier des Vorübergehenden ist hinweggenommen. Alle Bewohner schauen Gott, wie er ist. Wir werden keine Sakramente etc. mehr haben.

Joh 14
23 Jesus antwortete ihm: Wenn jemand mich liebt, wird er mein Wort halten; mein Vater wird ihn lieben und wir werden zu ihm kommen und bei ihm Wohnung nehmen.
24 Wer mich nicht liebt, hält meine Worte nicht. Und das Wort, das ihr hört, stammt nicht von mir, sondern vom Vater, der mich gesandt hat.
25 Das habe ich zu euch gesagt, während ich noch bei euch bin.
26 Der Beistand aber, der Heilige Geist, den der Vater in meinem Namen senden wird, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe.

27 Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch; nicht, wie die Welt ihn gibt, gebe ich ihn euch. Euer Herz beunruhige sich nicht und verzage nicht.
28 Ihr habt gehört, dass ich zu euch sagte: Ich gehe fort und komme wieder zu euch. Wenn ihr mich liebtet, würdet ihr euch freuen, dass ich zum Vater gehe; denn der Vater ist größer als ich.
29 Jetzt schon habe ich es euch gesagt, bevor es geschieht, damit ihr, wenn es geschieht, zum Glauben kommt.

Im Evangelium hören wir einen Abschnitt aus der ersten Abschiedsrede. Jesus spricht darüber, was Liebe ist: Es geht darum, auf sein Wort zu hören. Dieses ist ausgestreut in alle Richtungen. Jesus ist schließlich von Ort zu Ort gezogen und hat überall das Reich Gottes verkündet. Das Wort hat er also allen angeboten – und somit sich selbst, denn er ist dieses Wort Gottes in fleischgewordener Form! Dieses kam in sein Eigentum, doch die Seinen nahmen ihn nicht auf, wie der Johannesprolog ausdrückt. Es gibt also Menschen, die auf sein Wort hören, und solche, die nicht darauf hören. Wer es aber annimmt, den wird der Vater lieben und zusammen mit dem Sohn bei diesem Menschen Wohnung nehmen. Sie offenbaren sich somit auch jenem Menschen. Das ist die Andeutung des Neuen Bundes und des Prozesses, der durch die Taufe in Gang gesetzt wird. Gott nimmt Wohnung in uns. Die Apostel haben Jesus gläubig angenommen und so offenbart er sich ihnen auch zusammen mit dem Vater. Gott nimmt den Willen des Menschen ernst. Er offenbart sich eigentlich der ganzen Welt durch sein Wort, doch wer es nicht annimmt, für den bleibt Gott dunkel – nicht weil Gott Bedingungen stellt, sondern der Mensch selbst dafür sorgt.
Jesus sagt auch, dass das von den Aposteln gehörte Wort vom Vater stammt. Jesus sagt nichts, was nicht im Einklang mit dem Vater ist. Sie sind eins.
Er erklärt auch, dass er ihnen das alles in seiner Zeit auf Erden gesagt hat. Doch durch den Heiligen Geist, der der Beistand ist, werden sie an alles erinnert werden. Viele Beispiele dafür sehen wir in der Apostelgeschichte. Die Apostel werden nach dem Pfingstereignis erst so richtig verstehen, was Jesus mit bestimmten Aussagen meinte. Sie werden das schon längst Vergessene als sehr entscheidende Dinge begreifen und sie voller Begeisterung auch den anderen Menschen verkünden, sodass auch diese zum Glauben an Jesus Christus kommen. Allein die Pfingstpredigt ist ein absolutes Meisterwerk von Schriftenauslegung auf Christus hin. Ein einfacher Fischer ist von einem Moment auf den anderen zum Exegeten Gottes geworden mit so einem Enthusiasmus, dass er 3000 Menschen auf einen Schlag für Christus gewinnt. Das hat der Heilige Geist in ihm bewirkt und das kann der Geist auch mit uns tun, wenn wir ihn nur lassen. Dieser Geist geht vom Vater aus, aber auf den Namen Jesu Christi, somit auch von diesem.
Dann spricht Jesus über den Frieden, der eine Frucht des Heiligen Geistes ist. Er ist nichts, was die Menschen sich selbst machen können. Der Friede der Welt ist allenfalls ein Waffenstillstand, etwas Vorübergehendes, das politischer Natur ist. Der Friede Gottes ist verbunden mit dem ewigen und umfassenden Heil, das nur Gott schenken kann. Das hebräische Wort שלום schalom bedeutet zugleich „Frieden“ und „Heil“. Im Griechischen wird dafür immer das Wort εἰρήνη eirene gebraucht. Jesus hinterlässt etwas. Wenn er so spricht, ist für die Apostel klar, dass er sich verabschiedet. Sie verstehen noch nicht, was als nächstes passieren wird. Sie werden trotz der mehrfachen Leidensankündigungen Jesu von der Auslieferung und den Geschehnissen der Nacht überrumpelt werden. Es wird sie ganz überfordern, sodass nur Johannes in der Sterbestunde Jesu bei ihm sein wird. Der Apostelführer Petrus wird ihn sogar verleumden und Judas Iskariot sich aus Verzweiflung umbringen. Und dennoch wird Jesus ihnen sein Testament zurücklassen, sein göttliches Wort. Er hat ihnen alles gesagt und es ihnen durch Taten verdeutlicht. Sie werden nicht alles begriffen haben und deshalb vergessen. Doch deshalb wird der Geist sie an Pfingsten an all diese wichtigen Aussagen Jesu wieder erinnern. Und das, was sie von Jesu Worten und Taten dann verkündet und weitergegeben haben, ist das Testament Jesu. Nicht umsonst nennen wir den verschriftlichen Teil von dieser Überlieferung das Neue Testament.
Jesus beruhigt die Apostel im Vorfeld schon, indem er ihnen zuspricht: „Euer Herz beunruhige sich nicht und verzage nicht.“ Vielleicht spüren die Apostel im Abendmahlssaal schon, dass sich etwas anbahnt. Im Kontext der Friedensrede besagt es zudem, dass Friede im Herzen beginnt.
Jesus greift die Rede von seiner Heimkehr zum Vater wieder auf, die er einige Verse zuvor schon angedeutet hat: „Ihr habt gehört, dass ich zu euch sagte: Ich gehe fort und komme wieder zu euch. Wenn ihr mich liebtet, würdet ihr euch freuen, dass ich zum Vater gehe; denn der Vater ist größer als ich.“ Was meint Jesus damit? Anscheinend haben die Apostel traurig reagiert, als er dies angedeutet hat. Jesus wird sie schließlich verlassen, den sie so lieb gewonnen haben. Dabei können sie sich freuen, denn wenn Jesus zum Vater geht, wird er seine Entäußerung ablegen und verherrlicht werden. Er wird wiederkommen in seiner ganzen Macht und Stärke. In dieser Hinsicht ist der Vater stärker als der irdische Jesus vor seiner Auferstehung und Himmelfahrt. Er nimmt seine Göttlichkeit auf Erden ja nicht in Anspruch.
Die Apostel können sich freuen, weil sie von der sich durchsetzenden Macht Gottes nur profitieren können, so wie die ganze Welt, die das Heil Gottes schauen wird. Zudem können sie sich freuen, weil der Vater ja auch den Geist senden wird, der den Aposteln als Beistand dienen und sie noch viel größere Zeichen sehen lassen wird.
Jesus sagt zu seinen Aposteln, dass er ihnen das alles voraussagt, damit sie dann zum Glauben kommen, wenn es geschieht. Das heißt nicht, dass sie jetzt Ungläubige wären, sondern dass sie dann alles begreifen werden. Was man richtig verstanden hat, kann man auch bewusst gläubig annehmen. Das wird geschehen, wenn der Geist Gottes ihnen die Augen öffnen wird. Momentan nehmen sie es an, obwohl sie es noch gar nicht richtig verstehen.

Heute hören wir, welche Bedeutung die Apostel eigentlich haben, wie sich Gott ihnen offenbart und sie mit einer besonderen Autorität ausgestattet sind. Deshalb kommt es auch zu einem Konzil in Gegenwart dieser Apostel, damit wichtige Glaubensfragen geklärt werden können. Wir erfahren, dass diese Apostel die Grundsteine der Stadtmauer des himmlischen Jerusalems bilden. Sie anzuerkennen und ihrer Autorität zu folgen, ist also kein Klerikalismus und religiöses „Stockholm-Syndrom“, sondern der Wille Gottes.

Ihre Magstrauss

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