7. Sonntag der Osterzeit (C)

Apg 7,55-60; Ps 97,1-2.6-7.9 u. 12; Offb 22,12-14.16-17.20; Joh 17,20-26

Apg 7
55 Er aber, erfüllt vom Heiligen Geist, blickte zum Himmel empor, sah die Herrlichkeit Gottes und Jesus zur Rechten Gottes stehen
56 und rief: Siehe, ich sehe den Himmel offen und den Menschensohn zur Rechten Gottes stehen.
57 Da erhoben sie ein lautes Geschrei, hielten sich die Ohren zu, stürmten einmütig auf ihn los,
58 trieben ihn zur Stadt hinaus und steinigten ihn. Die Zeugen legten ihre Kleider zu Füßen eines jungen Mannes nieder, der Saulus hieß.
59 So steinigten sie Stephanus; er aber betete und rief: Herr Jesus, nimm meinen Geist auf!
60 Dann sank er in die Knie und schrie laut: Herr, rechne ihnen diese Sünde nicht an! Nach diesen Worten starb er.

In der ersten Lesung hören wir von Stephanus, dem ersten Märtyrer der Kirche. Nachdem der Diakon von seinen Neidern vor den Sanhedrin gebracht worden ist und der Hohepriester die Vorwürfe gegen ihn zur Sprache gebracht hat, hält Stephanus eine lange Verteidigungsrede. Es handelt sich dabei um die längste Rede in der Apostelgeschichte. Er unternimmt darin einen gesamten Abriss der Heilsgeschichte Gottes mit dem Volk Israel angefangen mit Abraham. Zum Ende hin formuliert Stephanus harte Vorwürfe gegenüber dem Sanhedrin und den Juden. Er nennt die Juden halsstarrig und an Ohren und Herzen unbeschnitten, eine ganz schöne Provokation! Sie knirschen mit den Zähnen, heißt es unmittelbar vor unserem gehörten Abschnitt.
Doch Stephanus lässt sich gar nicht davon beirren. Stattdessen schaut er zum Himmel und erhält eine wunderbare Vision, in der er Christus zur Rechten des Vaters sitzen sieht. Ihm wird zuteil, was dem Propheten Daniel und später dann auch dem Seher in der Johannesoffenbarung geschenkt wird: Den Blick in den himmlischen Thronsaal.
Er spricht es auch aus in Anlehnung an den Propheten Daniel. Es ist eigentlich ein Schriftwort, das die Hohepriester und Schriftgelehrten kennen. Es ist auch jenes Schriftwort, dass sie beim Prozess Jesu in Rage gebracht hat und weshalb sie ihre Gewänder zerrissen haben. Es ist für sie der Höhepunkt der Blasphemie. Sie erkennen nicht, dass Jesus der Messias ist, oder vielmehr: Sie wollen es nicht einsehen, obwohl die Zeichen eindeutig sind.
Das bringt das Fass zum Überlaufen und so schreien die Anwesenden auf, treiben den Angeklagten zur Stadt hinaus und steinigen ihn. Es ist ein Fall von Lynchjustiz, der aber als heilige Handlung angesehen wird. Die Juden meinen, Gott mit dieser schrecklichen Tat einen Dienst zu erweisen. Sie verstehen nicht, was sie da tun. Und somit tun sie es ihren Vätern gleich, die schon nicht auf Gottes Stimme hören wollten und so seine auserwählten Knechte umgebracht haben.
Am Ende wird Saulus erwähnt, der später der größte Völkerapostel Paulus werden würde. Bis zu seiner Bekehrung ist er aber ein eifriger Christenverfolger und von seiner Bildung her Pharisäer. Ihm legen die Juden die Kleider zu Füßen. Er hat einen großen Anteil an dieser tragischen Geschichte, durch die eine Christenverfolgung in Jerusalem eingeleitet wird, die erste in der Geschichte der Christenheit.
Stephanus stirbt als Märtyrer. Er betet für seine Verfolger und übergibt Gott vertrauensvoll seinen Geist. Seine Haltung entspricht Jesus am Kreuz. Sein heroischer Mut hat ihn direkt an den Ort gebracht, den er unmittelbar vor seinem Tod schauen durfte.

Ps 97
1 Der HERR ist König. Es juble die Erde! Freuen sollen sich die vielen Inseln.

2 Rings um ihn her sind Wolken und Dunkel, Gerechtigkeit und Recht sind die Stützen seines Thrones.
6 Seine Gerechtigkeit verkünden die Himmel, seine Herrlichkeit schauen alle Völker.
7 Alle, die Bildern dienen, werden zuschanden, die sich der Götzen rühmen. Vor ihm werfen sich alle Götter nieder.
9 Denn du, HERR, bist der Höchste über der ganzen Erde, hoch erhaben bist du über alle Götter.
12 Freut euch am HERRN, ihr Gerechten, dankt seinem heiligen Namen!

Als Antwort betet die Kirche einen Lobpsalm. Man könnte sich fragen: Wie kann man das tun, nachdem ein Mensch für den Glauben gestorben ist? Gerade deswegen. In der Offenbarung des Johannes, aus der wir gleich die zweite Lesung hören, werden die Märtyrer als Sieger bezeichnet. Sie kommen direkt in den Himmel und werden sofort belohnt. Stephanus hat seinen Glauben bis ins Blut bezeugt. Für diesen Zeugen können wir den Herrn einfach nur preisen! In diesem Psalm werden Gottes Königsherrschaft und Gerechtigkeit betrachtet.
Gott ist König und ist als Mensch gewordener Messias zu uns gekommen. Gottes Königsherrschaft, so hat Jesus erklärt, ist nicht von dieser Welt, wie gesagt ist er der Herr des ganzen Universums, vor allem aber ist er König des Gottesreiches, doch fühlen sich mit Jesu Geburt die irdischen Herrscher bedroht. Herodes lässt sogar alle erstgeborenen Söhne bis zum zweiten Lebensjahr umbringen, damit der Messias ihm den Königsthron nicht streitig macht. Wir glauben, dass Gott über allen Königen steht und der Weltenherrscher ist. Dies bejubeln wir heute als gesamte Menschheit („es juble die Erde“). Auch „die vielen Inseln“ sollen sich freuen. Weltweit soll das Lob Gottes erschallen. Stephanus hat den Königsthron geschaut. Uns wird klar: Gottes Reich ist nicht von dieser Welt, aber es ist nicht weit weg und von uns abgeschnitten. Es fällt hinein in unsere Wirklichkeit und es ist schon angebrochen. Wo Gottes Wille in dieser Welt bereits geschieht, da ist schon Gottes Reich unter uns.
Gottes Thron wird von „Gerechtigkeit und Recht“ gestützt. Das ist sehr bildhaft geschrieben und ist auf Gottes Herrschaft zu beziehen: Diese gründet auf Gerechtigkeit und Recht. Wenn Gott richtet, ist es immer gerecht und berücksichtigt jene, die auf Erden Ungerechtigkeit erfahren haben. Deshalb ist Gottes Gericht auch eine Erlösung für die Menschen. „Wolken“ sind uns als Theophaniezeichen bekannt. Immer dort, wo Gottes Herrlichkeit im AT sowie NT sich auf etwas hinabsenkt, kommt eine Wolke oder Wolkensäule. Manchmal wird es als Rauch beschrieben. Die Nennung von Dunkelheit ist nicht ganz wörtlich. Eigentlich heißt das hebräische Wort עֲרָפֶל arafel nicht Dunkelheit, sondern Nebel. Beides – „Wolke“ und „Nebel“ stellen Theophaniezeichen Gottes dar, also Phänomene, die seine Gegenwart anzeigen.
Gottes Herrlichkeit schauen die Völker. Dabei sind allgemein alle Völker gemeint, nicht nur die Stämme Israels. Das hebr. הָעַמִּ֣ים ha’ammim „die Völker“ ist ein allgemein gehaltenes Wort.
Gott ist der Höchste und der einzige, den die Menschen anbeten dürfen. Alle, die dagegen Kultbilder anbeten, werden schwer bestraft. Götzendienst ist die schlimmste Sünde, die es für Gott gibt, der ein eifersüchtiger Gott ist. Nicht umsonst ist es das erste Gebot des Dekalogs. „Vor ihm werfen sich alle Götter nieder.“ Wir können es rhetorisch oder als poetisches Stilmittel sehen (die Nichtigkeiten verbeugen sich vor dem einzig wahren Gott) oder es ist wirklich wörtlich gemeint. Denn zu einer bestimmten Zeit verstanden die Menschen schon, dass Gott der Höchste ist, doch schlossen die Existenz anderer Götter nicht aus (Monolatrie). Erst nach dem Exil kommt die Erkenntnis, dass es eigentlich nur einen einzigen Gott gibt und die Götter der anderen Völker nur Illusionen sind (Monotheismus). Je nachdem, was man hier für einen Erkenntnisstand voraussetzt, muss man es verstehen. Für uns Christen ist klar, dass dies sinnbildlich zu verstehen ist: Es gibt nur einen einzigen Gott und alles andere ist Götze. Diese Aussage ist gleichsam als Steigerung zu verstehen, denn Gott ist nicht nur anzubeten von allen Lebewesen auf Erden, sondern sogar von den anderen „Göttern“. Das zeigt, dass er wirklich Herr ist über das ganze Universum, über die sichtbare und die unsichtbare Welt.
Zum Schluss erfolgt ein Lobpreisaufruf Gottes. Das ist typisch für Psalmen und auch wir dürfen uns angesprochen fühlen. Der Herr wird seinem Namen immerzu gerecht, er rettet und heilt. Er ist zugleich heilig, weil er der ganz Andere ist.

Offb 22
12 Siehe, ich komme bald und mit mir bringe ich den Lohn und ich werde jedem geben, was seinem Werk entspricht.
13 Ich bin das Alpha und das Omega, der Erste und der Letzte, der Anfang und das Ende.
14 Selig, die ihre Gewänder waschen: Sie haben Anteil am Baum des Lebens und sie werden durch die Tore in die Stadt eintreten können.
16 Ich, Jesus, habe meinen Engel gesandt als Zeugen für das, was die Gemeinden betrifft. Ich bin die Wurzel und der Stamm Davids, der strahlende Morgenstern.
17 Der Geist und die Braut aber sagen: Komm! Wer hört, der rufe: Komm! Wer durstig ist, der komme! Wer will, empfange unentgeltlich das Wasser des Lebens!
20 Er, der dies bezeugt, spricht: Ja, ich komme bald. – Amen. Komm, Herr Jesus!

Als zweite Lesung hören wir das Ende der Johannesoffenbarung. Diese ist von der Gattung her eine Mischung. Elemente der Apokalypse bzw. der Prophetie werden eingefasst in einen Briefrahmen. Am Ende des Geschauten erfolgen also noch einmal dialogische Verse, in denen Christus selbst spricht.
Jesus kommt bald. Das ist, was bereits die ersten Christen von Herzen geglaubt haben. Sie lebten in einer absoluten Naherwartung. Das betrifft nicht nur das Zeitliche, sodass sie bereit waren, für den Glauben zu sterben, weil sie überzeugt waren, dass Jesus bald wiederkommt. Es ist vielmehr die Haltung eines Stephanus, den Himmel gleichsam geöffnet zu sehen, das Reich Gottes so sehr schon angebrochen wahrzunehmen, dass man bereit ist, dafür alles aufs Spiel zu setzen.
Auf Jesu „Ich komme bald“ antwortet die Kirche seither mit dem aramäischen Ruf „Maranatha“. Das frühchristliche Gebet heißt: Der Herr kommt oder soll kommen. Hier in der Offenbarung heißt es am Ende „Komm, Herr Jesus!“. Dieser frühchristliche Ruf wurde vor allem in der Liturgie gebetet, also bei der Eucharistiefeier. Das ist besonders beeindruckend, denn für die frühe Kirche war es selbstverständlich, dass die Wiederkunft Christi nicht rein futurisch ist, also am Ende der Zeiten geschieht. Mit jedem Kommen in der Eucharistie haben die ersten Christen die Wiederkunft Christi sakramental bereits wahrgenommen! Parusia wurde synonym mit dem Begriff der Realpräsenz verwendet! Die Johannesoffenbarung ist ebenfalls am Herrentag gegeben worden und wir müssen verstehen, dass der Kern der Johannesoffenbarung liturgisch ist.
Jesus bezeichnet sich selbst als das Alpha und das Omega, den Ersten und Letzten, den Anfang und das Ende. Als Christen glauben wir, dass alles aus Gott geschaffen ist und auf ihn hin geschaffen ist. Die Schöpfungslehre ist zudem christozentrisch, das heißt, dass alles durch Christus und auf Christus hin geschaffen ist. Er ist das Ziel und der Mittelpunkt, nicht nur der Schöpfungsmittler.
Seliggepriesen werden jene, die ihre Gewänder waschen. Das ist absolute Taufterminologie. In Offb 7, das wir vor einigen Wochen gehört haben, ging es um die Besiegelung, die vor dem ewigen Tod rettet. Im selben Kapitel wird erklärt, dass die Sieger vor Gottes Thron ihre Gewänder reingewaschen und im Blut des Lammes weiß gemacht haben. Dasselbe wird hier ausgesagt: Die Taufe ist heilsnotwendig. Die gewaschenen Gewänder sind ein Bild dafür. Anteil am Baum des Lebens ist ein Stichwort, das uns an den Garten Eden erinnert. Die Menschheit ist ausgeschlossen worden, nachdem sie in Sünde gefallen ist. Am Ende der Zeiten wird diese Katastrophe endgültig abgeschlossen sein, sodass der Mensch zurückkehrt in die Heimat, die die Gemeinschaft mit Gott ist. Letzte Woche hörten wir zudem von der himmlischen Stadt Jerusalem, die vom Himmel herabkommen wird. Es war auch die Stadtmauer beschrieben worden. Durch die Tore hindurch in die Stadt zu gelangen, ist ein anderes Bild für den Zugang zum Himmelreich.
Jesus häuft weitere Bilder in der Selbstbeschreibung an: Er nennt sich die Wurzel und den Stamm Davids. Damit greift er ein genealogisches Bild des Alten Testaments auf, denn Baummetaphorik wird in der alttestamentlichen Prophetie oft für die Abstammung des erwarteten Messias verwendet. Er ist nicht mehr der Spross aus der Wurzel Isai, sondern er ist die Wurzel selbst. Damit drückt er aus, dass er ursprünglich ist. Er ist aber auch der Stamm. Das griechische Wort ist an der Stelle genos, was die Übersetzung „Stamm“ eher als „Abstammung“ charakterisiert. Es gibt die These, dass von der Tradition der Septuaginta, dem griechischen Alten Testament her man eigentlich auch den ersten Begriff „Wurzel“ nicht als Ausdruck von Ursprung verstehen müsse, sondern die Vorstellung vorherrschte, dass die Wurzel ebenfalls aus etwas entsteht, das noch kleiner ist, also aus dem gekeimten Kern. Im Kontext der anderen Verse, vor allem Vers 13 mit den Begriffspaaren „Anfang und Ende“ etc. tendiert man eher doch zur ersten Bedeutung, die auch in der Exegese von vielen vertreten wird: Von seiner Gottheit her ist Christus die Wurzel Davids, da er eher als er ist. Von seiner Menschheit her ist er Nachkomme Davids („Stamm“).
Jesus als strahlender Morgenstern ist ebenfalls eine Andeutung alttestamentlicher Prophetie, insbesondere von Jes 60 und Num 24. Jesus ist der Morgenstern, der bereits aufgegangen ist am Ostermorgen. Er ist von den Toten auferstanden und in der jüdischen Messiaserwartung heißt es, dass der Messias aus dem Osten erwartet wird. Es deckt sich mit dem Bild des Morgensterns, die Vorstellung von einem Himmelskörper, der kurz vor dem Sonnenaufgang am hellsten strahlt. Das ist in der Antike nicht nur auf Sterne, sondern auch auf Planeten wie die Venus bezogen worden. Jesus ist der helle Morgenstern, der mit dem neuen Tag auch das neue Leben, die neue Schöpfung und den neuen Bund bringt. Mit ihm beginnt eine neue Zeit, die messianische Heilszeit.
Wer sind der Geist und die Braut, die „Komm“ rufen? Der Geist ist auf den heiligen Geist zu beziehen und die Braut ist die Kirche. Sie rufen alle Menschen, in die Nachfolge Christi zu kommen und somit zu Kindern Gottes zu werden. Beide bezeugen Jesus Christus. Jesus erklärt in den Abschiedsreden bei der Ankündigung des hl. Geistes, dass dieser Zeugnis für ihn ablegen würde (Joh 15,26). Zeugnis legt auch die Braut ab. Das sind alle Gläubigen. Jesus sagt einen Vers später in Joh 15,27, dass die Apostel ihn bezeugen, weil sie von Anfang an bei ihm sind. Dieses Zeugnis der Christen geschieht manchmal bis aufs Blut. Stephanus markiert dabei den Anfang.
In Christus stillen wir unseren Durst. Das hat Jesus schon zur Samariterin am Jakobsbrunnen gesagt. Er sendet vom Vater den hl. Geist, der das lebendige Wasser ist. Wer von ihm trinkt, wird kein Durstgefühl mehr haben. Es ist unentgeltlich. Wir müssen nichts bezahlen für die Gnade Gottes. Oder vielleicht doch, nämlich alles, unser Leben. Doch das ist ein Einsatz, der sich absolut lohnt, ganz nach dem Motto: Give all, get more.
Jesus selbst bezeugt diese Worte, die er spricht. Er ist der treue Zeuge, wie es schon am Anfang der Offenbarung heißt (1,5).

Joh 17
20 Ich bitte nicht nur für diese hier, sondern auch für alle, die durch ihr Wort an mich glauben.

21 Alle sollen eins sein: Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns sein, damit die Welt glaubt, dass du mich gesandt hast.
22 Und ich habe ihnen die Herrlichkeit gegeben, die du mir gegeben hast, damit sie eins sind, wie wir eins sind,
23 ich in ihnen und du in mir. So sollen sie vollendet sein in der Einheit, damit die Welt erkennt, dass du mich gesandt hast und sie ebenso geliebt hast, wie du mich geliebt hast.
24 Vater, ich will, dass alle, die du mir gegeben hast, dort bei mir sind, wo ich bin. Sie sollen meine Herrlichkeit sehen, die du mir gegeben hast, weil du mich schon geliebt hast vor Grundlegung der Welt.
25 Gerechter Vater, die Welt hat dich nicht erkannt, ich aber habe dich erkannt und sie haben erkannt, dass du mich gesandt hast.
26 Ich habe ihnen deinen Namen kundgetan und werde ihn kundtun, damit die Liebe, mit der du mich geliebt hast, in ihnen ist und ich in ihnen bin.

Im Evangelium hören wir einen Ausschnitt aus dem hohepriesterlichen Gebet Jesu im Abendmahlssaal. Es ist hohepriesterlich, weil Jesus für seine Apostel bittet, ja im weiteren Sinne für alle Menschen, doch die seinen, mit denen er das letzte Abendmahl gefeiert hat und die er zur Weihe berufen hat, brauchen dieses Gebet, weshalb man es sogar als Weihegebet für die Apostel bezeichnen kann.
Im weiteren Sinne als Gebet für alle Menschen betet Jesus im Voraus und wird die erbetene Versöhnung dann durch seinen Kreuzestod besiegeln.
Er möchte, dass alle eins sind, wie er mit dem Vater und der Vater mit ihm ist. Die Einheit bezieht sich nicht einfach auf die Übereinstimmung von Meinungen und Einstellungen. Sie sollen aus demselben „Teig“ gemacht sein, dem Sauerteig des Reiches Gottes, also Teil der neuen Schöpfung im Heiligen Geist. Das heißt, dass Jesus hier beim Vater den Wunsch der Taufe für alle äußert. Sie sollen alle für die Ewigkeit leben und der Welt fremd sein (nicht von dieser Welt). Daraus ergeben sich dieselben Auffassungen und eine gemeinsame Einstellung. Wenn sie eine neue Schöpfung sind, werden sie auch anders leben, was den Außenstehenden auffallen wird. Sie lieben mit der Liebe des Vaters, die er seinem Sohn gezeigt hat und des Sohnes, die er dem Vater gegenüber gezeigt hat. Und sie lieben mit der Glut des Heiligen Geistes, der sie erfüllt, mit allen Geistesgaben ausstattet, in ihrem seelischen Tempel Wohnung nimmt und von dort aus die Gedanken, Worte und Werke der Getauften bestimmt. Wird dieser Geist in der Welt durch die neue Lebensweise der Christen sichtbar, werden die Menschen glauben, dass Jesus wirklich vom Vater gesandt worden ist, wie er während seines irdischen Aufenthaltes immer wieder gesagt hat. Sie werden nämlich die Liebe, die Gott in sich selbst ist, in der Gemeinde widerspiegeln. Sie wird wahrlich einen Spiegel des Wesens Gottes darstellen.
Jesus hat ihnen die Herrlichkeit gegeben, damit sie eins sind. Dies können wir in dieser Zeitform auf die Eucharistie beziehen, die er an dem Abend gestiftet hat. Sie etabliert nämlich die communio der Apostel, die Gemeinschaft. Wenn das Pfingstereignis kommt, wird diese Einheit noch vervollkommnet durch den Heiligen Geist. Dieser ist es, der die Gläubigen in Taufe und Firmung zu einer Glaubensgemeinschaft zusammenwachsen lässt als Leib Christi, den sie in der Eucharistie dann empfängt. Beides – die Speise und der Trank – verleihen den Gläubigen die Herrlichkeit des Himmels. Die Einheit der Gläubigen bezieht sich dann aber nicht nur auf die „horizontale“ Ebene (zwischenmenschlich), sondern auch auf die vertikale (zu Gott). Das ist ein wichtiges Stichwort: Kommen wir zurück zur Stoßrichtung des Gebets als Weihegebet. Wenn Jesus um die Einheit für die Apostel bittet, ist es zunächst diese vertikale Einheit. Er möchte, dass sie eins in ihm sind, wie er mit dem Vater. Es ist eine Vereinigung der Apostel mit Christus, die so intensiv ist, dass von Beginn der Kirche an all ihr Wirken in persona Christi geschehen wird. Von da an wird Christus das handelnde Subjekt sein, der durch ihren Mund spricht, durch ihre Hände handelt, durch ihre Füße in die ganze Welt hinausgeht. Durch diese Einheit mit Gott, die gleichsam auf ihre Leiber geschrieben ist, werden sie besonders Zeugnis ablegen für ihn. So wird die Welt ganz an ihnen ablesen können, wie Gott ist.
Jesus lässt in dem Gebet zum Vater auch durchblicken, warum er diesen Wunsch hat und ihn auch umsetzt durch sein Erlösungswirken: Er möchte, dass alle Menschen dort sind, wo er ist. Das meint die Liebesgemeinschaft mit dem Vater, der für Menschen nie in dem Maße wie bei Jesus erreichbar ist (weil Menschen Menschen bleiben und keine Götter werden!). Stattdessen werden sie hineingenommen in die Liebe zwischen Vater und Sohn. Moralisch wird dies als „Stand der Gnade“ bezeichnet. Mit dem Vater verbunden werden wir auch durch die Sakramente, allen voran durch die Eucharistie. Die Vereinigung mit Jesus bedeutet nämlich zugleich die Vereinigung mit der Heiligsten Dreifaltigkeit. Und wenn wir dann in diesem Liebeszustand sterben, werden wir auch da sein, wo Jesus ist – an der Seite Gottes im Himmelreich.
Jesus wünscht, dass alle Menschen seine Herrlichkeit sehen. Dies wird geschehen am Ende der Zeiten, wenn er wiederkommt auf die Weise, wie er in den Himmel aufgefahren ist – dann aber verherrlicht. Die Herrlichkeit Christi „schauen“ wir in verborgenem Zustand in der Eucharistie. Was unsere physischen Augen nicht sehen, sieht unser Glaube – die Vergegenwärtigung der brennenden Liebe Christi. Er war bereit, für uns zu sterben.
Auch wenn die Welt Jesus nicht erkannt hat – das meint wieder die gefallene Schöpfung -, so haben doch die Jünger Jesu erkannt, wer er ist bzw. wie die Liebe zwischen ihm und dem Vater ist. Das Erkennen hat eine tiefe Bedeutung. Einen Menschen in seiner Tiefe zu erkennen und dadurch die größte Intimität mit ihm erlangt zu haben, wie es in der ehelichen Begegnung zwischen Mann und Frau geschieht, wird in der Bibel immer wieder als Erkennen bezeichnet. Das gilt umso mehr in der Beziehung zu Gott. Sein Innerstes zu sehen, sein Wesen zu begreifen, weil er dem Menschen sein geöffnetes Herz zeigt, ist der Moment des Erkennens. Wer Jesus erkannt hat, ist wirklich sein Freund. Das ist zum Zeitpunkt seines Gebets noch nicht ganz gegeben. Die Apostel werden alles erkennen, wenn ihnen der hl. Geist geschenkt wird am Pfingsttag. Dann wird alles zur Wirkung kommen, das Jesus grundgelegt hat. Dann werden die Apostel mit dem hl. Geist getauft und gehen den Neuen Bund ein, nicht nur als Freunde, sondern als Familie Gottes.
Jesus hat ihnen den Vater ganz geoffenbart. Er hat ihnen seinen Namen kundgetan, er, der die authentische Exegese des Vaters in Person ist. Sein Name, der schon Mose offenbart worden ist, ist seine Eigenschaft, immer für die Menschen da zu sein. Jesus hat ihnen die immerwährende Gegenwart Gottes stets bezeugt. Wie viele Zeichen und Wunder hat er tagtäglich erwirkt! Durch seine eigene göttliche Identität ist den Jüngern das auf ganz verdichtete Weise deutlich geworden! Gott ist nicht eine abstrakte Kraft, die irgendwo im Himmel schwebt, sondern er brennt so sehr in Liebe zu den Menschen, dass er ihnen so nahe wie möglich sein wollte. Deshalb hat er Fleisch angenommen! Das ist wirklich die absolute Offenbarung des Gottesnamens Jahwe („ich bin“). Nicht umsonst ist der Beiname des Messias auch Immanuel („Gott mit uns“).

Heute geht es ganz intensiv um das Zeugnis – das Zeugnis des Stephanus, das Zeugnis der Braut und des Geistes, das Zeugnis des treuen Zeugen Christi und das Zeugnis des Hohepriesters Christus. Es geht auch zentral um Einheit mit Gott und untereinander. Welch große Ziele, die wir anstreben, aber nicht aus eigener Kraft meistern müssen. Beten wir um den hl. Geist in der Pfingstnovene, damit er uns neu ausstatte mit den Mitteln zu diesem Ziel!

Ihre Magstrauss

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