Jes 66,10-14c; Ps 66,1-3.4-5.6-7.16 u. 20; Gal 6,14-18; Lk 10,1-12.17-20
Jes 66
10 Freut euch mit Jerusalem / und jauchzt in ihr alle, die ihr sie liebt! Jubelt mit ihr, / alle, die ihr um sie trauert,
11 auf dass ihr trinkt und satt werdet an der Brust ihrer Tröstungen, / auf dass ihr schlürft und euch labt an der Brust ihrer Herrlichkeit!
12 Denn so spricht der HERR: / Siehe, wie einen Strom / leite ich den Frieden zu ihr und die Herrlichkeit der Nationen / wie einen rauschenden Bach, / auf dass ihr trinken könnt; auf der Hüfte werdet ihr getragen, / auf Knien geschaukelt.
13 Wie einen Mann, den seine Mutter tröstet, / so tröste ich euch; / in Jerusalem findet ihr Trost.
14 Ihr werdet das sehen und euer Herz wird jubeln / und eure Knochen werden sprossen wie frisches Grün. So offenbart sich die Hand des HERRN an seinen Knechten.
Die erste Lesung ist dem Ende des Buches Jesaja entnommen. Der letzte Teil des Buches, der von der modernen Forschung oft als Tritojesaja einem oder mehreren Propheten in der Nachexilszeit zugeschrieben wird, ist sehr verheißungsvoll und messianisch aufgeladen. Auch der heutige Abschnitt ist voller Vorfreude und zeichnet Jerusalem als Person. Was hier im Grunde verheißen wird, ist die eschatologische Hochzeit des Gottesvolkes mit Gott. Jerusalem wird als Inbegriff der Braut Gottes immer als pars pro toto verstanden, meint also das ganze Gottesvolk und nicht nur wörtlich die Stadt des Südreichs Juda, die nach dem Babylonischen Exil wieder aufgebaut wird.
Wir merken dennoch, dass der Literalsinn dieser Stelle die Freude über die Rückkehr nach Jerusalem und den Wiederaufbau meint. Deshalb sollen sich auch andere mit Jerusalem mitfreuen, die die Braut Jerusalem lieben. Alle, die mit ihr getrauert haben über die Heimatlosigkeit und das politische Trauma des Exils, können sich nun mit ihr freuen, da sie wieder auflebt.
Jerusalem wird nicht nur als Braut, sondern auch als Mutter betrachtet: Sie stillt ihre Kinder „an der Brust ihrer Tröstungen“ und sättigt „an der Brust ihrer Herrlichkeit“. Aber warum? Sie ist nicht nur die Reichshauptstadt und der Regierungssitz des Königs, sondern in erster Linie der Ort, an dem Gott sein Zelt aufschlägt – den Tempel. Das Stichwort „Herrlichkeit“ verrät uns, dass es vor allem darum geht. Wenn es einen neuen Tempel geben wird, heißt es, dass Gott seine Herrlichkeit auf Erden wieder gegenwärtig machen wird. Das wiederum wird ein Zeichen dafür sein, dass Gott sich mit seiner untreuen Braut Israel versöhnen wird und sie zurücknimmt. Deshalb tröstet Jerusalem mit ihrer Brust. Es ist die Erholung von dem Trauma, dass Gott sich von Israel abgewandt hat. Schließlich nahmen die Israeliten es so auf, als der Tempel zerstört und Gott nicht mehr auf Erden gegenwärtig war. Gott nimmt sein Volk nicht nur wie eine Braut wieder zu sich zurück, sondern auch wie ein unartiges Kind, dem er vergeben hat und eine Lektion erteilt hat. Er nimmt es auf die Hüfte und schaukelt es als Zeichen der Versöhnung und des Trostes. Diese Versöhnung ist der Kern des Friedens. Nicht umsonst sagt Paulus im 2 Kor, dass wir uns in erster Linie mit Gott versöhnen müssen. Weil dies nun geschieht, kommt der Friede dem Gottesvolk wie ein Strom wieder zu.
Das ist alles noch zukünftig, aber die Beteuerung am Ende zeigt Gottes Treue auf: Das alles wird geschehen, weil der treue Gott es verspricht.
All diese Dinge betreffen nicht nur den Literalsinn. Wir sehen darüber hinaus den geistlichen Sinn der Verheißungen: Das Gottesvolk bestehend aus jenen, die zum Glauben an Christus kommen, erfährt eine Versöhnung mit Gott. Warum? Die gesamte Menschheit war in einem immerwährenden Exil außerhalb des Paradieses gefangen. Die Erlösung Jesu Christi hat einen Ausweg daraus ermöglicht. Ihn anzunehmen und mit ihm die Erlösung, bedeutet nach Hause zu kommen in das Jerusalem, das die Kirche Jesu Christi ist, sein wunderbarer Leib. Nicht umsonst sagen wir zur Kirche „Mutter“, denn sie gebiert die Gläubigen als neue Geschöpfe im hl. Geist, die zu Kindern Gottes werden. Sie nährt und tränkt ihre Kinder mit den Heilsmitteln, den Sakramenten und den Sakramentalien. Sie pflegt die Kinder, erzieht sie und hilft ihnen, ins Himmelreich zum Vater zu kommen.
In moralischer Lesart erinnern wir uns bei den Bildern Jesajas an den verlorenen Sohn. Als er zu seinem Vater zurückkehrt und sich mit ihm versöhnt, kehrt Frieden ein. So ist es mit jedem Menschen, der umkehrt und seine Sünden bekennt. Er wird wieder aufgenommen in die Gemeinschaft mit Gott und der Kirche. Er wird wiederhergestellt im Stand der Gnade. Er darf zurückkehren in sein inneres Jerusalem, in dem Gott selbst Wohnung nimmt. Es ist ein Trost, wenn wir uns im Leben von Gott entfernt haben und dann zu ihm zurückkehren. Das Exil der Todsünde macht uns unglücklich und einsam. Wieder bei Gott sein zu können, ist uns ein einziger Trost, ebenso in die Familie Gottes, die Kirche zurückzukehren!
In anagogischer Lesart betrachten wir das himmlische Jerusalem, in dem uns der ewige Trost und der ewige Frieden erwarten. Gott nimmt uns gleichsam auf den Arm und schaukelt uns als seine geliebten Kinder. Wir müssen nie wieder aus seinem Arm verschwinden, sondern unser Herz jubelt auf ewig. Die noch ausstehende Perspektive des Buches Jesaja wird sich dann entwickeln zum ewigen „Jetzt“ der Ewigkeit!
Ps 66
1 Für den Chormeister. Ein Lied. Ein Psalm. Jauchzt Gott zu, alle Länder der Erde!
2 Spielt zur Ehre seines Namens! Verherrlicht ihn mit Lobpreis!
3 Sagt zu Gott: Wie Ehrfurcht gebietend sind deine Taten; vor deiner gewaltigen Macht müssen die Feinde sich beugen.
4 Alle Welt bete dich an und singe dein Lob, sie lobsinge deinem Namen!
5 Kommt und seht die Taten Gottes! Ehrfurcht gebietend ist sein Tun an den Menschen:
6 Er verwandelte das Meer in trockenes Land, sie schreiten zu Fuß durch den Strom; dort wollen wir uns über ihn freuen.
7 In seiner Kraft ist er Herrscher auf ewig; seine Augen prüfen die Völker. Die Aufsässigen können sich gegen ihn nicht erheben.
16 Alle, die ihr Gott fürchtet, kommt und hört; ich will euch erzählen, was er mir Gutes getan hat.
20 Gepriesen sei Gott; / denn er hat mein Bittgebet nicht unterbunden und mir seine Huld nicht entzogen.
Wir beten als Antwort einen Dankespsalm, der sehr gut zu der Heilsverheißung Israels passt, wenn es sich mit Gott versöhnt.
Der Psalm beginnt mit einer Lobaufforderung an alle Länder der Erde mit instrumentaler Begleitung („Spielt zur Ehre seines Namens!“). Die Wendung כָּל־הָאָֽרֶץ kol-ha’arez muss wörtlich eigentlich mit „das ganze Land“ oder „die ganze Erde“ übersetzt werden. Es umfasst also entweder einen weltweiten Lobpreis oder den Lobpreis des ganzen Volkes Israel mit allen seinen Stämmen – auch jenen, aus denen das Nordreich entstand. Das ist ein wichtiger Hinweis, denn Jesaja verheißt das Heil für alle Stämme und eine Einheit, die zwischenzeitlich zerbrochen war. Es sollen aber auch alle Nichtjuden sich freuen und wir betrachten es aus Sicht des Neuen Bundes: Alle Menschen guten Willens, die Christus gläubig annehmen, sollen zum Lobpreis anstimmen.
Gottes Taten sind wahrhaft „Ehrfurcht gebietend“, denn er eine politische Katastrophe zugelassen, um sein untreues Volk zur Besinnung zu bringen. Gott hat bereits im Volk Israel viele Heilszeichen erwirkt, er hat das ganze Volk aus Ägypten herausgeführt und die Ägypter mit zehn Plagen geschlagen. Er hat das Meer geteilt und das Volk ganze vierzig Jahre in der Wüste am Leben erhalten, schließlich ins verheißene Land geführt und zur Entstehungszeit des Psalms König David mit militärischen Siegen beschenkt. Das größte Heilszeichen hat Gott dann auf der Höhe der Zeit erwirkt, die eigene Menschwerdung! Er hat sich ans Kreuz schlagen lassen, um die Erlösung der gesamten Menschheit aller Zeiten zu bringen. Vor diesem Heilszeichen kann der Feind sich wirklich nur beugen! So hat der Tod kapituliert, als Christus am dritten Tage von den Toten auferstanden ist.
Die ganze Welt soll ihn anbeten, denn die ganze Welt ist erlöst. Aus dem Grund hat Jesus vor seiner Himmelfahrt seinen Jüngern die weltweite Mission aufgetragen. Dieses Heil soll jedem Menschen zugänglich gemacht werden.
Ein erster Moment dieser weltweiten Anbetung trägt sich im Stall von Betlehem zu. Dort sind es die Magoi aus dem Osten als Stellvertreter der Heiden und der „Enden der Erde“, die Gott anbeten in dem kleinen hilflosen Kind.
„Kommt und seht die Taten Gottes!“ Ist ein Aufruf, der heute besonders den Samaritern gilt. Sie sehen mit eigenen Augen die überwältigenden Heilszeichen, durch die sie nicht anders können, als in Ehrfurcht zu ihm zu leben.
Der wörtliche Sinn dieser Verse ist zunächst auf die Heilszeichen Gottes am Volk Israel zu beziehen. So wird das Teilen des Roten Meeres angedeutet. Die Rettung des Volkes durch das Wasser hindurch ist zugleich Typos für die Taufe. Petrus greift diese typologische Verbindung in seinen Briefen auf und erklärt, dass das Volk des Neuen Bundes auch durch das Wasser hindurch gerettet wird, nämlich durch das Wasser der Taufe. So wird nicht mehr die Rettung des irdischen, sondern des ewigen Lebens erwirkt. Und auch am Wasser der Taufe wollen wir uns freuen mit denen, die gerettet worden sind!
Gott ist Herrscher des Himmels und der Erde. Ihm entgeht nichts und er prüft die Völker. Er prüft aber auch das Herz jedes einzelnen Menschen und wenn wir dann vor ihm stehen, wird er von uns Rechenschaft verlangen. Dass Gott alles sieht, soll uns nicht als Bedrohung gelten, sondern als Zuspruch und Einladung zur absoluten Geborgenheit in Gott. Er weiß um alles und kennt unser Leben. Er weiß, was wir durchmachen und was uns im Innersten umtreibt. Er kennt uns besser, als wir uns selbst kennen. Deshalb kann er uns auch helfen, selbst wenn wir seine Maßnahmen in den jeweiligen Momenten nicht verstehen.
Die Aufsässigen, seine Feinde können gegen ihn nichts ausrichten, weil er der Allmächtige ist. Der Tod kann Christus nicht festhalten, der der Auferstandene ist. Der Tod kann auch uns nichts anhaben, die wir vielleicht noch biologisch sterben müssen, seelisch aber auf ewig weiterleben.
Wir sollen die guten Taten des Herrn verkünden, Zeugnis davon abgeben. Das ist nicht nur uns zum Wohl, weil wir uns dadurch erinnern und dankbar bleiben, sondern auch zur Glaubensstärkung anderer gedacht. Deshalb sollen auch wir Christen uns heutzutage nicht schämen, von ihm zu erzählen. Wie viele Chancen zur Umkehr möchte der Herr anderen durch uns schenken! Lassen wir uns gebrauchen!
Gott erhört unsere Gebete. Die Bittgebete der Israeliten, aus dem Exil in die Heimat zurückkehren zu können, sind erhört worden. Der Perserkönig Kyros erlaubte ihnen unter anderem den Bau eines neuen Tempels. Den Israeliten ist gleichsam ein neues Leben geschenkt worden. Gott hat ihnen wirklich seine Huld nicht entzogen.
Gal 6
14 Ich aber will mich allein des Kreuzes Jesu Christi, unseres Herrn, rühmen, durch das mir die Welt gekreuzigt ist und ich der Welt.
15 Denn es gilt weder die Beschneidung etwas noch das Unbeschnittensein, sondern: neue Schöpfung.
16 Friede und Erbarmen komme über alle, die diesem Grundsatz folgen, und über das Israel Gottes.
17 In Zukunft soll mir niemand mehr solche Schwierigkeiten bereiten. Denn ich trage die Leidenszeichen Jesu an meinem Leib.
18 Die Gnade Jesu Christi, unseres Herrn, sei mit eurem Geist, meine Brüder und Schwestern! Amen.
Heute hören wir noch einmal einen Ausschnitt aus dem Galaterbrief, bevor nächste Woche die Bahnlesung aus dem Kolosserbrief beginnt. Es handelt sich beim heutigen Abschnitt um das Ende des Briefes.
Paulus spricht wie auch im ersten Korintherbrief über das Kreuz Jesu Christi, dessen er sich rühmt. Er hat aus sich selbst heraus nichts, mit dem er angeben kann. Den Galatern hat er verschiedene Beispiele erzählt, um herauszustellen, wie groß Gottes Gnade ist. Er hat einen besonderen Bezug zum Kreuz und zum Leiden Jesu Christi.
Christus und sein Erlösungswirken sind das einzige, mit dem sich der Christ brüsten kann. Weder die Beschneidung des Judenchristen noch die Unbeschnittenheit des Heidenchristen gelten etwas, nur die Taufe. Denn durch sie ist der Mensch zu einer neuen Schöpfung geworden.
Das hat er in seinen Betrachtungen über die Taufe ausführlich dargelegt. Paulus wünscht sich, dass alle Christen dieser heilsgeschichtlichen Realität ins Auge sehen und keine Skandale mehr kreieren wie in Galatien. Durch die Radikalisierung und Verzerrung des Erlösungswirkens Jesu Christi haben bestimmte Gruppierungen Paulus in Verruf gebracht. Dabei erinnert er daran, dass er die „Leidenszeichen Jesu“ an sich trägt, das heißt das Zeichen des Kreuzes, das ihm in der Taufe und Firmung aufgezeichnet wurden, gleichsam auf sein Herz graviert. Deshalb darf ihn keiner so behandeln. Er ist ein Kind Gottes.
Zum Schluss führt Paulus einen Segenswunsch an, bei dem er die Gnade Jesu Christi erwähnt. Diese ist es, die so sehr unterschätzt worden ist von jenen, die meinen, dass sie ihr eigenes Tun der Gnade Gottes hinzufügen könnten, um besser erlöst zu werden als der Rest. Im Grunde haben diese Menschen sich verhalten wie die Arbeiter im Weinberg des Gleichnisses Jesu: Sie haben erwartet, dass sie aufgrund ihrer längeren Arbeit im Weinberg einen höheren Lohn erhalten würden als die letzten Arbeiter. Dabei hat der Weinbergsbesitzer denselben Lohn für alle in Aussicht gestellt. Bezogen auf Paulus: Gott hat für alle dieselbe Erlösung bereit, egal ob sie schon vorher zum Volk Israel gehörten oder erst vor kurzem den einen wahren Gott kennengelernt haben.
Lk 10
1 Danach suchte der Herr zweiundsiebzig andere aus und sandte sie zu zweit vor sich her in alle Städte und Ortschaften, in die er selbst gehen wollte.
2 Er sagte zu ihnen: Die Ernte ist groß, aber es gibt nur wenig Arbeiter. Bittet also den Herrn der Ernte, Arbeiter für seine Ernte auszusenden!
3 Geht! Siehe, ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe.
4 Nehmt keinen Geldbeutel mit, keine Vorratstasche und keine Schuhe! Grüßt niemanden auf dem Weg!
5 Wenn ihr in ein Haus kommt, so sagt als Erstes: Friede diesem Haus!
6 Und wenn dort ein Sohn des Friedens wohnt, wird euer Friede auf ihm ruhen; andernfalls wird er zu euch zurückkehren.
7 Bleibt in diesem Haus, esst und trinkt, was man euch anbietet; denn wer arbeitet, ist seines Lohnes wert. Zieht nicht von einem Haus in ein anderes!
8 Wenn ihr in eine Stadt kommt und man euch aufnimmt, so esst, was man euch vorsetzt.
9 Heilt die Kranken, die dort sind, und sagt ihnen: Das Reich Gottes ist euch nahe!
10 Wenn ihr aber in eine Stadt kommt, in der man euch nicht aufnimmt, dann geht auf die Straße hinaus und ruft:
11 Selbst den Staub eurer Stadt, der an unseren Füßen klebt, lassen wir euch zurück; doch das sollt ihr wissen: Das Reich Gottes ist nahe.
12 Ich sage euch: Sodom wird es an jenem Tag erträglicher ergehen als dieser Stadt.
17 Die Zweiundsiebzig kehrten zurück und sagten voller Freude: Herr, sogar die Dämonen sind uns in deinem Namen untertan.
18 Da sagte er zu ihnen: Ich sah den Satan wie einen Blitz aus dem Himmel fallen.
19 Siehe, ich habe euch die Vollmacht gegeben, auf Schlangen und Skorpione zu treten und über die ganze Macht des Feindes. Nichts wird euch schaden können.
20 Doch freut euch nicht darüber, dass euch die Geister gehorchen, sondern freut euch darüber, dass eure Namen im Himmel verzeichnet sind!
Heute sendet Jesus 72 Personen aus seinem erweiterten Jüngerkreis zu zweit hinaus, weil die Evangelisierung so schneller vorangehen kann. Er tut es aber nicht nur aus pragmatischen Gründen. Das ist nie der Hauptgrund im Falle Jesu. Er möchte seine Jünger dafür sensibilisieren, dass sie nach seinem Tod, seiner Auferstehung und Himmelfahrt, nach der Geistsendung auf diese Weise das Reich Gottes bis an die Enden der Erde bringen sollen und dabei in seiner Vollmacht all die Heilstaten des Messias weiterführen werden. Es handelt sich also sozusagen um eine „Generalprobe“, die vorübergehend ist.
Er sagt ein Wort, dass entscheidend auch für uns heute ist: „Die Ernte ist groß, aber es gibt nur wenig Arbeiter. Bittet also den Herrn der Ernte, Arbeiter für seine Ernte auszusenden!“ Jesus gibt hier verbindlich als Gottes Sohn das Konzept vor, wie auch wir heute verfahren sollen. Die Ernte ist groß, sie wird nie weniger, solange die Erde sich dreht. Es kommen immer wieder neue Generationen, die von Christus erfahren sollen und die Gott zur Heiligkeit beruft. Und es wird immer zu wenig Arbeiter geben, ein ständiger Mangel ist vorprogrammiert – durch Christus selbst! Aber warum ist das so? Dieser Weg des Arbeitens im Weinberg Gottes kostet sehr viel. Es ist ein teurer Preis, den man zahlt, und das ist höchst unattraktiv. Wer ist schon bereit, für Christus unter Umständen sein Leben hinzugeben? Nicht viele können zölibatär leben, die Welt hinter sich lassen und mit einem Bein in der Ewigkeit leben. Vor allem – dazu muss man berufen werden! Jesus sagt: „Bittet den Herrn der Ernte“. Er sagt nicht, „unternehmt etwas, damit es mehr Arbeiter gibt.“ Er sagt, dass wir sie von Gott erbitten müssen, der die Menschen beruft. Statt uns über den Priestermangel zu beklagen, sollen wir als Kirche heutzutage auf die Knie fallen und den Herrn darum anflehen! Wenn wir das Problem des Priestermangels selbst angehen wollen, indem wir die „Arbeitsbedingungen“ ändern, z.B. durch Lockerung des Zölibats, versuchen wir, mit dem Kopf durch die Wand zu gehen. Damit stellen wir uns dem Willen Gottes quer und verlieren seinen Segen.
Es ist eine große Herausforderung, den Weg dieser besonderen Berufung einzuschlagen. Es ist eine Sendung von Schafen mitten unter die Wölfe. Es sind Soldaten, die in eine Schlacht mit sehr mächtigen Feinden geschickt werden. Es ist ein ganz großer Kampf, auf den sich die Geistlichen einlassen, wenn sie ihr Ja geben. Deshalb müssen wir sehr viel für unsere Geistlichen beten! Wie sehr werden diese von den Mächten der Finsternis angegriffen und versucht! Sie sind auf unsere Gebete, unser Fasten und Opfern unbedingt angewiesen!
Jesus weist die Jünger dazu an, ohne Vorratstasche, Schuhe etc. loszuziehen, um zu sagen: Ihr sollt ganz auf die Vorsehung Gottes vertrauen. Euch soll es zuerst um das Reich Gottes gehen, alles Andere wird euch dazugegeben. Sie sollen darauf vertrauen, dass Gott ihnen das alles durch andere Menschen geben wird. Dadurch vollziehen diese Jünger für die Menschen eine prophetische Zeichenhandlung. So wie Jesus alles, was er verkündet, auch an seinem Leben verdeutlicht, so sollen seine Nachfolger ebenfalls an ihrer Lebensführung das Verkündete lebendig werden lassen. So können die Menschen an ihrer Person das Gesagte ablesen und werden es als authentisch annehmen.
Sie sollen zudem in dem Haus bleiben, in das sie einkehren. Das soll heißen, dass sie nicht schauen sollen, wo es angenehmer ist. Sie sollen dankbar annehmen, was ihnen angeboten wird. Sie dürfen sich dabei ohne schlechtes Gewissen bewirten lassen, denn ihre Arbeit besteht in der Evangelisation und wer arbeitet, darf auch einen Lohn erwarten.
Wenn man sie an dem Ort aber nicht annimmt, also ihre Botschaft nicht annimmt, sollen sie diesen Ort verlassen und selbst den Staub abschütteln. Sie sollen nicht mehr zurückschauen oder sich an den Ort gebunden fühlen. Wenn man sie nicht möchte, sollen sie stattdessen dorthin gehen, wo das Evangelium angenommen wird. Dieses Abschütteln des Staubs hat noch eine andere Bedeutung, die uns heutzutage nicht mehr so vor Augen steht. Es war nämlich eine Geste der Gerichtsankündigung. Damit wird also ausgesagt: Ihr sollt das Richten Gott überlassen, der mit ihnen tun wird, wie er es für richtig hält. Ihr sollt nicht verurteilen, sondern es Gott überlassen. Nehmt den Segen mit zu jenen, die ihn annehmen. Und wer den Segen Gottes ablehnt, obwohl er zum Greifen nahe ist, dem wird es beim Gericht Gottes dann schlechter gehen als Sodom.
Dann kehren die 72 Jünger zurück, die Jesus in die umliegenden Städte entsandt hat. Voller Freude und Überwältigung berichten sie von den Früchten, die sie erfahren haben.
Sie sind ganz erstaunt davon, dass sogar die Dämonen in Jesu Namen ausgefahren sind. Es stellt für sie eine Bestätigung dar, dass Jesus Gott ist. Sogar die Dämonen sind ihm untertan!
Jesus entgegnet ihnen daraufhin, dass er „den Satan wie einen Blitz aus dem Himmel fallen“ gesehen hat. Wir erinnern uns an Offb 12: Es geht um diesen himmlischen Kampf, bei dem sich eine Schar von Engeln gegen Gott erhoben hat und auf die Erde hinabgestürzt worden ist. Jesus sagt damit übrigens auch seine Präexistenz aus, also dass er vor seiner Menschwerdung in der Ewigkeit war. Er hat den Kampf mitbekommen, weil er Gott ist. In seinem Angesicht ist das passiert.
Und weil die Jünger in seinem Namen auftreten, gehorchen die Dämonen auch ihnen. Wenn er sagt, dass er den Jüngern seine Vollmacht übergibt, dann sind sie gewissermaßen unschlagbar. Dann können keine giftigen Tiere sie umbringen wie Schlangen und Skorpione, die wiederum als Tiere des Bösen gelten. Wir kennen ja die Erzählung vom Sündenfall und die Besetzung einer Schlange durch den Bösen.
Die Macht des Feindes kann den Jüngern nichts anhaben, wenn sie in der Vollmacht Jesu Christi auftreten. Wie viele Geistliche von heute sind sich dessen überhaupt bewusst, welche Macht sie haben! Und diese Macht ist übernatürlicher Natur, weshalb man es nicht als Klerikalismus missverstehen kann. Hier geht es nicht um menschliche und politische Macht, sondern um eine geistliche Vollmacht.
Es ist nicht entscheidend, dass die Geister den Jüngern gehorchen, sondern dass ihre Namen im Himmel verzeichnet sind. Was heißt das? Wir wissen von den apokalyptischen Büchern der Bibel von dem Buch des Lebens, in dem die Namen derer verzeichnet sind, die in das Reich Gottes gelangen dürfen, sozusagen das „Bürgerverzeichnis“ des Gottesreiches. Sie sind als Erben eingesetzt und wenn sie ihren Auftrag erfüllen, ihrer Berufung gerecht werden und ihre Berufung zur Heiligkeit leben, dann werden sie von der Liste nicht gestrichen. Das ist das eigentliche, über das sie sich freuen können.
Heute geht es um den Trost der Heimat „Jerusalem“. Was die Rückkehr Judas nach dem Babylonischen Exil betrifft, wird bei Paulus im geistlichen Sinne weitergeführt: der Trost der Erlösten in den Armen des Vaters, wenn sie durch die Taufe zu seinen Kindern geworden sind und auch in die Arme der Mutter Kirche, die ihnen Trost und Zuflucht spendet, bis sie vor Gott treten. Im Evangelium geht es um die Berufung jener, die die Menschen zu Kindern Gottes machen und sie in die Heimat führen sollen. Jesus beruft 72 Jünger und erklärt, wie der Mensch zu allen Zeiten Gott um Berufungen bitten muss. Wie sollen denn sonst in Zukunft Menschen zu Kindern Gottes werden und nach Hause kommen, wenn es niemanden gibt, der sie nach Hause bringt? Beten auch wir heute darum und freuen wir uns: „Das Reich Gottes ist euch nahe!“
Ihre Magstrauss