Hos 10,1-3.7-8.12; Ps 105,2-3.4-5.6-7; Mt 10,1-7
Hos 10
1 Israel war ein üppiger Weinstock, der seine Frucht brachte. Je fruchtbarer er war, desto zahlreicher machte man die Altäre. Je schöner sein Land wurde, umso schöner schmückten sie die Steinmale.
2 Ihr Herz ist geteilt, jetzt müssen sie büßen: Er selbst wird ihre Altäre zerbrechen, ihre Steinmale verwüsten.
3 Dann werden sie sagen: Wir haben keinen König mehr; denn wir haben den HERRN nicht gefürchtet. Aber auch ein König – was könnte er für uns tun?
7 Vernichtet ist Samaria, sein König – wie ein abgebrochener Zweig auf dem Wasser.
8 Verwüstet werden die Kulthöhen von Awen, die Sünde Israels: Dornen und Disteln werden ihre Altäre überwuchern. Dann wird man zu den Bergen sagen: Deckt uns zu! und zu den Hügeln: Fallt auf uns!
12 Sät für euch in Gerechtigkeit, erntet in Liebe! Nehmt Neuland unter den Pflug! Es ist Zeit, den HERRN zu suchen; dann wird er kommen und Gerechtigkeit auf euch regnen lassen.
Heute hören wir wieder einen Ausschnitt aus dem Propheten Hosea. Gestern erklärte der Prophet den Israeliten, warum sie diese ganzen schrecklichen Dinge mit den Assyrern erleben. Sie haben sich ihre eigenen Gebote, ihren eigenen götzerischen Kult gemacht, sich ganz von Gott abgeschnitten und müssen nun die Konsequenzen ihrer Sünden tragen.
Im heutigen Abschnitt hält Hosea dem Stämmen des Nordreichs vor, was sie alles verlieren, von welcher Höhe sie herabgefallen sind.
„Israel war ein üppiger Weinstock, der seine Frucht brachte.“ Dieses Bild kommt uns sofort bekannt vor! Wenn Jesus es im Johannesevangelium aufgreift, so erkennen wir nun, dass er sich auf eine alttestamentliche Tradition stützt! Israel war deshalb ein üppiger und fruchtbarer Weinstock, weil es ganz in der Gnade Gottes war. Es war zuinnigst mit Gott verbunden, von dem jeder Segen ausgeht. Es ging den Israeliten so gut, dass sie in ihrer sorglosen Lage den Weg Gottes verlassen haben. Sie schmückten Altäre und und Steinmale. Dabei geht es nicht um Altäre für Jahwe, sondern für die Götzenaltäre. Sie haben in ihrer sorglosen Lage, die sie einzig und allein dem wahren Gott zu verdanken haben, Götzen schöne Augen gemacht. Mitten in der glücklichen Beziehung mit ihrem Bräutigam sind sie ihm untreu geworden. Deshalb ginge es von da an bergab.
Gott ist ein eifersüchtiger Gott, er möchte die ganze Liebe seiner Braut. Doch diese war geteilten Herzens. Dies musste früher oder später auf sie zurückfallen. Gott in seiner brennenden Liebe für seine Braut „wird ihre Altäre zerbrechen, ihre Steinmale verwüsten“, das heißt er wird ihren Ehebruch gewaltsam beenden.
Und mit den Assyrern bewahrheitet sich all das nun. Die Israeliten werden nun keinen Kult mehr frei ausüben, sondern in die Fremdherrschaft gezwungen. Sie werden keinen König mehr haben, der sie beschützen und ihnen politische Stabilität geben kann. Samaria, womit die Hauptstadt des Nordreiches gemeint ist, und auch sein König sind „wie ein abgebrochener Zweig auf dem Wasser.“ Er vergammelt und wird dorthin getrieben, wohin die Strömung ihn bringt. Hier wird die Deportation des Königs nach Assur angedeutet.
Weil sie die vielen Warnrufe und Umkehrbotschaften ignoriert haben, musste nun ein Volk kommen, das sie unterdrückt und den götzerischen Kult gewaltsam unterbrechen. Die Altäre werden von Unkraut überwuchert. In diesen Zeiten werden die Menschen in ihrer Leidsituation „zu den Bergen sagen: Deckt uns zu! und zu den Hügeln: Fallt auf uns!“ Auch dieses Bild greift Jesus in seiner Verkündigung auf, um den Menschen zu verdeutlichen: Was damals aufgrund der fehlenden Umkehrbereitschaft passiert ist, wird sich in Zukunft wiederholen. Man wird sich den Tod wünschen, weil das Leben so schmerzhaft sein wird. So drastisch wird der Zustand sein. Und auch in dieser Situation erfolgt weiterhin der Umkehrruf. Die Menschen sollen spätestens jetzt umkehren, Gerechtigkeit säen (also ein Leben nach den Geboten führen) und dann Liebe ernten (schon in diesem Leben durch den Segen Gottes, aber umso vollkommener nach dem Tod!). Der Pflug ist ein Bild für den absoluten Neuanfang. Sich radikal zu ändern und ein ganz neues Leben zu beginnen, das Gott gefällt, dazu ist der Mensch bis zum Ende der Zeiten oder zum Ende seines irdischen Lebens noch fähig. Gott gibt immer wieder und unendlich die Chance dazu. So sehr liebt er seine Kinder und möchte ihr ewiges Leben retten.
Der Abschlus der Lesung klingt überraschend messianisch. Gott wird kommen und Gerechtigkeit auf sie regnen lassen. Im Advent beten wir „Tauet Himmel den Gerechten“. Das ist derselbe Duktus! Gott wird eingreifen und für Gerechtigkeit sorgen – nicht erst am Ende der Zeiten, wenn der verherrlichte Menschensohn wiederkommt und das Weltgericht durchführen wird. Schon sein erstes Kommen ist hier zu nennen und darauf warteten die Israeliten besonders intensiv, je drastischer die politische Situation war. Gerade die kleinen Propheten belegen eine ganz intensive Messiaserwartung.
Ps 105
2 Singt ihm und spielt ihm, sinnt nach über all seine Wunder!
3 Rühmt euch seines heiligen Namens! Die den HERRN suchen, sollen sich von Herzen freuen.
4 Fragt nach dem HERRN und seiner Macht, sucht sein Angesicht allezeit!
5 Gedenkt der Wunder, die er getan hat, seiner Zeichen und der Beschlüsse seines Munds!
6 Ihr Nachkommen seines Knechts Abraham, ihr Kinder Jakobs, die er erwählt hat.
7 Er, der HERR, ist unser Gott. Auf der ganzen Erde gelten seine Entscheide.
Der Psalm beginnt wie so oft mit einer Selbstaufforderung zum Lob: „Preise den HERRN, meine Seele, und alles in mir seinen heiligen Namen!“ Dieser erste Vers wird heute nicht integriert, ist uns aber sehr bekannt. Er geht weiter mit „und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat!“ Die Israeliten haben genau diesen Fehler begangen. In Zeiten absoluter Glückseligkeit haben sie vergessen, dass all das Gute von Gott kommt. So wurden sie undankbar und rückten von Gottes Wegen ab.
Heute beten wir den Psalm ab Vers 2, der ebenfalls eine Lobpreisaufforderung beinhaltet. Die Israeliten sollen Gott singen und spielen, also Lobpreislieder vortragen, die König David gedichtet hat, für die private Frömmigkeit oder im liturgischen Kontext. Die Israeliten sollen immerzu über Gottes Wunder nachdenken. Das wirkt der undankbaren „Amnesie“ entgegen.
Gott ist so heilig, sein Name ist der größte Schmuck, mit dem man sich umhüllen kann. Und durch die Bundesbeziehung dürfen die Israeliten das auch tun! Sie dürfen sich seines Namens rühmen als Gottes besonderes Eigentum. Und wenn sie in allem immer ihn suchen, sollen sie sich von Herzen freuen. Denn ihre guten Absichten werden gute Konsequenzen nach sich ziehen. Das nennen wir Segen.
„Fragt nach dem HERRN und seiner Macht“ – die hebräische Verbform דִּרְשׁ֣וּ dirschu ist eigentlich mit „suchet, forscht“ zu übersetzen. Es geht also darum, in allem immer den Herrn zu suchen.
„Sucht sein Angesicht allezeit!“- auch בַּקְּשׁ֖וּ baqschu kann mit „suchen“ übersetzt werden, aber auch mit „wollen, begehren, bitten“. Beide Sätze sagen etwas Ähnliches aus und sind ähnlich strukturiert, was wir Parallelismus nennen. Dem Menschen soll es immer nach dem Angesicht Gottes verlangen. Es umschreibt, was mit dem Sch’ma Israel zusammengefasst wird (Dtn 6,4ff.), die absolute Gottesliebe und deshalb das stete Interesse daran, ihn besser zu verstehen. Es geht daran, das Herz an ihn zu hängen. Wenn man dies tut, wird das Herz immer wieder Heilung erfahren.
So wie wir schon oft gebetet haben, ergeht auch hier die Aufforderung an uns, Gottes Heilstaten nie zu vergessen („Gedenkt der Wunder, die er getan hat…“). So werden wir nie undankbar und auch nie etwas für selbstverständlich nehmen, was Gott uns schenkt. Seien wir in diesem Punkt anders als die Stämme des Nordreiches, die ihre Untreue schmerzhaft zu spüren bekommen! Wir gedenken der großen Taten Gottes mit dankbarem Herzen in jeder Eucharistie. Wir beten jeden Tag die Psalmen und loben Gott darüber hinaus mit Hymnen und anderen Lobliedern.
Gott ist der Herrscher des Alls und deshalb gilt, was er entscheidet. Alles ist seinem universalen Heilswillen unterworfen, was auch für uns sehr tröstlich ist! Das bedeutet nämlich, dass auch der Böse nur so viel anrichten kann, wie Gott zulässt. Sobald das Ende der Zeiten erreicht ist, wird Gott ihm sofort und ganz ohne Mühe Einhalt gebieten. Er wird den Bösen für immer zerstören und wir werden nie wieder leiden müssen. Was nun also mit Israel passiert, ist streng unter Gottes „Beobachtung“. Er lässt nur so viel zu, wie er möchte. Die Assyrer können das Volk nicht ganz auslöschen. Das würde Gottes Treue absolut widersprechen. Gott ist ein Gott des Heils und nach dieser deutlichen Lektion möchte er seine Braut wieder zu sich zurückholen. Dann wird sie nichts mehr selbstverständlich nehmen, sondern Gott ganz bewusst lieben. Sie wird mit ihrem Herzen an ihm hängen und nicht anderen „Göttern“ schöne Augen machen.
Mt 10
1 Dann rief er seine zwölf Jünger zu sich und gab ihnen die Vollmacht, die unreinen Geister auszutreiben und alle Krankheiten und Leiden zu heilen.
2 Die Namen der zwölf Apostel sind: an erster Stelle Simon, genannt Petrus, und sein Bruder Andreas, dann Jakobus, der Sohn des Zebedäus, und sein Bruder Johannes,
3 Philippus und Bartholomäus, Thomas und Matthäus, der Zöllner, Jakobus, der Sohn des Alphäus, und Thaddäus,
4 Simon Kananäus und Judas Iskariot, der ihn ausgeliefert hat.
5 Diese Zwölf sandte Jesus aus und gebot ihnen: Geht nicht den Weg zu den Heiden und betretet keine Stadt der Samariter,
6 sondern geht zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel!
7 Geht und verkündet: Das Himmelreich ist nahe!
Gestern hörten wir bereits davon, dass Jesus die reiche Ernte thematisierte, die viele Arbeiter erfordert. So bevollmächtigt Jesus heute seinen Zwölferkreis mit Gaben, die er ihnen vom Vater spendet: Dabei werden hier vor allem der Exorzismus und die Krankenheilung genannt. Diese beiden Elemente sind kein Zufall. Es geht hier um das umfassende Heil des ganzen Menschen – seiner Seele und seines Leibes. Es sind messianische Heilszeichen, die die Menschen erkennen lassen, dass die messianischen Verheißungen des Alten Testaments sich nun erfüllen. Jesus ist wirklich der nun gekommene Messias, der schon am Ende der Lesung angedeutet worden ist. Er ist gekommen, um Gerechtigkeit zu bringen. Er ist aber jetzt vor allem da, um den Menschen das Heil zu schenken, das sie so sehnlichst erfleht haben.
Es werden die Namen der Zwölf genannt und daraufhin die genaue Berufung formuliert: Sie sollen weder zu den Heiden noch zu den Samaritern gehen. Das heißt nicht, dass Jesus sein Heil den Juden vorbehält, aber zunächst sollen sie im eigenen Volk verkünden. Das hat wie immer prophetische Zeichenwirkung. Es soll unter anderem die Verheißung erfüllen: „Das Heil kommt von den Juden.“ Und im weiteren Verlauf wird sich die Verkündigung öffnen für die ganze Welt, bis zu den „Enden der Erde“, wie es die Psalmen immer so poetisch ausdrücken.
Sie sollen gehen und verkünden: Das Himmelreich ist nahe! Die Endzeit ist mit Christi Kommen angebrochen, nicht mehr lange bis zum Jüngsten Tag. Das ist auch insofern wichtig, weil Samarien das ehemalige Nordreich Israel meint, das zur Zeit der Assyrer aus zehn Stämmen Israels besteht. Es ist nicht mehr jüdisch wie zu Anfang, sondern synkretistisch. Das heißt, dass aus dem Nordreich eine gemischte Religion entstanden ist, das Jahwe als einen unter vielen weiteren Göttern verehrt. Auf dem Garizim haben sie sogar ein Heiligtum errichtet, das sie als „richtiger“ als den Tempel in Jerusalem erachten. Das ist nicht mehr der unverfälschte und geoffenbarte Glaube des Alten Bundes. Und deshalb sollen die Samariter bei der ersten Evangelisierung der Apostel umgangen werden. Für die Menschen muss der Unterschied zwischen Juda und Samarien deutlich werden. Das Heil kommt von den Juden, die nicht von der Offenbarung abgerückt sind. Das Heil ist eine Person – Jesus Christus. Er kommt aus den Juden (alternative Übersetzung), er kommt aus dem Stamm Juda, aus der königlichen Sippe Davids. Diese sind dieser Offenbarung treu geblieben und deshalb geht von hier das universale Heil auf die ganze Menschheit aus.
Ihre Magstrauss