1 Kor 6,1-11; Ps 149,1-2.3-4.5-6au. 9b; Lk 6,12-19
1 Kor 6
1 Wagt es einer von euch, der mit einem anderen einen Rechtsstreit hat, vor das Gericht der Ungerechten zu gehen, statt zu den Heiligen?
2 Wisst ihr denn nicht, dass die Heiligen die Welt richten werden? Und wenn durch euch die Welt gerichtet wird, seid ihr dann nicht zuständig, einen Rechtsstreit über Kleinigkeiten zu schlichten?
3 Wisst ihr nicht, dass wir über Engel richten werden? Also erst recht über Alltägliches.
4 Wie könnt ihr dann jene, die im Urteil der Gemeinde nichts gelten, als Richter einsetzen, wenn ihr einen Rechtsstreit über Alltägliches auszutragen habt?
5 Ich sage das, damit ihr euch schämt. Gibt es denn unter euch wirklich keinen, der über die Weisheit verfügt, zwischen Brüdern zu entscheiden?
6 Stattdessen zieht ein Bruder den andern vor Gericht, und zwar vor Ungläubige.
7 Ist es nicht überhaupt schon ein Versagen, dass ihr miteinander Prozesse führt? Warum leidet ihr nicht lieber Unrecht? Warum lasst ihr euch nicht lieber übervorteilen?
8 Nein, ihr selber begeht Unrecht und übervorteilt, und zwar Brüder.
9 Wisst ihr denn nicht, dass Ungerechte das Reich Gottes nicht erben werden? Täuscht euch nicht! Weder Unzüchtige noch Götzendiener, weder Ehebrecher noch Lustknaben, noch Knabenschänder,
10 noch Diebe, noch Habgierige, keine Trinker, keine Lästerer, keine Räuber werden das Reich Gottes erben.
11 Und solche gab es unter euch. Aber ihr seid reingewaschen, seid geheiligt, seid gerecht geworden im Namen Jesu Christi, des Herrn, und im Geist unseres Gottes.
Die strengen Gerichtsworte des Paulus gegen die Korinther setzen sich heute fort. Es geht um Gerichtsprozesse zwischen Christen vor heidnischen Gerichten. Zunächst kritisiert er es, dass Christen ihre Streitigkeiten vor weltlichen Gerichten zu lösen versuchen. Er argumentiert mit dem Gericht am Ende der Zeiten, bei denen die Heiligen die Welt richten werden zusammen mit Christus. Dieses Gericht löst die Konflikte wirklich, denn Christus und die Heiligen sind wahrlich gerechte Richter. Die weltlichen Gerichte sind dagegen unvollkommen, da die Rechtsurteile korrumpiert sein können. Entscheidender ist jedoch, dass Paulus die Christen auf Erden ja auch Heilige nennt und diese untereinander Recht sprechen sollen als „Übung“ für das überirdische Gericht. Wenn sie später mal am Gericht Christi teilnehmen wollen, müssen sie umso eher über Alltägliches zu richten lernen. Unter Christen soll man die Dinge also selbst regeln. Dabei sollen sie aber nicht von Rechthaberei getrieben werden, so als ob sie unter allen Umständen das letzte Wort haben müssen. Sie sollen ihre Mitbrüder nicht übervorteilen, weil dies eine Form von Ungerechtigkeit darstellt, aufgrund welcher sie das Reich Gottes nicht erben können. Paulus führt daraufhin einen Lasterkatalog an mit Sünden, die den Christen daran hindern, ins Reich Gottes einzugehen. Was genannt wird, ist nicht willkürlich, sondern bewusst gewählt. In Korinth oder allgemein in einer heidnischen Kultur sind Unzucht, Ehebruch, Götzendienst, Päderastie und Ephebophilie an der Tagesordnung. Diese Dinge muss Paulus ansprechen, weil sie nicht selbstverständlich sind. In einem judenchristlichen Umfeld hätte er diese Dinge nicht aufzählen müssen für ein besseres Verständnis, da sie sich aus den mosaischen Gesetzen bereits ergeben.
Als nächstes werden weitere Sünden des Dekalogs aufgezählt wie das Stehlen, Begehren und Lästern.
Viele der Christen in Korinth hatten mit diesen im Lasterkatalog aufgezählten Sünden zu tun, doch nun als Getaufte sind sie reingewaschen und geheiligt. Sie leben nun anders und machen diese Dinge nicht mehr. Christus hat sie durch seine Erlösungstat vor Gott gerecht gemacht mit der Kraft des hl. Geistes, durch den sie neugeboren sind zu Kindern Gottes.
Ps 149
1 Halleluja! Singt dem HERRN ein neues Lied, sein Lob in der Versammlung der Frommen!
2 Israel soll sich freuen über seinen Schöpfer, die Kinder Zions sollen jubeln über ihren König.
3 Seinen Namen sollen sie loben mit Reigentanz, mit Trommel und Leier ihm spielen.
4 Denn der HERR hat an seinem Volk Gefallen, er krönt die Gebeugten mit Rettung.
5 In Herrlichkeit sollen die Frommen frohlocken, sie sollen jauchzen auf ihren Lagern,
6 Hochgesänge auf Gott in ihrer Kehle, ein zweischneidiges Schwert in ihren Händen,
9 Lichtglanz ist das all seinen Frommen. Halleluja!
Als Antwort auf die Lesung beten wir Psalm 149, einen Lobpreispsalm, der zum Schluss-Hallel gehört. Hier ist der Lobpreis in Hallelujarufe gerahmt.
Wir betrachten eingehender die Macht Gottes durch den Psalm mit dem Titel „Das neue Lied von der Königsherrschaft Gottes durch Israel“.
Halleluja ist ein Ausruf, der mit „Preist Jahwe“ übersetzt wird. Es handelt sich zu Anfang also wieder um eine typische Lobaufforderung.
Weil wieder eine Gruppe zum Lob aufgefordert wird und nicht eine Einzelperson, wirkt der Psalm sehr liturgisch. Dies wird uns auch durch die „Versammlung der Frommen“ deutlich. Wir sehen die Korinther vor uns, die Gott in der Liturgie anbeten und voller Dank sind über das Erlösungswirken des Lammes, das sie gerecht gemacht hat.
„Israel soll sich freuen über seinen Schöpfer, die Kinder Zions sollen jubeln über ihren König.“ Diese Kinder sind nun nicht mehr nur aus den Stämmen Israels, sondern sind nun ein Volk Gottes, das das geistige Israel bildet. Sie alle sollen Gott loben mit „Reigentanz und instrumentaler Begleitung.“ Psalm 149 vermittelt den Eindruck, dass die Juden sich für die gläubig gewordenen Heiden freuen sollen. Dies werden sie auch durch die Einbeziehung von Gottesfürchtigen und Proselyten umgesetzt haben. Doch es geht noch weiter: Die Gottesfürchtigen und die Juden verbindet nun die eine Taufe zur Vergebung der Sünden! Jesus Christus begründet den Neuen Bund, der nun nicht mehr auf biologischer Abstammung basiert, sondern auf der neuen Schöpfung.
„Jauchzen auf ihren Lagern“ zeigt uns, dass die Juden sich nicht nur am Tag, sondern auch in der Nacht freuen und Gott für diese große Barmherzigkeit zu jeder Zeit danken sollen. Immer sei ein Lobgesang in ihrer Kehle. Diese ist mehr als nur ein Teil des Körpers. Mit „Kehle“ ist viel mehr gemeint, denn ursprünglich ist auch die Nephesch als Kehle gedacht worden, durch die der Atem ein- und ausgeht. Deshalb lechzt auch die Seele im Psalmenkontext oft nach Wasser, als ob sie im Mund oder in der Kehle sitzen würde. Den Lobgesang in der Kehle zu haben, heißt also nicht nur die ständige Bereitschaft zum Singen, sondern auch den Lobpreis im „Herzen“, das heißt in der Seele. Dieser Lobpreis ist den Frommen „Lichtglanz“, das heißt Pracht und Schönheit, die sie schmückt. Der immerwährende Lobpreis im Herzen ist für den irdisch Lebenden eine Generalprobe für den ewigen Lobpreis des Himmels. Nicht nur die Gerichtshandlung soll geprobt werden. Im Himmel gibt es gar keine Zeit mehr, dort gibt es nur das ewige Jetzt und das ewige Heute. Der Psalm endet mit dem wiederholten Halleluja, für den er bekannt ist.
Lk 6
12 Es geschah aber in diesen Tagen, dass er auf einen Berg ging, um zu beten. Und er verbrachte die ganze Nacht im Gebet zu Gott.
13 Als es Tag wurde, rief er seine Jünger zu sich und wählte aus ihnen zwölf aus; sie nannte er auch Apostel:
14 Simon, den er auch Petrus nannte, und dessen Bruder Andreas, Jakobus, Johannes, Philippus, Bartholomäus,
15 Matthäus, Thomas, Jakobus, den Sohn des Alphäus, Simon, genannt der Zelot,
16 Judas, den Sohn des Jakobus, und Judas Iskariot, der zum Verräter wurde.
17 Jesus stieg mit ihnen den Berg hinab. In der Ebene blieb er mit einer großen Schar seiner Jünger stehen und viele Menschen aus ganz Judäa und Jerusalem und dem Küstengebiet von Tyrus und Sidon
18 waren gekommen, um ihn zu hören und von ihren Krankheiten geheilt zu werden. Und die von unreinen Geistern Geplagten wurden geheilt.
19 Alle Leute versuchten, ihn zu berühren; denn es ging eine Kraft von ihm aus, die alle heilte.
Im Evangelium hören wir heute von der Berufung der Apostel, die hier auch namentlich aufgelistet werden. Bevor Jesus dies vornimmt, verbringt er die ganze Nacht im Gebet zu Gott. Er steigt dafür wie so oft auf einen Berg, der Ort der besonderen Gottesnähe. Dort ist er ganz vereint mit dem Vater. Das ist eine wichtige zeichenhafte Handlung für uns alle. Wenn uns etwas Wichtiges und Entscheidendes bevorsteht, wenn wir vor allem viel Gnade und Segen bei einem Ereignis erwarten, müssen wir vorher um Gottes Beistand, um seinen Hl. Geist, bitten. Von nichts kommt nichts. Und alles, was wir tun, muss aus der innigen Beziehung mit ihm hervorgehen. Wie können wir die Ausgießung des Hl. Geistes auf uns automatisch annehmen, reiche Früchte von Gott erwarten, wenn wir im Vorfeld nicht richtig darum gebeten haben? Hören wir, was geistbegabte Menschen heutzutage sagen, werden wir genau diese Haltung erkennen, die Jesus heute einnimmt. Sie beten nächtelang hindurch, um die Gnadengaben Gottes zu erbitten. Bevor Wunder und Heilungen auch heute noch geschehen, müssen diese von Herzen erbeten werden. Wer reiche Frucht bringen will, muss mit dem wahren Weinstock verbunden sein, der Christus ist.
Und dann ist es soweit. Jesus ruft die Jüngerschar um sich, um die zwölf auszuwählen, die von nun an zum engsten Kreis gehören würden und als Apostel – Gesandte – bezeichnet werden würden: Simon Petrus wird als erstes genannt, weil er der Anführer der Apostel ist, sodann sein Bruder Andreas, die Geschwister Jakobus und Johannes, die beiden oft zusammen genannten Freunde Philippus und Bartholomäus (das ist eigentlich sein Beiname, denn er heißt Natanael), dann der Zöllner Matthäus, der Zweifler Thomas, Jakobus, Simon und Judas, die der Tradition nach Geschwister sein sollen, wobei hier unterschiedliche Väter genannt werden, nämlich Alphäus und Jakobus. Man muss dazu sagen, dass Alphäus als Beiname des Kleopas angesehen wird. Schließlich wird Judas Iskariot genannt, der Jesus später verraten würde und den Zwölferkreis verlassen wird.
Das alles spielt sich noch auf dem Berg ab, wobei wir also erkennen, dass die Erwählung in besonderer Gegenwart Gottes stattgefunden hat. Dann steigen sie gemeinsam den Berg hinab, was nie als einfache Information registriert werden sollte. Vielmehr ist es über den Wortsinn hinaus als Rückkehr in den Alltag zu verstehen. Nach dem Verweilen bei Gott muss der Mensch den Weg zurück in die Welt finden, um mit neuer Kraft und ausgestattet mit Geistesgaben in der Welt zu wirken. Und so lässt die Arbeit nicht lange auf sich warten. Eine Menschenmenge schart sich um Jesus und seine Jünger. Sie kommen voller Glauben und Hoffnung, von Jesus geheilt zu werden. Sie kommen mit der Bereitschaft und dem geöffneten Herzen für die Botschaft Jesu Christi. Die Menschen waren sogar bereit, nur sein Gewand zu berühren, um von der Gnade Gottes berührt zu werden. Es heißt am Ende, dass von ihm eine Kraft ausging, die alle heilte. Gottes überreiche Gnade ist nicht auf Menschen beschränkt. Er bindet seine heilende Gnade oft an Gegenstände wie Kleidungsstücke. Wir wissen auch von einer Episode, bei der man die Schweißtücher des Paulus in seiner Abwesenheit Kranken aufgelegt hat und diese geheilt worden sind. Das ist der Kern von Reliquienverehrung. Es sind nicht die Gegenstände, die heilen, sondern Gott, der sich bzw. seine Gnade freiwillig an Materie bindet und so Heilsmittel für die Menschen bereithält. Diese Verbindung besteht darin, dass er seine Gnade auf materielle Güter legt, wenn vor allem der Priester besagte Gegenstände segnet. Die Berührung, der Gebrauch, das Beten mit solchen Gegenständen führt zu einer besonderen Berührung der Gnade Gottes. So ist das Gewand Jesu an sich nichts Besonderes, nur ein Stück Stoff. Doch weil Christus es trägt, wird es zur „Reliquie“ schlechthin. Es zeugt nicht von Hysterie, sondern von großem Glauben, allein dieses Gewand berühren zu müssen, um geheilt zu werden.
Und wenn die Apostel mit dem Hl. Geist erfüllt werden, werden auch sie voll der Gnade Gottes erfüllt sein. Dann werden auch ihre Gegenstände sowie die von ihnen gesegneten Gegenstände zu besonderen Berührungspunkten mit der Gnade Gottes. Dann werden sie die Zeichen tun, die Christus getan hat, denn er hat ihnen die Vollmacht dazu gegeben.
Heute hören wir viel davon, dass Gott Menschen in seinen Heilsplan einbindet und sie bevollmächtigt, Gericht zu sprechen und Heilung zu schenken. Ein großes Problem heutiger Zeit ist, diese Dinge nicht mehr ernstzunehmen und kirchliches Handeln sehr diesseitig sowie menschlich zu sehen. Das Entscheidende geht vom Herrn aus, indem er die Vollmacht überträgt. Nehmen wir das wieder ernst und lassen wir uns immer wieder daran erinnern, indem auch wir uns auf den Berg zurückziehen und Nächte hindurch beten, vor großen Ereignissen Gottes Gnade erbitten und all das dann kommende Lob auf ihn zurücklenken. Das steht ihm zu!
Ihre Magstrauss