Ijob 42,1-3.5-6.12-17; Ps 119,66 u. 71.75 u. 91.125 u. 130; Lk 10,17-24
Ijob 42
1 Da antwortete Ijob dem HERRN und sprach:
2 Ich habe erkannt, dass du alles vermagst. Kein Vorhaben ist dir verwehrt.
3 Wer ist es, der ohne Einsicht den Rat verdunkelt? – Fürwahr, ich habe geredet, ohne zu verstehen, über Dinge, die zu wunderbar für mich und unbegreiflich sind.
5 Vom Hörensagen nur hatte ich von dir gehört, jetzt aber hat mein Auge dich geschaut.
6 Darum widerrufe ich. Ich bereue in Staub und Asche.
12 Der HERR aber segnete die spätere Lebenszeit Ijobs mehr als seine frühere. Er besaß vierzehntausend Schafe, sechstausend Kamele, tausend Joch Rinder und tausend Eselinnen.
13 Auch bekam er sieben Söhne und drei Töchter.
14 Die erste nannte er Jemima, Turteltaube, die zweite Kezia, Zimtblüte, und die dritte Keren-Happuch, Schminkhörnchen.
15 Man fand im ganzen Land keine schöneren Frauen als die Töchter Ijobs. Ihr Vater gab ihnen Erbbesitz unter ihren Brüdern.
16 Ijob lebte danach noch hundertvierzig Jahre und er sah seine Kinder und Kindeskinder, vier Generationen.
17 Dann starb Ijob, hochbetagt und satt an Lebenstagen.
In den letzten Tagen hörten wir von Ijob und seiner Glaubensprüfung, die er bestanden hat. Im gestrigen Abschnitt hat Gott ihn konfrontiert und verdeutlicht, dass er als begrenzter und schwacher Mensch nicht alles verstehen und kontrollieren muss. Gott der Allmächtige, der Schöpfer des Himmels und der Erde hat alles im Griff und darauf kann er sich einfach ganz verlassen. Im Grunde hat Gott ihn dazu aufgefordert, wie ein Kind zu sein. Gott hat ihn auch gelobt, denn er hat nicht auf die Erklärungsversuche seiner Freunde gehört, sondern hat die Prüfung bestanden. Und heute wird uns weiterhin vom Gespräch zwischen Gott und Ijob berichtet, bevor er den Mann für all das Erlittene entschädigt.
Ijob sagt zu Gott, dass er in dieser ganzen Situation zu einem vertieften Verständnis Gottes gekommen ist und wirklich einen bewussten Glauben erhalten hat. Zuvor hat er alles für selbstverständlich genommen, weil ihm der Glaube und die Tradition so beigebracht worden sind. Er hat „geredet, ohne zu verstehen, über Dinge, die zu wunderbar“ für ihn sind. Er hat Gott bisher nur „vom Hörensagen“ her gekannt, doch nun hat er ihn von Angesicht zu Angesicht gesehen. Bisher war es ein Glaube ohne Bezug, nun eine lebendige Beziehung. Das ist so wunderbar und exemplarisch auch für uns Menschen heute! Wie viele Christen wachsen mit dem Glauben auf und übernehmen die Traditionen ihrer Eltern. Doch irgendwann im Leben muss der Moment kommen, an dem wir uns bewusst für Gott entscheiden und ganz bewusst eine Beziehung mit ihm eingehen. Sonst bleibt der Glaube in Kinderschuhen stecken. Sonst wird es nie zu einem richtigen lebendigen Glauben. Das Christentum ist eine Begegnungsreligion. Wenn wir Gott nicht begegnen wie Ijob, werden wir nie wirklich gläubig sein.
Ijob hat nun vieles begriffen und bereut alles, was er in der Zeit des Leidens falsch gemacht hat.
Und von diesem Moment an gibt Gott ihm alles vielfach zurück, was er verloren hat: Er bekommt eine riesige Herde als Entschädigung für seine verendeten Tiere. Er bekommt ganze zehn Kinder, denen er schöne Namen verleiht: Jemina, Kezia, Keren-Happuch. Diese drei Töchter sind die schönsten Frauen im Land. Seine Nachkommen sind sehr fruchtbar und bekommen Kinder und Enkel und so darf Ijob, der noch ganze 140 Jahre lebt, viele Generationen sehen. Das ist ein Zeichen großen Segens: ein langes Leben und viele Nachkommen. So stirbt er „satt an Lebenstagen“, was eine Formulierung für ein Leben in Fülle darstellt. Gott lässt uns nicht ewig leiden. Wenn wir unsere Sünden gesühnt haben, das Leiden für andere ertragen haben oder im Glauben geprüft worden sind wie Ijob, dann wird er uns mit seinem reichen Segen überschütten – schon in diesem Leben, aber vor allem in der Ewigkeit!
Wenn ein Mensch eine leidensvolle Situation durchlebt, ist das eine Gratwanderung, des Messers Schneide: Entweder geht der Mensch verbittert heraus oder im Glauben gestärkt. Gebe Gott, dass wir in der Situation wachsen wie Ijob und ihn bewusster lieben als zuvor!
Ps 119
66 Gutes zu verstehen und zu erkennen, lehre mich, denn ich glaube deinen Geboten!
71 Dass ich gedemütigt wurde, ist für mich gut, damit ich deine Gesetze lerne.
75 Ich habe erkannt, HERR, dass deine Entscheide gerecht sind und dass es Treue ist, wenn du mich beugst.
91 Nach deinen Entscheiden bestehen sie bis heute, denn das All steht dir zu Diensten.
125 Dein Knecht bin ich. Gib mir Einsicht, damit ich deine Zeugnisse erkenne!
130 Das Aufschließen deiner Worte erleuchtet, den Unerfahrenen schenkt es Einsicht.
Als Antwort beten wir einige Verse aus dem längsten Psalm des Psalters. Sein Thema ist ja der lebenslange Wandel auf dem Weg Gottes. Ijob hat dies beispielhaft vorgelebt, weshalb dieser Psalm am besten zur Lesung passt.
So bittet der Psalmenbeter darum, „Gutes zu verstehen und zu erkennen“. Ijob hat Gott sein ganzes Leiden hindurch darum gebeten, das Gute in allem zu sehen, denn die vielen Schläge haben ihm eher das Gegenteil gezeigt. Dennoch hat er nicht ein böses Wort gegen Gott gesagt. Er hat nie an der Güte Gottes gezweifelt und an dessen Geboten festgehalten.
Er hat auch verstanden, dass die Demütigung, der er sich unterzog, für ihn heilsam ist. Gott lässt Situationen der Demütigung zu, um in uns Menschen den noch so kleinen Funken an Hochmut auszumerzen. Das ist ein schmerzhafter Prozess, aber dadurch werden wir immer heiliger und reiner, ihm ähnlich.
Ijob hat so wie König David auch erkannt, dass Gottes Vorsehung gut ist und seine „Entscheide gerecht sind“. Gott ist treu und das widerspricht den Situationen nicht, in denen der Mensch in die Knie gezwungen wird. Leiden ist nicht immer etwas Schlechtes. Unser Leben nach dem Sündenfall ist kein leidloses Leben mehr. Weil wir Böses tun, ist das Leiden ein Teil unseres Lebens.
Alles ist von Gott geschaffen und sein Wille ist ein ewiger Wille. Er ändert seine Meinung nicht von heute auf morgen. Wir können uns auf Gott verlassen, weil er beständig ist – derselbe gestern, heute und morgen.
Ijob hat sich so wie auch König David hier als Knecht Gottes gesehen. Er bittet Gott darum, dass er Einsicht erhält und Gott immer besser versteht. Als Christen erkennen wir in Vers 125 einen Bezug zu Christus. Er sagt in Joh 15: „Ich nenne euch nicht mehr Knechte; denn der Knecht weiß nicht, was sein Herr tut. Vielmehr habe ich euch Freunde genannt; denn ich habe euch alles mitgeteilt, was ich von meinem Vater gehört habe.“ Gott teilt sich immer mehr mit und auf der Höhe der Zeit werden wir wirklich alle von Knechten zu Freunden. Das ist der Höhepunkt der Offenbarung und Begegnung mit Gott. Die Menschen durften Gott höchstpersönlich begegnen, von Angesicht zu Angesicht schauen, als sie in die Augen Jesu geschaut haben! Wie überwältigend ist das!
Schon im Psalm wird deutlich, wie heilsam es ist, den Willen Gottes immer besser zu verstehen und Gottes Wort in das eigene Leben zu lassen. Es ist wie eine Erleuchtung auf dem Weg der Dunkelheit, eine Orientierung und Hoffnung. Halten wir uns an diesen Weg, damit auch wir ein Leben in Fülle erfahren.
Lk 10
17 Die Zweiundsiebzig kehrten zurück und sagten voller Freude: Herr, sogar die Dämonen sind uns in deinem Namen untertan.
18 Da sagte er zu ihnen: Ich sah den Satan wie einen Blitz aus dem Himmel fallen.
19 Siehe, ich habe euch die Vollmacht gegeben, auf Schlangen und Skorpione zu treten und über die ganze Macht des Feindes. Nichts wird euch schaden können.
20 Doch freut euch nicht darüber, dass euch die Geister gehorchen, sondern freut euch darüber, dass eure Namen im Himmel verzeichnet sind!
21 In dieser Stunde rief Jesus, vom Heiligen Geist erfüllt, voll Freude aus: Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil du das vor den Weisen und Klugen verborgen und es den Unmündigen offenbart hast. Ja, Vater, so hat es dir gefallen.
22 Alles ist mir von meinem Vater übergeben worden; niemand erkennt, wer der Sohn ist, nur der Vater, und niemand erkennt, wer der Vater ist, nur der Sohn und der, dem es der Sohn offenbaren will.
23 Jesus wandte sich an die Jünger und sagte zu ihnen allein: Selig sind die Augen, die sehen, was ihr seht.
24 Denn ich sage euch: Viele Propheten und Könige wollten sehen, was ihr seht, und haben es nicht gesehen, und wollten hören, was ihr hört, und haben es nicht gehört.
Im Evangelium kehren nun die 72 Jünger zurück, die Jesus in die umliegenden Städte entsandt hat. Voller Freude und Überwältigung berichten sie von den Früchten, die sie erfahren haben. Es stellte für sie ja eine Generalprobe dessen dar, was sie nach dem Pfingstereignis erwarten würde.
Sie sind ganz erstaunt davon, dass sogar die Dämonen in Jesu Namen ausgefahren sind. Es stellt für sie eine Bestätigung dar, dass Jesus Gott ist. Sogar die Dämonen sind ihm untertan!
Jesus entgegnet ihnen daraufhin, dass er „den Satan wie einen Blitz aus dem Himmel fallen“ gesehen hat. Wir erinnern uns daran, was in Offb 12 berichtet worden ist und wir vor zwei Tagen am Fest der Erzengel als Lesung gehört haben. Es geht um diesen himmlischen Kampf, bei dem sich eine Schar von Engeln gegen Gott erhoben hat und auf die Erde hinabgestürzt worden ist. Jesus sagt damit übrigens auch seine Präexistenz aus, also dass er vor seiner Menschwerdung in der Ewigkeit war. Er hat den Kampf mitbekommen, weil er Gott ist. In seinem Angesicht ist das passiert.
Und weil die Jünger in seinem Namen auftreten, gehorchen die Dämonen auch ihnen. Wenn er sagt, dass er den Jüngern seine Vollmacht übergibt, dann sind sie gewissermaßen unschlagbar. Dann können keine giftigen Tiere sie umbringen wie Schlangen und Skorpione, die wiederum als Tiere des Bösen gelten. Wir kennen ja die Erzählung vom Sündenfall und die Besetzung einer Schlange durch den Bösen.
Die Macht des Feindes kann den Jüngern nichts anhaben, wenn sie in der Vollmacht Jesu Christi auftreten. Wie viele Geistliche von heute sind sich dessen überhaupt bewusst, welche Macht sie haben! Und diese Macht ist übernatürlicher Natur. Hier geht es nicht um menschliche und politische Macht.
Es ist nicht entscheidend, dass die Geister den Jüngern gehorchen, sondern dass ihre Namen im Himmel verzeichnet sind. Was heißt das? Wir wissen von den apokalyptischen Büchern der Bibel von dem Buch des Lebens, in dem die Namen derer verzeichnet sind, die in das Reich Gottes gelangen dürfen, sozusagen das „Bürgerverzeichnis“ des Gottesreiches. Sie sind als Erben eingesetzt und wenn sie ihren Auftrag erfüllen, ihrer Berufung gerecht werden und ihre Berufung zur Heiligkeit leben, dann werden sie von der Liste nicht gestrichen. Das ist das eigentliche, über das sie sich freuen können.
Und dann setzt Jesus zum Lobpreis an seinen Vater an. Es ist ein Beispiel, wie wir selbst beten sollen, die wir als Getaufte Gott ebenfalls unseren Vater nennen dürfen. Im heutigen Evangelium hören wir nun wirklich, was ich vorhin angedeutet habe: Wir kommen vom Knechtsein zur Gotteskindschaft.
Gott ist wirklich „Herr des Himmels und der Erde“. Er hat sie nicht nur geschaffen und erhält sie, sondern er hat auch die Macht über alles. Das ist eine tröstliche Erkenntnis, denn auch wenn wir jetzt sehen, dass die Mächtigen dieser Welt böse sind, steht über ihnen dennoch der eine und wahre Gott. Sie haben jetzt vielleicht noch einen Handlungsspielraum, aber wenn Gott kommt, wird er sie alle in einem Moment entmachten – sie, die eigentlich nur Marionetten des Bösen sind.
Die „Unmündigen“ dieser Welt sind die Empfänger der entscheidenden Botschaft. An sie ist die Offenbarung ergangen, nicht an die Reichen, Weisen und Klugen, die ganz in der Weisheit der Welt wandeln. Die „Unmündigen“ sind die eigentlichen Weisen, denn sie wandeln in der göttlichen Weisheit. Von den Hirten auf den Feldern von Betlehem bis zu den Fischern am See von Tiberias sind es immer die einfachen Menschen, die eine große Aufgabe im Reich Gottes erhalten.
Alles ist vom Vater dem Sohn übergeben worden. Nicht nur der Sohn hat sich durch sein Leiden und seinen Tod ganz dem Vater hingegeben, sondern auch der Vater ganz dem Sohn. Dieser vollbringt das Werk des Vaters, ganz in dessen Willen. Ihre ganz innige Beziehung ist es, die uns den Vater sehen lässt, wenn wir Jesus sehen. Wenn wir die Offenbarung des Vaters erhalten möchten, müssen wir uns ganz an den Sohn Jesus Christus halten. Niemand kennt den Vater nämlich besser als er. Gott ist Geist und er ist Geheimnis. Wenn wir ihn kennenlernen möchten, muss er sich uns offenbaren. Dies hat er ganz in Christus getan. Er hat uns wahrlich sein Innerstes gezeigt, sein Herz.
Jesus wendet sich seinen Jüngern zu und versucht, ihnen zu verdeutlichen, welches Privileg ihnen widerfährt. Wie sehr haben Könige und Propheten sich danach gesehnt, Gott von Angesicht zu Angesicht schauen zu dürfen, und diese Jünger hier dürfen das nun! Das ist alles Andere als selbstverständlich! Wie sehr hätte Ijob in seiner Leidenssituation Gott in die Augen geschaut, um dessen tröstenden Blick auf sich zu spüren! In dem Schweigen Gottes bestand ja die Glaubensprüfung. Doch auch nach der ganzen Leidenssituation ist ihm ja dieses Privileg nicht zuteilgeworden. Diesen Höhepunkt der Offenbarung hätten viele Gerechte des AT gerne erfahren, doch es sind nun diese Jünger bei Jesus, die es erleben dürfen. Jesus sagt ihnen das, damit sie dankbar sind und Gott für diese große Gnade danken.
Denken wir daran: Das Leiden ist begrenzt, das Heil ist ewig. Gehen wir seinen Weg der Gebote in Liebe, dann werden auch wir Gott von Angesicht zu Angesicht schauen im Himmelreich und unser Name wird im Buch des Lebens verzeichnet sein.
Ihre Magstrauss