Dienstag der 27. Woche im Jahreskreis

Gal 1,13-24; Ps 139,1-3.13-14.15-16b; Lk 10,38-42

Gal 1
13 Ihr habt doch von meinem früheren Lebenswandel im Judentum gehört und wisst, wie maßlos ich die Kirche Gottes verfolgte und zu vernichten suchte.

14 Im Judentum machte ich größere Fortschritte als die meisten Altersgenossen in meinem Volk und mit dem größten Eifer setzte ich mich für die Überlieferungen meiner Väter ein.
15 Als es aber Gott gefiel, der mich schon im Mutterleib auserwählt und durch seine Gnade berufen hat,
16 in mir seinen Sohn zu offenbaren, damit ich ihn unter den Völkern verkünde, da zog ich nicht Fleisch und Blut zu Rate;
17 ich ging auch nicht sogleich nach Jerusalem hinauf zu denen, die vor mir Apostel waren, sondern zog nach Arabien und kehrte dann wieder nach Damaskus zurück.
18 Drei Jahre später ging ich nach Jerusalem hinauf, um Kephas kennenzulernen, und blieb fünfzehn Tage bei ihm.
19 Von den anderen Aposteln sah ich keinen, nur Jakobus, den Bruder des Herrn.
20 Was ich euch hier schreibe – siehe, bei Gott, ich lüge nicht.
21 Danach ging ich in das Gebiet von Syrien und Kilikien.
22 Den Gemeinden Christi in Judäa aber blieb ich persönlich unbekannt,
23 sie hörten nur: Er, der uns einst verfolgte, verkündet jetzt den Glauben, den er früher vernichten wollte.
24 Und sie lobten Gott um meinetwillen.

In der heutigen Lesung aus dem Galaterbrief erklärt Paulus, dass seine Verkündigung nicht von Menschen ist. Bereits gestern ging es darum, dass das Evangelium göttliche Offenbarung ist. Wenn er es verkündet, hat es höchste Autorität, aber nicht von sich aus, sondern durch Jesus Christus. Dieser hat sich Paulus offenbart und ihn zum Apostel beauftragt. Dies geschah vor den Toren von Damaskus, als er sein einschneidendes Bekehrungserlebnis hatte. Dort wurde er zugleich entsandt.
Paulus verdeutlicht den übernatürlichen Ursprung seiner Botschaft anhand seiner eigenen Biographie. Dabei erinnert er die Adressaten daran, wie radikal seine Kehrtwende vom aggressiven Christenverfolger zum Christusverkündiger war. Er nimmt dabei kein Blatt vor den Mund, was uns sehr viel lehrt: Trotz seiner gegenwärtigen Heiligkeit und seines Fortschritts im Glauben, trotz der reichen Früchte seiner Evangelisierung vergisst er nie, wo er herkommt. Dadurch wird er nie überheblich, sondern bleibt demütig. Sein ganzes restliches Leben betrachtet er vielmehr als Wiedergutmachung seiner schlimmen Verfolgungsaktionen. So müssen auch wir eingestellt sein. Je heiliger wir schon geworden sind und je mehr Erkenntnis wir schon erlangt haben, desto mehr müssen wir uns unserer schlimmsten Momente bewusst sein. Dann bleiben wir auf dem Boden und erkennen Gottes Gnadenwirken an uns Sündern an. Er ist es, der uns dazu verholfen hat, diesen Fortschritt zu machen. Das hätten wir aus eigener Kraft nicht so hinbekommen. Und an Paulus sieht man das besonders eindrücklich, weil der alte und der neue Paulus so heftig im Kontrast zueinander stehen. Da hat die Gnade Gottes besonders Großes bewirkt!
Er berichtet in vielen Details, wie eifrig er als Pharisäer die Christen verfolgt hat, wie gut er dabei war, dass die anderen Juden sich von ihm eine Scheibe abgeschnitten haben.
Aber Gott wollte ihn zu seinem besonderen Werkzeug machen und hat deshalb so sehr an ihm seine Gnade erwiesen. Er hat ihn schon im Mutterleib zu dieser besonderen Aufgabe berufen. Das ist keine Angeberei, wenn Paulus das hier so unverblümt schreibt. Im Gegenteil. Das ist wahre Demut, weil er dies ja nicht als eigene Tat, sondern als Gottes Werk ansieht. Wir müssen Gottes große Taten anerkennen und sie preisen, auch gerade an uns selbst! Deshalb dürfen wir das Licht auch nicht unter den Scheffel stellen und bei offensichtlichen Talenten falsche Bescheidenheit an den Tag legen. Wenn wir ein Talent haben, müssen wir es mit aller Deutlichkeit zeigen und sagen, denn es ist ein Geschenk Gottes. Wir sollen es nicht tun, um uns mit fremden Federn zu schmücken, sondern um Gottes Gnade zu preisen. Alles Andere ist versteckter Hochmut. Wir machen uns klein und geben unser Talent nicht zu, weil wir insgeheim doch davon ausgehen, dass wir es selbst verdient haben und deshalb nicht damit angeben wollen. Stattdessen sollen wir das Licht auf den Leuchter stellen, damit es allen im Haus leuchte. Wir sollen schließlich Reflektoren Gottes sein, dafür hat er uns die Talente geschenkt!
Als Gottes Berufung Paulus mit aller Wucht trifft, dass er zu Boden stürzt, zieht Paulus nun nicht „Fleisch und Blut zu Rate“. Damit ist gemeint, dass er sich von diesem Zeitpunkt an vom Geist Gottes führen lässt. Bis dahin hat er als Jude sehr menschlich gedacht. Es ging ihm darum, die Torah vollkommen und konsequent zu halten. Diese Sache an sich ist nicht schlecht, aber die Juden seiner Zeit gingen davon aus, dass diese Buchstabentreue den Menschen vor Gott gerecht machten. Wäre dem aber so, hätte Gott nicht Mensch werden und die Sünde der Welt auf sich nehmen müssen. Er ist es, der durch das Kreuzesopfer den Menschen vor Gott gerecht macht. In der Taufe nehmen wir die Erlösung an. Und das ist der Kern der Argumentation im Römer- und Galaterbrief.
Paulus berichtet davon, dass er sich nicht sofort in die neue Aufgabe gestürzt hat, sondern jahrelang erst einmal in Arabien verbracht hat. Er hat sich zwar bekehrt, muss aber erst einmal das Evangelium Jesu Christi kennenlernen, er muss in dem Glauben erst einmal reifen. Das lehrt uns heute auch sehr viel: Wir können nicht Hals über Kopf starten und meinen, die ganze Welt von heute auf morgen bekehren zu können. Vielmehr muss die entbrannte Feuerflamme der Bekehrung in ein beständiges Feuer gewandelt werden, damit man wirklich mit Augustinus sagen kann: „In dir muss brennen, was du in anderen entzünden willst.“ Paulus lernt erst einige Jahre später den Kephas kennen, was das hebräische Wort für Petrus ist. Er verbringt einige Tage Zeit mit ihm, als er in Jerusalem ist. Ansonsten lernt er noch den Herrenbruder Jakobus kennen, der nach der Abreise des Petrus dann die Urgemeinde in Jerusalem übernehmen wird. So hat er die zwei wichtigsten Personen in Jerusalem kennengelernt. Leider wird uns hier nicht berichtet, was er so mit Petrus besprochen hat und wie es sonst so war. Wir können uns aber vorstellen, dass sie eines Geistes waren und deshalb gegenseitige Anerkennung bekundet haben.
Paulus schreibt das den Galatern, weil es einen großen Konflikt gibt. Seine apostolische Autorität wird massiv angezweifelt und angegriffen. Deshalb betont er hier auch, dass er Petrus kennt, dass sie gemeinsam für das Evangelium Jesu Christi einstehen, dass er selbst genauso wie die anderen Apostel vom auferstandenen Christus in die Welt hinausgesandt worden ist, um das Evangelium zu verkünden.
Deshalb verspricht er sogar hoch und heilig zum Ende hin, dass er nicht lügt, sondern die Wahrheit spricht.
Paulus ist so wie Petrus nach seinem „Fall“ sehr demütig und verkündet mit der richtigen Einstellung. Ganz zum Ende wird noch erwähnt, dass er nach Judäa nicht persönlich hinkam, aber die Kunde von seiner Bekehrung und für seinen jetzigen Einsatz für Christus sich dort verbreitet hat. Wir können uns vorstellen, warum er dort nicht persönlich hingekommen ist. Früher war er ein berüchtigter Christenverfolger und möchte so keinen Anstoß bei den ehemals Verfolgten erregen. Zudem befinden sich dort seine ehemaligen Auftraggeber. Umso schöner ist es, dass die Christen in Judäa Gott loben und preisen für die Bekehrung des Paulus. Das ist es, was unser demütiges Zugeben von Talenten zur Folge haben soll – den Lobpreis Gottes! Wenn Menschen an uns das Gnadenwirken des Herrn erkennen, sind wir mit unseren Talenten richtig umgegangen!

Ps 139
1 Für den Chormeister. Von David. Ein Psalm. HERR, du hast mich erforscht und kennst mich.

2 Ob ich sitze oder stehe, du kennst es. Du durchschaust meine Gedanken von fern.
3 Ob ich gehe oder ruhe, du hast es gemessen. Du bist vertraut mit all meinen Wegen.
13 Du selbst hast mein Innerstes geschaffen, hast mich gewoben im Schoß meiner Mutter.

14 Ich danke dir, dass ich so staunenswert und wunderbar gestaltet bin. Ich weiß es genau: Wunderbar sind deine Werke.
15 Dir waren meine Glieder nicht verborgen,/ als ich gemacht wurde im Verborgenen, gewirkt in den Tiefen der Erde.
16 Als ich noch gestaltlos war, sahen mich bereits deine Augen. In deinem Buch sind sie alle verzeichnet.

Als Antwort auf die Lesung beten wir Psalm 139, einen wunderbar weisheitlichen Text, in dem Gottes Schöpfermacht betrachtet wird, auf den man sich ganz als Geschöpf verlassen kann. Gott ist es, der an uns wunderbar wirkt.
Er hat jedes seiner Geschöpfe erforscht und kennt es. Diese Erforschung bedeutet vom hebräischen Wort her eine Prüfung des Menschen auf Herz und Nieren, also inklusive Erprobung. Es ist eine Prüfung des Menschen wie Gold im Feuer mit einhergehender Reinigung. Letzte Woche hörten wir von der Erprobung Ijobs, diese Woche steht Paulus im Blick. Er wird wie Gold im Feuer erprobt, als er in Galatien sehr stark angefeindet wird.
Gott weiß um alles, was den Menschen im Innersten bewegt. Er weiß, ob der Mensch sitzt oder steht, ob er aktiv ist oder sich ausruht. Er weiß um jeden Gedanken und um jede Absicht. Er sah auch Paulus bei seinen Bestrebungen, die Christen auszurotten. Und doch ließ er ihn nicht los, verfolgte ihn bis zu den Toren von Damaskus, um ihn dort zu konfrontieren mit der Frage „Warum verfolgst du mich?“
Der Mensch kann sich vor Gott nicht verstecken. Er kann nicht vor ihm fliehen, weil er um alles weiß. Dass der Mensch sich aber vor Gott verstecken möchte, liegt an der Sünde. Bis zum ersten Sündenfall hatte der Mensch gar nicht das Bedürfnis, vor Gott in Deckung zu gehen. Erst nach der Sünde kam die Scham und das schlechte Gewissen, sodass sich das Menschenpaar vor Gott versteckte. Auch Paulus kann vor Gott nicht in Deckung gehen, als er ihm begegnet. Dieses Ereignis wirft ihn aus der Bahn, im wahrsten Sinne des Wortes! Doch danach ist nichts mehr, wie es war und dieser Mann hat eine 180°-Wende durchgemacht!
König David, der Psalmenbeter, preist die Intimität, die Gott ihm schenkt dadurch, dass er sein „Innerstes geschaffen“ hat und ihn „gewoben“ hat im Mutterschoß. Auch Paulus weiß um diese Beziehung und fügt noch hinzu, dass er im Mutterleib bereits erwählt worden ist zu dem Dienst, den er dann als Heidenmissionar ausgeübt hat. Für beide Männer stellt dies ein Anlass dar zur absoluten Geborgenheit im Schöpfer. Und wenn David Gottes immerwährende Gegenwart bis ins Innerste seines Herzens betrachtet, dann erfüllt es ihn mit Dankbarkeit. Gottes überwältigende Kreativität hat den König gemacht und jeden Einzelnen von uns geschaffen. Jeder von uns ist ein staunenswertes Werk Gottes. Deshalb können wir nicht sagen: „Ich bin wertlos“ oder „Ich bin hässlich“. Gott hat das Höchstmaß an Liebe und Kreativität, Detailtreue und Komplexität in jedes einzelne Geschöpf hineingesteckt und alles, was er geschaffen hat, ist wunderschön! Wenn wir uns selbst als seine Geschöpfe mal eingehend betrachten, werden wir aus dem Staunen nicht mehr herauskommen! Gott kennt um jedes noch so komplexe Detail unseres Leibes, denn es ist von ihm so erdacht. Deshalb können wir uns so geborgen in ihm fühlen.
Unsere Namen sind im Buch verzeichnet. Der Name des Menschen definiert ihn. Unser Wesen ist von Gott festgelegt, deshalb kennt er unsere Namen bereits. Das ist ein schöner Gedanke, der uns ganz in die Hände des Vaters fallen lässt, zu dem wir immer kommen können mit all unseren Befindlichkeiten, Dank und Bitte.

Lk 10
38 Als sie weiterzogen, kam er in ein Dorf. Eine Frau namens Marta nahm ihn gastlich auf.
39 Sie hatte eine Schwester, die Maria hieß. Maria setzte sich dem Herrn zu Füßen und hörte seinen Worten zu.
40 Marta aber war ganz davon in Anspruch genommen zu dienen. Sie kam zu ihm und sagte: Herr, kümmert es dich nicht, dass meine Schwester die Arbeit mir allein überlässt? Sag ihr doch, sie soll mir helfen!
41 Der Herr antwortete: Marta, Marta, du machst dir viele Sorgen und Mühen.
42 Aber nur eines ist notwendig. Maria hat den guten Teil gewählt, der wird ihr nicht genommen werden.

Als Evangelium hören wir heute eine Episode, die oft nicht richtig verstanden wird. Wir hören davon, wie Jesus nach Betanien kommt. Der Name der Stadt wird uns hier nicht gesagt, aber wir wissen es aus dem Johannesevangelium. Es geht nämlich um eine Familie, bei der Jesus unterkommt, die aus den Schwestern Marta und Maria besteht sowie den hier nicht erwähnten Bruder Lazarus, den Jesus später von den Toten auferwecken wird.
Jesus kehrt bei den Schwestern ein und es ist offensichtlich so, dass Jesus wichtige Dinge erklärt. Währenddessen sitzt Maria ihm zu Füßen und hört ihm aufmerksam zu. Marta dagegen ist sehr damit beschäftigt, Jesus zu bewirten. Dann kommt es, dass Marta zu Jesus geht und ihm sagt: „Herr, kümmert es dich nicht, dass meine Schwester die Arbeit mir allein überlässt? Sag ihr doch, sie soll mir helfen!“ Das ist interessant, weil Maria mit im Raum ist. Warum sagt sie ihrer Schwester nicht direkt „komm und hilf mir?“ Sie möchte, dass Jesus mit seiner Autorität Maria zum Mithelfen bewegt. Vermutlich ist es ein indirekter Appell an Jesus, mit dem Reden aufzuhören, damit Maria aufsteht und ihrer Schwester hilft.
Marta hat nicht verstanden, was hier passiert. Sie sieht nur die Oberfläche wie wir Zuhörer auch, wenn wir den Eindruck haben, dass Marta im Folgenden ungerecht behandelt wird. Denn Jesus sagt, dass Maria den guten Teil gewählt hat, der ihr nicht genommen werden soll. Er sagt nicht: „Maria, so geh und hilf zuerst deiner Schwester, dann reden wir weiter.“ Denn hier ist keine einfache Situation von Gastfreundlichkeit im Gange, sondern wir müssen tiefer schauen:
Jesus kehrt bei den Schwestern ein. Gott selbst hat sich ein Zuhause ausgesucht, um dort Gast zu sein! Was ist die richtige Einstellung, wenn Gott höchstpersönlich zu uns nach Hause kommt? Sollen wir ihm dann nicht begegnen, ihm aufmerksam lauschen, was er uns zu sagen hat? Es ist die absolute Gnadenzeit angebrochen, ist denn das leibliche Wohl, sind denn dann die weltlichen Belange so wichtig? Maria hat deshalb den guten Teil gewählt, weil sie Jesus nicht als gewöhnlichen Menschen und Gast behandelt, sondern Gottes Einkehr in ihr Haus erkannt hat. Es geht nicht um Hilfsbereitschaft und Fleiß. Es geht darum, wer hier der Gastgeber ist! Jesus ist zwar in das Haus der Geschwister eingekehrt, aber er ist der Gastgeber, denn er lädt ein zur Begegnung mit ihm! Maria hat das in ihrer kontemplativen Haltung erkannt, Marta nicht.
Dieses Ereignis lässt sich auf verschiedenen Ebenen begreifen. So sehen wir auch das Kommen Jesu in jeder Hl. Messe vor Augen. Wenn er in unsere Gemeinschaft einkehrt in den eucharistischen Gestalten von Brot und Wein, was tun wir dann? Können wir dann innehalten und ihn anschauen, uns von ihm beeindrucken lassen und auf seine Worte hören, die er uns sagen möchte? Oder „gestalten“ wir die Eucharistie bis zum Abwinken, füllen sie mit unseren menschlichen Worten, sodass wir Gott selbst das Schweigen gebieten? Was ist denn wichtig, wenn Gott selbst zu uns kommt? Das wir ihn vollquatschen oder dass er uns sein göttliches Wort sagt? Natürlich dürfen wir Gott alles sagen und sollen ja z.B. mit unseren Bitten zu ihm kommen! Aber zu allererst sollen wir ihm lauschen, ihm das Wort überlassen. Dann wird er unsere Probleme, die er schon längst kennt, lösen, bevor wir uns versehen! Schließlich kommt Jesus nicht zu uns in der Eucharistie, sondern er lädt uns als Gastgeber ein, ihn im Allerheiligsten zu besuchen!
Und wie steht es um unser persönliches Gebet, unsere persönliche Begegnung mit Christus? Wie beten wir? Halten wir lange Monologe oder lassen wir ihn auch einmal zu Wort kommen? Wie ist es, wenn wir den Herrn in der Eucharistie empfangen? Wenn er zu Gast in unsere Seele einkehrt, können wir dann wie Maria zu seinen Füßen Platz nehmen und ihm zuhören? Wie gestalten wir unser Leben? Können wir zuerst Maria sein, bevor wir Marta sind? Können wir zuerst die Kontemplation anstreben, uns ganz in Gott vertiefen und aus seiner Liebesquelle schöpfen, damit wir gestärkt in den Alltag gehen und die Ärmel hochkrempeln können wie Marta? Jesus sagt nicht, dass es falsch ist, gastfreundlich und fleißig zu sein. Er möchte, dass wir uns von ganzem Herzen einsetzen, wo wir gebraucht werden. Aber was kommt wann? Es geht um die rechte Zeit, wie es Kohelet sagen würde. Wenn Gottesbeziehung stattfindet, geht es um Kontemplation. Und aus dieser Begegnung heraus können wir viel fruchtbarer aktiv werden. Schließlich erliegen wir sonst sehr schnell der Versuchung, alles im Alltag aus eigener Kraft heraus zu tun. Zuerst Maria (Kontemplation, Hinhören auf den Herrn), dann Marta (fleißig sein und alles zur Ehre Gottes tun). Dann werden wir Frucht bringen und die Menschen werden Gott loben und preisen, weil sie an uns die Gnade Gottes sehen.
Hätte Paulus wie Marta gehandelt, hätte er nicht die Früchte gebracht, ja hätte er die Bekehrung so nicht erlebt. In der Gottesbegegnung vor den Toren von Damaskus hat er sein Herz geöffnet und sich verändern lassen. Von da an hat er die Gnade Gottes an den Menschen stets verkündet. Zuvor hat er sehr menschlich gedacht und die Einstellung vertreten, dass der Mensch aus eigener Kraft die Rechtfertigung vor Gott anstreben könne. Er ist von einer „Marta-Lastigkeit“ in eine gesunde Mischung von Marta und Maria gekommen – so sagt er zwar, dass der Mensch aus Gnade vor Gott gerecht gemacht wird Röm 3,28 im Hinblick auf die Taufgnade, aber diese befähigt zum wunderbaren Teamwork von Gnade und Tugend. In 1 Kor 15 sagt Paulus es selbst in Vers 10: „Mehr als sie alle habe ich mich abgemüht – nicht ich, sondern die Gnade Gottes zusammen mit mir.“ Er ist nach seiner Bekehrung nicht sofort losgezogen und hat missioniert, sondern auch sein inneres Wachsen und Reifen sind Ausdruck einer richtigen „Maria-Haltung“.
Wir dürfen bei all dem Aktivismus unseres Lebens die Contemplatio nicht vergessen. Schließlich kommt irgendwann das Ende der Zeiten. Das beständige Marta-Dasein der Menschheit bricht dann abrupt ab und ein ewiges Maria-Dasein in der Anschauung Gottes bricht an. Wir kommen von der steten Arbeit in die ewige Kontemplation. Das sollten wir schon in diesem Leben einüben und auch die Gelegenheiten nutzen, die Gott uns schenkt. Seien wir nicht wie Marta und übersehen diese Gnadenzeit vor lauter Aktivismus. Ganz konkret: Nutzen wir die Zeiten der Anbetung, vor allem vor dem ausgesetzten Allerheiligsten. Legen wir mal Schweigezeiten ein, vielleicht richtige Exerzitien. Suchen wir die Stille und Einsamkeit, um mit Gott allein zu sein. Jesus hat es ja vorgemacht. Wie oft hat er Zeit mit seinem Vater allein verbracht, nachdem oder bevor er großen Menschenmassen begegnet ist.

Wählen wir den guten Teil – je nach Zeitpunkt! Und wenn die Zeit der Gottesbegegnung gekommen ist, heißt der gute Teil „Maria“, nicht „Marta“!

Ihre Magstrauss

Kommentar verfassen

Bitte logge dich mit einer dieser Methoden ein, um deinen Kommentar zu veröffentlichen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s