Samstag der 34. Woche im Jahreskreis

Offb 22,1-7; Ps 95,1-2.4-5.6-7; Lk 21,34-36

Offb 22
1 Und er zeigte mir einen Strom, das Wasser des Lebens, klar wie Kristall; er geht vom Thron Gottes und des Lammes aus.

2 Zwischen der Straße der Stadt und dem Strom, hüben und drüben, steht ein Baum des Lebens. Zwölfmal trägt er Früchte, jeden Monat gibt er seine Frucht; und die Blätter des Baumes dienen zur Heilung der Völker.
3 Es wird nichts mehr geben, was der Fluch Gottes trifft. Der Thron Gottes und des Lammes wird in der Stadt stehen und seine Knechte werden ihm dienen.
4 Sie werden sein Angesicht schauen und sein Name ist auf ihre Stirn geschrieben.
5 Es wird keine Nacht mehr geben und sie brauchen weder das Licht einer Lampe noch das Licht der Sonne. Denn der Herr, ihr Gott, wird über ihnen leuchten und sie werden herrschen in alle Ewigkeit.
6 Und der Engel sagte zu mir: Diese Worte sind zuverlässig und wahr. Gott, der Herr über den Geist der Propheten, hat seinen Engel gesandt, um seinen Knechten zu zeigen, was bald geschehen muss.
7 Siehe, ich komme bald. Selig, wer an den prophetischen Worten dieses Buches festhält!

Heute hören wir aus dem letzten Kapitel des letzten Buches der Bibel am letzten Tag des Kirchenjahres. Was für ein Anlass!
Im letzten Kapitel hat Johannes das himmlische Jerusalem geschaut mit allen möglichen Details. Heute wird diese Schau ein wenig fortgesetzt, bevor es zum Ende hin wieder zum Buchende kommt, der briefartig gestaltet ist. Von diesem Ende hören wir nicht viel, aber der letzte Vers deutet den Schluss an.
Zunächst schaut Johannes die Mitte des himmlischen Jerusalem, von dem aus das Wasser des Lebens klar wie Kristall ausgeht. Diese Vision schließt den Kreis zu Ezechiel, der das lebendige Wasser vom Tempel ausgehen sieht. Hier braucht es keinen Tempel mehr, weil Gott selbst mitten unter den Seinen ist. Dieses Wasser ist der Hl. Geist. Er ist so rein und klar, dass er mit Kristall verglichen wird. Wir erinnern uns an die Thronsaalvision, in der Johannes ein Kristallmeer vor dem Gottesthron schaut. Von derselben Art ist nun dieses lebendige Wasser, das von der Mitte ausgeht. Johannes sieht im himmlischen Jerusalem einen Baum des Lebens, der immerwährend Früchte trägt und heilende Blätter besitzt. Das sind alles Bilder, dessen müssen wir uns bewusst sein. Bei Gott gibt es keine Zeitkategorien mehr. Es gibt also keine Monate, in denen der Baum Früchte tragen kann. Und doch muss der Visionär es irgendwie ausdrücken. Die Zwölfzahl drückt die immerwährende Fruchtbarkeit aus, denn sie ist wie die Siebenzahl das Symbol für Vollständigkeit, Vollkommenheit und Fülle. In Gottes Himmelreich gibt es nur die Überfülle, denn dort herrscht die reine Liebe. Diese wiederum ist immer in Überfülle da, ganz ohne Grenzen.
Der Baum des Lebens führt uns zurück zum Anfang, als der Mensch gesündigt hat. Wir werden zurückgeführt zur Genesis und verstehen: Im himmlischen Jerusalem herrschen die paradiesischen Zustände, die der erste Mensch verloren hat. Was verletzt war, wird nun verarztet, ja ganz erneuert. Die Völker werden getröstet. Bei Gott herrscht nur noch die ewige Freude.
Es wird keinen Fluch mehr geben, denn nur noch Heiliges und Heilige werden bei ihm sein. Die Heiligen werden Gott ewig dienen und auf ewig sein Eigentum sein. Gottes Name steht nämlich auf ihren Stirnen geschrieben. Wir begreifen diese Bezeichnung als das unauslöschliche Siegel der Taufe, das die Heiligen als Eigentum und Erben des Gottesreiches markiert.
In der ewigen Anschauung Gottes, der Licht und Leben ist, wird man keine Beleuchtung mehr brauchen. Die Nacht wird es nicht mehr geben, denn in der Ewigkeit gibt es nur noch das Jetzt und Heute. Es ist Gottes Herrlichkeit, die alles erstrahlen lässt.
Ein Engel gibt Johannes zu verstehen, dass alles, was er geschaut hat, alle Worte, die er gehört hat, alles, was er aufschreiben sollte, wirklich wahr ist. Der Geist, der den Propheten die Botschaften Gottes eingibt, ist immer zuverlässig und wahr. Es ist derselbe Geist, der nun Johannes all das gezeigt hat, was bald geschehen muss. Es ist die unausweichliche Entwicklung hin zu einem apokalyptischen Höhepunkt, der ins Gottesgericht und in die ewige Glückseligkeit mündet.
Christus selbst spricht: „Siehe, ich komme bald.“ Und wenn er das sagt, ist das kein leeres Versprechen. Gott ist treu und deshalb dürfen wir mit dieser Botschaft im Herzen ab Morgen den Advent begehen. Wir sind in unserer Zeit der Kirche immerzu adventliche Menschen, nicht nur im liturgischen Zeitraum des Advents. Denn wir erwarten nicht nur mystisch gesehen das erste Kommen Christi im Stall von Betlehem, sondern sein zweites Kommen am Ende der Zeiten. Das ist der springende Punkt. Er sagt, er kommt bald, was uns adventlich stimmt und wachsam sein lässt.
Gott wird auch dann sein Versprechen einlösen, nicht nur vor 2000 Jahren, als er entschloss, im Stall von Betlehem geboren zu werden.
Und in der Zwischenzeit kommt es darauf an, an der Botschaft des Buches festzuhalten, wie Johannes hier schreibt. Wenn wir uns so verhalten, wie es geboten wird, dann werden wir am Ende wirklich erhobenen Hauptes vor Gott treten können.

Ps 95
1 Kommt, lasst uns jubeln dem HERRN, jauchzen dem Fels unsres Heils!

2 Lasst uns mit Dank seinem Angesicht nahen, ihm jauchzen mit Liedern!
4 In seiner Hand sind die Tiefen der Erde, sein sind die Gipfel der Berge.
5 Sein ist das Meer, das er gemacht hat, das trockene Land, das seine Hände gebildet.
6 Kommt, wir wollen uns niederwerfen, uns vor ihm verneigen, lasst uns niederknien vor dem HERRN, unserem Schöpfer!
7 Denn er ist unser Gott, wir sind das Volk seiner Weide, die Herde, von seiner Hand geführt. Würdet ihr doch heute auf seine Stimme hören!

Der Psalm, den wir als Antwort auf die Lesung beten, reflektiert die Exodusgeschichte des Volkes Israel. Er beginnt psalmenspezifisch mit einer Lobaufforderung. Gott ist „der Fels unseres Heils“ im wahrsten Sinne, denn das Volk Israel dürstete in der Wüste, bevor es mit Wasser aus einem Felsen getränkt wurde. Das ist kein Zufall, dass Gott ausgerechnet aus einem Felsen hat Wasser hervorsprudeln lassen. Das war eine ganz große Lektion und im Nachhinein erkennen wir Christen diesen Typos: Das Wasser ist ein Zeichen des lebendigen Wassers, des Heiligen Geistes! Dass es ausgerechnet aus einem Felsen kommt, ist für uns auch kein bisschen zufällig: Jesus sagt zu Petrus in Mt 16: „Du bist Petrus, der Fels. Und auch diesem Felsen werde ich meine Kirche bauen.“ Mit Blick auf die Lesung erkennen wir das lebendige Wasser, das vom Thron Gottes ausgeht. Das Volk des Neuen Bundes wird nach langer Durststrecke des irdischen Lebens voller Entbehrungen und Bedrängnis endlich getränkt, ohne jemals wieder Durst haben zu müssen. Das ist die anagogische Erfüllung dessen, was das Volk Israel in der Wüste noch vorübergehend erfahren hat.
Der Psalm ruft zur Dankbarkeit auf, zum Jauchzen „mit Liedern“. Das ist es, was Gott immer verdient hat, egal, ob es uns gerade gut oder schlecht geht. Er hat nur Gutes für uns bereit und tut uns nur Heilsames. Er ist treu und hält seine Versprechen. Wir müssen ihm vertrauen und dürfen ihm keine bösen Absichten unterstellen. Selbst das Gericht, das wir in unserem Leben ansatzweise immer schon zu spüren bekommen, ist gut und heilsam. Wer sind wir, dass wir unser Lob, das ihm immer zusteht, von unserer eigenen Befindlichkeit abhängig machen? Er ist schließlich unser Schöpfer. Dass wir existieren, dafür allein gebührt ihm auf ewig unser Lob. Das allein ist schon Grund genug, dass der Psalm auffordert: „Wir wollen uns niederwerfen, uns vor ihm verneigen, lasst uns niederknien vor dem HERRN, unserem Schöpfer!“ Die Heiligen haben die schwierigen Zeiten überstanden. Sie haben alles überwunden und dürfen nun auf ewig bei Gottes Thron sein, sich auf ewig vor ihm niederwerfen und im immerwährenden Lobpreis des Himmels auf ewig Anbetung halten.
Gott ist der wunderbare Schöpfer des ganzen Universums. Was hier im Psalm beschrieben wird, ist Gottes Schöpfermacht bezogen auf die erste Schöpfung. Gott hat die Höhen des Berges und die Tiefen der Erde geschaffen, das trockene Land und die Meere gemacht. Der Lobpreis wegen seines schöpferischen Wirkens beziehen wir aber vor dem Hintergrund der Lesung nun auf die zweite Schöpfung, die eine vergeistigte und verklärte Schöpfung ist. Gott hat einen neuen Himmel und eine neue Erde geschaffen. Dies schaute Johannes in dem Abschnitt, den wir gestern gehört haben.
Gott ist keine undurchschaubare Macht, sondern teilt mit uns immer wieder seinen Heilsplan. Er schickt zu allen Zeiten Propheten zu seinem Volk, der Gottes Pläne transparent macht. Gott kümmert sich schon damals um seine Herde, die Israeliten. Er kümmert sich auch heute um uns, indem er uns alles Notwendige in unserem Leben schenkt. Weil er ein guter Hirte ist, so wie Jesus sich im Johannesevangelium selbst nennt, dürfen und müssen wir auf seine Stimme hören. Und am Ende dieses Kirchenjahres blicken wir voller Erwartung auf das Ende der Zeiten, in denen der Herr sein Volk auf die immergrünen Auen und zum ewigen Ruheplatz am Wasser führt. Das ist den ewigen Lobpreis wert und deshalb ist die abschließende Lobpreisaufforderung des Psalms für uns heute anagogisch gedacht. Es ist der himmlische Lobpreis aller Engel und Heiligen im himmlischen Jerusalem!

Lk 21
34 Nehmt euch in Acht, dass Rausch und Trunkenheit und die Sorgen des Alltags euer Herz nicht beschweren und dass jener Tag euch nicht plötzlich überrascht

35 wie eine Falle; denn er wird über alle Bewohner der ganzen Erde hereinbrechen.
36 Wacht und betet allezeit, damit ihr allem, was geschehen wird, entrinnen und vor den Menschensohn hintreten könnt!

Der ewige Triumph des Himmels, den wir in den ersten beiden Lesungen bedacht haben, steht hier im Evangelium noch aus. Wieder hören wir einen Ausschnitt aus der Endzeitrede Jesu, in der er seine Jünger zur Wachsamkeit aufruft, weil das Ende der Zeiten unbekannt ist. Gestern erklärte er, dass auch wenn die Jünger das Datum nicht kennen, anhand von Vorzeichen erkennen können, dass es bald soweit ist. Dafür hat Jesus den Feigenbaum als Gleichnis angebracht.
Heute erklärt Jesus die richtige Einstellung bzw. was Wachsamkeit heißt: Die Jünger sollen sich nicht berauschen und betrunken sein. Das betrifft den Rausch der Weltlichkeit mit all ihren Botschaften und Anliegen. Die Jünger sollen stets in dem Bewusstsein leben, dass auch wenn sie in diesem irdischen Dasein leben, es doch nicht alles ist. Sie stehen vielmehr mit einem Bein bereits in der Ewigkeit und müssen sozusagen eschatologische Menschen sein. Deshalb verlassen sie ja sogar ihre Familien und leben enthaltsam, um ihren Endzeitstatus sogar an ihrer Lebensweise zu demonstrieren. Sie tun es deshalb, weil Christus selbst es so vorlebt, dessen Nachfolger sie sind.
Sie sollen nüchtern sein und nicht berauscht, damit sie nicht einschlafen. Wer berauscht ist, hat das Bedürfnis, den Rausch auszuschlafen. Die Jünger sollen aber immerzu wachbleiben. Das heißt, dass sie die Entwicklungen der Gesellschaft, alles, was passiert, mit den Augen Gottes aufmerksam verfolgen sollen. Sobald sie „einschlafen“ und nicht mehr auf der Hut sind, fallen sie auf die heimtückischen Angriffe des Bösen hinein. Dann machen sie mit beim antichristlichen Werk des Satan. Sie sollen sich auch nicht ablenken lassen vom ewigen Heil, das das Ziel ihres Lebens ist, indem sie sich von den Sorgen des Alltags ganz einnehmen lassen. Wie gesagt: Die Sorgen dieser Welt sind nicht alles, weil diese Welt nicht alles ist. Ihnen soll es vielmehr um das Reich Gottes gehen. Alles andere wird ihnen ja dazugegeben. Ihre Aufmerksamkeit kann also auf die überirdischen Dinge gelegt werden, denn die Vorsehung Gottes übernimmt den Rest.
Und wenn sie mit so einer Einstellung leben, werden sie auch nicht plötzlich überrumpelt, wenn das Weltende kommt. Sie rechnen dann ja jeden Tag damit. Das alles gilt bis heute: Wir sollen so leben, als wenn heute unser letzter Tag ist. Dann leben wir bewusst, das heißt mit Blick auf das ewige Leben hin. Dann werden wir das Gute tun und das Böse lassen, weil wir unsere Beziehung zum Herrn nicht zerstören wollen. Dann sind wir in der Vorfreude des Himmels und verzweifeln nicht in dem Leiden unseres irdischen Lebens. Dann ordnen wir die zunehmende Bedrängnis in den Kontext der gesamten Heilsgeschichte richtig ein, ohne ihr zu entfliehen. Vielmehr können wir ihr dann mit österlichem Blick mit ihr auf Konfrontationskurs gehen. Der Herr wird uns mit der Standhaftigkeit ausrüsten, die wir dann in den dunkelsten Stunden benötigen.
Jesus fasst das Verhalten bis zum Weltende zusammen mit den Worten: „Wachet und betet.“ Diese Aufforderung ist eine Verknüpfung zu Jesu Worten im Garten Getsemani. Nur wer stets Gebetswache hält – nicht nur im mündlichen Gebet oder in der Liturgie, sondern auch in der Hingabe und Aufopferung des alltäglichen Lebens, wird nicht der Versuchung erliegen. Versuchungen werden immer kommen, umso stärker je mehr man sich für Gott entscheidet (!), aber dann werden wir sie als solche immer erkennen und stark genug sein, nicht auf sie einzugehen.
Und dann werden wir vor den Menschensohn treten können ohne Scham. Dann werden wir das erleben, was Johannes heute in der Lesung geschaut hat. Dann werden wir auf ewig im himmlischen Jerusalem beim Herrn sein, ihm dienen und von seiner Liebe ganz gemästet werden.

Ihre Magstrauss

Kommentar verfassen

Bitte logge dich mit einer dieser Methoden ein, um deinen Kommentar zu veröffentlichen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s