2. Sonntag der Osterzeit (Weißer Sonntag)

Apg 2,42-47; Ps 118,2 u. 4.14-15.22-23.24.28; 1 Petr 1,3-9; Joh 20,19-31

Apg 2
42 Sie hielten an der Lehre der Apostel fest und an der Gemeinschaft, am Brechen des Brotes und an den Gebeten.
43 Alle wurden von Furcht ergriffen; und durch die Apostel geschahen viele Wunder und Zeichen.

44 Und alle, die glaubten, waren an demselben Ort und hatten alles gemeinsam.
45 Sie verkauften Hab und Gut und teilten davon allen zu, jedem so viel, wie er nötig hatte.
46 Tag für Tag verharrten sie einmütig im Tempel, brachen in ihren Häusern das Brot und hielten miteinander Mahl in Freude und Lauterkeit des Herzens.
47 Sie lobten Gott und fanden Gunst beim ganzen Volk. Und der Herr fügte täglich ihrer Gemeinschaft die hinzu, die gerettet werden sollten.

Heute feiern wir den Weißen Sonntag, den der heilige Johannes Paul II zugleich zum Barmherzigkeitssonntag erklärt hat. Wir haben uns für dieses gnadenreiche Fest mit der Novene zur göttlichen Barmherzigkeit vorbereitet und hören nun in der Heiligen Messe als erste Lesung, wie die ersten Christen sich verhalten haben, nachdem sie vom Hl. Geist zum Leben erweckt als Kirche das Heilsmysterium Jesu Christi gelebt haben.
„Sie hielten an der Lehre der Apostel fest“ – damit ist gemeint, was diese verkündet haben von dem, was Jesus gesagt und getan hat. Es gibt noch keine Bibel, die Heilige Schrift ist für die ersten Christen das Alte Testament, die Bibel der Juden.
Entscheidend ist also, was die Apostel mündlich weitergeben. Das hat nichts wischiwaschi-Mäßiges an sich, denn die Antike pflegt eine Kultur der Mündlichkeit. Das ist in jener Zeit üblich und „stabiler“ als man denkt. Das Prinzip der sozialen Kontrolle sorgt dafür, dass diese Mündlichkeit keinen Veränderungen und Verfälschungen zum Opfer fällt.
Das nennt die Kirche bis heute „Tradition“ oder „Überlieferung“. Das ist zu unterscheiden von den „Traditionen“ der Kirche, mit denen alle möglichen Traditionen und Bräuche gemeint sind, die im Laufe der Kirchengeschichte dazugekommen sind. Dagegen meint die „Tradition“ das, was eine der drei Säulen des Glaubensfundaments darstellt (die anderen beiden sind die Schrift, die Teile dieser Überlieferung später dann schriftlich festhalten wird, und das Lehramt).
Die „Gemeinschaft“ meint die Gesamtheit derer, die an Christus glauben, die sich zum Gottesdienst versammelt haben (leiturgia), aber auch die gelebte Gemeinschaft in der tätigen Nächstenliebe (diakonia) sowie die Gemeinschaft, die in der Lehre der Apostel unterwiesen wird (martyria).
Mit dem „Brechen des Brotes“ wird in frühchristlicher Zeit immer die Eucharistie ausgedrückt, die man von Anfang an gefeiert hat, wie Jesus es angeordnet hat.
Mit den Gebeten sind vor allem natürlich jene gemeint, die Christus selbst gebetet und die Apostel gelehrt hat. Wir denken an das höchste Gebet, das Vaterunser, aber auch an die Psalmen, die die ersten Christen natürlich weiterhin gebetet haben. Die ersten Christen haben sich nicht als Andersgläubige gegenüber der Juden verstanden, sondern als Juden, die den Messias gläubig angenommen haben und im Begriff sind, alle anderen Juden auch dazu zu bewegen.
Das Ergriffensein von Furcht ist in diesem Kontext zu verstehen als Gottesfurcht. Die Christen wurden zunehmend gottesfürchtig, weil sie die vielen Wunder durch die Apostel erlebten. Es sind die Zeichen und Wunder, die Jesus vor seinem Heimgang zum Vater in seinem Namen schon angekündigt hat.
Jene, die zum Glauben an ihn gekommen sind, „waren an demselben Ort“. Das heißt nicht, dass sie alle in einem Haus gewohnt haben, denn wir haben ja schon allein vom Pfingstereignis von 3000 Bekehrungen an einem Tag gehört. Das ist also unmöglich, denn die christliche Urgemeinde wächst rasant. Gemeint ist, dass sie alle in Jerusalem wohnen, in der Nähe der Apostel, um sich regelmäßig um diese zu versammeln. Sie sind auch geistig an demselben Ort, nämlich hängt ihr Herz ganz an Christus. Das ist derart wichtig, dass man von dem her erklären kann, warum sie ein Herz und eine Seele sind. Sie lieben gemeinsam den Herrn mit ihrem ganzen Sein. Das schweißt sie so zusammen. Deshalb haben sie auch alles gemeinsam. Das ist der Stil, den schon die Apostel in den Jahren des Reisens mit Jesus gepflegt haben.
Das Abgeben von Hab und Gut jenen, die nichts haben, ist Ausdruck der tätigen Nächstenliebe. Dieses Verhalten ist es, was die Heiden aufmerksam machen wird, sodass Tertullian uns bis heute die Worte der Heiden überliefert: „Seht, wie sie einander lieben.“
Die ersten Christen pflegen weiterhin die jüdischen Bräuche. Sie gehen zum Gebet in den Tempel und brechen gleichzeitig das Brot in den Häusern (die Eucharistie wird zunächst in Hausgemeinschaft gefeiert).
Die Treffen zur eucharistischen Feier werden verbunden mit Agapefeiern, von denen wir dann im 1 Kor hören.
Ein wichtiges Stichwort ist die Freude. Diese haben die Menschen aufgrund des Osterereignisses. Sie ist eine Frucht des Hl. Geistes und ist nicht zu verwechseln mit emotionaler und situativer Freude. Es meint eine innere Gewissheit unabhängig davon, was äußerlich geschieht. Es meint das innere Wissen darum, dass Gott einen durch alles Leid hindurchträgt. Und dieses lässt sie im Tiefsten ihrer Seele optimistisch sein, egal, was kommt. Und nicht lange wird es friedlich in der Urgemeinde bleiben. Es wird bald das beginnen, was wir Christen bis heute erleiden – die Verfolgung, das Leiden für Christus, das Sterben für das Evangelium. Jesus hat es angekündigt, dass seine Jünger in seinem Namen vieles erleiden werden. Zugleich sind sie selig zu preisen, wie die Bergpredigt zusammenfasst! Wenn sie um des Himmelreiches willen sogar ihr Leben lassen, ist ihnen das ewige Leben bei Gott sicher! Das ist ein Grund zur Freude.
Zum Schluss heißt es, dass die Gemeinde ständigen Zuwachs bekommt von denen, „die gerettet werden sollten“. Das klingt deterministisch in dieser Übersetzung. Man könnte auch einfach nur „die gerettet werden“ oder sogar „die gerettet werden wollten“ übersetzen. Das lässt die Grammatik zu. Es gibt keine teilweise Bestimmung zur Rettung mit gleichzeitig vorherbestimmter Verwerfung, wie es protestantische Kreise vertreten. Gott beruft jeden Menschen zum Heil und dessen Geschick hängt von seiner freien Entscheidung ab.
Wer gerettet werden will, entscheidet sich für Christus. Gott wirbt um den Menschen, er serviert ihm die Rettung auf einem Silbertablett, aber das Annehmen der Erlösung hängt von seinem Ja ab.

Ps 118
2 So soll Israel sagen: Denn seine Huld währt ewig.
4 So sollen sagen, die den HERRN fürchten: Denn seine Huld währt ewig.
14 Meine Stärke und mein Lied ist der HERR; er ist für mich zur Rettung geworden.
15 Schall von Jubel und Rettung in den Zelten der Gerechten: Die Rechte des HERRN, Taten der Macht vollbringt sie.
22 Ein Stein, den die Bauleute verwarfen, er ist zum Eckstein geworden.
23 Vom HERRN her ist dies gewirkt, ein Wunder in unseren Augen.
24 Dies ist der Tag, den der HERR gemacht hat; wir wollen jubeln und uns über ihn freuen.
28 Mein Gott bist du, dir will ich danken. Mein Gott bist du, dich will ich erheben.

Wir beten als Antwort auf die Lesung den sehr bekannten Psalm 118, der uns unter anderem schon in der Osternacht begegnet ist. Er ist ein Dank für Gottes Hilfe und gehört zu den Psalmen, die am Pessachfest gebetet worden sind. Diese sind zusammengefasst in einer Psalmengruppe, die als Pessach-Hallel bezeichnet wird. Der Dank über die Hilfe Gottes bezieht sich demnach vor allem auf den Auszug des Volkes aus Ägypten, auf die Befreiung seines auserwählten Volkes aus der Sklaverei. Kein anderer Psalm passt so hervorragend in die Osterzeit wie dieser. Christus ist das neue geopferte Opferlamm, durch dessen Blut der ewige Tod an denen vorbeigeht, die sich mit diesem kostbaren Blut „bestreichen“ – jene, die laut Apostelgeschichte „gerettet werden wollten“. Dieses Opferlamm hat sein Blut für alle Menschen vergossen, das heißt, jeder hat die Chance vor dem ewigen Tod verschont zu werden. Das ist eine so große Liebe, die Gott seinem neuen Volk, dem Volk des Neuen Bundes, erwiesen hat, dass man dafür nur ewig danken kann.
„Israel“ ist nun nicht mehr nur das irdische Volk der zwölf Stämme, sondern meint nun alle, die an Christus glauben. Wir alle sollen nun sagen: „Seine Huld währt ewig.“ Wir sind es, die Gott fürchten (davon hat ja auch schon die Apostelgeschichte berichtet).
Gott ist wirklich die Stärke und das Lied aller, die gerettet worden sind. Er selbst ist zur Rettung geworden, indem er Mensch wurde, unter den Menschen lebte und sich für sie hingegeben hat.
Die „Zelte der Gerechte“ erkennen wir jetzt nicht mehr nur als Häuser jener Israeliten, die in der Wüste ihr Zelt aufschlugen, sondern es meint vor dem Hintergrund der Apostelgeschichte auch jene, in deren Häusern die Eucharistie gefeiert worden ist.
Die Rechte des Herrn hat wirklich große Taten vollbracht. Damals schon beim Auszug aus Ägypten hat er heftige Wunder getan, sogar das Meer gespalten! Doch was er nun an Christus getan hat, ist unvergleichlich höher! Er hat nämlich seinen einzigen Sohn hingegeben. Dieser ist gestorben und von den Toten auferstanden, um das ewige Leben aller Menschen gestern, heute und morgen zu erwirken!
„Ein Stein, den die Bauleute verwarfen, er ist zum Eckstein geworden.“ Dieser Satz ist im Neuen Testament mehrfach rezipiert worden. Jesus selbst sagt es in Bezug auf sich und sein Evangelium, die Apostelgeschichte greift es auf, ebenso die verschiedenen Briefe des NT.
Es ist eine tiefe Wahrheit: Gott wendet alles zum Guten hin. Die Katastrophe des Karfreitags musste sein, damit die Erlösung des Ostermorgens kommen konnte. Gott hat die größte Schande zum Zeichen des Heils gemacht. Der Eckstein ist einerseits ein entscheidender Stein beim Bau eines Gebäudes, zugleich wird dieser Stein in manchen Kontexten als Stein gedeutet, an dem die Gegner Jesu zerschellen. Es ist ein Stellen vor die Entscheidung. Bei Jesus scheiden sich die Geister. Wer ihn annimmt, baut sein Haus auf Felsen, wer ihn ablehnt, wird von ihm zermalmt. Das bezieht sich auf das ewige Leben.
Das ganze Osterereignis ist ein Wunder vor den Augen der Jünger Jesu und aller, denen er erschienen ist. Es ist ebenso ein Wunder, das mit eigenen Augen geschaut worden ist (nicht nur das, auch mit anderen Sinnen wahrgenommen) wie das Wunder der Spaltung des Roten Meeres.

So wie die Israeliten den Tag der Rettung zum Tag des Jubelns erklären, so können die Christen nun sagen: Der Tag, den der Herr gemacht hat und der am meisten Anlass zum Jubel bietet, ist der Ostertag. Deshalb kommen die Christen auch zusammen am ersten Tag der Woche (was wir heute Sonntag nennen).
Gott ist wirklich unser Gott, er hat uns das ewige Leben geschenkt, damit wir ganz in Gemeinschaft mit ihm leben dürfen. Die Erlösung durch Christus hat uns mit Gott im Neuen Bund besiegelt. Bund heißt „ich gehöre ganz dir und du gehörst ganz mir.“ In diesem Sinne dürfen wir jetzt wirklich sagen „MEIN Gott“. Er gehört ganz uns, so wie wir ganz ihm gehören!

1 Petr 1
3 Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus: Er hat uns in seinem großen Erbarmen neu gezeugt zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten,
4 zu einem unzerstörbaren, makellosen und unvergänglichen Erbe, das im Himmel für euch aufbewahrt ist.
5 Gottes Kraft behütet euch durch den Glauben, damit ihr die Rettung erlangt, die am Ende der Zeit offenbart werden soll.
6 Deshalb seid ihr voll Freude, wenn es für kurze Zeit jetzt sein muss, dass ihr durch mancherlei Prüfungen betrübt werdet.
7 Dadurch soll sich eure Standfestigkeit im Glauben, die kostbarer ist als Gold, das im Feuer geprüft wurde und doch vergänglich ist, herausstellen – zu Lob, Herrlichkeit und Ehre bei der Offenbarung Jesu Christi.
8 Ihn habt ihr nicht gesehen und dennoch liebt ihr ihn; ihr seht ihn auch jetzt nicht; aber ihr glaubt an ihn und jubelt in unaussprechlicher und von Herrlichkeit erfüllter Freude,
9 da ihr das Ziel eures Glaubens empfangen werdet: eure Rettung.

Wir hören als zweite Lesung heute aus einem katholischen Brief. Es handelt sich um den ersten Brief des Apostels Petrus. Er beginnt diesen mit einem Lobpreis Gottes („gepriesen sei…“).
Direkt im Anschluss begründet er auch, warum dieser die angemessene Reaktion der Christen ist: „Er hat uns in seinem großen Erbarmen neu gezeugt zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten“. Das gesamte Erlösungsgeschehen ist ein einziger Gnadenakt Gottes. Ohne diesen könnte kein einziger Mensch das ewige Leben aus eigener Kraft verdienen und jeden entstandenen Schaden sühnen. Denn die gesamte Menschheit war belastet von dem ersten Sündenfall.
Durch diesen Gnadenakt sind wir neu gezeugt worden. Das ist ein wichtiger Aspekt, der die Taufe umschreibt. Diese ist eine Wiedergeburt im Hl. Geist – die Geburt zum neuen, ewigen Leben bei Gott in seinem Reich.
Diese Aussichten wandeln das ganze irdische Leben, denn es gründet von nun an auf der lebendigen Hoffnung, die uns durch die Auferstehung Jesu Christi geschenkt worden ist.
Mit der Taufe sind wir hineingenommen zu einem „unzerstörbaren, makellosen und unvergänglichen Erbe, das im Himmel für euch aufbewahrt ist.“ Das Siegel, das dem Menschen durch die Taufe eingeprägt wird, bleibt ewig, auch wenn ein Mensch aus der Kirche austritt. Er bleibt vor Gott ein Getaufter. Das heißt aber nicht, dass man einen Freifahrtschein für das Himmelreich hat. Das Erbe kann einem auch wieder entzogen werden.
„Gottes Kraft behütet euch durch den Glauben“ – damit die Getauften das Himmelreich am Ende auch wirklich erlangen können, gibt Gott ihnen die nötigen Heilsmittel dazu.
„Deshalb seid ihr voll Freude“ – es soll nicht nur so sein als Ideal und erstrebenswertes Ziel. Es ist schon so durch die Taufe und das neue ewige Leben. Über diese Freude haben wir schon in der Apostelgeschichte gehört. Sie ist eine unerschütterliche Gewissheit, dass uns durch die Wehen des irdischen Daseins hindurch am Ende das ewige Heil erwartet.
Und auch die kurzzeitigen Prüfungen des irdischen Daseins werden diese Freude nicht trüben. Petrus erklärt, dass diese Leiden vergleichbar sind mit der Prüfung von Gold im Feuer. Die Christen werden in ihrer Standfestigkeit geprüft und können es besser ertragen, wenn sie ihr Leiden erstmal als solches erkannt haben.
Und dann sagt Petrus etwas sehr Entscheidendes: Die Adressaten seines Briefes sind keine Augenzeugen Jesu Christi. Sie haben ihn nicht mit Augen gesehen und doch lieben sie ihn. Sie glauben, dass er der Retter ist. Sie vertrauen fest darauf, dass er wirklich für sie gestorben ist, und jubeln voller eschatologischer Freude über das ewige Leben als erlöste Kinder Gottes. Im Gegensatz dazu werden wir gleich im Evangelium von einem Apostel hören, dem es schwerfällt, so einen Glauben zu haben. Er möchte es mit eigenen Augen sehen, mit eigenen Händen erfassen. Nur dann kann er vollends glauben.

Joh 20
19 Am Abend dieses ersten Tages der Woche, als die Jünger aus Furcht vor den Juden bei verschlossenen Türen beisammen waren, kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch!
20 Nach diesen Worten zeigte er ihnen seine Hände und seine Seite. Da freuten sich die Jünger, als sie den Herrn sahen.

21 Jesus sagte noch einmal zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.
22 Nachdem er das gesagt hatte, hauchte er sie an und sagte zu ihnen: Empfangt den Heiligen Geist!
23 Denen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; denen ihr sie behaltet, sind sie behalten.
24 Thomas, der Didymus genannt wurde, einer der Zwölf, war nicht bei ihnen, als Jesus kam.
25 Die anderen Jünger sagten zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen. Er entgegnete ihnen: Wenn ich nicht das Mal der Nägel an seinen Händen sehe und wenn ich meinen Finger nicht in das Mal der Nägel und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht.
26 Acht Tage darauf waren seine Jünger wieder drinnen versammelt und Thomas war dabei. Da kam Jesus bei verschlossenen Türen, trat in ihre Mitte und sagte: Friede sei mit euch!
27 Dann sagte er zu Thomas: Streck deinen Finger hierher aus und sieh meine Hände! Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite und sei nicht ungläubig, sondern gläubig!
28 Thomas antwortete und sagte zu ihm: Mein Herr und mein Gott!
29 Jesus sagte zu ihm: Weil du mich gesehen hast, glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.
30 Noch viele andere Zeichen hat Jesus vor den Augen seiner Jünger getan, die in diesem Buch nicht aufgeschrieben sind.
31 Diese aber sind aufgeschrieben, damit ihr glaubt, dass Jesus der Christus ist, der Sohn Gottes, und damit ihr durch den Glauben Leben habt in seinem Namen.

Heute hören wir aus dem Evangelium nach Johannes von zwei Erscheinungen des Auferstandenen. Bei der ersten am Abend des Auferstehungstags selbst fehlt der Apostel Thomas.
Wo genau er zu dem Zeitpunkt ist, bleibt uns unbekannt.
Bei dieser Erscheinung tritt Jesus in den Raum, obwohl die Türen verriegelt sind. Er spricht sie wieder an mit den Worten „Friede sei mit euch!“
Er zeigt ihnen seine Wundmale, sodass die Apostel erkennen, dass er wirklich Jesus ist. Sie freuen sich über ihn. Das ist eine nicht zu unterschätzende Aussage. In den bisherigen Lesungen haben wir ja davon gehört, dass die Freude eine übernatürliche Gabe ist, die mehr als nur Emotion ist.
Jesus wiederholt den Gruß „Friede sei mit euch!“ Das ist ein wichtiger Gruß, denn die Apostel sind zum wahren Frieden berufen – der von Christus kommt und den die Welt nicht geben kann. Friede hängt mit Ostern ganz eng zusammen. Durch das Osterereignis hat er die Erlösung und das Heil erwirkt. Das hebräische Wort ist Schalom. Diese ist mehr als nur ein politischer Friede, sondern meint eben jenes umfassende Heil, das von Gott kommt.
Und dann sagt Jesus etwas, das die Apostel erst nach dem Pfingstereignis so richtig verstehen werden: „Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.“ Er wird sie in die ganze Welt hinausschicken, damit sie seine Botschaft überall verkünden und die Menschen zu seinen Jüngern machen. Zuerst müssen sie aber den Hl. Geist empfangen. Deshalb haucht Jesus sie auch an als Geste, die sie aus der Genesis kennen. Dort ist es der Geist Gottes, durch den die ewige Seele in die Nase des ersten Menschen geblasen wird.
Es ist eine entscheidende Analogie! So wie der Geist Gottes dem ersten Menschen das Leben geschenkt hat, wird auch der zweite Mensch durch den Geist Gottes zum Leben erweckt, Jesus Christus im Osterereignis! Und ihm werden die Apostel gleichgestaltet, indem sie am Pfingsttag ebenfalls zum ewigen Leben erweckt werden! Erst als „Lebendige“ werden sie zu seinem Leib, der die Kirche ist.
Mit der Gabe des Hl. Geistes ist ganz eng die Vergebung der Sünden gekoppelt. Deshalb heißt es auch „Sünde gegen den Hl. Geist“, die in Ewigkeit nicht vergeben wird – weil sie nicht kann. Wer den Geist Gottes leugnet, der leugnet die Vergebung.
Wenn die Apostel den Hl. Geist empfangen haben, dann wird die Vollmacht, Sünden zu vergeben, die Christus ihnen hier überträgt, aktiviert. Sie erhalten die Vollmacht, nicht einfach automatisch die Sünde zu vergeben, sondern auch nach eigenem Ermessen zu entscheiden.
So endet die erste Erscheinung und Thomas wird im Nachhinein von dem freudigen Erlebnis informiert.
Doch er reagiert mit Unwillen. Weil er Jesus nicht selbst gesehen hat, will er es nicht glauben. Er sagt, dass er erst dann glaubt, wenn er ihn mit eigenen Augen gesehen und die Spuren der Kreuzigung mit seinen eigenen Händen berührt hat.
Jesus möchte, dass alle seine Apostel an ihn glauben. Deshalb kommt er diesen Zweifeln des Thomas entgegen. Eine Woche später erscheint er den Aposteln noch einmal, als Thomas dabei ist.
Jesus antwortet mit dem üblichen „Friede sei mit euch!“ Doch dann richtet er seine Aufmerksamkeit ganz auf Thomas, indem er ihm sagt: „Streck deinen Finger hierher aus und sieh meine Hände! Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite und sei nicht ungläubig, sondern gläubig!“ So ist Gott. Er geht uns entgegen, wenn es uns schwerfällt, an ihn zu glauben. Wo auch nur das kleinste Bisschen Wille zum Glauben da ist, verhilft er dem Menschen zu einem brennenden Glauben an ihn. Es ist ganz nach dem Motto: „Herr, ich glaube, hilf meinem Unglauben“ (Mk 9,24).
Thomas realisiert in diesem Moment wirklich, dass Jesus leibhaftig auferstanden ist. Und so bleibt ihm nichts anderes zu sagen, als „mein Herr und mein Gott!“ Ja, er hat die Gottheit Jesu explizit bekannt. Er ist kein Ungläubiger, wie er im Volksmund gerne genannt wird. Er hatte seine Zweifel, aber er wollte wirklich aufrichtig glauben. So hat Gott ihm geholfen, denn wo der Wille da ist, da kann Gott auch ihm die Gabe schenken.
Jesus greift die ganze Sache auf, um zu erklären: Selig, die nicht sehen und doch glauben. Das ist es, was Petrus in seinem Brief heute schreibt. Die Gemeinden, an die sein Brief gerichtet ist, haben nicht das Privileg erhalten, wie Thomas mit eigenen Augen und Händen Jesus zu erleben. Sie tun es allenfalls in der Gestalt der Eucharistie, jedoch nicht in Menschengestalt. Sie haben den irdischen Jesus vor seinem Tod nie getroffen und doch setzen sie ihre ganze Existenz auf ihn, den Auferstandenen.
Das Kapitel endet mit dem Verweis, dass Jesus noch viele weitere Zeichen getan hat. Das ist wichtig und wird schnell überlesen. Es konnte gar nicht alles aufgeschrieben werden, was Jesus gesagt und getan hat, weil er die Auslegung Gottes in Person ist, die Gott mit jedem Atemzug verkündet. Das lässt sich gar nicht alles einfangen. Das spricht wiederum deutlich gegen das unbiblische sola-scriptura-Prinzip der Reformation. Es sind so viele Dinge von den Aposteln nur mündlich überliefert, was uns wiederum in der Apostelgeschichte heute überliefert wird.
Im allerletzten Vers richtet Johannes seine Worte nun direkt an uns, die wir heute das Evangelium hören: „Diese aber sind aufgeschrieben, damit ihr glaubt, dass Jesus der Christus ist, der Sohn Gottes, und damit ihr durch den Glauben Leben habt in seinem Namen.“
Gott möchte auch für uns das ewige Leben und Johannes ist sein Zeuge dafür. Er schreibt auf, was er liegend an der Brust Jesu ganz verinnerlicht hat – Jesu Herz für uns.

Wir sollen gleichsam wie Thomas in dem verkündeten Jesus Christus erkennen, dass er der Sohn Gottes ist, der uns das ewige Leben gibt. Er ist Gott und in seinem Namen sind auch wir Teil der Familie Gottes.

Ihre Magstrauss

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