2 Thess 3,6-10.16-18; Ps 128,1-2.4-5; Mt 23,27-32
2 Thess 3
6 Im Namen Jesu Christi, des Herrn, gebieten wir euch, Brüder und Schwestern: Haltet euch von jenen fern, die ein unordentliches Leben führen und sich nicht an die Überlieferung halten, die sie von uns empfangen haben!
7 Ihr selbst wisst, wie man uns nachahmen soll. Wir haben bei euch kein unordentliches Leben geführt
8 und bei niemandem unser Brot umsonst gegessen; wir haben uns gemüht und geplagt, Tag und Nacht haben wir gearbeitet, um keinem von euch zur Last zu fallen.
9 Nicht als hätten wir keinen Anspruch auf Unterhalt; wir wollten euch aber ein Beispiel geben, damit ihr uns nachahmen könnt.
10 Denn als wir bei euch waren, haben wir euch geboten: Wer nicht arbeiten will, soll auch nicht essen.
16 Der Herr des Friedens aber schenke euch den Frieden zu jeder Zeit und auf jede Weise. Der Herr sei mit euch allen.
17 Den Gruß schreibe ich, Paulus, eigenhändig. Das ist mein Zeichen in jedem Brief; so schreibe ich.
18 Die Gnade Jesu Christi, unseres Herrn, sei mit euch allen!
In der heutigen Lesung aus dem zweiten Thessalonicherbrief hören wir das Ende des Briefes. Dort lesen wir letzte Anweisungen des Paulus und seiner Mitarbeiter, deshalb heißt es auch „wir“. Paulus möchte, dass die Gemeindemitglieder sich von unordentlichen Menschen fernhalten. Das Adverb ἀτάκτως ataktos meint eine moralische Unordnung im Sinne eines Lebenswandels fernab der Gebote Gottes. Die ursprüngliche Bedeutung des Wortes ist sogar militärisch: „nicht in Schlachtordnung“. Ein Mensch, der nicht in Schlachtordnung lebt, kämpft nicht. Entweder hat er keine Waffen oder rüstet sich nicht zum Kampf. Wer aber nicht kämpft – gegen die Versuchungen und Angriffe des Bösen – der hat schon verloren.
Stattdessen sollen die Gemeindemitglieder sich an die Überlieferung der Apostel halten. Diese ist ein fester Grund, der die Gemeinde als Ganze und die einzelnen Mitglieder aufrecht erhält.
Wie die Thessalonicher sich an Paulus und seinen Mitarbeitern orientieren sollen, wissen sie selbst, da sie das Vorbild vor ihren eigenen Augen gesehen haben. Paulus lebte eine Zeit lang bei ihnen, sodass sie seinen Lebenswandel beobachten konnten. Seine Gefährten und er haben für ihren Unterhalt stets selbst gearbeitet und niemanden belastet. Und dies ist Ausdruck eines geordneten Lebens.
Paulus und seine Gefährten hätten einen Anspruch auf Unterhalt gehabt. Wenn ein Prophet oder grundsätzlich eine geistliche Person wirkt, hat sie keine Zeit, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. So ist es üblich, dass man als Gemeinde für die Person sorgt. Paulus erklärt, dass er darauf verzichtet hat, um ein Beispiel zu geben. Was er hier verdeutlicht, ist ein zentraler Aspekt, der absolut aktuell ist: Geistliche dürfen nicht Wasser predigen und Wein trinken. Die Glaubwürdigkeit der Kirche hängt ab von der Kongruenz des Verkündeten und Gelebten. Paulus und seine Gefährten haben in Thessaloniki gepredigt: „Wer nicht arbeiten will, soll auch nicht essen.“ Wie sollen sie überzeugen, vor allem die besonders Sturen, wenn sie dies nicht selbst vorleben?
Dann wünscht er am Ende den Frieden ganz nach der Vorgabe Jesu Christi, der zu seinen Aposteln gesagt hat, sie sollen einem Haus den Frieden wünschen (Lk 10,5). Er erwähnt noch, dass er den Brief selbst verfasst hat. Das ist insofern erwähnenswert, als viele einen Schreiber für sich haben. Paulus besteht darauf, diese Aufgabe selbst zu übernehmen, und sagt sogar, dass es sein Markenzeichen sei.
Der Brief endet mit dem üblichen: „Die Gnade Jesu Christi, unseres Herrn, sei mit euch allen!“
Seine Worte gelten bis heute: Auch wir sollen aufpassen, mit wem wir uns abgeben. Oft ist es so, dass die Gesetzlosigkeit des Freundes einen selbst in die Gesetzlosigkeit zieht. Freunde kann man frei wählen, seien wir dabei ruhig wählerisch! Schließlich ist das Leben ein einziger Kampf, da sollte man sich einen Mitkämpfer suchen, um in der Schlacht nicht zu fallen.
Glaubwürdig ist die Kirche nicht, wenn sie sich der Welt anpasst. Glaubwürdig ist die Kirche, wenn sie das Verkündete auch vorlebt. Geistliche, die das Evangelium von der Kanzel predigen, aber in ihrem persönlichen Leben nicht nach den Zehn Geboten leben, sind unauthentisch. Man spürt als Gläubiger, wenn der Geistliche nicht hinter den Worten steht. Das gilt auch für jeden einzelnen Christen: Der Glaube des Gläubigen muss sich anhand des Lebenswandels ablesen lassen können. Missionarisch wirkt man dann, wenn man den Glauben in erster Linie vorlebt. Das erreicht Menschen viel mehr als nur gepredigte Worte (die auch sein müssen!).
Ps 128
1 Ein Wallfahrtslied. Selig jeder, der den HERRN fürchtet, der auf seinen Wegen geht!
2 Was deine Hände erarbeitet haben, wirst du genießen; selig bist du – es wird dir gut ergehn.
4 Siehe, so wird der Mann gesegnet, der den HERRN fürchtet.
5 Es segne dich der HERR vom Zion her. Du sollst schauen das Glück Jerusalems alle Tage deines Lebens.
Als Antwort auf die Lesung beten wir Ps 128, der zum psalmübergreifenden Wallfahrtslied 120-134 gehört. Er stellt einen Haussegen dar. Selig sind wir, wenn wir Gottes Gebote halten. Dieses Verhalten zeigt unsere Gottesfurcht und ein geordnetes Leben, wie Paulus erklärt hat. Wir werden Segen haben, wenn wir „auf seinen Wegen“ gehen. Dieser Segen wird sich z.B. am Erntereichtum zeigen. Das greift Gen 3 auf, wo als Folge des ersten Sündenfalls die mühevolle Arbeit angekündigt wird, um das tägliche Brot essen zu können. Erntereichtum ist umso mehr ein Zeichen der Gnade Gottes.
Auch Vers 4 drückt aus, dass der güttesfürchtige Mann gesegnet sein wird. Wer Gott aber fürchtet, wird sein Leben nicht einfach schleifen lassen.
Wenn es dann zum Ende hin heißt „Es segne dich der HERR vom Zion her“, dann ist das ein besonderer Segen. Für die Israeliten war das die maximale Form von Segen, denn „vom Zion“ meint „vom Tempel“. Und dort wohnte die Herrlichkeit Gottes. Wir Christen sehen darin eine typologische Verbindung zum eucharistischen Segen. „Zion“ ist nun die Kirche, in der das Allerheiligste nicht mehr die Bundeslade, sondern der Tabernakel mit den konsekrierten Hostien ist – das fleischgewordene Wort Gottes.
Das ewige Schauen des Glücks Jerusalems ist dann auch mehr als nur wörtlich zu verstehen: Es bezieht sich auf die Glückseligkeit des himmlischen Jerusalems. Dann werden wir mit der himmlischen Familie, also in Gemeinschaft der Heiligsten Dreifaltigkeit leben. Dann kommen wir von der Abbildhaftigkeit zur Vollendung. Das dürfen wir sakramental schon jetzt erfahren in der Gemeinschaft der Gläubigen, der Kirche. Wir sind eine einzige Familie, bei der der Priester unser Vater ist. Er sorgt für die Sakramente und Sakramentalien. Die Kirche gebärt uns, zieht uns auf und nährt uns mit den Heilsmitteln seelisch. Alle Gläubigen sind Geschwister im Glauben und bilden so die geistliche Familie, von der Jesus gesprochen hat (Mt 12,50; Mk 3,35).
Mt 23
27 Weh euch, ihr Schriftgelehrten und Pharisäer, ihr Heuchler! Ihr seid wie getünchte Gräber, die von außen schön aussehen, innen aber voll sind von Knochen der Toten und aller Unreinheit.
28 So erscheint auch ihr von außen den Menschen gerecht, innen aber seid ihr voll Heuchelei und Gesetzlosigkeit.
29 Weh euch, ihr Schriftgelehrten und Pharisäer, ihr Heuchler! Ihr errichtet den Propheten Grabstätten und schmückt die Denkmäler der Gerechten
30 und sagt dabei: Wenn wir in den Tagen unserer Väter gelebt hätten, wären wir nicht wie sie am Blut der Propheten schuldig geworden.
31 Damit bestätigt ihr selbst, dass ihr die Söhne der Prophetenmörder seid.
32 Macht nur das Maß eurer Väter voll!
Heute hören wir so wie gestern Wehrufe gegen die Pharisäer und Schriftgelehrten. Sie stellen das Negativbeispiel der Worte Pauli dar: Ihre Worte und Taten unterscheiden sich diametral. Sie sind „wie getünchte Gräber, die von außen schön aussehen, innen aber voll sind von Knochen der Toten und aller Unreinheit.“ Dass Jesus das Grabbild verwendet, ist von höchster Brisanz, denn der Tod ist eines der kultisch verunreinigenden Aspekte, die den Juden kultunfähig machte. Wenn Jesus also jene als Gräber bezeichnet, die den höchsten Wert auf Ritualgebote gelegt haben – bei anderen! – dann provoziert sie dies auf unsägliche Weise! Jesus tut das aber ganz bewusst, damit er sie überhaupt erreichen kann. Sie sind von ihrer Selbstgerechtigkeit so vereinnahmt, dass man nur so zu ihnen durchdringen kann.
Jesus greift das Bild aber nicht nur deshalb auf, um sie zu provozieren, sondern auch zu betonen, dass sie innerlich tot sind. Wenn sie also nicht bald umkehren, wird sie der ewige Tod ereilen.
Sie sind innerlich voll Heuchelei und Gesetzlosigkeit. In ihren Herzen sind sie also wie jene, vor denen Paulus die Thessalonicher gewarnt hat: voller Unordnung. Die Pharisäer und Schriftgelehrten sind peinlich darauf bedacht, die Menschen bei der Einhaltung aller Gebote, insbesondere der Ritualgebote, zu überwachen und selbst eine perfekte Fassade zu wahren, obwohl sie selbst sich gar nicht um ein Leben nach Gottes Geboten bemühen.
Jesus spricht noch einen weiteren Aspekt ihrer Heuchelei an: Sie schmücken die Gräber und Gedenkstätten der Propheten und Gerechten. Dabei haben jene Toten ihr Leben dafür geopfert, Gottes Willen treu zu verkünden, die Selbstgerechten anzuprangern und immer wieder zur Umkehr aufzurufen. Sie mussten sehr oft dafür ihr Leben lassen, weil Selbstgerechte wie jene Pharisäer und Schriftgelehrten mit derselben Haltung nicht umkehren wollten. Wie heuchlerisch ist es also nun, dass die Pharisäer, die jene Propheten genauso abgelehnt hätten wie ihre Vorfahren, ihre Gräber pflegen? Sie kümmern sich nicht nur darum, sondern behaupten auch noch, dass sie die Propheten nicht umgebracht hätten. Dabei ist das, was die Propheten verkündet haben, verdichtet mit Jesus Christus gegeben, den sie nun mit aller Kraft ablehnen! Dadurch, dass sie sich mit ihren Worten so weit aus dem Fenster lehnen, bestätigen sie, dass sie die Söhne der Prophetenmörder sind. Denn sie nehmen dieselbe heuchlerische Haltung ein wie ihre Väter. Sie haben nicht das Bedürfnis, irgendwie Buße zu tun und stellvertretend für ihre Vorfahren Gott um Verzeihung zu bitten. So wiederholen sie dieselben Väter. Es ist wie mit der gesamten Weltgeschichte. Die schlimmen Ereignisse, Fehler, konkret die totalitären Regime und Kriege, wiederholen sich im Laufe der Geschichte immer wieder (vielleicht unter anderem Namen und Deckmantel, aber im Kern auf dieselbe Weise), weil die Menschen aus ihren Fehlern nicht lernen, weil sie keine Sühne leisten und sich von Gott nicht belehren lassen wollen.
Und was Jesus am Ende sagt, wird sich erfüllen. Die religiöse Elite seiner Zeit wird nicht nur das Maß ihrer Väter voll machen, sondern diese noch überbieten. Sie werden nicht nur die Diener Gottes umbringen, sondern Gott selbst. Und doch ist alles eingefasst in den universalen Heilswillen Gottes. Er wird die größte Katastrophe aller Zeiten in das größte Heil für die ganze Welt wandeln, wenn Christus von den Toten aufersteht.
Denken wir heute darüber nach, wo wir noch ein ungeordnetes Leben führen und wo unser Tun und Reden sich noch unterscheiden. Der Weg zur Heiligkeit ist der Weg in die Kongruenz von Wort und Tat, denn so werden wir Christus immer ähnlicher.
Ihre Magstrauss