Samstag der 4. Woche der Fastenzeit

Jer 11,18-20; Ps 7,2-3.9-10.11-12; Joh 7,40-53

Jer 11
18 Der HERR ließ es mich wissen und so wusste ich es; damals ließest du mich ihr Treiben durchschauen.
19 Ich aber war wie ein zutrauliches Lamm, das zum Schlachten geführt wird, und ahnte nicht, dass sie gegen mich Böses planten: Wir wollen den Baum im Saft verderben; wir wollen ihn ausrotten aus dem Land der Lebenden, sodass seines Namens nicht mehr gedacht wird.
20 Aber der HERR der Heerscharen richtet gerecht, er prüft Nieren und Herz. Ich werde deine Vergeltung an ihnen sehen, denn dir habe ich meine Sache anvertraut.

Heute hören wir aus dem Propheten Jeremia, der im Kapitel 11 zuvor Gerichtsworte an Israel formuliert hat. Der heutige Ausschnitt ist sodann eine Unheilsbotschaft für die Bewohner von Anatot, einer benjaminitischen Stadt nordöstlich von Jerusalem. Er tut dies im Dialog mit Gott, den er mal direkt anspricht, mal in dritter Person über ihn spricht.
„Der HERR ließ es mich wissen“ – Gott ließ den Propheten über die Missetaten des auserwählten Volkes wissen, damit er zu ihnen gehe und sie wieder zur Vernunft bringe.
Er spricht Gott direkt an, wenn er sagt: „Damals ließest du mich ihr Treiben durchschauen.“ Gott hat ihm aufgezeigt, was sein Wille ist und wo die Menschen sich von diesem entfernt haben. Zu allen Zeiten hat Gott dies durch die Propheten getan und so den Menschen geholfen, seinen Willen zu tun. Er hätte die Menschen auch einfach ins offene Messer laufen lassen können, aber weil er seine Kinder liebt, tut er alles, damit sie umkehren können. So ist er auf dem Höhepunkt der Zeiten sogar selbst gekommen, um den Menschen seinen Willen zu offenbaren, damit sie umkehren und seine Gebote halten, dem Bund wieder treu werden, den er mit ihnen geschlossen hat. Auch heute noch sendet er den Menschen seine Propheten, öffentliche Gestalten, die den Willen Gottes in die heutige Zeit hinein verkündigen, damit die Menschen zur Einsicht kommen und umkehren.
Jeremia bezeichnet sich selbst als „zutrauliches Lamm, das zum Schlachten geführt wird.“ Er ahnte nicht, dass die Israeliten etwas Böses gegen ihn planten. Als Prophet ist er ihnen ein Dorn im Auge, denn allein seine Gegenwart drängt sie dazu, ihr Leben zu ändern. Dies wollen sie aber nicht. So wollen sie ihn loswerden. Er ist somit ein Typos Christi, der das ultimative Opferlamm ist, das zum Schlachten geführt wird. Dieser überbietet das Jeremia-Lamm jedoch bei weitem, denn er weiß ganz genau, was passieren wird. Er sieht alles in der Nacht vor seinem Tod und durchleidet deshalb im Garten Getsemani schlimme Todesangst. Er schwitzt sogar Blut.
Jeremia formuliert die Verschwörung der Israeliten mithilfe einer Metapher: „Wir wollen den Baum im Saft verderben.“ Das ist ein Bild, das oft für das Leben des Menschen gebraucht wird. In der Weisheitsliteratur wird der Mensch vermehrt als Baum bezeichnet, ebenso in Schriftstellen, die sehr paränetisch sind (also ein ethisches Verhalten vorschreiben). Den Baum im Saft verderben heißt dabei, ihn vom Ursprung her beschädigen.
Den Baum aus dem Land der Lebenden auszurotten, dass seines Namens nicht mehr gedacht werde, ist ein weiterer Hinweis darauf, dass mit dem Baum die Person Jeremias gemeint ist. Sie wollen ihn aus dem Land der Lebenden verbannen, was aber Menschen nicht tun können. Gott entscheidet schließlich, wer im Land der Lebenden sein darf – wenn damit das Himmelreich gemeint ist. Irdisch verstanden ist damit das gelobte Land gemeint, in das Gott das Volk Israel geführt hat. Das Ironische ist, dass das Volk selbst dieses Land nur wenige Jahrzehnte später verlassen wird, wenn Nebukadnezzar II. von Babylon es ins Exil verbannt und den Tempel und die Stadt Jerusalem zerstören wird. Jeremia versucht alles, um das Unheil vom auserwählten Volk abzuwenden.
Es ist ein Bild des Fluchs, wenn der eigene Name vergessen wird, insbesondere wenn die Nachkommen sich nicht mehr an den Verstorbenen erinnern. Seine Gegner wollen also Fluch über ihn bringen. Doch da er ein Mann Gottes ist, wird dieser Fluch auf sie zurückfallen.
„Aber der HERR der Heerscharen richtet gerecht, er prüft Nieren und Herz.“ Er sieht alles und bringt Gerechtigkeit. Er setzt sich gegenüber allem Bösen durch. Gott wird für Jeremia einstehen. Er hofft ganz auf Gottes Rückendeckung und vertraut auf ihn („Ich werde deine Vergeltung an ihnen sehen, denn dir habe ich meine Sache anvertraut“). Er vertraut ganz darauf, dass wenn Gott ihn auf so besondere Weise beruft, ihn auch jetzt in Zeiten der Bedrängnis nicht im Stich lässt. So dürfen auch wir hoffen, dass wenn Gott seinen Bund mit uns geschlossen hat, diesen auch bis zum Schluss hält. Er ist wie ein perfekter Bräutigam, der wirklich immer treu ist, auch in den schlechten Tagen. Er wird uns aber auch zur Rechenschaft ziehen, wenn wir als seine Braut, die mit ihm einen Bund eingegangen sind, ihm untreu sind. Wir haben ihm ja auch unsere ganze Liebe versprochen. Das ist ja keine Einbahnstraße. Ein Bundesschluss heißt ja: „Ich gehöre ganz dir und du gehörst ganz mir.“ Nicht nur Gott schenkt sich uns ganz, sondern erwartet auch von uns, dass wir als seine Bündnispartner ihm uns ganz schenken.
Nicht nur Jeremia, sondern auch Israel ist Gottes Braut. Es benimmt sich aber zur Zeit des Jeremia ganz untreu (sie räuchern dem Baal, wie es im Abschnitt vor dem heute gehörten heißt). Das gefällt Gott nicht und er ruft seine Frau zu sich zurück. So ruft Gott auch uns in dieser Fastenzeit auf besondere Weise zu sich zurück, die wir durch die Taufe im neuen Bund mit ihm vereint sind.

Ps 7
2 HERR, mein Gott, ich flüchte mich zu dir; hilf mir vor allen Verfolgern und rette mich,
3 damit niemand wie ein Löwe mein Leben zerreißt, mich packt und keiner ist da, der rettet!
9 Der HERR richtet die Völker. Verschaffe mir Recht, HERR, nach meiner Gerechtigkeit, nach meiner Unschuld, die mich umgibt!
10 Die Bosheit der Frevler finde ein Ende, doch dem Gerechten gib Bestand, der du Herzen und Nieren prüfst, gerechter Gott!
11 Mein Schutz ist Sache Gottes, er ist Retter derer, die redlichen Herzens sind.
12 Gott ist ein gerechter Richter, ein Gott, der an jedem Tag zürnt.

Im Psalm betet König David ganz im Vertrauen auf Gott um Zuflucht. Auch er hat in seinem Leben mehrfach Bedrängnis erfahren. Diese hat er nicht immer selbst verschuldet. Er fiel zum Beispiel der Eifersucht Sauls zum Opfer. So betet David und wir gemeinsam mit ihm heute: „HERR, mein Gott, ich flüchte mich zu dir; hilf mir vor allen Verfolgern und rette mich“. David selbst wurde zuerst von Saul verfolgt, später sogar von seinem eigenen Sohn Abschalom. Wir denken an Jeremia, der später diese Worte wohl ganz auf sich bezogen und gebetet hat. Wir stellen uns auch vor, dass Jesus zu seinem Vater oft so gebetet hat, ebenso seine Familie auf der Flucht nach Ägypten. Auch wir dürfen so beten, denn Gott ist unsere einzige Zuflucht, die wirklich sicher ist. Er bewahrt uns nicht immer vor irdischen Gefahren, doch eines können wir uns sicher sein – seiner Treue und des ewigen Lebens, wenn wir glauben und standhaft bleiben.
„Damit niemand wie ein Löwe mein Leben zerreißt“ – ja, sowohl David als auch Jeremia haben existenzielle Gefahren erlebt und auch Jesus hat im Garten Getsemani die Gefahr des Löwen gesehen, der umhergeht und schaut, wen er verschlingen kann, wie Petrus es in seinen Briefen schreibt. Das ist die eigentliche Gefahr – der Satan, der die Seelen von Gott wegführen will. Er ist der brüllende Löwe auch in unserer heutigen Zeit.
„Der HERR richtet die Völker“ – das Wort an der Stelle ist עַ֫מִּ֥ים ammim. Gott richtet die Stämme Israels. Er sorgt überall für Gerechtigkeit, weil jeder Mensch ein Geschöpf Gottes ist, besonders aber bei denen, die ihm die Treue versprochen haben. So bittet König David hier im Psalm um Gottes Gerechtigkeit. Das Gericht Gottes ist hier also etwas Positives, weil die ungerecht Behandelten endlich zu ihrem Recht kommen. Es ist also wie eine Erlösung. So dürfen auch wir Gott darum bitten, dass er für Gerechtigkeit sorgt. Das darf uns nicht als etwas Banales vorkommen. Wir müssen es zu Herzen nehmen: GOTT soll richten, nicht WIR. ER ist es, der Gerechtigkeit bringen kann. Kein Mensch kann ein wirklich gerechter Richter sein. Wir sehen schließlich nicht in die Herzen der Menschen, Gott aber schon. Wir haben schon bei Jeremia gehört, dass Gott auf Herz und Nieren prüft. Das kann nur er. Überlassen wir ihm also das Gericht und entlasten wir uns dadurch selbst! Das wird uns eine so überwältigende Freiheit schenken. Wir geschieht das? Indem wir den Menschen, die uns Unrecht tun, von Herzen vergeben. Das heißt nicht, dass wir ihre Untaten gut heißen. Das bedeutet vielmehr, dass wir nicht daran festhalten, es uns innerlich dann nicht vergiften und krank machen kann, wir vorankommen und das Richten Gott überlassen. Er wird schon alles vergelten.
Auch David sagt hier im Psalm, dass Gott nach Herz und Nieren prüft. Er soll das Herz des Unschuldigen anschauen und ihm Segen verleihen, was hier mit „Bestand“ ausgedrückt wird. Diejenigen, die aber böse sind, werden keinen Bestand haben. Sie werden nicht weit kommen, weil Gott ein gerechter Gott ist. So dürfen auch wir hoffen, dass die Bösen unserer Zeit nicht lange an der Macht sein werden. Ihr Weg führt in die Sackgasse und auf lange Sicht werden wir überleben.
Gottes Sache ist, seine geliebten Kinder zu beschützen. Das meint vor allem das Herz der Menschen, die ewige Seele. Er zürnt jeden Tag, das bedeutet, er reagiert immer auf die Ungerechtigkeit, die seinen Geliebten widerfährt. „Zürnen“ hat im Kontext Gottes weniger etwas Pathologisches im Sinne eines irrationalen, unkontrollierten und affekthaften Ausbruchs wie die Wut des Menschen. Der Zorn Gottes ist (bildhaft gesprochen) seine stete, absolut kontrollierte und absolut gerechte Reaktion auf die Ungerechtigkeit der Menschen. Er ist immer solidarisch mit uns. Das ist ein absoluter Trost und so dürfen wir vertrauensvoll beten, dass nicht eine Ungerechtigkeit, die an uns geschieht, bei Gott ungesehen bleibt.

Joh 7
40 Einige aus dem Volk sagten, als sie diese Worte hörten: Dieser ist wahrhaftig der Prophet.
41 Andere sagten: Dieser ist der Christus. Wieder andere sagten: Kommt denn der Christus aus Galiläa?
42 Sagt nicht die Schrift: Der Christus kommt aus dem Geschlecht Davids und aus dem Dorf Betlehem, wo David lebte?
43 So entstand seinetwegen eine Spaltung in der Menge.
44 Einige von ihnen wollten ihn festnehmen; doch keiner legte Hand an ihn.
45 Als die Gerichtsdiener zu den Hohepriestern und den Pharisäern zurückkamen, fragten diese: Warum habt ihr ihn nicht hergebracht?
46 Die Gerichtsdiener antworteten: Noch nie hat ein Mensch so gesprochen.
47 Da entgegneten ihnen die Pharisäer: Habt auch ihr euch in die Irre führen lassen?
48 Ist etwa einer von den Oberen oder von den Pharisäern zum Glauben an ihn gekommen?
49 Dieses Volk jedoch, das vom Gesetz nichts versteht, verflucht ist es.
50 Nikodemus aber, einer aus ihren eigenen Reihen, der früher einmal Jesus aufgesucht hatte, sagte zu ihnen:
51 Verurteilt etwa unser Gesetz einen Menschen, bevor man ihn verhört und festgestellt hat, was er tut?
52 Sie erwiderten ihm: Bist du vielleicht auch aus Galiläa? Lies doch nach und siehe, aus Galiläa kommt kein Prophet.
53 Dann gingen alle nach Hause.

Im Evangelium hören wir heute die Fortsetzung der Gespräche Jesu mit den Pilgern beim Laubhüttenfest in Jerusalem. Er ist zur Wallfahrt im Verborgenen nach Jerusalem gekommen, obwohl die Juden dort gar nicht gut auf ihn zu sprechen sind. Sie haben ihn auch erkannt und er hat ja sogar öffentlich gesprochen. Sie haben ihn nicht festgenommen, weil Gott das nicht zugelassen hat. Jesu Stunde ist noch nicht gekommen.
Heute gehen die Gespräche weiter. Einige sagen über Jesu Worte bezüglich seines Verhältnisses zum Vater und seiner Berufung, er sei wirklich ein Prophet. Sie nehmen seine Worte an. So fühlen sich einige an die Propheten des Alten Testaments erinnert, denn Jesus hat unter anderem über Sendung gesprochen. Andere wiederum erkennen in ihm den Messias, da sie wohl die Messianität seiner Heilstaten verstanden haben. Ein großes Problem haben die Menschen aber mit Jesu Herkunft. Sie gehen davon aus, dass Jesus aus Galiläa stamme (, wo er ja auch aufgewachsen ist). Sie betrachten die messianischen Verheißungen und sagen, dass der Messias ja aus dem Stamm Davids erwartet werde und aus Betlehem komme. Das ist interessant, weil die Menschen Jesus anscheinend gar nicht gut genug kennen. Sonst würden sie wissen, dass Jesus sehr wohl Davidide und in Betlehem geboren ist.
Auch jetzt wollen einige ihn festnehmen, nämlich die Gerichtsdiener der Tempellobby, denn seine Worte sind für sie blasphemisch. Sie kehren aber ohne Jesus zu den Hohepriestern und Schriftgelehrten zurück. Diese wundern sich, denn es war wohl ihr Befehl, Jesus festnehmen zu lassen. Sie geben zur Antwort, dass Jesu Worte so einmalig sind, dass sie davon offensichtlich berührt worden sind. Die Pharisäer befürchten, dass die Gerichtsdiener von ihm manipuliert worden seien. Sie reagieren arrogant, indem sie sich besser darstellen als das Volk, das nicht so vertraut mit den Hl. Schriften seien wie sie. Das ist sehr ironisch, denn sie sind es, die in Wirklichkeit am wenigsten verstanden haben. Sie sehen stets nur die einzelnen Bäume, können sie aber nicht als Wald identifizieren. Das einfache Volk, das sie hier so schlecht reden, hat das, was sie von den Hl. Schriften kennen, korrekterweise auf Jesus als den Messias bezogen (sie machen sich wenigstens Gedanken, auch wenn sie noch oberflächlich denken). Die exegetische Ausbildung vereinfacht vielleicht das Verständnis auf gewisse Weise, doch das Entscheidende ist das offene Herz, dass die Lektionen Gottes annimmt. Darin sind die einfachen Juden in Jerusalem den Pharisäern vielfach voraus.
Nikodemus gehört zum Hohen Rat. Er ist ja Jünger Jesu und nimmt ihn beim Sanhedrin in Schutz. Er gibt den anderen zu verstehen, dass sie doch niemanden ohne Anhörung verurteilen können. Sie argumentieren mit der Hl. Schrift: Aus Galiläa komme kein Prophet. Dagegen ist aber zu sagen, dass die Hl. Schrift sehr wohl Propheten aus der nördlichen Provinz belegt. So kommt laut 2 Kön 14,25 Jona aus Gat-Hefer, einem Ort, der wohl um die 5 km nordöstlich von Nazaret lag! Die Hohepriester und Schriftgelehrten blamieren sich also durch ihre Besserwisserei bis auf die Knochen, weil sie so dermaßen falsch liegen…

Heute hören wir von vielen Bedrängnissen. Wer für Gott einsteht, damals wie heute, muss mit Anfeindungen rechnen. Dies musste Jeremia durchmachen, so musste auch David leiden. Und Jesus als Sohn Gottes hat am meisten dafür gelitten, dass er den Menschen den Willen des Vaters kundgetan hat. Wenn wir heutzutage also für das Evangelium Jesu Christi einstehen, können wir nichts anderes erwarten. Auch wir werden leiden. Aber auch da beschützt der Herr unser Herz davor, von ihm je getrennt zu werden. So dürfen auch wir Zuflucht bei ihm suchen und darauf vertrauen, dass er uns durch Leidenssituationen hindurch trägt.

Ihre Magstrauss

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