2 Sam 7,4-17; Ps 89,4-5.27-28.29-30; Mk 4,1-20
2 Sam 7
4 Aber in jener Nacht erging das Wort des HERRN an Natan:
5 Geh zu meinem Knecht David und sag zu ihm: So spricht der HERR: Du willst mir ein Haus bauen, damit ich darin wohne?
6 Seit dem Tag, als ich die Israeliten aus Ägypten heraufgeführt habe, habe ich bis heute nie in einem Haus gewohnt, sondern bin in einer Zeltwohnung umhergezogen.
7 Habe ich in der Zeit, als ich bei den Israeliten von Ort zu Ort zog, jemals zu einem der Stämme Israels, die ich als Hirten über mein Volk Israel eingesetzt hatte, ein Wort gesagt und sie gefragt: Warum habt ihr mir kein Haus aus Zedernholz gebaut?
8 Sag also jetzt meinem Knecht David: So spricht der HERR der Heerscharen: Ich habe dich von der Weide und von der Herde weggeholt, damit du Fürst über mein Volk Israel wirst,
9 und ich bin überall mit dir gewesen, wohin du auch gegangen bist. Ich habe alle deine Feinde vor deinen Augen vernichtet und ich werde dir einen großen Namen machen, der dem Namen der Großen auf der Erde gleich ist.
10 Ich werde meinem Volk Israel einen Platz zuweisen und es einpflanzen, damit es an seinem Ort wohnen kann und sich nicht mehr ängstigen muss und schlechte Menschen es nicht mehr unterdrücken wie früher
11 und auch von dem Tag an, an dem ich Richter in meinem Volk Israel eingesetzt habe. Ich verschaffe dir Ruhe vor allen deinen Feinden. Nun verkündet dir der HERR, dass der HERR dir ein Haus bauen wird.
12 Wenn deine Tage erfüllt sind und du dich zu deinen Vätern legst, werde ich deinen leiblichen Sohn als deinen Nachfolger einsetzen und seinem Königtum Bestand verleihen.
13 Er wird für meinen Namen ein Haus bauen und ich werde seinem Königsthron ewigen Bestand verleihen.
14 Ich werde für ihn Vater sein und er wird für mich Sohn sein. Wenn er sich verfehlt, werde ich ihn nach Menschenart mit Ruten und mit Schlägen züchtigen.
15 Nie wird sich meine Huld von ihm entfernen, wie ich sie von Saul entfernt habe, den ich vor dir entfernt habe.
16 Dein Haus und dein Königtum werden vor dir auf ewig bestehen bleiben; dein Thron wird auf ewig Bestand haben.
17 Natan sprach zu David genauso, wie es gesagt und offenbart worden war.
Der Anlass für die Eingebung Natans des Propheten hier in der Lesung ist Davids schlechtes Gewissen. Er lebt in einem festen Palast aus Zedernholz, einem Material, das in Israel eher seltener anzutreffen ist. Generell wird wenig mit Holz gearbeitet. Die Bundeslade dagegen befindet sich immer noch im Offenbarungszelt, also keinem festen Tempel. David liebt Gott sehr und erkennt deshalb selbst dieses Unverhältnis. Natan erhält im Anschluss an diese Gedanken Davids, die er ihm eröffnet hat, die heutige Eingebung durch Gott. Es ist eine Verheißung für die Zukunft. Zunächst spricht Gott etwas, das sich mit den Worten des Menschensohnes wiederholen wird: Gott hat keinen festen Wohnsitz in dieser Welt. Auch Jesus Christus wird nichts Eigenes besitzen. Vom Moment seiner Geburt an ist für ihn alles nur geliehen. Er kommt in einem Stall zur Welt, der seiner Familie nicht gehört. Er muss nach Ägypten fliehen, wo er vorübergehend einen Wohnsitz hat. Er zieht als Erwachsener umher und kommt bei Freunden unter. Nach seinem Tod bekommt er nicht einmal ein eigenes Grab, sondern es wird ihm geliehen durch Josef von Arimathäa. Jesus sagt selbst: „Die Füchse haben Höhlen und die Vögel des Himmels Nester; der Menschensohn aber hat keinen Ort, wo er sein Haupt hinlegen kann“ (Mt 8,20). Und wir Christen leben auch mit einer Mentalität, dass dieses Dasein hier nur vorübergehend ist. Wir singen gerade bei Beerdigungen das Kirchenlied „Wir sind nur Gast auf Erden und wandern ohne Ruh‘ mit mancherlei Beschwerde der ewigen Heimat zu.“ Und ein Lied der Emmanuel-Gemeinschaft heißt „Unsere wahre Heimat ist im Himmel“. Dort werden wir uns wirklich etablieren, weshalb wir uns nicht so sehr an die irdischen Güter binden sollen. Mit dem Tod müssen wir sie ohnehin zurücklassen.
Dann stellt Gott sinngemäß die Frage: „Habe ich jemals von den Israeliten verlangt, dass sie mir einen Tempel bauen?“ So ist Gott. Er gibt im Übermaß und verlangt von uns nichts außer die Gegenliebe. Seine Liebe ist nie berechnend so nach dem Motto: „Ich gebe ihnen nun dies und das. Dann werden sie so dankbar sein und in meiner Schuld stehen, dass ich jenes dafür verlangen kann.“ Die Gottesliebe ist eine maximal selbstlose Liebe.
Gott gibt David zu verstehen, dass er ihn deshalb von der Herde weggeholt hat und ihn zum König berufen hat, um Israel anhaltende Ruhe vor den Feinden zu verschaffen und ISRAEL einen festen Wohnsitz zu schaffen, nicht Gott. Die Berufung zum Tempelbau wird an seinen Sohn ergehen, dessen Namen Gott hier noch nicht preisgibt (es wird Salomo sein, wir kennen den weiteren Verlauf).
Wenn wir die Verheißung Gottes für das auserwählte Volk so lesen, kommen wir nicht umhin, über den wörtlich-historischen Sinn hinauszugehen. Dann handelt es sich beim festen Wohnsitz nicht nur um das verheißene Land für das Volk Israel, das endlich frei ist von Fremdherrschaft – denn genau diese geht ja noch weiter. Es wird sogar noch schlimmer, sodass die Assyrer und die Babylonier den Israeliten das Leben zur Hölle machen werden. Es handelt sich um den festen Wohnsitz in der Ewigkeit, und zwar für das Volk des Neuen Bundes, gleichermaßen Juden und Heiden. Sie werden frei sein von allen Angriffen, Fremdherrschaften und Leiden. Dies betrifft die neue Schöpfung am Ende der Zeiten, aber auch schon die Ewigkeit für jeden Menschen nach dem Tod. Sakramental wird dies schon mit der Kirche vorweggenommen. Sie ist auf Felsen gebaut, den man nicht einfach wegwälzen kann. Jesus verheißt im NT, dass die Mächte der Finsternis sie nicht überwältigen werden. Ihr Sitz kann nicht einfach ausgelöscht werden. Die Rede von der Errichtung eines Wohnsitzes für Israel wird im Hebräischen mit Zukunftsformen ausgedrückt. Sie steht also noch aus. Umso deutlicher werden hier die Errichtung der Kirche durch Christus und das Reich Gottes angekündigt. Dieser feste Wohnsitz ist auch moralisch zu verstehen: Gott errichtet ein Haus aus Stein im Herzen jedes Menschen durch die biologische Schöpfung. Wir nennen dieses Haus die ewige Seele, die den Menschen zum Abbild Gottes macht. Bei der Taufe bezieht Gott selbst Wohnung im Herzen und stattet es aus mit seinem Geist. Er errichtet das Reich Gottes schon in der Seele des Getauften, der von da an zum Erben dieses Reiches eingesetzt wird.
Das Königtum Salomos wird Bestand haben. Diese göttliche Verheißung ist die Zusage, dass Gott Salomo segnen wird. Dieser wird einen festen Tempel für Gott errichten.
Dann sagt Gott etwas, das wir wiederum absolut typologisch lesen müssen. „Ich werde für ihn Vater sein und er wird für mich Sohn sein.“ Zunächst meint es wörtlich-historisch gelesen die innige Beziehung zwischen Gott und Salomo, der Davids Frömmigkeit ähnelt. Zugleich müssen wir es schon weiterlesen. Salomo ist ein Typos Christi, das heißt ein Vor-Bild dessen, was Jesus dann erfüllen und sogar überbieten wird. Jesus ist nämlich nicht nur sinnbildlich „wie ein Sohn“, sondern wortwörtlich. Er ist der Einziggeborene Gottes. Alle Geschöpfe sind geschaffen, er ist aber vor aller Zeit gezeugt worden. Er ist eines Wesens mit dem Vater. Er ist dann wirklich in einer Vater-Sohn-Beziehung mit Gott Vater. Wir können es mit der Kirche weiterführen: Durch die Taufe sind wir alle „von Knechten zu Freunden“ geworden (vgl. Joh 15,15). Wir sind Kinder Gottes durch die Neuschöpfung im Hl. Geist, die die Taufe ist. Wir sind aber von der Natur her trotzdem Geschöpfe und bleiben es. Wir werden nie göttlich. Wir sind durch die Gnade zu geistigen Kindern Gottes geworden, als wir getauft wurden. So wie der Vater bei der Taufe Jesu vom Himmel spricht „dies ist mein Geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe (d.h. den ich offiziell als meinen Sohn und Erben annehme)“, so sagt er auch jedem Täufling zu „dies ist mein geliebter Sohn, meine geliebte Tochter“. Und wie Salomo sind die Getauften Königskinder. Bei der Taufe wird der Täufling mit Chrisam gesalbt, dem Öl, das früher Königen und Propheten vorbehalten war. Wir gehören zur Royal Family Gottes.
Wenn in Vers 13 angekündigt wird, dass Salomo Gott einen Tempel bauen wird, müssen wir das auch typologisch weiterlesen: Denn der neue Salomo Christus wird sagen: „Reißt diesen Tempel nieder und in drei Tagen werde ich ihn wieder aufrichten“ (Joh 2,19). Er meint damit zunächst sich selbst, den „Tempel seines Leibes“ (Joh 2,21), aber auch die gesamte Tempelpraxis. Denn wie der Hebräerbrief ausführlich erklärt, ist Jesus für uns einmalig gestorben zur Sühne der Sünden aller Menschen damals, heute und in Zukunft. Die gesamte Tempelpraxis entfällt somit. Die Hohepriester sind dann überflüssig. Er besiegelt den neuen Bund zwischen Gott und allen Menschen, sodass der neue Tempel die Kirche als Gemeinschaft der Gläubigen ist. Sie ist der „Tempel seines Leibes“. Nicht umsonst wird die Kirche immer wieder bei Paulus als sein Leib beschrieben, dessen Haupt Christus ist. Und moralisch weitergelesen sind wir alle mit dem Tempel des Hl. Geistes ausgestattet, mit unserer ewigen Seele. Mit der Neuschöpfung der Taufe baut Christus diesen inneren Tempel neu auf, sodass der Geist Gottes Einzug halten kann. Und wie Christus in den Evangelien die Händler aus dem Tempel gejagt hat, eine regelrechte Tempelreinigung vorgenommen hat, so reinigt er im Sakrament der Beichte unseren inneren Tempel von allen „Händlern“ etc., die sie zu einer „Räuberhöhle“ haben verkommen lassen.
Gott wird Salomo nie seine Gnade versagen, er wird ihn nie verwerfen. Gottes ewige Treue sagt er auch Jesus Christus zu, den er am Ende von den Toten auferweckt hat. Er hat seinen Sohn wirklich nicht verlassen, sondern „ihn über alle erhöht“ (Phil 2,9). Seine ewige Treue verspricht Gott jedem Menschen. Er ruft ihn immer und immer wieder bis zum Ende seines Lebens, damit er die Chance der Umkehr nutzen kann. Er wird ihn immer wieder an sich ziehen und ihn auch züchtigen, wie es hier heißt. Er wird zulassen, dass der Mensch die Konsequenzen seiner Verfehlungen tragen muss, dass er dadurch nachdenklich und reumütig wird, dass er sich endlich Gott zuwendet und ihn zurückliebt. Gottes ewige Treue wird auf besondere Weise jedem Getauften zugesagt, der zum Erben im Reich Gottes wird. Das Versprechen, am Ende des Lebens bei Gott wohnen zu dürfen, meint Gott ernst. Er züchtigt gerade seine eingesetzten Erben, damit sie bereit gemacht werden, im Reich Gottes bestehen zu können.
Der ewige Thron, der Bestand haben wird, ist zunächst auf Salomos Herrschaft zu beziehen, aber es wird nicht ewig sein. Die oben schon erwähnten Assyrer und Babylonier, die Perser und die Römer, sie werden abwechselnd auf dem Thron sitzen und die Israeliten unterdrücken. Der Thron ist über Salomo hinaus auf den neuen Salomo zu beziehen: Christus, der zur Rechten Gottes auf dem Thron Platz genommen hat. So glauben und beten wir im Glaubensbekenntnis. Ein Thron im Himmel steht aber nicht nur für Christus bereit, sondern auch für uns Menschen. Allen voran ist Maria ein Ehrensitz bereitet worden – parallel zur Typologie Salomo-Christus wird sie zum Antitypos der salomonischen Königsmutter, für die neben ihrem Sohn ein Thron aufgestellt worden ist (1 Kön 2,19). In der Offb lesen wir auch, dass die Aposteln und die Heilsgestalten des AT bei Gottes Thron auf eigenen Thronen sitzen. Jedem von uns wird ein „Thron“ bereitet, die wir seine königlichen Kinder sind. Das ist natürlich metaphorisch zu verstehen und wir dürfen uns auf keinen Fall einbilden, im Himmel vergöttlicht zu werden.
Die heutige Verheißung Gottes an David ist sehr dicht. In jedem Vers steckt so viel drin, dass man zu jedem einzelnen Vers ein eigenes Buch schreiben könnte.
Ps 89
4 Ich habe einen Bund geschlossen mit meinem Erwählten und David, meinem Knecht, geschworen:
5 Auf ewig gebe ich deinem Haus festen Bestand und von Geschlecht zu Geschlecht gründe ich deinen Thron.
27 Er wird zu mir rufen: Mein Vater bist du, mein Gott, der Fels meiner Rettung.
28 Ja, zum Erstgeborenen mache ich ihn, zum Höchsten unter den Königen der Erde.
29 Auf ewig werde ich ihm meine Huld bewahren, mein Bund mit ihm ist verlässlich.
30 Sein Haus lasse ich dauern für immer und seinen Thron wie die Tage des Himmels.
Wir beten aus gegebenem Anlass wieder den sogenannten Königspsalm 89. Die Psalmen reflektieren ja immer die Lesung aus dem AT. Gott ist es, aus dessen Sicht hier beschrieben wird: „Ich habe einen Bund geschlossen mit meinem Erwählten und David“. Wörtlich steht hier „Ich schnitt einen Bund (im Hebräischen schneidet man, כָּרַ֣תִּֽי karati „ich schnitt“) mit meinem Erwählten, ich schwor meinem Knecht David.“ Es handelt sich also nicht um zwei Personen, sondern bezieht sich beides auf ein und dieselbe Person. Gott hat einen Bund mit diesem besonderen König geschlossen. Es handelt sich um die Bekräftigung und Ausweitung des Alten Bundes zu einer gesamtstämmischen Einheit. Das Ganze ist aber auch typologisch zu betrachten – der Erwählte (hier ist wieder das Wort בָּחִיר bachir enthalten, der Jüngling im heiratsfähigen Alter) ist nun auf Jesus zu beziehen, der sich freiwillig zum bachir macht um des Himmelreiches willen. Er bezeichnet sich sogar als Eunuchen, meint dies aber natürlich nicht wörtlich, sondern sinnbildlich. Dieser Bund, den Gott geschlossen hat durch Christus, ist der Neue Bund mit allen Menschen. Im griechischen AT wird sogar mit Plural übersetzt, was linguistisch gesehen auch möglich ist. Dadurch wird nicht Christus in den Blick genommen, DURCH den der Neue Bund besiegelt worden ist, sondern die „Erwählten“, wir Menschen, MIT denen er ja den Bund geschlossen hat. Der griechische Begriff an dieser Stelle ist ἐκλεκτοῖς eklektois und wird auch im NT sowohl für Christus als auch für die Getauften verwendet (Lk 23,35; 1 Petr 1,1).
Auch hier wird die Zusage Gottes aufgegriffen, dem davidischen Königshaus Bestand zu verleihen. Dies wird der Fall sein, aber anders als die Menschen denken: Es wird ewig bestehen durch Christus, den Sohn Davids, der tatsächlich leiblicher „Sohn“ Davids ist. Wir lesen dies ja im Stammbaum nach Matthäus. Er trägt Davids Gene in sich. Und doch ist dies ein anderes Königtum als das des David. Es geht hier um den König des Reiches Gottes. Sein Reich ist nicht von dieser Welt, wie er selbst vor Pilatus erklärt hat (vgl. Joh 18,36). „Von Geschlecht zu Geschlecht“, d.h. in diesem Fall dann zu allen Zeiten, wird Christus der König derer sein, die an ihn glauben und sich auf seinen Namen taufen lassen. Das „Haus“, das hier erwähnt wird, ist wörtlich gesehen zunächst das Königshaus. Wir müssen es aber tiefer verstehen als Kirche. Sie ist als Gemeinschaft der Gläubigen das Königreich Christi auf Erden, die sakramentale Antizipation der Ewigkeit. Sie wird auf ewig nicht untergehen – solange die Welt besteht, wird der Satan sie nicht überwältigen, das hat der treue Christus uns versprochen – und am Ende der Zeiten wird sie sich durchsetzen und ihren Wohnsitz einnehmen in der neuen Schöpfung Gottes.
Mk 4
1 Und wieder begann er, am Ufer des Sees zu lehren, und sehr viele Menschen versammelten sich um ihn. Er stieg deshalb in ein Boot auf dem See und setzte sich; die Leute aber standen am Ufer.
2 Und er sprach lange zu ihnen und lehrte sie in Gleichnissen. Bei dieser Belehrung sagte er zu ihnen:
3 Hört! Siehe, ein Sämann ging hinaus, um zu säen.
4 Als er säte, fiel ein Teil auf den Weg und die Vögel kamen und fraßen es.
5 Ein anderer Teil fiel auf felsigen Boden, wo es nur wenig Erde gab, und ging sofort auf, weil das Erdreich nicht tief war;
6 als aber die Sonne hochstieg, wurde die Saat versengt und verdorrte, weil sie keine Wurzeln hatte.
7 Wieder ein anderer Teil fiel in die Dornen und die Dornen wuchsen und erstickten die Saat und sie brachte keine Frucht.
8 Ein anderer Teil schließlich fiel auf guten Boden und brachte Frucht; die Saat ging auf und wuchs empor und trug dreißigfach, sechzigfach und hundertfach.
9 Und Jesus sprach: Wer Ohren hat zum Hören, der höre!
10 Als er mit seinen Begleitern und den Zwölf allein war, fragten sie ihn nach dem Sinn seiner Gleichnisse.
11 Da sagte er zu ihnen: Euch ist das Geheimnis des Reiches Gottes gegeben; für die aber, die draußen sind, geschieht alles in Gleichnissen;
12 denn sehen sollen sie, sehen, aber nicht erkennen; hören sollen sie, hören, aber nicht verstehen, damit sie sich nicht bekehren und ihnen nicht vergeben wird.
13 Und er sagte zu ihnen: Wenn ihr schon dieses Gleichnis nicht versteht, wie wollt ihr dann all die anderen Gleichnisse verstehen?
14 Der Sämann sät das Wort.
15 Auf den Weg fällt das Wort bei denen, die es zwar hören, aber sofort kommt der Satan und nimmt das Wort weg, das in sie gesät wurde.
16 Ähnlich ist es bei den Menschen, bei denen das Wort auf felsigen Boden fällt: Sobald sie es hören, nehmen sie es freudig auf;
17 aber sie haben keine Wurzeln, sondern sind unbeständig, und wenn sie dann um des Wortes willen bedrängt oder verfolgt werden, kommen sie sofort zu Fall.
18 Bei anderen fällt das Wort in die Dornen: Sie hören es zwar,
19 aber die Sorgen der Welt, der trügerische Reichtum und die Gier nach all den anderen Dingen machen sich breit und ersticken es und es bleibt ohne Frucht.
20 Auf guten Boden ist das Wort bei denen gesät, die es hören und aufnehmen und Frucht bringen, dreißigfach, sechzigfach und hundertfach.
Auch das Evangelium ist sehr dicht. Wir hören heute ein Gleichnis Jesu. Es beginnt mit Mk 4 eine Reihe von Gleichnissen, die Jesus für das Reich Gottes anbringt, dem Reich, das Gott David durch Natan schon verheißen hat und das „Bestand haben wird“.
Die Umstände der Lehre Jesu stellen ein Déjà vu dar. Er muss wieder in ein Boot steigen, um von dort aus die Menschenmassen zu lehren. Es ist einerseits voll, andererseits lehrt er dadurch seine Jünger. Eigentlich hätte er auch auf einen Felsen oder ein Podest steigen können, aber er möchte seinen berufenen Menschenfischern noch einmal demonstrieren, wie das geht. Der Köder, durch den die Fische anbeißen sollen, ist das Wort Gottes. Das Bild muss dabei richtig verstanden werden. Im Gegensatz zu den Fischen, die durch das erfolgreiche Fangen sterben, erhalten die Menschenfische durch das Gefangenwerden das ewige Leben, die Freiheit des Reiches Gottes. Und doch ist dieses Bild das Geeignetste für die „Fischer-Jünger“. Jesus wirft vor ihren Augen die Netze aus. Er beginnt zu lehren. Er erklärt dabei das Reich Gottes. Seine Worte sind der köstlichste Köder, denn die Menschenmassen nehmen dafür lange Reisen auf sich (naja, vor allem natürlich wegen der darauffolgenden Heilungen, aber dennoch…). Was Jesus heute erklärt, ist ein anderes Bild für das Menschenfischen – das Säen von Samen.
So ist der Hl. Geist. Wenn Gott uns Menschen etwas Entscheidendes eingeben möchte, wenn er uns seinen Willen kundtun will, dann tut er das nicht einmalig. Er möchte, dass wir das ja auch sicher begreifen, deshalb wiederholt er Eingebungen. Der Hl. Geist wiederholt sich. Er macht sich sogar noch mehr Mühe und gibt es einem mit unterschiedlichen Worten, auf unterschiedlichen Wegen, mit unterschiedlichen Bildern ein. Gott geht immer auf Nummer sicher, dass wir seinen Willen wirklich begreifen. Deshalb erklärt Jesus den Menschen das Reich Gottes mit vielen unterschiedlichen Metaphern und Gleichnissen. Deshalb erklärt er seinen Jüngern auch das Menschenfischen mit unterschiedlichen Bildern.
Das Gleichnis selbst deutet er nicht vor den Menschenmassen, sondern nur für den Zwölferkreis. Der Sämann ist Christus, der Same das Wort Gottes. Jesus hat mit dem Gleichnis das umschrieben, was er in dem Moment auch tat: vom Boot aus den Menschenmassen, die die unterschiedlichen Böden darstellen, das Wort Gottes predigen, also aussäen. Die Jünger haben seine Pointe nicht verstanden, obwohl es Jesus immer darum geht, Dinge nicht zu sagen, sondern zu zeigen. Er konfrontiert sie, um sie wach zu rütteln: „Wenn ihr das schon nicht verstanden habt, wie wollt ihr dann die künftigen Gleichnisse verstehen?“ Er möchte sie dadurch nicht niedermachen, sondern tut, was Gott David verheißen hat – züchtigen, tadeln, kritisieren, mit anderen Worten schleifen, dass sie zu schönen Diamanten werden. Sie sollen lernen, alles so zu sehen wie er selbst.
Jesus erklärt auch die verschiedenen Beschaffenheiten des Bodens, auf den das Wort Gottes fällt. Es sind die unterschiedlichen Herzenshaltungen der Menschen, mit denen sie Jesu Predigt in sich aufnehmen: Der Same auf dem Weg wird vom Satan direkt geraubt, bevor es Wurzeln schlagen kann. Warum ausgerechnet auf dem Weg? Es sind die Menschen, die im Prozess der Umkehr sind, die noch auf dem Weg zu Gott sind. Der Satan gerät in Panik und tut alles, damit die Seele nicht für Christus gewonnen wird. Er will die Seele für sich behalten. Deshalb müssen wir sehr viel für jene beten, die Gott suchen und vielleicht sogar schon auf dem Weg zur Taufe sind. Sie erleiden starke Anfechtungen und Versuchungen, denn Satan will unsere Königskindschaft mit allen Mitteln verhindern.
Der felsige Boden ist die Haltung der Menschen, die einen oberflächlichen Glauben haben, ohne Wurzeln und unbeständig. Beim ersten Widerstand geben sie auf, weil es zu unangenehm wird und es ihnen aufgrund der fehlenden Wurzeln den Boden unter den Füßen wegzieht. Solche „christlichen Sanguiniker“ sind diejenigen, die sich das Angenehme gern herauspicken und das Unangenehme ausblenden. Sie sind felsig, das heißt, sie wollen sich nicht ganz formen lassen von Gott, der auch mal züchtigen muss, der uns nicht immer nur Feierlaune, sondern auch mal den grauen Alltag bereithält. Die Felsen der eigenen Voreingenommenheit, die Patchwork-Mentalität, zerstören aber die Samen des Wortes Gottes. So wächst es nicht in jenen Menschen, so werden jene Menschen also nicht zum Leib Christi, dem fleischgewordenen Wort Gottes.
Die Herzenshaltung des dornigen Gestrüpps ist besonders tödlich. Gottes ewiges Wort, seine Weisheit, die nicht von dieser Welt ist, gerade auch vom Denken her, ist ganz anders als die Sichtweise der Welt mit ihren Verlockungen und ihrer Sünde. Doch in Menschen, die so weltlich eingestellt sind, auch gerade Menschen, die sich übertriebene Sorgen machen, also zu wenig Gottvertrauen besitzen, kann das Wort Gottes nicht keimen, Wurzeln schlagen, wachsen, Früchte tragen. Es stirbt sofort ab, weil das Herz voll von anderem ist. Jesus, das Wort Gottes, findet keinen Platz im Herzen solcher Menschen. Und er ist ein Gentleman. Wer ihn nicht hineinlässt, den lässt er auch in Ruhe. Dieses Dornengestrüpp breitet sich in unserer Kirche heutzutage rasant aus. Immer weniger Geistliche sind noch geistlich eingestellt. Wie viele unserer deutschen Bischöfe bestimmen ihr gesamtes Wirken noch von Christus her, dessen Reich nicht von dieser Welt ist? Es dominiert immer mehr die menschliche und weltliche Denkweise. Das Humanistische erfüllt die ganzen kirchlichen Grundvollzüge – so stark, dass für den Hl. Geist kein Platz mehr übrig bleibt.
Schließlich beschreibt Jesus die Fruchtbaren – die, die hören, aufnehmen und Frucht tragen. „Hören“ meint mehr als nur das physische Hören. Es meint den Ge-hor-sam, das Hören mit dem Glauben, das „auf ihn Hören“. In sich aufnehmen tun jene das Wort Gottes, die es an sich heranlassen. Die es akzeptieren und be-herzigen im wortwörtlichen Sinn: die es in sich verarbeiten, es betrachten, darüber nachdenken, es immer tiefer zu verstehen versuchen, die es nicht nur oberflächlich und rein informativ registrieren. Maria ist ein perfektes Beispiel für das „in sich Aufnehmen“. Sie bewahrt alle Geschehnisse in ihrem Herzen und denkt darüber nach. Das macht sie zur perfekten Jüngerin und dem fruchtbarsten Boden – auf dem das Wort Gottes deshalb auch Fleisch geworden ist! Früchte trägt das Wort Gottes dann, wenn die Menschen es in ihr eigenes Denken aufgenommen haben, wenn es von da an ihre eigenen Gedanken, Worte und Taten bestimmt, wenn es konkrete Auswirkungen hat im Verhalten.
Am Ende wird Jesus noch einen drauflegen. Er wird nicht nur das Wort Gottes säen in Form von gesprochenem Wort und Heilsdienst. Er wird sich selbst hingeben für die vielen Menschen am Kreuz. Er wird sein Fleisch und Blut austeilen und auch dann wird es auf unterschiedlichen Boden fallen. Der neue Bund wird allen Menschen angeboten, doch annehmen werden ihn nicht alle. Viele wird es kalt lassen, was Jesus für sie getan hat. Viele werden es zunächst annehmen und dann beim ersten Problem von ihm weglaufen. Nicht alle werden fruchtbar. Einige werden nicht glauben, dass Jesu Tat sie wirklich gerettet hat. Sie werden an ihrem fehlenden Vertrauen an Gott ersticken.
Jesus sät seinen „Samen“, d.h. sein Fleisch und Blut, in jeder Hl. Messe in das Herz der Kirche. Er sät sein Fleisch in unsere Herzen, die wir ihn in der Kommunion empfangen! Wird sein Same dort auf fruchtbaren Boden fallen? „Du bist, was du isst.“ Das ist nicht nur der Slogan von Wasa, das ist zuerst das Motto der Eucharistie. Wir werden immer mehr zum Leib Christi, indem wir ihn empfangen. Dies wird sich in unseren Gedanken, Worten und Werken immer mehr zeigen. Auch gerade im Alltag, da wo uns keiner sieht, da wo wir dann umsetzen sollen, was wir gelernt haben.
Das alles drückt Jesus heute im Evangelium aus.
Noch eine Sache ist hier zu erklären: Was meint Jesus mit diesen drastischen Versen 11 und 12? Will Jesus nicht, dass alle Menschen gerettet werden? Warum sagt er dann so etwas? Jesus zitiert hier Jesaja 6,9-10. Bei Jesaja wird dieses rätselhafte Wort im Anschluss an dessen Berufung genannt. Seine Berufung besteht darin, die Menschen vor die Wahl zu stellen: Er soll nicht so auftreten, dass weniger Menschen zu Gott umkehren, sondern damit sie sich die Mühe machen, seine Botschaft zu verstehen. Sie sollen „gezüchtigt“ werden, wie es Gott König David prophezeit hat. Diese „Hürde“ ist ein wichtiger Reifeprozess, damit jene, die ihn vollständig durchlaufen, sich wirklich ganz für Gott entscheiden können. Gott ist also kein Sadist, sondern er tut es, damit unsere Herzen für den Empfang des ewigen Heils bereitgemacht werden. So tut es auch Jesus mit den Gleichnissen. Er „verschleiert“ seine Verkündigung, damit die Menschen nicht einfach nur alles registrieren und fertig, sondern sich wirklich die Mühe machen, darüber nachzudenken. So kann er indessen ihre Herzen formen. Das Wort Gottes ist ein zweischneidiges Schwert. An ihm scheiden sich die Geister. Jene, die nur aus Sensationsgier da sind, die an dem Inhalt der Verkündigung Jesu kein Interesse haben, kehren sich davon ab, weil es zu viel Mühe bereitet, es zu verstehen. Jene, die wirklich mit offenem Herzen gekommen sind, werden sich diese Mühe aber machen und so wird die Verschleierung Jesu zu einer großen Chance für alle Anwesenden. Es hängt also nicht von Gott ab, der irgendwelche Vorbehalte macht, sondern vom Menschen selbst, ob er sich bekehrt. Und die, die noch nicht umgekehrt sind, sind jene, die „draußen sind“.
Jesus zitiert Jesaja noch wegen einer weiteren Sache, die wir heute weniger verstehen, weil wir mit dem AT nicht so vertraut sind wie seine Jünger: Liest man Jesaja 6 weiter, aus dem Jesus ja zitiert, heißt es am Ende des Kapitels: „12 Der HERR wird die Menschen entfernen, sodass die Verlassenheit groß ist inmitten des Landes. 13 Bleibt darin noch ein Zehntel, so soll es erneut abgeweidet werden, wie bei einer Eiche oder Terebinthe, von denen beim Fällen nur ein Stumpf bleibt. Heiliger Same ist sein Stumpf.“ Bei Jesaja wird die Samen-Metapher schon gebraucht! Das ist hier zwar noch genealogisch gemeint – es bleibt ein Stumpf übrig. Jesus deutet sich aber auch selbst an mit dem Jesajazitat und so verbinden die Jünger es dann auch mit Jesu Gleichnisrede.
Heute streut Jesus durch die Tageslesungen sehr viel Samen auf unseren Boden. Wir haben wirklich viel Arbeit damit, es zu hören, es in uns aufzunehmen und in uns wachsen zu lassen.
Schon im zweiten Samuelbuch wird sehr vieles verheißen, das Jesus dann erfüllt. Anhand der Gleichnisrede heute können wir dies beobachten: Er baut den Tempel Gottes auf – in den Herzen der Menschen, indem er ihnen die Tüftel-Aufgabe gibt. Er baut den Tempel durch die Sammlung der Jünger um sich, die Gemeinschaft der Gläubigen. Er sät den Samen, den „heiligen Samen des Stumpfes“, der auf ewig nicht verdorrt, sobald er wirklich gekeimt hat, Wurzeln getrieben hat, gewachsen ist und Früchte trägt. Durch die ganzen zahlreichen Bilder hindurch zeigt uns heute der Hl. Geist, was all dies für unser Leben bedeutet: Nehmen wir das Wort Gottes in Wort und Sakrament in uns auf. Verdauen wir es im wahrsten Sinne des Wortes, betrachten wir es, verinnerlichen wir es, damit es in unser Denken, in unser Sprechen, in unser Handeln übergeht. So wachsen wir heran zu Menschen, die das Erbe Gottes antreten können in seinem Reich.
Ihre Magstrauss