Samstag der 5. Woche im Jahreskreis

1 Kön 12,26-32; 13,33-34; Ps 106,6-7b.19-20.21-22; Mk 8,1-10

1 Kön 12
26 Jerobeam dachte in seinem Herzen: Das Königtum könnte wieder an das Haus David fallen. 

27 Wenn dieses Volk hinaufgeht, um im Haus des HERRN in Jerusalem Opfer darzubringen, wird sich sein Herz wieder seinem Herrn, dem König Rehabeam von Juda, zuwenden. Mich werden sie töten und zu Rehabeam, dem König von Juda, zurückkehren. 
28 So ging er mit sich zu Rate, ließ zwei goldene Kälber anfertigen und sagte: Ihr seid schon zu viel nach Jerusalem hinaufgezogen. Hier sind deine Götter, Israel, die dich aus Ägypten heraufgeführt haben. 
29 Er stellte das eine Kalb in Bet-El auf, das andere brachte er nach Dan. 
30 Dies wurde Anlass zur Sünde. Das Volk zog vor dem einen Kalb her bis nach Dan. 
31 Auch machte er das Haus der Kulthöhen und Priester, die aus allen Teilen des Volkes stammten und nicht zu den Söhnen Levis gehörten. 
32 Für den fünfzehnten Tag des achten Monats machte Jerobeam ein Fest, das dem Fest in Juda entsprach. Er stieg zum Altar hinauf. Das tat er in Bet-El, um den Kälbern zu opfern, die er hatte machen lassen. In Bet-El ließ er auch die Priester auftreten, die er für die Kulthöhen gemacht hatte. 
33 Jerobeam kehrte auch nach diesem Ereignis von seinem bösen Weg nicht um. Er machte weiterhin aus allen Teilen des Volkes Priester für die Kulthöhen; jedem, der es wünschte, füllte er die Hand und er wurde ein Höhenpriester. 
34 Das aber wurde dem Haus Jerobeam als Sünde angerechnet, sodass es vernichtet und vom Erdboden vertilgt wurde.

Wir haben vorgestern gehört, wie Gott Salomo angekündigt hat, dass er seinem Sohn das Königreich fast vollständig wegnehmen werde wegen des Götzendienstes, den Salomo durch seine Frauen begangen hat. Gestern begann der Anfang vom Ende. Schon zu Salomos Lebzeiten kommen mehrere Feinde auf, die ihn bedrängen. Wir lesen in den Kapiteln vor dem heutigen Abschnitt davon. Salomo trachtet Jerobeam nach dem Leben, doch dieser flieht nach Ägypten, wo er bis zum Tode Salomos bleibt. Salomos Sohn Rehabeam wird sein Nachfolger. Dieser trifft aber ganz unweise Entscheidungen und will viel strenger mit den Israeliten umgehen, als sein Vater Salomo. So erkennen ihn die Israeliten nicht an außer der Stamm Juda und der Stamm Benjamin (gestern sagte ich fälschlicherweise, dass sich der zweite Stamm auf die Leviten beziehe, doch da sie kein eigenes Stück Land und keine Soldaten haben, werden sie ohnehin nicht mitgezählt). Es entstehen zwei Königreiche, denn die Israeliten machen Jerobeam zum König der zehn weiteren Stämme. Dieser baut in Sichem seinen Wohnsitz.
Der heutige Abschnitt schließt sich nun an: Jerobeam hat Angst, dass er sein Königtum wieder verlieren könnte, weil er genau weiß, dass die Jerusalemer Tempelpraxis alles ist. Es scheint so, als ob die Israeliten auch weiterhin nach Jerusalem ziehen, um Opfer darzubringen. Jerobeam befürchtet, dass sie dann wieder zu Rehabeam zurückkehren könnten.
Kurzerhand entschließt er sich zu einem folgenschweren Schritt: Er lässt zwei Götzen anfertigen und konstruiert einen Festkalender, eine Priesterschaft und eine Opferpraxis, die der des Jerusalemer Tempels ähnelt. Die Priesterschaft besteht aber nicht mehr aus den Söhnen Levis und die Feste finden an anderen Tagen statt als in Jerusalem. Er baut auch Kulthöhen für die Opfer.
Er behauptet vor den Israeliten, dass die zwei goldenen Kälber, die er hat anfertigen lassen, der Gott sei, der sie aus Ägypten heraufgeführt habe. Er verdeutlicht auch, dass die Israeliten sich nicht mehr auf den langen Weg machen müssen.
Ursprünglich hat Gott ihn auserwählt, König über Israel zu sein, doch er hat eine schwere Sünde begangen, indem er eine neue Götzenreligion gegründet hat. Damit hat er nicht besser gehandelt als Salomo, aufgrund dessen Jerobeam überhaupt erst König werden sollte.
Deshalb hören wir auch im letzten Vers, dass das Haus Jerobeams ausgelöscht werde. Er hat die Konsequenzen der Entscheidungen zu tragen, die er getroffen hat. Gott hat ihm eine Chance gegeben, die er sich selbst ziemlich schnell verbaut hat.

Ps 106
6 Wir haben gesündigt mit unseren Vätern, wir haben Unrecht getan und gefrevelt. 
7 Unsere Väter in Ägypten begriffen deine Wunder nicht, gedachten nicht der vielen Erweise deiner Huld.
19 Sie machten am Horeb ein Kalb und warfen sich nieder vor dem Gussbild. 
20 Die Herrlichkeit Gottes tauschten sie ein gegen das Abbild eines Stieres, der Gras frisst. 
21 Sie vergaßen Gott, ihren Retter, der einst in Ägypten Großes vollbrachte, 
22 Wunder im Land Hams, Furcht erregende Taten am Roten Meer. 

Der heutige Psalm ist eine Selbstanklage. Es handelt sich um ein öffentliches Sündenbekenntnis der Juden mit ausführlicher geschichtlicher Zusammenfassung. Auch Psalm 78 ist von dieser Art. Wenn wir heute diesen Psalm beten, ist es aber viel mehr als nur eine geschichtliche Erinnerung Israels. Erstens wiederholt sich Geschichte und dies ist uns heute in der Lesung besonders deutlich geworden: Jerobeam macht goldene Kälber wie die Israeliten am Sinai. Zweitens hat die Heilsgeschichte Gottes immer überzeitliche Bedeutung, sodass sie auch für uns gilt. Die Sünden, die damals begangen wurden, begehen auch wir heute. Dies ändert sich nie und so können wir uns mit dieser Geschichtszusammenfassung des Psalms identifizieren.
„Wir haben gesündigt mit unseren Vätern“ ist so zu verstehen, dass das gesamte Volk Israel hier das Sündenbekenntnis ablegt und die Sünde schon bei den Vätern begangen worden ist. Wer damit gemeint ist, erfahren wir einen Vers später: Es ist die Generation der Israeliten am Sinai, die während Moses Abwesenheit einen goldenen Götzen gegossen hat. Was hier rückblickend über die Israeliten damals gesagt wird, ist reflektierend und deutend: Ihr Verhalten wird damit erklärt, dass sie Gottes Wunder nicht begriffen haben. Gott hat ihnen so viel Gutes erwiesen, doch sie waren undankbar. Stattdessen haben sie sich einem Götzen zugewandt.
„Gedachten nicht der vielen Erweise deiner Huld“ stellt heraus, dass die Israeliten am Sinai die Gnade Gottes schnell vergessen haben. In der Wüste ist dies immer wieder zum Vorschein gekommen, wenn sie schwere Zeiten durchmachten, z.B. hungerten. Dann waren sie sogar noch so undankbar und wünschten sich wegen der Fleischtöpfe die Sklaverei Ägyptens zurück.
In Vers 19 wird das Gussbild am Sinai angesprochen (Horeb und Sinai sind zwei Namen für denselben Berg). Dieses Verhalten wird im Nachhinein als absurd bewertet, abgesehen davon dass es eine Sünde gegen das erste Gebot ist: Die Väter haben Gottes Herrlichkeit gegen ein Gras fressendes Tier ausgetauscht. Und diese Degradierung haben wir auch in der Lesung gehört, in der Gott und seine Verehrung durch eine billige Kopie degradiert wird. Dort sind es sogar zwei Götzenkälber, die angebetet werden.
Das Problem ist das Vergessen. Die Väter haben vergessen, was Gott ihnen Gutes getan hat. Nicht umsonst sagt Jesus bei der Stiftung des Neuen Bundes beim letzten Abendmahl „tut dies zu meinem Gedächtnis“, so wie bei Sedermahl des Pessachfestes der Exodus immer wieder erzählt werden soll zur ewigen Erinnerung an Gottes Taten. Und diese Erinnerungsmentalität wird auch im Gründonnerstagslied „Beim letzten Abendmahle“ hervorgehoben, in dem es heißt „damit ihr nie vergesset, was meine Liebe tut.“ Wenn man die Liebe des anderen vergisst, wird man nicht mehr dankbar sein und die Beziehung erkaltet.
Gottes Barmherzigkeit ist aber unendlich groß. Wenn wir zu einer brennenden Gemeinschaft mit ihm zurückkehren wollen, ist er sofort bereit, den Bund zu erneuern. Er gibt immer wieder eine neue Chance. Was die Israeliten mit diesem Psalm tun, ist genau die Voraussetzung für Gottes Vergebung – das Bekenntnis. Auch wir, die wir Gott untreu werden, wo wir sündigen, dürfen zu ihm zurückkehren und ihn um Vergebung bitten. Er schenkt uns diese Möglichkeit durch das Beichtsakrament. So erneuert Gott den Bund mit den Menschen und die Beziehung brennt von Neuem wieder lichterloh. Und auch in Krisenzeiten der Kirche – das heißt Glaubenskrisen, nicht Strukturkrisen – schenkt Gott Erneuerung durch den Hl. Geist, wenn ihre Mitglieder sich ihrer Schuld stellen und sich auf den Stiftungswillen Christi zurückbesinnen. Dann blüht die Kirche von Neuem auf. Wichtig ist, zur Einsicht zu kommen und umzukehren. Wenn die Gemeinschaft der Gläubigen und vor allem jeder Einzelne sich so verhält, dann wird Gott den Bund nach dem Tod bzw. am Ende der Zeiten auf besonders intensive Art und Weise erneuern, wenn er eine neue Schöpfung hervorbringen wird, zu der wir durch die Taufe jetzt schon gehören. Dann wird uns ein neues Leben in der Ewigkeit geschenkt.

Mk 8
1 In jenen Tagen waren wieder einmal viele Menschen um Jesus versammelt. Da sie nichts zu essen hatten, rief er die Jünger zu sich und sagte: 

2 Ich habe Mitleid mit diesen Menschen; sie sind schon drei Tage bei mir und haben nichts mehr zu essen. 
3 Wenn ich sie hungrig nach Hause schicke, werden sie auf dem Weg zusammenbrechen; denn einige von ihnen sind von weit her gekommen. 
4 Seine Jünger antworteten ihm: Woher könnte jemand diese hier in der Wüste mit Broten sättigen? 
5 Er fragte sie: Wie viele Brote habt ihr? Sie antworteten: Sieben. 
6 Da forderte er die Leute auf, sich auf den Boden zu setzen. Dann nahm er die sieben Brote, sprach das Dankgebet, brach die Brote und gab sie seinen Jüngern zum Verteilen; und die Jünger teilten sie an die Leute aus. 
7 Sie hatten auch noch ein paar Fische bei sich. Jesus segnete sie und ließ auch sie austeilen. 
8 Die Leute aßen und wurden satt. Und sie hoben die Überreste der Brotstücke auf, sieben Körbe voll. 
9 Es waren etwa viertausend Menschen beisammen. Danach schickte er sie nach Hause.
10 Gleich darauf stieg er mit seinen Jüngern ins Boot und fuhr in das Gebiet von Dalmanuta.

Heute hören wir im Evangelium von der wunderbaren Speisung, die wir in der Advents- oder Weihnachtszeit schon aus anderen Evangelien gehört haben. Jesus tut nie etwas ohne tieferen Sinn.
Er sagt zu seinen Jüngern, er hat Mitleid (σπλαγχνίζομαι „ich habe Mitleid/ich erbarme mich“). Gott ist barmherzig mit seinen Kindern. Das ist uns durch den Psalm schon deutlich geworden und wird hier zugespitzt. Jesus tut mit der Speisung etwas Ungewöhnliches: Er sättigt sie, anstatt sie wegzuschicken. Auch dies ist nicht nur ein Akt der leiblichen Stärkung („sonst brechen sie auf dem Weg zusammen“). Jesus möchte uns auf dem Lebensweg nähren durch sein Wort und seine Sakramente, damit wir auch seelisch nicht zusammenbrechen. Er möchte uns die Kraft geben, nach dem Willen Gottes leben zu können. Den Menschen, die ihm bis in die Wüste gefolgt sind, ging es zuerst um das Reich Gottes, deshalb gab Jesus ihnen alles Andere dazu! Sie haben anders gehandelt als die Väter in der Wüste, die sich nach den Fleischtöpfen der Ägypter zurücksehnten. Ihnen war das leibliche Wohl wichtiger, als nun frei von der Sklaverei zu sein und Gott ungestört opfern zu können. Auch uns heute möchte Gott mit Überfülle beschenken, wenn wir zuerst ihn suchen. Und die Kirche ist ja auch Volk Gottes auf dem Weg, die Wegzehrung braucht. Deshalb ist es so überlebenswichtig für sie, die Eucharistie jeden Tag zu feiern. Diese ist das Brot, mit dem die Kirche genährt wird, um alles zu überstehen, auch jedes Schisma, jede Anschuldigung, jede Attacke. Dann wird sie am Ende der Zeiten in der Ewigkeit „gemästet“ werden beim Hochzeitsmahl des Lammes.
Jesus bittet die Menge, sich hinzusetzen. Eigentlich steht da wörtlich das Verb ἀναπίπτω anapipto, was unter anderem die Bedeutung „sich zu Tisch legen“ aufweist und verwendet wird, wenn man sich zu Tisch begibt. In dem Kulturkreis lag man am Tisch, anstatt zu sitzen. Jesus lädt zum Festmahl ein und bittet seine Gäste sozusagen „zu Tisch“. Er möchte sensibilisieren für die Hochzeit des Lammes. Hier ist die Endstation der Erfüllung noch nicht erreicht. Sie endet im Abendmahlssaal mit den zwölf Aposteln. Und doch werden die Menschen dafür schon vorbereitet, wenn Jesus neben den Fischchen ausgerechnet Brot nimmt und dem Vater dafür dankt (Danksagung heißt im Griechischen εὐχαριστία eucharistia!). Interessant ist, dass er die Brote nicht selbst an die Menschen verteilt, sondern seine Jünger die Verteilung vornehmen lässt. Dies ist auch auf ekklesiologischer Ebene eine Vorbereitung ganz bestimmter liturgischer Dienste. In der Urkirche wurde die Austeilung der Eucharistie deshalb von Diakonen unterstützt. Bemerkenswert und wiederum ein göttliches Wunder ist, dass ganze sieben Körbe von den sieben Broten übrig bleiben. Auch dies ist den Menschen ein Zeichen: Wenn Gott gibt, dann gibt er im Überfluss. Die Zahlen Sieben und Zwölf sind biblisch immer Zahlen der Fülle, Vollkommenheit und Vollständigkeit. Dies verdeutlicht das in dem Kontext stehende Verb ἐχορτάσθησαν echortasthesan „sie wurden gemästet“, was die Einheitsübersetzung in Vers 8 mit „und wurden satt“ übersetzt. Die dort Anwesenden werden begriffen haben, dass hier der Messias eine göttliche Heilstat begangen hat, die schon Jesaja 25 angekündigt hat. Die frommen Juden werden vielleicht auch an das Manna in der Wüste gedacht haben, das ihre Väter gegessen haben. Das alte Israel ist darauf vorbereitet worden, was nun mit Jesus geschah. Die Menschen mit ihm sind nicht nur körperlich, sondern auch im Glauben gesättigt worden – auch durch die Unterweisungen und Heilungen, von denen wir in den letzten Wochen aus dem Markusevangelium immer wieder gehört haben. Jesus nimmt auch sein eigenes Opfer vorweg, bei dem er selbst auf dem Berg hingegeben wird. Die Speise, die er dann nicht nur Viertausend, sondern allen Menschen der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft geben wird, ist die Sättigung für den Weg in die Ewigkeit, damit wir nicht unterwegs zusammenbrechen, weder als Kirche noch als einzelne Christen im Alltag.
Nach der Speisung werden die Menschen nach Hause geschickt. Auch wir werden ausgesandt, kurz nachdem wir die Kommunion in der Messe empfangen haben. Der Priester sagt zum Schluss „ite, missa est“, wörtlich zu Deutsch „gehet, es ist gesandt/es ist eine Sendung“. Wir sollen das empfangene Heil zu den Menschen bringen bis an die Enden der Erde.
Direkt im Anschluss an die Speisung steigt Jesus mit seinen Jüngern in ein Boot und fährt nach Dalmanuta. Die Gnade ist nicht nur für die hier anwesenden Viertausend, sondern für alle Menschen. Deshalb gibt es keine Pause für Jesus, sondern er zieht direkt weiter, um auch woanders den Menschen das Heil zu bringen. So ist Gottes Neuer Bund. Er möchte alle Menschen retten und bietet sein Heil deshalb der gesamten Menschheit an.

Heute haben wir viele Texte von Bergen und Opfern gehört, gottgewollten Opfern und Götzenopfern. Fragen wir uns heute, auf welchen Berg wir steigen – auf die Kulthöhen von Sichem mit den Götzenopfern oder auf den Gottesberg Sinai, wo Gott seine Weisung gibt bzw. den Zion, wo er seinen eigenen Sohn dahingibt, die Weisung in Person? Die Entscheidung liegt ganz bei uns. Über diese Entscheidungsfähigkeit werden wir am morgigen Sonntag besonders viel nachdenken, wo uns zwei Wege vor Augen geführt werden. Entscheiden wir uns für Gottes Speisung und nicht für die Verderbnis des Götzendienstes, indem wir seine Liebestaten in unserem Leben vergessen.

Ihre Magstrauss

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