Palmsonntag (C)

Jes 50,4-7; Ps 22,8-9.17-18.19-20.23-24; Phil 2,6-11; Lk 19,28-40

Jes 50
4 GOTT, der Herr, gab mir die Zunge von Schülern, damit ich verstehe, die Müden zu stärken durch ein aufmunterndes Wort. Jeden Morgen weckt er mein Ohr, damit ich höre, wie Schüler hören.
5 GOTT, der Herr, hat mir das Ohr geöffnet. Ich aber wehrte mich nicht und wich nicht zurück.
6 Ich hielt meinen Rücken denen hin, die mich schlugen, und meine Wange denen, die mir den Bart ausrissen. Mein Gesicht verbarg ich nicht vor Schmähungen und Speichel.
7 Und GOTT, der Herr, wird mir helfen; darum werde ich nicht in Schande enden. Deshalb mache ich mein Gesicht hart wie einen Kiesel; ich weiß, dass ich nicht in Schande gerate.

Als erste Lesung hören wir heute aus einem der Gottesknechtslieder. Sie sind auf den leidenden Gottesknecht bezogen, mit dem die Kirche von Anfang an Jesus Christus identifiziert hat.
„GOTT, der Herr, gab mir die Zunge von Schülern, damit ich verstehe, die Müden zu stärken durch ein aufmunterndes Wort.“ Wir müssen es verstehen vor dem Hintergrund der Menschwerdung Gottes. Jesus ist Gott, ist aber durch seine Menschwerdung entäußert worden, das heißt er verzichtete auf seine Gottheit, um die Sünde der Welt zu sühnen. So hat er alles den Menschen vorgelebt und alles so getan, wie die Menschen es tun. Wenn es hier also heißt, „gab mir die Zunge von Schülern“, müssen wir es nicht so verstehen, dass Jesus etwas Neues lernen könnte oder Dinge zuerst nicht weiß und dann zur Erkenntnis kommt. Er weiß schon alles von Anfang an, weil er trotz Entäußerung immer noch Gott ist. Das hebräische Wort für „Zunge“ kann auch mit „Sprache“ übersetzt werden, was vielleicht passender ist: Der Vater hat dem Sohn die Sprache von Schülern gegeben, damit seine Schüler, das heißt seine Jünger, seine Worte verstehen können. Es heißt also, dass Gott die Sprache der Menschen angenommen hat, um sich ihnen zu offenbaren. Er tut es, um die Müden aufzurichten durch ein aufmunterndes Wort. Diese Müdigkeit hat weniger etwas mit physischer Erschöpfung zu tun als vielmehr mit Hoffnungslosigkeit durch Seelenmüdigkeit. Es geht um das Wecken der Menschen, damit sie wachsam werden, damit sie aus der Müdigkeit ihrer langen Warterei auf den Messias erwachen!
Jeden Morgen weckt er mein Ohr, damit ich höre, wie Schüler hören. Jesus selbst hat gehorsam auf den Vater gehört und nichts gesagt oder getan, was nicht im Einklang mit dem Vater ist.
Er hat auf den Willen des Vaters gehört und es auch durchgehalten selbst in den Angriffen der Menschen: „Ich aber wehrte mich nicht und wich nicht zurück.“ – So ist es schon den Propheten des Alten Testaments ergangen. Sie haben auf die Stimme Gottes gehört und den Menschen seinen Willen kundgetan, zumeist um den Preis ihres eigenen Lebens. Umso mehr gilt das für den Sohn Gottes selbst, der der Gehorsamste von allen ist.
Jesus hielt wortwörtlich seinen Rücken hin denen, die ihn schlugen. Wie maßlos haben seine Gegner auf ihn eingeschlagen, statt sich an die gebotene Anzahl von Schlägen zu halten, wie sie das Recht vorsieht – sowohl mit Stöcken als auch mit Geißeln! (Wir wissen vom Grabtuch von Turin, dass er 196 Mal geschlagen worden ist, statt der gebotenen 39 Schläge. Die Römer haben sich nicht daran gehalten).
„Und meine Wange denen, die mir den Bart ausrissen“ – Ja, er wurde ins Gesicht geschlagen durch den Diener der Hohepriesters. Von Privatoffenbarungen wissen wir, wie sehr sie ihm den Bart ausgerissen haben in der Nacht von Donnerstag auf Freitag. Laut diesen Offenbarungen stachen sie ihm sogar Nägel und Spitzen in die Löcher seines ausgerissenen Bartes. Unvorstellbar, was Jesus durchmachen musste! Es geht bei diesem Akt nicht nur um die Schmerzen, sondern auch um die Erniedrigung, die ihm dadurch widerfahren ist.
„Mein Gesicht verbarg ich nicht durch Schmähungen und Speichel.“ Wie oft Jesus wohl auf seinem Kreuzweg zum Golgota von der gaffenden Menge und von den Soldaten angespuckt und beschimpft worden ist? Er ist wirklich behandelt worden wie der schlimmste Verbrecher. Es blieb ihm nicht ein Funken Ehre. Er ist maximal erniedrigt worden, aber dann vom Vater über alle anderen erhöht worden. Stellen Sie sich vor, dass Sie allmächtig wären, über all jenen Peinigern stehen würden, aber alles mit sich machen lassen würden! Sie könnten jederzeit eingreifen und sie alle in die Hölle hinabwerfen, sich vom Kreuz befreien und die ganzen Wunden augenblicklich heilen, weil Sie so allmächtig sind! Für Jesus gilt das alles tatsächlich, weil er Gott ist und doch greift er nicht ein. Er lässt alles mit sich machen, weil er uns so sehr liebt, dass er all das sühnt. So unbegreiflich groß ist seine Liebe!
„Und GOTT, der Herr, wird mir helfen; darum werde ich nicht in Schande enden.“ Ja, das ist nicht nur ein absolutes Vertrauensbekenntnis, sondern eine regelrechte Ankündigung. Jesus wird nicht in Schande enden, denn am dritten Tag wird er von den Toten auferstehen! Er wird den schandvollsten Tod sterben, aber er wird nicht in ihm bleiben. Der Vater wird ihn auferstehen lassen und über alle anderen erhöhen. Nun hat er ihn wieder zu sich geholt und er sitzt mit Leib und Seele zur Rechten des Vaters.

Ps 22
8 Alle, die mich sehen, verlachen mich, verziehen die Lippen, schütteln den Kopf:
9 Wälze die Last auf den HERRN! Er soll ihn befreien, er reiße ihn heraus, wenn er an ihm Gefallen hat!
17 Denn Hunde haben mich umlagert, eine Rotte von Bösen hat mich umkreist. Sie haben mir Hände und Füße durchbohrt.
18 Ich kann all meine Knochen zählen; sie gaffen und starren mich an.
19 Sie verteilen unter sich meine Kleider und werfen das Los um mein Gewand.
20 Du aber, HERR, halte dich nicht fern! Du, meine Stärke, eile mir zu Hilfe!
23 Ich will deinen Namen meinen Brüdern verkünden, inmitten der Versammlung dich loben.
24 Die ihr den HERRN fürchtet, lobt ihn; all ihr Nachkommen Jakobs, rühmt ihn; erschauert vor ihm, all ihr Nachkommen Israels!

Als Psalm beten wir heute den Klagepsalm, den Jesus laut Markuspassion auch am Kreuz betet und der mit den Worten beginnt „mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen“. Wir beten einen anderen Ausschnitt daraus.
„Alle, die mich sehen, verlachen mich, verziehen die Lippen, schütteln den Kopf“ – David hat diesen Psalm gedichtet, als er selbst in tiefster Not war. Eine solche erfuhr er mehrmals in seinem Leben und in seiner innigen Beziehung zu Gott klagte er ihm dadurch ausführlich sein Leiden. Mit Jesus erhält das existenzielle Leiden des Menschen eine noch viel drastischere Dimension. Wenn er am Kreuz hängt und nach Luft ringt, wird er ebenso gebetet haben. Die Menschen haben ihn verlacht. Sie haben immer wieder gesagt, dass er doch als Sohn Gottes sich selbst helfen könne. Er ist durch seine Ohnmacht, die er freiwillig auf sich nahm, zum Gespött der vorbeiziehenden Jerusalempilger, der Hohepriester und Ältesten geworden. Selbst ein Hingerichteter an seiner Seite verlacht ihn so.
„Wälze die Last auf den HERRN! Er soll ihn befreien, er reiße ihn heraus, wenn er an ihm Gefallen hat!“ Diese Worte erinnern uns sehr an die Worte, die Jesus zu hören bekommt. Gott soll ihm doch nun helfen, den er als seinen Vater bezeichnet hat. Er soll ihn vom Kreuz nehmen und auch den Mitgekreuzigten helfen.
„Denn Hunde haben mich umlagert, eine Rotte von Bösen hat mich umkreist. Sie haben mir Hände und Füße durchbohrt.“ Es trifft absolut auf Jesus zu. Dieses Schriftwort erfüllt sich ganz mit dem Leiden des Messias. Der Hund ist zur Zeit Jesu eine herablassende Bezeichnung für die Heiden. Wir lesen davon schon bei der Begegnung mit der Syrophönizierin, die Jesus auf die Probe gestellt hat.
Es sind tatsächlich die Römer, also Heiden, die die Kreuzigung vornehmen, nachdem der Hohe Rat Jesus an sie ausgeliefert hat. Sie haben Jesus tatsächlich mit Nägeln ans Kreuz geschlagen. Es gibt ja noch eine andere Variante, nämlich das Fesseln ans Kreuz mithilfe von Stricken. Anhand des Turiner Grabtuchs erkennen wir aber, dass er tatsächlich die Annagelung erleiden musste, die noch viel schmerzhafter war. Der Vater ließ zu, dass man sich bei Jesus sogar bei verschiedenen Ausgangsmöglichkeiten immer für das Schlimmere entschieden hat. So hat er maximal gelitten für unsere Sünden.
„Ich kann all meine Knochen zählen“ – man könnte es auf eine Aushungerung beziehen, aber in Jesu Fall könnte man es eher auf die freigelegten Knochen durch die brutale Geißelung zurückführen. Und wenn wir den zweiten Teil lesen, wird klar, dass es wegen seiner Nacktheit ist – „sie gaffen und starren mich an!“ Was musste Jesus doch für eine Erniedrigung durchmachen. Er musste all die Unkeuschheiten der Welt büßen, indem er nackt und bloß vor den Menschen ausgeliefert war. Nicht nur er selbst, auch die Menschen konnten alle seine Knochen zählen, weil sein Körper vor ihnen offen lag. Und die Menschen werden es gänzlich ausgekostet haben, um ihm die größtmögliche Schande zu bereiten! Es wird für sie eine große Genugtuung gewesen sein!
„Sie verteilen unter sich meine Kleider und werfen das Los um mein Gewand.“ Genau dies ist bei Jesus eingetroffen. Auf dem Golgota angekommen rissen die Soldaten ihm die Gewänder vom Leib, wobei sie das kostbare Untergewand, das ganz durchgewebt war, nicht zerteilten. Stattdessen losten sie darum.
Ein Klagepsalm ist so aufgebaut, dass nach den verschiedenen Klagepunkten eine Bitte erfolgt und daraufhin ein Stimmungsumschwung stattfindet. Das heißt dass der Klagende Gott lobt und preist für die Gebetserhörung oder ihm gegenüber sein Vertrauen bekundet.
So erklingt nun die Bitte „Du aber, HERR, halte dich nicht fern! Du meine Stärke, eile mir zu Hilfe!“ Jesus wird die absolute Gottesferne auf bitterste Weise erfahren haben. Diese gehörte zu allem Leiden dazu und war das I-Tüpfelchen. Sein geliebter Vater, mithilfe dessen er alles ausgestanden hat, schweigt ganz und gar. Und doch bleibt er mit ihm in Kontakt, weil er bis zum letzten Atemzug so zu ihm gebetet hat. Er gibt sich nicht auf. Er gibt den Vater nicht auf. Er hält durch.
Und so wird er auch gebetet haben:
„Ich will deinen Namen meinen Brüdern verkünden, inmitten der Versammlung dich loben. Die ihr den HERRN fürchtet, lobt ihn; all ihr Nachkommen Jakobs, rühmt ihn; erschauert vor ihm, all ihr Nachkommen Israels!“ Am Ende hat Gott das letzte Wort und am Ende steht der Lobpreis – der Lobpreis vom Ostertag, der Lobpreis in der Gemeinschaft der Heiligen und der Lobpreis am Ende der Zeiten, der himmlische Lobgesang!

Phil 2
6 Er war Gott gleich, hielt aber nicht daran fest, Gott gleich zu sein,

7 sondern er entäußerte sich und wurde wie ein Sklave und den Menschen gleich. Sein Leben war das eines Menschen;
8 er erniedrigte sich und war gehorsam bis zum Tod, bis zum Tod am Kreuz.
9 Darum hat ihn Gott über alle erhöht und ihm den Namen verliehen, der größer ist als alle Namen,
10 damit alle im Himmel, auf der Erde und unter der Erde ihr Knie beugen vor dem Namen Jesu
11 und jeder Mund bekennt: Jesus Christus ist der Herr zur Ehre Gottes, des Vaters.

In der zweiten Lesung reflektiert Paulus diese Ohnmacht Gottes, die er freiwillig angenommen hat, als er Mensch geworden ist. In diesem sogenannten Philipperhymnus wird eine sehr tiefe Theologie deutlich. Jesus „war Gott gleich, hielt aber nicht daran fest, Gott gleich zu sein“. Das Verb für „daran festhalten“ ist ἡγέομαι hegeomai. Es steht gemeinsam mit ἁρπαγμός harpagmos, was eigentlich wörtlich „Raub, Beute“ meint. Das heißt, dass Jesus als Gott es nicht als Beute erachtete, gottgleich zu sein (denn das Erbeutete ist ein Bild für das sehr Kostbare).
„Sondern er entäußerte sich und wurde wie ein Sklave und den Menschen gleich.“ Das Verb für die Entäußerung ist ἐκένωσεν ekenosen. Mit κενόω kenoo ist gemeint, dass man sich leer macht. Das heißt nicht, dass Jesus seine Gottheit abgelegt hat, sondern sich die Freiheit genommen hat, auf sie zu verzichten. Mit dieser Ausleerung ist also der Verzicht gemeint, der Verzicht auf seine göttliche Allmacht. Dadurch ist er wie ein Sklave geworden, was uns sofort auf Jesaja zurückwirft. Dieses Bild ist ja schon dort das Hauptbild des leidenden Gottesknechtes. Jesus hat sich freiwillig die Fesseln der irdischen Beschränktheit anlegen lassen, um darin die Sünde der gesamten Menschheit wiedergutzumachen.
Er hat sich erniedrigt und war gehorsam bis zum Tod am Kreuz. Dies haben wir ausführlich im Gottesknechtslied Jesajas und im Psalm betrachtet. Jesus hat nicht nur physisch unsägliches Leid erfahren, sondern auch psychisch und seelisch. Wie sehr haben die Menschen sein Herz gebrochen durch ihren Spott und ihre Undankbarkeit!
Weil Jesus diese Sklaverei durchgehalten hat, hat Gott ihn auch über alle anderen erhöht. Sein Name ist wirklich der allerheiligste! In seinem Namen geschehen auch heute noch Zeichen und Wunder.
Und seine Heilstat ist so groß, dass „alle im Himmel, auf der Erde und unter der Erde“ (typisch hymnische Sprache!) ihr Knie beugen vor seinem Namen und zum Bekenntnis kommen, dass er der Herr ist. Die ganze Schöpfung preist ihn und erkennt seinen göttlichen Namen an. Sogar die Dämonen, die mit „unter der Erde“ angedeutet werden, müssen vor ihm in die Knie gehen und seine Göttlichkeit bekennen. Das tun sie ja schon zu seinen Lebzeiten, sodass er ihnen das Schweigen gebieten muss.
Am Ende werden es alle erkennen, was sie zum Zeitpunkt seines Leidens und Sterbens noch so sehr verspottet haben, ironischerweise: Er ist wirklich ein König, aber nicht nur der Juden, sondern des ganzen Universums! Sie werden vor dem niederfallen, den sie durchbohrt haben, dem sie die Nägel durch Hände und Füße getrieben haben. Sie werden den bekennen müssen, den sie so sehr gequält und angespuckt, dem sie so sehr das Herz gebrochen haben.

Lk 19
28 Nach dieser Rede zog Jesus voran und ging nach Jerusalem hinauf.
29 Und es geschah: Er kam in die Nähe von Betfage und Betanien, an den Berg, der Ölberg heißt, da schickte er zwei seiner Jünger aus
30 und sagte: Geht in das Dorf, das vor uns liegt! Wenn ihr hineinkommt, werdet ihr dort ein Fohlen angebunden finden, auf dem noch nie ein Mensch gesessen hat. Bindet es los und bringt es her!
31 Und wenn euch jemand fragt: Warum bindet ihr es los?, dann antwortet: Der Herr braucht es.
32 Die Ausgesandten machten sich auf den Weg und fanden alles so, wie er es ihnen gesagt hatte.
33 Als sie das Fohlen losbanden, sagten die Leute, denen es gehörte: Warum bindet ihr das Fohlen los?
34 Sie antworteten: Weil der Herr es braucht.
35 Dann führten sie es zu Jesus, legten ihre Kleider auf das Fohlen und halfen Jesus hinauf.
36 Während er dahinritt, breiteten die Jünger ihre Kleider auf dem Weg aus.
37 Als er sich schon dem Abhang des Ölbergs näherte, begann die Schar der Jünger freudig und mit lauter Stimme Gott zu loben wegen all der Machttaten, die sie gesehen hatten.
38 Sie riefen: Gesegnet sei der König, der kommt im Namen des Herrn. Im Himmel Friede und Ehre in der Höhe!
39 Da riefen ihm einige Pharisäer aus der Menge zu: Meister, weise deine Jünger zurecht!
40 Er erwiderte: Ich sage euch: Wenn sie schweigen, werden die Steine schreien.

Im Evangelium wird uns von Jesu Einreiten in die Stadt Jerusalem berichtet. Es ist ein einziger prophetischer Zeichenakt, durch den die Menschen die Erfüllung der messianischen Verheißungen erkennen sollten. Wir müssen bedenken, dass zu jener Zeit die Stadt brechend voll war. Viele Pilger, wohl um die 400.000, sind zum Paschafest in die Stadt gekommen. Jesus hat für sein Einreiten nach Jerusalem also einen ganz bestimmten Tag ausgesucht.
Es ist so, dass Jesus und seine Jünger sich Betfage nähern, einer Essener-Kolonie, zu der Jesus schon durch seine Vorfahren eine enge Beziehung hat. Zuvor waren sie in Betanien, das hier auch erwähnt wird, wo Maria Jesu Begräbnis symbolisch vorweggenommen hat, als sie ihn gesalbt hat. Von dort aus führt ein Fußweg nach Jerusalem über Betfage.
Jesus wird den Weg weitergegangen sein und über das Schaftor am Betesda-Teich Jerusalem betreten haben. Das ist absolut kein Zufall. Er ist das Lamm Gottes, natürlich geht er dabei durch das Schaftor!
Jesus schickt zwei Jünger los, um im Dorf Betfage ein angebundenes Fohlen auszuleihen, auf dem bisher noch kein Mensch gesessen hat. Im Matthäustext ist die Rede von zwei Tieren, einer Eselin und ihrem Fohlen. Aber warum überhaupt? Jesus tut dies, um die prophetische Zeichenhandlung umzusetzen. Denn die Hl. Schrift sagt in Jes 62,11 und Sach 9,9 sinngemäß: „Sagt der Tochter Zion: Siehe, dein König kommt zu dir. Er ist sanftmütig und er reitet auf einer Eselin und auf einem Fohlen, dem Jungen eines Lasttiers.“ Die Tochter Zion ist Jerusalem und ein Sinnbild für das ganze Volk Israel, die Braut Gottes. Der Bräutigam kommt nun zu ihr. Sie tun es so, wie Jesus es ihnen aufgetragen hat: Sie finden das Fohlen und bringen es zu Jesus, breiten ihre Kleider darauf aus, bevor Jesus sich auf das Tier setzt. Auch auf dem Boden werden Kleider ausgebreitet, eine Geste der Ehrerbietung.
Die Palmzweige, die in der Lukasversion nicht genannt werden, denen wir aber die Bezeichnung des Tages „Palmsonntag“ verdanken, sind Symbole des Sieges. So werden auch die Sieger in der Johannesoffenbarung mit Palmzweigen vor Gott zum Siegesgesang treten, der dann ein vollkommener und endzeitlicher ist. Auch viele Heilige werden in der Ikonographie mit solchen Palmzweigen in der Hand dargestellt.
Wir hören in der Lukasversion auch nicht, dass vor und nach Jesus Menschen ihn begleiten und Hosannarufe von sich geben, also die Andeutung von Ps 118, einen sehr messianischen Psalm, in dem es heißt: „Gesegnet sei, der kommt im Namen des Herrn!“ Stattdessen wird betont, dass Jesus ein König ist. Die ganze Szene wird charakterisiert als Adventus, eine königliche Zeremonie, die anlässlich der Ankunft eines Herrschers abgehalten wird. Christus, der wahre König, kommt in seine Stadt. Er kommt als Sieger, auch wenn sie ihn wenige Tage später kreuzigen werden. Am dritten Tag wird er auferstehen.
Der Lobpreis der Jünger ist vergleichbar mit dem Engelsgesang in der heiligen Nacht, was wir als Beginn unseres Gloriagesangs in die Liturgie aufgenommen haben.
Durch die Art, wie Jesus in die Stadt kommt, und durch den Lobpreis seiner Begleiter muss es auch bei den Anwesenden in der Stadt gedämmert haben. Sie werden eins und eins zusammengezählt haben, weshalb sie in den Lobgesang der Jünger Jesu eingestimmt haben. Sie haben gemeinsam die ganze Stadt zum Beben gebracht haben!
Viele werden sich die Frage gestellt haben, wer er ist. Denn wer in solcher Autorität in die Heilige Stadt und dann auch noch zum Paschafest eingeritten kommt, muss der Messias sein!
Die Pharisäer fordern Jesus auf, seine Jünger zum Schweigen zu bringen, doch dieser entgegnet nur: „Wenn sie schweigen, werden die Steine schreien.“ Gott selbst ist gegenwärtig. Jetzt ist die höchste Zeit, ihn zu loben und zu preisen. Seine Offenbarung ist so offensichtlich, dass es sogar die Steine, totes Gebilde, hinausschreien müssen.
Trotz prophetischer Zeichenhandlung Jesu ist uns klar, dass er mehr als ein Prophet ist: Er ist der Messias, der Sohn Gottes und selbst Gott. Und trotz dieser herzlichen Willkommenszeremonie wird er am Ende im Dreck landen, in der schlimmsten Entehrung und Schande. An diese Herrlichkeit eines Königs wird dann nur noch die Dornenkrönung und die Kreuzestafel erinnern, vielleicht noch der Purpurmantel.

Trotz der Hosannarufe, die wir heute besonders bewusst in der Hl. Messe beim Sanctus anstimmen, schwingt heute schon das „kreuzige ihn“ mit. Wir bereiten uns innerlich auf das Leiden und Sterben unseres Herrn Jesus Christus vor. Nicht umsonst wird schon die Passion verlesen. Lassen wir all dies an unser Herz heran, lassen wir uns davon berühren, damit uns der Herr auch auf dieses Osterfest hin verwandle. So werden wir uns neu bewusst, was er eigentlich für uns getan hat, was wir ihm zu verdanken haben. Dann werden wir mit neuer Dankbarkeit unser Leben und treu unseren Bund mit ihm leben. Denn wir sind auf diesen Tod getauft!

Ihre Magstrauss

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