Apg 5,27b-32.40b-41; Ps 30,2 u. 4.5-6b.6cdu. 12au. 13b; Offb 5,11-14; Joh 21,1-19
Apg 5
27 Man führte sie herbei und stellte sie vor den Hohen Rat. Der Hohepriester verhörte sie
28 und sagte: Wir haben euch streng verboten, in diesem Namen zu lehren; und siehe, ihr habt Jerusalem mit eurer Lehre erfüllt; ihr wollt das Blut dieses Menschen über uns bringen.
29 Petrus und die Apostel antworteten: Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen.
30 Der Gott unserer Väter hat Jesus auferweckt, den ihr ans Holz gehängt und ermordet habt.
31 Ihn hat Gott als Anführer und Retter an seine rechte Seite erhoben, um Israel die Umkehr und Vergebung der Sünden zu schenken.
32 Zeugen dieser Ereignisse sind wir und der Heilige Geist, den Gott allen verliehen hat, die ihm gehorchen.
40 Daraufhin ließen sie die Apostel auspeitschen; dann verboten sie ihnen, im Namen Jesu zu predigen, und ließen sie frei.
41 Sie aber gingen weg vom Hohen Rat und freuten sich, dass sie gewürdigt worden waren, für seinen Namen Schmach zu erleiden.
42 Und sie ließen nicht ab, Tag für Tag im Tempel und in den Häusern zu lehren, und verkündeten das Evangelium von Jesus, dem Christus.
Als erste Lesung hören wir heute, wie die Apostel vom Hohen Rat verhört werden, nachdem sie auf wundersame Weise aus dem Gefängnis entkommen waren und im Tempel wieder das Wort Gottes verkündet haben.
Der Hohepriester beginnt seine Rede mit dem Rückgriff auf die vergangenen Verbote, die er den Aposteln schon nach der Heilung des Gelähmten an der Schönen Pforte erteilt hatte. Bereits damals haben die Apostel deutlich gemacht, dass sie Gott mehr gehorchen würden als den geistlichen Führern. Der Hohepriester wirft den Aposteln vor, dass sie im Namen Jesu und mit der Lehre Jesu die ganze Stadt erfüllt hätten. Das ist eine ungewollte Anerkennung ihrer Missionserfolge!
Der Hohepriester wirft zudem vor, dass die Apostel das Blut „dieses Menschen“, gemeint ist Jesus, über sie bringen wollen. Was heißt das? Wir haben so eine Stelle auch bei Matthäus, als das Volk danach schreit, dass Jesus gekreuzigt werden solle und Pilatus sich weigert. Da sagt das Volk „sein Blut komme über uns und unsere Kinder“. Es hat dieselbe Bedeutung: Wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass ein Mensch unschuldig hingerichtet worden ist, soll sein Blut als Blutschuld an den Schuldigen dieses Todes haften. Damals sagt das Volk diese Worte zu Pilatus, um ihn zu überreden, dass im Zweifelsfall die Schuld nicht bei ihm liegen würde, sondern bei den Juden (genauer gesagt bei der religiösen Elite, die hinter dem angestachelten Mob steckt). Hier möchte der Hohepriester also sagen: Im Nachhinein stellt ihr es so dar, dass Jesus unschuldig gestorben ist und wir schuld dran sind. Also legt ihr es drauf an, uns die Blutschuld an diesem Menschen anzuhängen und uns als Böse hinzustellen.
Das alles beeindruckt die Apostel herzlich wenig. So antworten sie mit den Worten, die sie ihnen schon zuvor gesagt haben: „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen.“ So ist es. Was auch immer die Hohepriester für Intrigen vermuten, welche Vorwürfe sie auch machen – letztendlich tun die Apostel nur das, was Gott von ihnen verlangt.
Auch in dieser Situation nutzen die Apostel die Chance, Christus zu bekennen, indem sie weitersprechen: „Der Gott unserer Väter hat Jesus auferweckt, den ihr ans Holz gehängt und ermordet habt.“ Das heißt, dass die Hinrichtung falsch war und Gott als der Allmächtige das letzte Wort hat. Er ist ein Gott des Lebens und kann Tote wieder lebendig machen. Jesus ist der Christus, der Messias. Er ist Gott und kann nicht im Tod bleiben. Und ganz wichtig – es ist ein und derselbe Gott, der das Osterereignis erwirkt hat und der sich den heilsgeschichtlichen Gestalten des Alten Testaments offenbart hat wie Abraham, Isaak und Jakob, den Königen und Propheten, den Frauen. Dies erkennen wir an der typisch jüdischen Wendung „Gott unserer Väter“.
Weiter sprechen sie: „Ihn hat Gott als Anführer und Retter an seine rechte Seite erhoben, um Israel die Umkehr und Vergebung der Sünden zu schenken.“ Es ist ein richtiges Glaubensbekenntnis, das sie hier sprechen. Jesus sitzt nun zur Rechten Gottes und hat die Macht, Gottes auserwähltes Volk zum Heil zu führen. Das heißt, Jesus ist Gott. Für die Hohepriester sind diese Worte hochgradig blasphemisch, weil sie die Messianität und Göttlichkeit Jesu leugnen.
Schließlich enden die Apostel ihre Bekenntnisrede mit den Worten: „Zeugen dieser Ereignisse sind wir und der Heilige Geist, den Gott allen verliehen hat, die ihm gehorchen.“ Die Aufzählung „wir und der Heilige Geist“ bringt es auf den Punkt: Es ist ein Teamwork, gläubig zu sein. Wir tun alles, was in unserer Macht steht, Gott besser kennenzulernen, arbeiten an uns selbst und öffnen uns ganz für seine Gnaden. Diese fließen in vollem Maße so wie wir uns in vollem Maße anstrengen. Beides Hand in Hand macht den heiligen Menschen aus (oder jenen, der nach Heiligkeit strebt). So ist es auch mit der Zeugenschaft. Der Mensch bemüht sich mit seinem ganzen Sein, Gott zu bezeugen, genau hinzusehen und zu beobachten. Gleichzeitig ist es der Geist, der einem die Augen öffnet und auf das zu Sehende hinführt. Im Falle der Apostel können wir das biographisch wunderbar nachzeichnen, ganz besonders anhand der Biographie des Petrus: Er hat vieles gesehen und gehört, was Jesus gesagt und getan hat. Er hat vieles davon noch gar nicht verstanden, doch nicht vergessen. Am Pfingsttag ist der Geist so wie auf alle Apostel auf ihn herabgekommen und hat ihm die Augen geöffnet, ihm alles Unverständliche aufgedeckt und an alles erinnert, was sich zwischenzeitlich in sein Unterbewusstsein abgesetzt hat. Es ist ein Teamwork der Zeugenschaft, so wie sie es nun vor den Hohepriestern bekunden.
All die Worte erzürnen den Hohen Rat nur noch mehr. Sie beschließen, die Apostel zu töten. Es entwickelt sich ganz so wie bei Jesus, was uns nicht wundert. Schließlich folgen sie ihm nach, der diese Verfolgungen für seine Jünger schon vorhergesagt hat. Durch die überzeugenden Bemerkungen Gamaliels werden die Apostel dann doch ausgepeitscht und freigelassen, wieder unter dem Verbot, weiter im Namen Jesu zu predigen.
Die Apostel sind überhaupt nicht eingeschüchtert von der ganzen Situation. Vielmehr fühlen sie sich geehrt, dass sie im Namen Jesu dieses Leiden durchmachen mussten. Davon unbeeindruckt gehen sie auch weiter in den Tempel und predigen das Evangelium Jesu Christi. Sie verkünden ihn auch in den Häusern, wahrscheinlich im Kontext der Hausgemeinschaften und der Eucharistiefeier. Ihre Sichtweise auf das Leid ist sehr reif. Sie nehmen es nicht nur an, sondern tragen es sogar mit Freude. Sie fühlen sich geehrt, an dem Leiden Jesu Christi mitzutragen, weil sie ihm nachfolgen und in seinem Namen das Werk Gottes weiterführen.
Ps 30
2 Ich will dich erheben, HERR denn du zogst mich herauf und ließest nicht zu, dass meine Feinde sich über mich freuen.
4 HERR, du hast meine Seele heraufsteigen lassen aus der Totenwelt, hast mich am Leben erhalten, sodass ich nicht in die Grube hinabstieg.
5 Singt und spielt dem HERRN, ihr seine Frommen, dankt im Gedenken seiner Heiligkeit!
6 Denn sein Zorn dauert nur einen Augenblick, doch seine Güte ein Leben lang. Wenn man am Abend auch weint, am Morgen herrscht wieder Jubel.
12 Du hast mein Klagen in Tanzen verwandelt,
13 HERR, mein Gott, ich will dir danken in Ewigkeit.
Als Antwort beten wir einen Lobpreispsalm, der wie so oft mit einer Selbstaufforderung zum Lob beginnt („Ich will dich erheben, HERR“). Und wie so oft wird auch der Grund für den Lobpreis genannt: „Denn du zogst mich herauf und ließest nicht zu, dass meine Feinde sich über mich freuen.“ Das ist für uns Christen in erster Linie als Rettung aus dem ewigen Tod zu verstehen, aber zugleich denken wir natürlich an die Apostel, deren irdisches Leben bereits in dieser ersten Verkündigungszeit auf der Kippe stand. Das Heraufziehen impliziert eine Tiefe. Und eine solche lässt sich mehrfach betrachten: Einerseits kann man es anagogisch betrachten: Demnach ist damit die Tiefe des Falls der Schöpfung zu verstehen. Sie war gefallen und zur ewigen Abgeschnittenheit von Gott verdammt. Doch durch die Erlösung Jesu Christi ist der Zugang zum Vater wiederhergestellt worden. Er hat die Gerechten des Alten Testaments wahrlich heraufgezogen aus der Tiefe der Unterwelt, wie wir auch im Glaubensbekenntnis beten. Die Tiefe ist aber auch moralisch zu verstehen: Wo wir den Stand der Gnade verlieren und aufgrund unserer Sünden gefallen sind, zieht uns der Herr hinauf durch die Sündenvergebung. Er schenkt uns einen Neuanfang und stellt die Taufgnade wieder her durch das Sakrament der Beichte. Bevor man diese moralische Ebene betrachtet, muss man allerdings die allegorische und ekklesiologische in den Blick nehmen: Denn zu allererst geschieht Sündenvergebung und Wiederherstellung des ewigen Lebens durch die Taufe. Der Herr richtet alle auf, die innerlich tot sind aufgrund der gefallenen Natur. Er schenkt ein neues Leben durch die Neugeburt im Hl. Geist, die die Taufe ja darstellt. Wer zur Familie Gottes neugeboren wird, ist heraufgezogen aus der gefallenen Schöpfung. Die Taufe ist heilsnotwendig. Betrachten wir dieses Heraufziehen aber auch historisch und wörtlich im ursprünglichen Kontext des Psalms: Oft hat das Volk Israel Situationen erlebt, in denen es ganz unwahrscheinlich erschien, überhaupt jemals aus der Not herauszukommen. In Ägypten sowie Babylon werden die Israeliten diese Erfahrung besonders intensiv gemacht haben. Und doch sagt Gott den Menschen durch die Propheten zu: Nein. Die Feinde scheinen jetzt so groß, doch ich bin größer. Immer. Und so hat Gott in Ägypten sowie in Babylon das letzte Wort. Das Volk erlebt immer wieder ein gutes Ende und kehrt in das verheißene Land zurück. Gott ist immer stärker als der größte Feind. So sind die Psalmen voll von Lobpreisgesängen darüber, dass Gott sein Heil erwirkt hat.
Auch wir werden aufgefordert, Gott zu loben und zu spielen, der uns das ewige Heil bereithält. Was sind im Gegensatz dazu die temporären Leiden dieser Welt? Wir haben auch jetzt schon allen Grund zu feiern, weil es bald zuende sein wird. Gott möchte uns alle glücklich machen und dazu sind wir auch geschaffen worden. Er verwandelt schon jetzt in unserem irdischen Dasein das Klagen in Tanzen, wenn wir umkehren und beichten. Er hat das kollektive Klagen des Volkes Israel in Tanzen verwandelt, als er seinen einzigen Sohn für uns hingab, der von den Toten auferstanden ist! Ganz laut hat die ganze Vorhölle gejubelt und getanzt, als sie endlich das Angesicht Gottes schauen durfte. Ganz laut jubeln dürfen wir auch, wenn wir durch die Taufe in die neue Schöpfung hineingeboren werden, die uns Aussicht auf das Reich Gottes beschert! Wenn wir uns einfach mal bewusst machen, was Gott uns für eine riesige Gnade geschenkt hat und immer wieder schenkt, können wir nicht anders, als ihm ewig zu danken und ihn zu preisen – nicht nur mit Worten, sondern mit unserem ganzen Lebenswandel! Und dieser freudige Duktus des Psalms passt ganz zu der Freude, mit der die Apostel erfüllt sind selbst in ihrem Leiden. Er passt ideal als Antwort zur ersten Lesung. Dieser Lobpreis setzt sich nun aber auch in der zweiten Lesung fort – himmelwärts:
Offb 5
11 Ich sah und ich hörte die Stimme von vielen Engeln rings um den Thron und um die Lebewesen und die Ältesten; die Zahl der Engel war zehntausend mal zehntausend und tausend mal tausend.
12 Sie riefen mit lauter Stimme: Würdig ist das Lamm, das geschlachtet ist, / Macht zu empfangen, Reichtum und Weisheit, / Kraft und Ehre, Lob und Herrlichkeit.
13 Und alle Geschöpfe im Himmel und auf der Erde, unter der Erde und auf dem Meer, alles, was darin ist, hörte ich sprechen: Ihm, der auf dem Thron sitzt, und dem Lamm / gebühren Lob und Ehre und Herrlichkeit und Kraft in alle Ewigkeit.
14 Und die vier Lebewesen sprachen: Amen. Und die vierundzwanzig Ältesten fielen nieder und beteten an.
Wir hören den Abschluss der sogenannten Thronsaalvision. Johannes wurde im Geist ergriffen und durfte den Himmel schauen mit den vielen Wesen: Gottes Thron in der Mitte, um ihn herum die vier Lebewesen, sodann die 24 Throne mit den 24 Ältesten, die vielen Engelscharen und schließlich die Verbindung zur Schöpfung. Gottes Himmelreich ist nicht leer, sondern übervoll! Es wimmelt von Lebewesen und sie alle beten Gott immerwährend an im himmlischen Lobpreis. Das, was wir gehört haben, war ein kurzer Ausschnitt aus diesem Lobpreis, dem wir uns anschließen werden, wenn wir in den Himmel kommen. Es ist eine einzige freudige Liturgie, in der bereits Triumphgesänge ertönen.
Was Johannes geschaut hat, ist eine konzentrische Anordnung: In der Mitte ist Gott, um ihn herum die vier Lebewesen, um diese herum die Ältesten, um diese herum die Engel und sodann die ganze Schöpfung. Von innen nach außen angeordnet, erhöht sich die Anzahl der „Gruppenmitglieder“, sodass nach den zehntausend mal zehntausend Engeln die gesamte Schöpfung aufgezählt wird und sich der Raum also öffnet.
Kapitel 5 zeigt uns das Lamm, das dasteht wie geschlachtet, so hat Johannes in den vorausgehenden Versen Christus geschaut. Er lebt, obwohl die Wunden seines Todes zu sehen sind – ja, Johannes setzt fort, was Thomas letzten Sonntag geschaut hat, Jesu Male der Kreuzigung werden zur Schächtwunde des Lammes.
Das Lamm ist ganz beim Gottesthron und wird zusammen mit dem Thronenden, also dem Vater, angebetet. Wir hörten davon, dass viele Engel um den Thron, die Lebewesen und Ältesten herum mit lauter Stimme das Lamm anbeten mit den Worten: „Würdig ist das Lamm, das geschlachtet ist, Macht zu empfangen“, sodann Reichtum, Weisheit, Kraft, Ehre, Lob und Herrlichkeit. All diese Dinge werden ihm gleichsam zugesagt, weil es das Erlösungswerk vollbracht hat, das Gott von Anfang an für den Menschen vorgesehen hat. Wenn wir also Christus loben und preisen, der uns erlöst hat, beteiligen wir uns im Geiste mit dem Lobpreis des Himmels, der dieses Lob immerwährend vornimmt!
Im Anschluss stimmen alle Geschöpfe im Himmel, auf der Erde und unter der Erde – ein hymnischer Ausdruck! – in den Lobpreis ein. Auch das Meer wird genannt. Insgesamt wird dadurch eine vertikale (Himmel, Erde, unter der Erde) und horizontale Aufzählung (Erde und Meer) vorgenommen, um poetisch auszufalten, dass die gesamte Schöpfung Gott anbetet. Das Interessante ist, dass mit dem Ausdruck „unter der Erde“ tatsächlich die Dämonen mit einschließt. Sie können nicht anders, als ebenfalls in die Knie zu gehen und Gott die Ehre zu geben, weil dieser der einzig wahre Herr ist. Auch sie sind dem Herrn unterstellt, auch wenn sie ihn ablehnen.
Dieser Lobpreis ist dem Vater und dem Sohn gewidmet. Der, der auf dem Thron sitzt, ist eine geheimnisvolle Umschreibung des Vaters, das Lamm ist der Sohn. Ihnen wird Lob, Ehre und Herrlichkeit zugesagt, bevor der Lobpreis mit der sogenannten Ewigkeitsformel, die aus dem jüdischen Gebetsformular stammt, abgeschlossen: „in alle Ewigkeit“. Es ist wirklich eine einzige Liturgie, die Johannes hier schaut. Wenn man die lobpreisenden Worte der Kapitel 4-5 einmal im Überblick sieht, fällt auf, dass diese in einer geordneten Reihenfolge erfolgen, angefangen mit der Gruppe, die dem Thronenden am nächsten ist, nämlich die vier Lebewesen. Dann geht es weiter mit den Ältesten, den Engeln und schließlich der ganzen Schöpfung. Zum Ende hin kehrt der Lobpreis aber wieder zum Anfang zurück, denn das Schlusswort „Amen“ sprechen wieder die vier Lebewesen. Die Ältesten beten daraufhin an und drücken dies durch die Geste des Niederfallens aus.
Joh 21
1 Danach offenbarte sich Jesus den Jüngern noch einmal, am See von Tiberias, und er offenbarte sich in folgender Weise.
2 Simon Petrus, Thomas, genannt Didymus, Natanaël aus Kana in Galiläa, die Söhne des Zebedäus und zwei andere von seinen Jüngern waren zusammen.
3 Simon Petrus sagte zu ihnen: Ich gehe fischen. Sie sagten zu ihm: Wir kommen auch mit. Sie gingen hinaus und stiegen in das Boot. Aber in dieser Nacht fingen sie nichts.
4 Als es schon Morgen wurde, stand Jesus am Ufer. Doch die Jünger wussten nicht, dass es Jesus war.
5 Jesus sagte zu ihnen: Meine Kinder, habt ihr keinen Fisch zu essen? Sie antworteten ihm: Nein.
6 Er aber sagte zu ihnen: Werft das Netz auf der rechten Seite des Bootes aus und ihr werdet etwas finden. Sie warfen das Netz aus und konnten es nicht wieder einholen, so voller Fische war es.
7 Da sagte der Jünger, den Jesus liebte, zu Petrus: Es ist der Herr! Als Simon Petrus hörte, dass es der Herr sei, gürtete er sich das Obergewand um, weil er nackt war, und sprang in den See.
8 Dann kamen die anderen Jünger mit dem Boot – sie waren nämlich nicht weit vom Land entfernt, nur etwa zweihundert Ellen – und zogen das Netz mit den Fischen hinter sich her.
9 Als sie an Land gingen, sahen sie am Boden ein Kohlenfeuer und darauf Fisch und Brot liegen.
10 Jesus sagte zu ihnen: Bringt von den Fischen, die ihr gerade gefangen habt!
11 Da stieg Simon Petrus ans Ufer und zog das Netz an Land. Es war mit hundertdreiundfünfzig großen Fischen gefüllt, und obwohl es so viele waren, zerriss das Netz nicht.
12 Jesus sagte zu ihnen: Kommt her und esst! Keiner von den Jüngern wagte ihn zu befragen: Wer bist du? Denn sie wussten, dass es der Herr war.
13 Jesus trat heran, nahm das Brot und gab es ihnen, ebenso den Fisch.
14 Dies war schon das dritte Mal, dass Jesus sich den Jüngern offenbarte, seit er von den Toten auferstanden war.
15 Als sie gegessen hatten, sagte Jesus zu Simon Petrus: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich mehr als diese? Er antwortete ihm: Ja, Herr, du weißt, dass ich dich liebe. Jesus sagte zu ihm: Weide meine Lämmer!
16 Zum zweiten Mal fragte er ihn: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich? Er antwortete ihm: Ja, Herr, du weißt, dass ich dich liebe. Jesus sagte zu ihm: Weide meine Schafe!
17 Zum dritten Mal fragte er ihn: Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich? Da wurde Petrus traurig, weil Jesus ihn zum dritten Mal gefragt hatte: Liebst du mich? Er gab ihm zur Antwort: Herr, du weißt alles; du weißt, dass ich dich liebe. Jesus sagte zu ihm: Weide meine Schafe!
18 Amen, amen, ich sage dir: Als du jünger warst, hast du dich selbst gegürtet und gingst, wohin du wolltest. Wenn du aber alt geworden bist, wirst du deine Hände ausstrecken und ein anderer wird dich gürten und dich führen, wohin du nicht willst.
19 Das sagte Jesus, um anzudeuten, durch welchen Tod er Gott verherrlichen werde. Nach diesen Worten sagte er zu ihm: Folge mir nach!
Im Evangelium hören wir nun von einer dritten Erscheinung Christi vor seinen Aposteln.
Die Apostel sind am See von Tiberias, womit der See Gennesaret gemeint ist. Bevor der Hl. Geist auf sie herabkommt, sind sie unschlüssig, wie sie ihr Leben fortsetzen sollen. Jesus hat sie bei seiner Erscheinung in Jerusalem vorausgeschickt nach Galiläa und nun sind sie dort. Er hat ihnen zwar gesagt: „Wie mich der Vater sendet, so sende ich euch!“ Doch sie verstehen das alles noch nicht. Deshalb tun sie das, was sie kennen und was sie vor ihrer Berufung als Jünger Jesu getan haben – fischen.
Petrus ist es ausgerechnet, der wieder als erstes das Wort ergreift und die anderen mitzieht. Er sagt kurzerhand „ich gehe fischen“. Die anderen anwesenden Apostel sagen daraufhin: „Wir kommen auch mit!“ Sie tun, worin sie am besten sind. In einer Situation der Ungewissheit bringt es einem Sicherheit, wenn man alte Gewohnheiten aufleben lässt.
Gott nutzt diese Situation, um ihnen wieder etwas Wichtiges beizubringen. Er lässt zu, dass sie in der gesamten Nacht nichts fangen.
Gegen Morgen erscheint ihnen Jesus am Ufer und fragt sie nach Fisch. Er weiß ganz genau, dass sie nichts gefangen haben, doch er möchte, dass sie dies von sich aus selbst zugeben.
Währenddessen erkennen sie Jesus noch nicht. Man könnte annehmen, dass sie es langsam verstanden haben sollten, dass es der Auferstandene sein muss. Seine Wundmale an Händen und Füßen sind ja mehr als eindeutig. Man kann es vielleicht auf die Tageszeit beziehen. Die Sonne geht gerade erst auf und so ist es noch zu dunkel, Jesus zu erkennen. Wir können es auch auf das besorgte Kreisen der Apostel um sich selbst beziehen, die so von ihren Zukunftsängsten geplagt sind, dass sie gar nicht darauf achten, wer hier mit ihnen spricht. Sie befinden sich in ihrer persönlichen Nacht der Perspektivlosigkeit. Es ist ein Spiel mit den Begriffen „Licht“ und „Dunkel“, mit Nacht und Tag, wie es für Johannes typisch ist.
Eines ist eindeutig: Es ist kein Zufall, dass Jesus ausgerechnet im Morgengrauen zu ihnen tritt. Für die Juden ist es verbreitet, den Messias vom Osten kommend zu erwarten. Im Osten geht die Sonne auf. Christus ist die Sonne der Gerechtigkeit. Er kommt im Morgengrauen. Dies haben wir auch schon beim Osterereignis selbst gemerkt! Er ist im Morgengrauen auferstanden und hat somit die Schrift erfüllt. Und nun kommt er wieder im Morgengrauen zu jenen, für die Nacht ist – die in ihrer Hoffnungslosigkeit und Orientierungslosigkeit dahinleben, die nicht wissen, wie es weitergeht. Er ist ihre Sonne, ihre Hoffnung, ihre Orientierung, ihr Segen. Und deshalb gibt er ihnen dann den Rat, nochmal die Netze auszuwerfen.
Er gibt ihnen Anweisungen, obwohl sie die Profis sind. Womöglich merken sie schon, dass hier etwas passiert, und werfen deshalb nochmal die Netze auf der rechten Seite des Bootes aus. Als sie es wieder einholen wollen, ist es so brechend voll, dass die Netze zu reißen drohen!
So ist Gottes Gnade. Wenn er gibt, dann im Überfluss!
Wir können diese ganze Szene bis hierhin absolut auf unser eigenes Leben beziehen: Wenn Christus mit uns ist und wir alles tun, was er uns aufträgt, dann gelingt unser Leben. Wenn wir nach Gottes Willen leben und Hand in Hand mit ihm unser Leben leben, wird er uns überreich segnen. Dann werden wir große Zeichen in unserem Leben erkennen und die Größe Gottes mit eigenen Augen erfahren.
Johannes, der Jesu Herz am besten verstanden hat, der an diesem Herzen geruht hat im Abendmahlssaal und unter dem Kreuz bei der Durchbohrung, er ist der erste, der Jesus erkennt.
Als Petrus das erfährt, zieht er sich das Obergewand an, weil er nackt ist, und springt in den See. Was soll diese seltsame Reaktion? „Nackt sein“ bedeutet in diesem Fall nicht das Splitternacktsein, sondern die fehlende Oberbekleidung. Petrus fühlt sich bloßgestellt. Die eigentliche Nacktheit, die er verspürt, ist das Offenliegen seiner Ohnmacht vor dem Herrn. Er vermag nichts ohne ihn. Die ganze Nacht hat er versucht, das zu tun, was er am besten kann. Und selbst das hat nicht funktioniert. Seine ganze Armut liegt hier vor dem Auferstandenen bloß. Er springt in den See vor lauter Beschämung. Was ist denn daran so schlimm, sich vor Gott so hilflos zu fühlen, wenn dieser einem alles schenken kann? Für Petrus ist das ein Prozess der Demütigung. Er hat noch vor dem Leiden, dem Tod und der Auferstehung Jesu große Töne gespuckt. Er hat sich ganz weit aus dem Fenster gelehnt und sich grenzenlos überschätzt, als er zu Jesus sagte: „Mein Leben will ich für dich geben!“ DAS hier ist nun der echte Petrus. Ein einfacher Fischer, der selbst bei seinem Beruf nicht große Töne spucken kann. Der Mensch ist selbst bei den kleinsten Dingen auf Gott angewiesen. Petrus lernt endlich seine eigene Armut und Erlösungsbedürftigkeit kennen. Er lernt, endlich echt zu werden, authentisch. So lässt Gott auch in unserem Leben zu, dass wir lernen, uns im Angesicht Gottes so zu sehen, wie wir wirklich sind – mit allen Ecken und Kanten, mit allen Begrenzungen, mit Stärken und Schwächen. Erst wenn wir uns richtig erkannt haben, was man Demut nennt, können wir Arbeiter in seinem Weinberg sein oder mit dem Bild dieses Evangeliums – Menschenfischer sein.
Es hat übrigens eine tiefe Bedeutung, dass sie am Ende die Fische zählen und es sich um 153 Exemplare handelt. So viele Länder sind zu jenem Zeitpunkt bekannt. Es zählt die Weltkarte, was für die Jünger ein Hinweis darauf sein soll, dass sie bald zu Menschenfischern in der ganzen Welt werden!
Jesus nimmt von den Fischen und bereitet den Jüngern ein Mahl. Ja, Jesus ist der Gastgeber auch der Eucharistie, zu der er uns immer wieder einlädt. Er ist es, der die Gaben wandelt und sich darin selbst opfert. Er ist es, der uns in unserem Leben nährt und Kraft schenkt. Er wird uns am Ende der Zeiten alle der Reihe nach bedienen bei der Hochzeit des Lammes. Es wird ein einziges Freudenmahl sein!
Während sie so am Kohlenfeuer sitzen und essen, konfrontiert Jesus Petrus mit folgenden Worten: „Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich?“ An dieser Anrede ist sehr bemerkenswert, dass Jesus ihn nicht Petrus nennt. Dieser beschämte Mann, der hier bei ihm sitzt, ist alles andere als ein Fels in der Brandung. Er hat Jesus dreimal verleugnet. Er ist ein Angsthase. Er ist voller Komplexe und Hochmut, der ihn zu Fall gebracht hat. Und doch weiß Jesus, dass er ihn auf seine ganz unvollkommene Weise liebt. Er stellt ihm diese Frage dabei nicht, weil er die Antwort nicht weiß. Vielmehr möchte er diese Frage dreimal stellen – für jede Verleugnung. So antwortet Petrus: „Ja, Herr, du weißt, dass ich dich liebe.“ Er weiß, dass Jesus das nicht aus Unkenntnis fragt, denn Jesus kennt sein Herz. Daraufhin fordert Jesus ihn auf: „Weide meine Lämmer.“ Dies wiederholt sich insgesamt dreimal und so wird Petrus traurig. Er versteht wohl, warum Jesus ihn dreimal gefragt hat, nämlich wegen der dreimaligen Verleugnung in der Nacht vor seinem Tod. Und deshalb antwortet er auch beim dritten Mal: „Herr, du weißt alles. Du weißt, dass ich dich liebe.“ Jesus weiß um die dunkelste Seite seines Freundes. Er weiß um sein ängstliches Kreisen um sich selbst. Er weiß, dass Petrus ihn wirklich sehr liebt, aber sich selbst ein wenig mehr geliebt hat. Seine Liebe zu Christus würde aber in Zukunft wachsen und so würde Petrus wirklich sein Leben für ihn hingeben, wie er im Abendmahlssaal noch ganz vorlaut behauptet hat.
Doch zunächst zurück zu der Frage: Liebst du mich? Warum fragt Jesus ihn so etwas? Was Petrus gemacht hat, ist eine Beleidigung Gottes. Wenn der Mensch sündigt, dann tut er etwas, was der Liebesgemeinschaft mit Gott entgegensteht. Es ist wie ein Streit zwischen Liebenden. Und so fragt Gott den Menschen dann: Liebst du mich? Er gibt ihm so die Chance, sich zu entschuldigen und ihm die Liebe zu versichern, die er durch die Beleidigung der Sünde geleugnet hat. Gott reicht als erster die Hand zur Versöhnung, obwohl er beleidigt wurde! Es liegt am Menschen, diese anzunehmen. Das tut Jesus hier mit Petrus und das tut auch die Kirche mit den Mitgliedern, die gesündigt haben. Sie bietet die Versöhnung an im Sakrament der Beichte, doch kommen und um Vergebung bitten muss der Mensch selbst. Und dann fragt Gott auch den Sünder: Liebst du mich? Dann gibt auch der reumütige Sünder, der zur Umkehr bereit ist, die Antwort des Petrus: Du weißt alles, Herr – um meine Sünden, um meine Unterlassungen und meine Bemühungen, meine Verletzungen und Komplexe. Du weiß, dass ich dich liebe. Und wenn wir nach dem Tod vor Gott stehen, wird er uns diese Frage angesichts unseres gesamten Lebens diese Frage stellen. Dann wird es uns noch mehr schmerzen als Petrus im heutigen Evangelium. Dann wird uns Gott nämlich in seiner brennenden Liebe das ganze Leben zeigen und wir werden sehr traurig auf die Momente unseres Lebens zurückblicken, in denen wir die Liebe zu Gott und zu unserem Nächsten nicht gelebt haben. Dann werden wir es bereuen, können es aber nicht mehr rückgängig machen. Aber nur so können wir eine Läuterung erlangen und dann die Herrlichkeit Gottes ewig schauen.
Jesus sagt zu Petrus nicht nur „liebst du mich?“. Er sagt auch zu ihm: „Weide meine Schafe/Lämmer.“ Das ist sehr wichtig für ihn. Nachdem der übermütige Fels in der Brandung wie eine Seifenblase zerplatzt und zu einem realistischen Selbstblick gelangt ist, hat er die nötige Demut erreicht, die er als Hirte der Schafe braucht. Nun kann Jesus ansetzen und mit ihm arbeiten. Nun ist er disponiert zur vollen Ausstattung mit dem Heiligen Geist, der am Pfingsttag auf sie kommen wird! So kann Petrus ein würdiger erster Papst werden. Wir sehen an seinem Beispiel, dass Gott nicht Menschen beruft, die schon perfekt und kompetent sind. Vielmehr beruft er sie und beginnt, sie Stück für Stück zu verwandeln, sodass sie immer mehr über sich selbst hinauswachsen. Ein wunderbares Zitat besagt: Gott beruft nicht die Qualifizierten, sondern qualifiziert die Berufenen. Jeremia sträubte sich gegen die Berufung zum Propheten, weil er noch so jung sei und nicht sprechen könne. Gott hat ihm alle Gaben und Gnaden geschenkt, die er auf diesem Weg benötigte. Mose konnte sich nicht gut ausdrücken, doch Gott stellte ihm seinen Bruder an die Seite, der seine Schwächen auffing. Oder hat vielleicht Paulus es verdient, andere Menschen zu evangelisieren, nachdem er Christen verfolgt hat? Menschlich gesehen macht das keinen Sinn, aber Gottes Weisheit ist eine andere. Und was ist mit den Aposteln? Sie waren einfache und ungebildete Fischer oder kamen aus anderen einfachen Berufen. Und wenn wir z.B. die Petrusbriefe lesen, merken wir, wie sehr dieser einfache Fischer über sich hinausgewachsen ist! Nicht er spricht hier, sondern der Geist Gottes durch ihn. An solchen Beispielen erkennen wir, dass die Menschen, die scheinbar unqualifiziert sind, die größten Werkzeuge Gottes sind. Warum? Weil sie sich ganz als Werkzeuge benutzen lassen!
Jesus deutet am Ende noch den Tod des Petrus an. Dieser wird in Fesseln gelegt werden und als alter Mann keine Freiheit mehr haben. Er wird geführt werden von anderen und generell seine Eigenständigkeit abgeben müssen. Dies sagt Jesus auch deshalb, weil es Petrus bis dahin sehr schwergefallen ist, sich von Jesus bedienen oder helfen zu lassen. Sein Übermut und Stolz hängen genau damit zusammen. So weigerte er sich zunächst, sich von Jesus die Füße waschen zu lassen. Mit so einer Haltung kann er aber kein Papst werden. Jesus ermutigt ihn hier also, sich von der Gnade Gottes helfen zu lassen. Wie es der natürliche Lauf des Lebens mit sich bringt, muss der Mensch sich zunehmend auf andere verlassen. Besser, er lernt es früher als später. „Folge mir nach“ – das meint Jesus in Bezug auf die Evangelisierung, den Lebenswandel, aber auch auf seinen Tod. Petrus wird wie Christus gekreuzigt, aber kopfüber. Er wird tatsächlich Gott verherrlichen.
Das ist eine österliche Freudenbotschaft für alle Getauften und die, die es werden wollen! Es ist nicht zu spät, selbst wenn wir sehr große Sünder sind. Wenn wir den Mut aufbringen, umzukehren und auch den Demütigungsprozess zu durchlaufen, dann kann Gott auch uns ein neues Leben schenken.
Ihre Magstrauss