Apg 14,19-28; Ps 145,10-11.12-13b.20-21; Joh 14,27-31a
Apg 14
19 Von Antiochia und Ikonion aber kamen Juden und überredeten die Volksmenge. Und sie steinigten den Paulus und schleiften ihn zur Stadt hinaus, in der Meinung, er sei tot.
20 Als aber die Jünger ihn umringten, stand er auf und ging in die Stadt. Am anderen Tag zog er mit Barnabas nach Derbe weiter.
21 Als sie dieser Stadt das Evangelium verkündet und viele Jünger gewonnen hatten, kehrten sie nach Lystra, Ikonion und Antiochia zurück.
22 Sie stärkten die Seelen der Jünger und ermahnten sie, treu am Glauben festzuhalten; sie sagten: Durch viele Drangsale müssen wir in das Reich Gottes gelangen.
23 Sie setzten für sie in jeder Gemeinde Älteste ein und empfahlen sie unter Gebet und Fasten dem Herrn, an den sie nun glaubten.
24 Nachdem sie durch Pisidien gezogen waren, kamen sie nach Pamphylien,
25 verkündeten in Perge das Wort und gingen dann nach Attalia hinab.
26 Von dort segelten sie nach Antiochia, wo man sie für das Werk, das sie nun vollbracht hatten, der Gnade Gottes übereignet hatte.
27 Als sie dort angekommen waren, riefen sie die Gemeinde zusammen und berichteten alles, was Gott mit ihnen zusammen getan und dass er den Heiden die Tür zum Glauben geöffnet hatte.
28 Und sie blieben noch längere Zeit bei den Jüngern.
Im vorausgehenden Abschnitt kommt es zu einem skurrilen Missverständnis der Bewohner von Lystra. Sie denken aufgrund eines Heilungswunders, dass Paulus und Barnabas Zeus und Hermes in Menschengestalt seien. Mit Mühe schafft Paulus es, die Volksmenge von Zeusopfern abzubringen. Das ist aber noch nicht das Ende vom Lied. Heute wird uns nämlich davon berichtet, dass nun die Gegner aus Antiochia und Ikonion nach Lystra anreisen, um die Menschen von den Missionaren abzubringen. Sie hetzen die Bewohner regelrecht gegen die beiden auf, sodass sie Paulus steinigen und aus der Stadt hinausschleifen. Sie denken, er sei tot. Deshalb lassen sie ihn dort einfach liegen und gehen weg.
Es kommen dann aber Jünger, die ihn umkreisen. Dabei muss es sich um Bekehrte der Stadt handeln, die das Evangelium angenommen haben. Und kurzerhand steht Paulus auf und geht zurück in die Stadt. Das ist ein wahres Wunder. Von einer Steinigung stirbt man normalerweise. Doch Gott hat ihn vor dem Tod bewahrt, sogar dafür gesorgt, dass er nicht mal Erholung braucht! Tags darauf zieht er mit Barnabas weiter nach Derbe, um auch dort das Evangelium zu verkünden. Viele Menschen kommen zum Glauben.
Es ist bemerkenswert, dass die Missionare dann zurück in die Städte gehen, in denen sie viele Gegner haben und Paulus fast gestorben wäre. Warum tun sie das? Sie gehen zu denen, die Jünger Jesu Christi geworden sind. Da diese noch ganz am Anfang stehen, kümmern sie sich um den Aufbau der Gemeinde. Dies geschieht unter anderem dadurch, dass sie Älteste als Gemeindevorsteher weihen. Eine Gemeinde braucht eine Führungsperson, die die Gläubigen zusammenhält und vor allem die sakramentale Vollmacht hat.
Da es sich um Neubekehrte handelt, müssen Paulus und Barnabas die Seelen der Menschen stärken. Der Weg des Christentums ist vom Grundsatz her ein Weg des Leidens. Die Missionare bereiten die Neubekehrten darauf vor, indem sie ihnen zukünftige Drangsale ankündigen.
Nachdem die Missionare durch Pisidien gezogen sind, setzen sie ihr Werk in Pamphylien fort. Sie verkünden das Wort Gottes in Perge und ziehen dann weiter nach Attalia.
Als sie auch dort fertig sind, reisen sie zurück ins syrische Antiochia, von wo aus sie sich auf den Weg gemacht haben. Dort erzählen sie von ihren Erlebnissen und vor allem von dem Erfolg bei den Heiden. Sie bleiben längere Zeit dort.
So endet die erste Missionsreise, auf der sie schon bis an ihre Grenzen gehen mussten. Paulus hat sogar eine Steinigung überlebt. Sie sind wirklich durch Drangsale gegangen und konnten ihr Leiden ganz mit dem Leiden Jesu Christi vereinen. All die Strapazen haben sie auf sich genommen als Leiden für jene, die zum Glauben kommen sollten. Bei solch großen Missionsreisen reicht Gebet und Fasten einfach nicht. Gott lässt zu, dass seine auserwählten Apostel zusätzlich viel erleiden müssen. Auf das große Leiden folgt dann aber die große Gnade. Schon durch die erste Missionsreise sind viele Menschen zum Glauben an Christus gekommen. Wie viel nehmen wir heute als Kirche auf uns, um den Menschen Jesus Christus zu verkünden?
Ps 145
10 Danken sollen dir, HERR, all deine Werke, deine Frommen sollen dich preisen.
11 Von der Herrlichkeit deines Königtums sollen sie reden, von deiner Macht sollen sie sprechen,
12 um den Menschen bekannt zu machen seine machtvollen Taten und die glanzvolle Herrlichkeit seines Königtums.
13 Dein Königtum ist ein Königtum aller Zeiten, von Geschlecht zu Geschlecht währt deine Herrschaft.
20 Der HERR behütet alle, die ihn lieben, doch alle Frevler vernichtet er.
21 Das Lob des HERRN spreche mein Mund,/ alles Fleisch preise seinen heiligen Namen auf immer und ewig!
Als Antwort auf den Erfolg der ersten Missionsreise loben wir Gott im Psalm. Es ist wieder ein Aufruf zum Lobpreis bzw. Dank, der diesmal in dritter Person formuliert ist. Der Aufruf an die Frommen, ihn zu preisen, färbt den Psalm sehr liturgisch. Es ist ein Appell, hinter dem ursprünglich wohl wirklich ein liturgischer Kontext stand.
Es ist bemerkenswert, dass die Rede vom Königtum Gottes ist. Gott ist ein Herrscher und seine Königswürde ist Herrlichkeit. Das hebräische Wort כָּבוֹד kavod ist auch dasselbe, das für die Gegenwart Gottes im Tempel verwendet wird und das zum Gottesprädikat δόξα doxa wird – sowohl im griechischen AT als auch im NT. Die Herrlichkeit des Reiches Gottes macht auch Jesus zum Kern seiner Verkündigung. Und am Ende seines Wirkens, bevor er nämlich zum Vater zurückkehrt, trägt er seinen Jüngern auf, diese Herrlichkeit des Gottesreiches allen Menschen zu verkünden. Somit wird das umgesetzt, was hier im Psalm schon gesagt wird: „Von der Herrlichkeit deines Königtums sollen sie reden…um den Menschen bekannt zu machen“. Die Kirche tut dies in ihren Vollzügen: Sie verkündet das Reich Gottes (martyria), sie feiert das Reich Gottes (leiturgia), sie lebt das Reich Gottes (diakonia). Und wir Menschen ersehnen das Reich Gottes jedes Mal, wenn wir im Vaterunser beten „dein Reich komme“. Das Reich Gottes ist ewig, so sagt es schon der Psalm. Es ist das Himmelreich, das unter anderem auch mit dem Begriff „himmlisches Jerusalem“ bezeichnet wird.
Paulus und Barnabas gehören zu den Frommen. Sie verkünden Jesus Christus und nehmen dabei alles auf sich. Sie riskieren sogar ihr Leben. Sie sind wirklich gute Hirten, die ihr Leben für die Schafe hingeben, bevor diese überhaupt zu ihrer Herde gehören.
Auch wenn ihnen so einiges zustößt, verhindert Gott das Schlimmste. So ist Vers 20 ganz vor dem Hintergrund der Lesung zu verstehen, wenn es heißt: „Der HERR behütet alle, die ihn lieben“. Er lässt nicht zu, dass Paulus durch die Steinigung stirbt. Gott vernichtet die Frevler. Das tut er aber deshalb, weil sie es sich selbst ausgesucht haben. Er tut es auch nicht sofort, sondern setzt alles daran, sie zur Umkehr zu bewegen. Er versucht sie zu retten, solange es geht. Aber wer bis zum Schluss am Frevel festhält, den nimmt Gott beim Wort. Wer nein sagt, bekommt auch die Konsequenz des Nein zu spüren.
Der Psalm endet mit einem erneuten Lob, wobei dieses nun als Gelübde oder Versprechen in der Ich-Form formuliert ist. Das Loben Gottes ist zwar im liturgischen Kontext eine Sache der Gruppe, doch jeder einzelne Mensch muss dies auch ganz persönlich tun. Und die Entscheidung für Gott kann ich nicht als Gruppe treffen. Ich muss mich ganz persönlich entscheiden. So ist es auch mit den Menschen in Pisidien und Pamphylien. Letztendlich verstecken sich die Gegner der Missionare hinter den Menschenmengen, indem sie diese gegen sie aufhetzen. Doch die Entscheidung, den Glauben anzunehmen, muss man als Einzelmensch treffen.
Joh 14
27 Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch; nicht, wie die Welt ihn gibt, gebe ich ihn euch. Euer Herz beunruhige sich nicht und verzage nicht.
28 Ihr habt gehört, dass ich zu euch sagte: Ich gehe fort und komme wieder zu euch. Wenn ihr mich liebtet, würdet ihr euch freuen, dass ich zum Vater gehe; denn der Vater ist größer als ich.
29 Jetzt schon habe ich es euch gesagt, bevor es geschieht, damit ihr, wenn es geschieht, zum Glauben kommt.
30 Ich werde nicht mehr viel zu euch sagen; denn es kommt der Herrscher der Welt. Über mich hat er keine Macht,
31 aber die Welt soll erkennen, dass ich den Vater liebe und so handle, wie es mir der Vater aufgetragen hat.
Heute hören wir im Evangelium den Abschluss der ersten Abschiedsrede.
Jesus setzt im heutigen Abschnitt ein mit der Rede über den Frieden, der eine Frucht des Heiligen Geistes ist. Er ist nichts, was die Menschen sich selbst machen können. Der Friede der Welt ist allenfalls ein Waffenstillstand, etwas Vorübergehendes, das politischer Natur ist. Der Friede Gottes ist verbunden mit dem ewigen und umfassenden Heil, das nur Gott schenken kann. Das hebräische Wort שלום schalom bedeutet zugleich „Frieden“ und „Heil“. Im Griechischen wird dafür immer das Wort εἰρήνη eirene gebraucht. Jesus hinterlässt etwas. Wenn er so spricht, ist für die Apostel klar, dass er sich verabschiedet. Sie verstehen noch nicht, was als nächstes passieren wird. Sie werden trotz der mehrfachen Leidensankündigungen Jesu von der Auslieferung und den Geschehnissen der Nacht überrumpelt werden. Es wird sie ganz überfordern, sodass nur Johannes in der Sterbestunde Jesu bei ihm sein wird. Der Apostelführer Petrus wird ihn sogar verleumden und Judas Iskariot sich aus Verzweiflung umbringen. Und dennoch wird Jesus ihnen sein Testament zurücklassen, sein göttliches Wort. Er hat ihnen alles gesagt und es ihnen durch Taten verdeutlicht. Sie werden nicht alles begriffen haben und deshalb vergessen. Doch deshalb wird der Geist sie an Pfingsten an all diese wichtigen Aussagen Jesu wieder erinnern. Und das, was sie von Jesu Worten und Taten dann verkündet und weitergegeben haben, ist das Testament Jesu. Nicht umsonst nennen wir den verschriftlichen Teil von dieser Überlieferung das Neue Testament.
Jesus beruhigt die Apostel im Vorfeld schon, indem er ihnen zuspricht: „Euer Herz beunruhige sich nicht und verzage nicht.“ Vielleicht spüren die Apostel im Abendmahlssaal schon, dass sich etwas anbahnt.
Jesus greift die Rede von seiner Heimkehr zum Vater wieder auf, die er einige Verse zuvor schon angedeutet hat: „Ihr habt gehört, dass ich zu euch sagte: Ich gehe fort und komme wieder zu euch. Wenn ihr mich liebtet, würdet ihr euch freuen, dass ich zum Vater gehe; denn der Vater ist größer als ich.“ Was meint Jesus damit? Anscheinend haben die Apostel traurig reagiert, als er dies angedeutet hat. Jesus wird sie schließlich verlassen, den sie so lieb gewonnen haben. Dabei können sie sich freuen, denn wenn Jesus zum Vater geht, wird er seine Entäußerung ablegen und verherrlicht werden. Er wird wiederkommen in seiner ganzen Macht und Stärke. In dieser Hinsicht ist der Vater stärker als der irdische Jesus vor seiner Auferstehung und Himmelfahrt. Er nimmt seine Göttlichkeit auf Erden ja nicht in Anspruch.
Die Apostel können sich freuen, weil sie von der sich durchsetzenden Macht Gottes nur profitieren können, so wie die ganze Welt, die das Heil Gottes schauen wird. Zudem können sie sich freuen, weil der Vater ja auch den Geist senden wird, der den Aposteln als Beistand dienen und sie noch viel größere Zeichen sehen lassen wird.
Jesus sagt zu seinen Aposteln, dass er ihnen das alles voraussagt, damit sie dann zum Glauben kommen, wenn es geschieht. Das heißt nicht, dass sie jetzt Ungläubige wären, sondern dass sie dann alles begreifen werden. Was man richtig verstanden hat, kann man auch bewusst gläubig annehmen. Das wird geschehen, wenn der Geist Gottes ihnen die Augen öffnen wird. Momentan nehmen sie es an, obwohl sie es noch gar nicht richtig verstehen.
Dann sagt Jesus ein rätselhaftes Wort, das man richtig auslegen muss: Er wird nicht mehr viel sagen, außer dass der Herrscher der Welt kommt, der aber keine Macht über ihn hat. Wer ist denn dieser Herrscher der Welt, dass er nicht einmal Macht über Jesus hat? Damit ist der bis zum Erlösungswerk Jesu Christi herrschende Satan gemeint. Er hat die Welt im Griff, bis Jesus ihm durch Tod und Auferstehung einen Strich durch die Rechnung macht. Von da an ist Christus der Herrscher der Welt, auch wenn der Böse noch für eine begrenzte Zeit seinen Handlungsspielraum hat.
Jesus deutet den Aposteln hier noch einmal sein Leiden an. Der Herrscher der Welt kommt und bedient sich eines Apostels, der also zu den engsten Freunden Jesu gehört: Judas Iskariot. Der Satan wird dafür sorgen, dass Jesus am Ende gekreuzigt wird. Doch weil Jesus auferstehen wird, hat er keine Macht über ihn. Der Tod als Konsequenz der Sünde hat somit auch keine Macht über Christus, den Österlichen.
Durch die Hingabe am Kreuz wird die Sühne der Sünde aller Menschen erwirkt und zugleich möchte Jesus seine Liebe zum Vater zum Ausdruck bringen, dessen Willen er bis zum Schluss gehorsam ausübt. Darin ist er Vorbild jenen, die ihm nachfolgen und als Christen ebenso den Willen des Vaters auszuführen bereit sind.
So endet die erste Abschiedsrede. Zwei weitere folgen. Jesus hat gerade in diesen Ansprachen sehr entscheidende Dinge zu sagen, die auch uns gelten, die wir in seiner Nachfolge stehen und ebenso sein Testament empfangen, nämlich durch die Nachfolger der Apostel. Wir müssen also auch heute 2000 Jahre später nicht traurig sein, dass der irdische Jesus in Menschengestalt nicht mehr mit uns zusammenlebt. Er ist zum Vater gegangen und dadurch konnte uns ja die Fülle des Geistes überhaupt geschenkt werden. Dass er in eucharistischer Realpräsenz mitten unter uns lebt und wir ihn sogar in uns aufnehmen können, verdanken wir ebenso seinem Heimgang zum Vater. Von der Ewigkeit her kann er uns erst so richtig nahe sein.
Ihre Magstrauss