19. Sonntag im Jahreskreis (C)

Weish 18,6-9; Ps 33,1 u. 12.18-19.20 u. 22; Hebr 11,1-2.8-19; Lk 12,32-48

Weish 18
6 Jene Nacht wurde unseren Vätern vorher angekündigt; / denn sie sollten sich freuen in sicherem Wissen, welch eidlichen Zusagen sie vertrauten.
7 So erwartete dein Volk / die Rettung der Gerechten und den Untergang der Feinde.
8 Wodurch du die Gegner straftest, / dadurch hast du uns zu dir gerufen und verherrlicht.
9 Denn im Verborgenen opferten die heiligen Kinder der Guten; / sie verpflichteten sich einmütig auf das göttliche Gesetz, / dass die Heiligen in gleicher Weise Güter / wie Gefahren teilen sollten, / und stimmten dabei schon im Voraus die Loblieder der Väter an.

In der ersten Lesung hören wir einen Ausschnitt aus dem Buch der Weisheit. Wir realisieren beim Lesen des ganzen Kapitels, dass hier die Exodusgeschichte reflektiert wird. Es geht um den Tod als Strafe und die Errettung der Gerechten“. Das eine ausgesetzte Kind im vorausgehenden Vers 5 identifizieren wir als Mose. Die „Kinder der Heiligen“ in jenem Vers bezieht sich auf die israelitischen Kinder, die die Ägypter umbringen wollten. Gott hat es ihnen heimgezahlt durch die letzte Plage in der Nacht vor dem Auszug aus Ägypten. Gott hat in der Katastrophe gegen Israel eingegriffen.
Um diese Nacht geht es nun auch im verlesenen Abschnitt, denn sie ist bereits angekündigt worden als Befreiungsakt Gottes. Er hat einen umfassenden Heilsplan und für das Volk nicht nur die Freiheit, sondern auch ein bestimmtes Land vorgesehen. Trotz der Umwege und des jahrhundertelangen Aufenthalts in Ägypten hält Gott unbeirrt an seinem Heilsplan fest, den die Väter hindurch aufrecht erhalten haben. Durch diese Verheißungen wurde es dem versklavten Volk in Ägypten erträglich gemacht, auf dass sie nicht vergessen, welche Heilsaussichten ihnen geschenkt sind. So konnten sie sich freuen und darauf vertrauen, dass die zwischenzeitliche Katastrophe nicht das Ende ist.
Die Ausführungen wirken auf uns sehr christologisch. Betrachten wir die Worte über die Geschichte Israels hinaus im umfassenden heilsgeschichtlichen Sinn, erkennen wir: Die ganze Menschheit war dem Tod geweiht als Folge des Sündenfalls. Doch das sollte nicht das letzte Wort bleiben, denn Gott hat in seiner guten Vorsehung den ultimativen Heilsplan umgesetzt. Er hat die Welt erlöst durch die Menschwerdung Jesu Christi. Er ist ebenfalls ein ausgesetztes Kind, denn der Herr kam in sein Eigentum, doch die Seinen nahmen ihn nicht auf. Er musste sogar nach Ägypten fliehen und ist schließlich ausgesetzt worden in der ultimativen Ablehnung des Rufes „Kreuzige ihn!“ Und doch hat er den Feind besiegt, den Tod und dessen Verursacher, den Satan. Dieser hat noch Spielraum, doch er muss bereits kapitulieren.
Gott ist gerecht. Er hat die Missstände nicht auf sich beruhen lassen, sondern eingegriffen. Durch die Plagen hat er sogar den Ägyptern noch die Chance zur Umkehr gegeben, doch sie haben sie nicht genutzt. So ist ihnen ein schlimmes Urteil widerfahren, das sie sich selbst gewählt haben.
Es ist bemerkenswert, wie die Menschen des Alten Bundes als „Heilige“ bezeichnet werden. So geschieht es auch mit den Getauften im Neuen Testament. Das Gottesvolk ist ausgelöst, also vom Rest herausgehoben. Es ist Gott geweiht und deshalb geheiligt. Sie haben Gott geopfert, dafür bat Mose auch beim Pharao um Erlaubnis. Sie haben im Verborgenen geopfert, weil sie in die Wüste zogen. Sie opferten aber auch in der Nacht vor ihrem Auszug das Passahlamm, das sie in Eile aßen, gegürtet zum Aufbruch. Mit dem Blut des Lammes bestrichen sie ihre Türen und wurden dadurch gerettet. Sie verpflichteten sich am Sinai als gesamtes Volk auf das Gesetz Gottes, auf die Torah. Bereits bei der Darbringung des Passahlamms sangen sie Loblieder im Voraus, weil sie fest davon überzeugt waren, dass Gott sie retten würde. Sie sahen schon das Ziel vor Augen und konnten in der Gegenwart triumphieren. Das ist die Haltung der Getauften. Sie schauen auf den Himmel und leben dementsprechend schon das gegenwärtige Leben – nicht in Weltflucht, sondern in Vorfreude.

Ps 33
1 Jubelt im HERRN, ihr Gerechten, den Redlichen ziemt der Lobgesang.
12 Selig die Nation, deren Gott der HERR ist, das Volk, das er sich zum Erbteil erwählt hat.
18 Siehe, das Auge des HERRN ruht auf denen, die ihn fürchten, die seine Huld erwarten,
19 dass er ihre Seele dem Tod entreiße und, wenn sie hungern, sie am Leben erhalte.
20 Unsre Seele hofft auf den HERRN; er ist unsere Hilfe und unser Schild.
22 Lass deine Huld über uns walten, HERR, wie wir auf dich hofften!

Der Psalm reflektiert Gottes Heilsplan so wie im Buch der Weisheit. Das Wort und die Tat Gottes sind verlässlich. Gott ist treu und hält sich an seine Versprechen, auch wenn wir ihm untreu werden.
Zu Anfang des heute gebeteten Abschnitts wird ein Makarismus verwendet, eine Seligpreisung des Volkes, das sich Gott „zum Erbteil erwählt hat.“ Das Volk ist bereits Abraham angekündigt worden und zurzeit des Königs David bereits ein zusammenhängendes Königreich.
Gott ist nicht nur der mächtige Schöpfer, sondern er wirkt auch weiterhin in der Welt. Er zieht sich nicht gleichgültig zurück, sondern sieht von Himmel herab auf alle Menschen. Das bedeutet, dass er nicht in dieser Welt ist, sondern in der Ewigkeit, doch trotzdem ganz gegenwärtig bei uns. Das ist schwer zu begreifen, aber Ausdruck der Allmacht Gottes. Dass Gott alle Menschen sieht, ist etwas Positives. Er weiß um alles und jeden, er kennt unsere Nöte. Auch die Rede vom „Auge des HERRN“ muss als Geborgenheitsausdruck verstanden werden. Gott sieht auf die Gottesfürchtigen, die sich um den Stand der Gnade bemühen. Die anderen verstecken sich wie Adam und Eva im Garten Eden oder meinen, Gott sehe sie nicht. Er sieht alles und jeden. Gemeint ist aber, dass die Gottesfürchtigen eine Beziehung zu Gott haben und er in ihrem Leben Gutes wirkt, denn sie heißen ihn willkommen. Gott entreißt ihre Seele dem Tod (נַפְשָׁ֑ם nafscham, also eigentlich „ihr Leben“, denn nefesch meint immer das gesamte Leben, nicht nur einen Teil). Gott entreißt auch unser Leben dem Tod – sowohl dem moralischen Tod durch die regelmäßige Sündenvergebung im Beichtsakrament als auch vom ewigen Tod am Ende des Lebens. Wenn wir uns nämlich voller Glauben immer um den Stand der Gnade, um eine gute Beziehung zu Gott bemühen und mit einem umkehrbereiten Herzen durchs Leben gehen, dann wird seine Barmherzigkeit uns auffangen, sodass wir den ewigen Tod nicht schauen müssen.
Gott erhält die Gottesfürchtigen am Leben, wenn sie hungern. Dies ist wörtlich zu verstehen im Sinne von Segen im Leben. Gott sorgt dafür, dass man genug zu essen hat, wenn man seinen Willen tut. Jesus wird es später aufgreifen, wenn er sagt: „Zuerst muss es euch um das Reich Gottes gehen. Alles Andere wird euch dazugegeben.“ Wir Christen werden am Leben erhalten, denn Gott nährt uns nicht nur leiblich, sondern auch mit seinem Wort Gottes in Schrift und Sakrament, in der Eucharistie! Beides nährt uns auf unserem Lebensweg seelisch, sodass die Seele nicht stirbt, ebenso wenig die Hoffnung.
Und diese Hoffnung ist eine Hoffnung auf Gott, der „Hilfe und Schild“ ist. Gott leitet nicht nur den Weg, er beschützt auch auf diesem Weg, er unterstützt uns mit seiner helfenden Gnade, damit wir trotz unserer Schwächen den Willen Gottes in unserem Leben umsetzen können.
Wie König David beten auch wir um Gottes Huld, möge er uns die Gnade schenken, die wir unsere ganze Hoffnung auf ihn setzen! Er kann uns nicht enttäuschen, denn er ist Gott.

Hebr 11
1 Glaube aber ist: Grundlage dessen, was man erhofft, ein Zutagetreten von Tatsachen, die man nicht sieht.

2 Aufgrund dieses Glaubens haben die Alten ein gutes Zeugnis erhalten.
8 Aufgrund des Glaubens gehorchte Abraham dem Ruf, wegzuziehen in ein Land, das er zum Erbe erhalten sollte; und er zog weg, ohne zu wissen, wohin er kommen würde.

9 Aufgrund des Glaubens siedelte er im verheißenen Land wie in der Fremde und wohnte mit Isaak und Jakob, den Miterben derselben Verheißung, in Zelten;
10 denn er erwartete die Stadt mit den festen Grundmauern, die Gott selbst geplant und gebaut hat.
11 Aufgrund des Glaubens empfing selbst Sara, die unfruchtbar war, die Kraft, trotz ihres Alters noch Mutter zu werden; denn sie hielt den für treu, der die Verheißung gegeben hatte.
12 So stammen denn auch von einem einzigen Menschen, dessen Kraft bereits erstorben war, viele ab: zahlreich wie die Sterne am Himmel und der Sand am Meeresstrand, den man nicht zählen kann.
13 Im Glauben sind diese alle gestorben und haben die Verheißungen nicht erlangt, sondern sie nur von fern geschaut und gegrüßt und sie haben bekannt, dass sie Fremde und Gäste auf Erden sind.
14 Und die, die solches sagen, geben zu erkennen, dass sie eine Heimat suchen.
15 Hätten sie dabei an die Heimat gedacht, aus der sie weggezogen waren, so wäre ihnen Zeit geblieben zurückzukehren;
16 nun aber streben sie nach einer besseren Heimat, nämlich der himmlischen. Darum schämt sich Gott ihrer nicht, er schämt sich nicht, ihr Gott genannt zu werden; denn er hat ihnen eine Stadt bereitet.
17 Aufgrund des Glaubens hat Abraham den Isaak hingegeben, als er auf die Probe gestellt wurde; er gab den einzigen Sohn dahin, er, der die Verheißungen empfangen hatte
18 und zu dem gesagt worden war: Durch Isaak wirst du Nachkommen haben.
19 Er war überzeugt, dass Gott sogar die Macht hat, von den Toten zu erwecken; darum erhielt er Isaak auch zurück. Das ist ein Sinnbild.

Im Abschnitt aus dem Hebräerbrief geht es um das Glaubenszeugnis vergangener Generationen. Uns wird also vor Augen geführt, dass der Alte Bund kein Zeugnis für Unglauben und ebenfalls gottgewollt ist wie der Neue Bund.
Zunächst einmal hören wir eine ganz bekannte Definition für „Glauben“, die sehr weit verbreitet ist: „Grundlage dessen, was man erhofft, ein Zutagetreten von Tatsachen, die man nicht sieht.“ In der alten Einheitsübersetzung ist es ein wenig schöner formuliert: „Überzeugtsein von dem, was man nicht sieht.“ Das Wort ἔλεγχος elengchos ist sehr vielseitig und kann deshalb sehr unterschiedlich übersetzt werden. Glaube ist dabei zutiefst praktisch, das heißt auf das konkrete Tun ausgerichtet. Denn das „Überzeugtsein“ von Dingen bezieht sich auf πραγμά pragma.
So verwundert es uns auch nicht, dass die daraufhin beschriebenen Glaubenszeugnisse der Alten Verhaltensweisen aufzählen: Der Glaube, wie er zu Anfang definiert worden ist, stellt den Kern des Verhaltens Abrahams dar. Ohne diesen Glauben hätte er nicht sein Leben aufgegeben, um in ein fernes Land zu ziehen. Schließlich hat er dabei auf den gehört, den er nicht sieht, auf den unsichtbaren Gott.
Auch das Leben in diesem fremden Land und das Warten auf feste Stadtmauern ist auf diesen Glauben zurückzuführen. Dass Abraham und seine Nachkommen ein Leben in Vorläufigkeit führten, ist auf das Vertrauen zurückzuführen, dass Gott sein Versprechen einlösen wird, ihnen eine feste Stadt zu verleihen.
Auch Sara hat Gott geglaubt, dass er seine Verheißung wahr machen werde, dass ihr im hohen Alter noch ein Kind geschenkt würde. Deshalb hat sich die Verheißung auch erfüllt. So ist Gottes Verheißung an Abraham, Vater vieler Völker zu werden, in Erfüllung gegangen. Der Argumentationsgang des Hebräerbriefes ist nun herauszustellen, dass auch wenn diese Dinge sich erfüllt haben, die eigentliche Verheißung der gesamten Heilsgeschichte ausgeblieben ist bzw. nur von Weitem geschaut worden ist – die Erlösung und Versöhnung der gefallenen Menschheit mit Gott. Sie sind ja doch gestorben – das bezieht sich nicht nur auf den biologischen Tod, sondern dahinter steckt die Überzeugung, dass sie nach dem Tod Gott nicht schauen durften trotz ihrer Gerechtigkeit. Auch wenn das Volk Israel das Verheißene Land auf Erden empfangen hat, so ist ihnen doch das eigentlich Verheißene Land nicht gegeben worden – das Himmelreich. Diese lange Wanderung war mit ihnen noch nicht abgeschlossen. Das „Zelten“ ging noch weiter, bis Gott Mensch wurde, um sein Zelt aufzuschlagen unter den Menschen.
Und doch ist das ja bereits ein Glaubenszeugnis, das sie hinterlassen haben. Abraham hätte gleich beim ersten Problem zurück in seine Heimat gehen können. Stattdessen strebt Abraham nun nach einer besseren Heimat. Damit ist das Himmelreich gemeint. Dahinter steht die Überzeugung, dass Jesus Christus mit seinem Erlösungswirken die Gerechten des Alten Testaments in die himmlische Heimat geführt hat. Die Stadt, die Gott auch ihnen bereitet, ist das himmlische Jerusalem.
Ein besonders starkes Glaubenszeugnis stellt Abrahams Opfer dar: Er war bereit, seinen einzigen Sohn zu opfern, auf den er so lange gewartet hatte. Er war bereit, es zu tun, obwohl es allem widersprach, was Gott verheißen hat, nämlich dass durch diesen Sohn Abraham Vater vieler Völker werden würde. Gegen den Verstand hat Abraham Gott blind vertraut. Und weil Gott dennoch seine Versprechen hält und Abraham davon überzeugt war, ist hier die einzige Erklärung, dass Abraham an die Macht Gottes glaubte, Tote auferstehen zu lassen.
Am Schluss wird als Bemerkung angefügt, dass es sich dabei um ein Sinnbild handelt. Die ganze Glaubensprobe stellt ein einziges Sinnbild dar. So wie Abraham bereit ist, Isaak zu opfern, so ist der Vater bereit, seinen einzigen Sohn Jesus Christus zu opfern – in derselben Region, denn Morija entspricht dem Bergland von Judäa mit Zion als Höhe, auf der die Hauptstadt Jerusalem erbaut ist. So wie Isaak das Holz für das Opfer auf den Berg trägt, auf dem er selbst geopfert werden würde, so trug der Herr Jesus Christus sein Opferholz zum Golgota, um darauf festgenagelt und gekreuzigt zu werden. Und so wie Abraham offensichtlich an die Totenerweckung glaubte, so ist Jesus Christus, der neue Isaak wirklich von den Toten auferstanden!

Lk 12
32 Fürchte dich nicht, du kleine Herde! Denn euer Vater hat beschlossen, euch das Reich zu geben.
33 Verkauft euren Besitz und gebt Almosen! Macht euch Geldbeutel, die nicht alt werden! Verschafft euch einen Schatz, der nicht abnimmt, im Himmel, wo kein Dieb ihn findet und keine Motte ihn frisst!
34 Denn wo euer Schatz ist, da ist auch euer Herz.
35 Eure Hüften sollen gegürtet sein und eure Lampen brennen!

36 Seid wie Menschen, die auf ihren Herrn warten, der von einer Hochzeit zurückkehrt, damit sie ihm sogleich öffnen, wenn er kommt und anklopft!
37 Selig die Knechte, die der Herr wach findet, wenn er kommt! Amen, ich sage euch: Er wird sich gürten, sie am Tisch Platz nehmen lassen und sie der Reihe nach bedienen.
38 Und kommt er erst in der zweiten oder dritten Nachtwache und findet sie wach – selig sind sie.
39 Bedenkt: Wenn der Herr des Hauses wüsste, in welcher Stunde der Dieb kommt, so würde er verhindern, dass man in sein Haus einbricht.
40 Haltet auch ihr euch bereit! Denn der Menschensohn kommt zu einer Stunde, in der ihr es nicht erwartet.
41 Da sagte Petrus: Herr, sagst du dieses Gleichnis nur zu uns oder auch zu allen?
42 Der Herr antwortete: Wer ist denn der treue und kluge Verwalter, den der Herr über sein Gesinde einsetzen wird, damit er ihnen zur rechten Zeit die Tagesration gibt?
43 Selig der Knecht, den der Herr damit beschäftigt findet, wenn er kommt!
44 Wahrhaftig, ich sage euch: Er wird ihn über sein ganzes Vermögen einsetzen.
45 Wenn aber der Knecht in seinem Herzen sagt: Mein Herr verspätet sich zu kommen! und anfängt, die Knechte und Mägde zu schlagen, auch zu essen und zu trinken und sich zu berauschen,
46 dann wird der Herr jenes Knechtes an einem Tag kommen, an dem er es nicht erwartet, und zu einer Stunde, die er nicht kennt; und der Herr wird ihn in Stücke hauen und ihm seinen Platz unter den Ungläubigen zuweisen.
47 Der Knecht, der den Willen seines Herrn kennt, sich aber nicht darum kümmert und nicht danach handelt, der wird viele Schläge bekommen.
48 Wer aber, ohne den Willen des Herrn zu kennen, etwas tut, was Schläge verdient, der wird wenig Schläge bekommen. Wem viel gegeben wurde, von dem wird viel zurückgefordert werden, und wem man viel anvertraut hat, von dem wird man umso mehr verlangen.

Im Evangelium hören wir heute einen endzeitlichen Abschnitt. Jesus bringt ein Gleichnis an, das das Ende der Welt umschreibt und vor allem die Wachsamkeit aufgrund des unbekannten Datums verdeutlicht. Zuvor geht es aber um einige Verse, die die rechte Sorge thematisieren: Gott ist treu und setzt seinen Heilsplan um. Das ist uns schon durch die anderen Lesungen klargeworden. Weil dem so ist, können auch die wenigen Jünger, die Jesus zu Anfang hat – die kleine Herde – gewiss sein, dass Gott ihnen wirklich das Reich Gottes schenken wird. Er wird seine Verheißung wahrmachen, auch wenn das in dem Moment nicht so wahrscheinlich scheint. Sie dürfen auf Gott vertrauen und mit dem Ziel vor Augen bereits im Jetzt entsprechende Vorkehrungen treffen: ihren Besitz verkaufen und den Armen geben. Nicht auf irdische Schätze bauen, sondern die Schätze im Himmel anlegen. Der Schlüsselsatz lautet: „Denn wo euer Schatz ist, da ist auch euer Herz.“ Wir haben in den letzten zwei Wochen über den Reichtum/die Habgier und das sinnvolle Leben nachgedacht. Hier wird alles miteinander vereint.
Dann bringt Jesus zwei wichtige Bilder an mit Blick auf die Endzeit: Seine Jünger sollen stets gegürtete Hüften und brennende Lampen haben. Gegürtet sein bedeutet einerseits, in den Krieg zu ziehen, zum Krieg gerüstet zu sein, andererseits bereit zur Reise zu sein, wie die Israeliten in der Nacht vor dem Exodus. Sie sollen also stets in dem Bewusstsein leben, dass sie geistlichen Anfechtungen ausgesetzt sind, durch die der Satan sie von Gott wegführen will. Zudem sollen sie stets bereit sein, als pilgerndes Gottesvolk unterwegs in die Ewigkeit zu sein. Das heißt auch, dass sie immer genug Reiseproviant dabei haben sollen, um unterwegs nicht zu verhungern und zu verdursten. Das sind die Heilsmittel der Kirche, die Eucharistie, das Himmelsbrot, und der Hl. Geist, das lebendige Wasser.
Sodann führt Jesus das Bild der Hochzeit an, das er sehr oft im eschatologischen Kontext verwendet: Diese letzten Tage vor dem Ende der Welt sind wie das Warten von Menschen auf ihren Hausherrn, der von einer Hochzeit irgendwann zurückkehrt. Sie sollen wachsam sein und nicht einschlafen, um ihm aufmachen zu können. Es ist Christus selbst, der wiederkommen wird, der Bräutigam selbst. Mit ihm wird die Hochzeit erst losgehen. Und in der Johannesoffenbarung klopft er tatsächlich an und wartet auf Einlass. Das Ende der Welt ist nahe!
Und wenn die Knechte wach sind, wenn der Herr wiederkommt, dann können sie sich selig preisen. Der Weltrausch, der sie trunken macht, die „Begierden des Fleisches“, wie es Paulus formuliert, bringen den Menschen von seiner Wachsamkeit und Nüchternheit ab. Wir schlafen ein, um den Rausch auszuschlafen. Wenn wir der Welt folgen, dann verlieren wir diese Wachsamkeit, diesen Blick auf die Welt mit Gottes Augen. Wir fragen dann nicht mehr danach, was Gottes Wille ist, wir erkennen die Angriffe des Bösen, die Versuchungen des Teufels nicht mehr, sondern erliegen ihnen. Wer bis zum Schluss wachsam ist, ist kritisch gegenüber den antichristlichen Entwicklungen unserer Zeit, schwimmt gegen den Strom der Sünde und Weltlichkeit, bleibt standhaft, auch wenn er alleine dasteht. Es ist schmerzhaft und wird immer schlimmer, je weiter die Welt sich von Gott entfernt, aber wer bis zur Wiederkunft Christi durchhält, wird mit der Ewigkeit des Himmels belohnt. Deshalb preist Jesus diese Knechte selig.
Es wird ein Festmahl sein, bei dem Jesus selbst sich gürten und die Gäste nacheinander bedienen wird. Das vorübergehende Leid der letzten Tage wird vergessen sein.
Und wenn es auch so sein sollte, dass der Hausherr erst nach längerer Zeit wiederkommen sollte, was die zweite oder dritte Nachtwache meint: Die Knechte sollen solange wach bleiben.
Für uns bedeutet das also konkret, dass wir Gottes Willen zu jeder Zeit und in jeder Situation vor Augen haben sollen, ihn treu erfüllen sollen und uns stets mit ganzer Kraft bemühen sollen. Der Geist Gottes, der in uns wohnt, stattet uns dabei immer mit seiner Gnade aus, damit wir wach bleiben. Der Weg in die Ewigkeit ist der Weg des Gehorsams.
Jesus sagt ganz deutlich, dass die Wachsamkeit unabdingbar ist: „Haltet euch bereit! Denn der Menschensohn kommt zu einer Stunde, in der ihr es nicht erwartet.“ Es ist wie mit einem Hausherrn, der sich auf die Lauer legt, weil er die Stunde des Einbrechers nicht kennt. Er wird sich ja nicht gemütlich schlafen legen und zulassen, dass sein Haus ausgeraubt wird. Das ist fahrlässig und schadet ihm. Das versteht jeder Mensch mit gesundem Menschenverstand. Und so sollen auch die Christen wachsam sein, sich nicht von der Weltlichkeit berauschen lassen, sondern immer im nüchternen Zustand sein, denn es ist für das ewige Leben fahrlässig, zu „schlafen“. Der Dieb, der ihnen nämlich das ewige Leben rauben will, ist heimtückisch und nutzt jede Gelegenheit ihres „Schlafes“ aus, um sie auszurauben. Aber das Bild nutzt Jesus nicht für diese moralische Lesart (also auch wachsam sein, um nicht den Stand der Gnade zu verlieren, indem man den Versuchungen erliegt). Vielmehr möchte Jesus darauf hinaus, dass er selbst wiederkommt, um das Weltgericht einzuleiten. Die Christen sollen nicht fahrlässig sein und ihr Leben schleifen lassen. Denn wenn Jesus dann unerwartet wiederkommt und sie nicht im Stand der Gnade sind, wie soll er über sie ein gutes Gerichtsurteil verhängen? So sollen sie jeden Tag so leben, als wäre es ihr letzter. Das gilt für uns alle. Wir sollen nicht in Endzeitangst leben und jeden Tag panisch werden, weil es jeden Moment das Ende der Welt kommen könnte, sondern bewusst leben, uns immer um ein reines Herz bemühen und die Gebote Gottes halten und stets umkehren. Dann müssen wir auch keine Angst vor einer plötzlichen Parusie und einem schlechten Gerichtsurteil des Menschensohns haben.
Petrus hakt nach, ob Jesu Worte eine Offenbarung ausschließlich an sie darstellt oder ob es allen Menschen gilt. Jesus erklärt daraufhin ein weiteres Gleichnis, das die Antwort auf seine Frage beinhaltet:
Die Christen sind ein Knecht, den der Hausherr Christus während seiner Abwesenheit damit beauftragt, sich um sein Haus zu kümmern, das die Kirche ist. Wenn er dann länger auf sich warten lässt (und diese Erfahrung haben die frühen Christen ja irgendwann gemacht, denn sie dachten, das dauert nur paar Jahre), sollen sie dennoch treu ihre Aufgabe erfüllen und sich nicht darüber aufregen. Wenn sie ihre Aufgabe nämlich irgendwann schleifen lassen und Jesus dann unerwartet kommt, wird es für sie böse enden. Wenn ein Knecht nämlich anfängt, die Mitknechte zu schlagen und sich zu betrinken (Weltrausch!), dann wird es böse enden. Er wird „in Stücke gehauen“ und wo er landet, werden die Ungläubigen sein. Dabei muss es sich um die Hölle handeln. Ungläubig sind jene, die Gott aktiv abgelehnt haben, nicht jene, die nie die Chance erhalten haben, ihn kennenzulernen. Dessen müssen wir uns bewusst sein. Die Apostel sollen also treue und wachsame Knechte sein, egal, wie lange es dauern sollte, bis Christus wiederkommt. Auch wir sollen also treue Knechte sein, damit der Herr uns viel Verantwortung zutraut und wir am Ende die ewige Seligkeit erlangen. Die Antwort Jesu lautet also: „Ihr bekommt die besondere Verantwortung dafür, dass die Kirche treu ausharrt bis zu meiner Wiederkunft. Es ist kein Geheimnis, aber von euch hängt es eben besonders ab.“
Wer etwas Böses tut, ohne zu wissen, dass es böse ist, wird beim Gericht wenig Schläge bekommen. Auch wenn man aufgrund der Gottebenbildlichkeit ein Gespür dafür hat, dass etwas möglicherweise böse ist, kann man nicht vollständig dafür belangt werden. Wer aber genauestens Bescheid weiß und dennoch böse handelt, wird die volle Strafe erhalten. Wem viel erklärt worden ist, von dem wird beim Endgericht viel Rechenschaft verlangt. Die Apostel werden besonders viel Verantwortung tragen – nicht nur für sich selbst, sondern für den Ausgang der gesamten Kirche. Wenn sie kein stabiles Fundament, kein Felsen, sondern Sand gewesen wären, wäre die Kirche gemeinsam mit ihnen den Bach heruntergefahren. Doch sie haben sich als standhafte Glaubenszeugen erwiesen, die um ihres Glaubens willen in den Tod gegangen sind, außer Johannes, der eines natürlichen Todes starb. Dieses apostolische Fundament bekennen wir bis heute im Glaubensbekenntnis. Deren Verantwortung tragen gleichermaßen ihre Nachfolger bis heute. Werden diese ihrer Verantwortung gerecht? Beten wir für unsere Bischöfe, für alle Geistlichen. Wenn Christus wiederkommt, wird er von ihnen am meisten Rechenschaft verlangen.

Ihre Magstrauss

Kommentar verfassen

Bitte logge dich mit einer dieser Methoden ein, um deinen Kommentar zu veröffentlichen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s