Apg 18,23-28; Ps 47,2-3.8-9.10; Joh 16,23b-28
Apg 18
23 Nachdem er dort einige Zeit geblieben war, zog er weiter, durchwanderte zuerst das galatische Land, dann Phrygien und stärkte alle Jünger.
24 Ein Jude namens Apollos kam nach Ephesus. Er stammte aus Alexandria, war redekundig und in der Schrift bewandert.
25 Er war unterwiesen im Weg des Herrn. Er sprach mit glühendem Geist und trug die Lehre von Jesus genau vor; doch kannte er nur die Taufe des Johannes.
26 Er begann, mit Freimut in der Synagoge zu sprechen. Priscilla und Aquila hörten ihn, nahmen ihn zu sich und legten ihm den Weg Gottes noch genauer dar.
27 Als er nach Achaia gehen wollte, schrieben die Brüder den Jüngern und ermunterten sie, ihn aufzunehmen. Nach seiner Ankunft wurde er den Gläubigen durch die Gnade eine große Hilfe.
28 Denn mit Nachdruck widerlegte er die Juden, indem er öffentlich aus der Schrift nachwies, dass Jesus der Christus sei.
Heute wird in der Apostelgeschichte der Beginn der dritten Missionsreise geschildert. Zur Vorgeschichte: Bevor Paulus nach der zweiten Missionsreise in seine Basis Antiochia zurückkehrt, unternimmt er noch eine Missionszeit in Ephesus, wo man ihn noch länger bei sich behalten lassen will. Er aber zieht über Caesarea und Jerusalem nach Antiochia. In Jerusalem begrüßt er die Brüder, vielleicht gibt er dort auch eine eingenommene Kollekte ab.
Und so beginnt die heutige Lesung mit seinem Aufbruch zur dritten Reise.
„Nachdem er dort einige Zeit geblieben war“ ist offen formuliert. An dieser Stelle wird nicht gesagt, wie lange seine „Pause“ dauert. Zunächst geht er nach Galatien und Phrygien, zu den von ihm gegründeten Gemeinden. Dort stärkt er alle Jünger. Das ist wichtig, denn aller Anfang ist schwer und inmitten der Heiden haben die jungen Christen mit vielen Widerständen zu kämpfen.
Während er seine Arbeit macht, kommt ein Jude namens Apollos nach Ephesus, wo schon sehr früh Christen leben. Er ist hellenistischer Jude aus Alexandrien, spricht sehr freimütig und charismatisch, hat aber nur die Johannestaufe kennengelernt. Jesus Christus ist ihm selbst noch nicht vertraut gemacht worden.
Das Zeltmacher-Ehepaar Aquila und Priscilla, die mit Paulus gearbeitet haben, hören ihn in der Synagoge predigen und erkennen sein Potenzial. So nehmen sie ihn mit zu den Christen und er wird dort ausgehend von der Schrift im Evangelium Jesu Christi unterwiesen. Weil er eine gute alexandrinische Ausbildung genossen hat, kann er die Epheser bei der Verkündigung unterstützen. So kann er vor den Juden nämlich Jesus als den Christus nachweisen und deren Ablehnung widerlegen.
Gott hat sich einen Missionar erwählt, der Pauli Werk mit seinem Charisma und seiner alexandrinischen Kompetenz weiterführen kann. Paulus kann schließlich nicht zu jeder Zeit an jedem Ort sein, um allen gerecht zu werden.
Ps 47
2 Ihr Völker alle, klatscht in die Hände; jauchzt Gott zu mit lautem Jubel!
3 Denn Furcht gebietend ist der HERR, der Höchste, ein großer König über die ganze Erde.
8 Denn König der ganzen Erde ist Gott. Singt ihm ein Weisheitslied!
9 Gott wurde König über die Völker, Gott hat sich auf seinen heiligen Thron gesetzt.
10 Versammelt sind die Fürsten der Völker als Volk des Gottes Abrahams. Denn Gott gehören die Schilde der Erde; er ist hoch erhaben.
Auch heute beten wir Ps 47, weil sein Lobpreis zu der Heidenmission des Paulus und seines neuen Gleichgesinnten Apollos so fruchtbar ist. So können „die Völker“ nicht anders als zum Lobpreis aufgerufen zu werden. Das hebräische Wort ist an der Stelle הָ֭עַמִּים ha’ammim, was in der Mehrzahl recht offen ist. Nicht spezifisch die zwölf Stämme Israels sind gemeint, sondern alle Völker der Erde.
Gott ist furchtgebietend. Das ist nicht dasselbe wie angsteinflößend. Es meint, dass sein Wirken in uns nur eine Reaktion von Ehrfurcht hervorrufen kann. Auch seine Erscheinung ist furchteinflößend, auch wenn wir ihn unverhüllt gar nicht sehen können, ohne zu sterben. Seine Manifestationen wie die Wolke oder der Rauch sind schon furchteinflößend, sodass zum Beispiel bei der Verklärung die drei anwesenden Jünger es mit der Angst zu tun bekommen, als sie von der Wolke Gottes umhüllt werden. Erst recht werden alle Menschen überwältigt werden, wenn Jesus am Jüngsten Tag mit dieser göttlichen Herrlichkeit wiederkehren wird…
Gott ist schon der „König der ganzen Erde“, doch seine Herrschaft wird erst am Ende der Zeiten offenbar werden. Das Reich Gottes wird sich dann endgültig durchsetzen.
„Gott wurde König über die Völker, Gott hat sich auf seinen heiligen Thron gesetzt.“ Ja, Christus, der Auffahrende in den Himmel, ist nicht nur Mensch, sondern auch wahrer Gott. Er ist gegangen, um sich auf seinen Thron zu setzen. Was mit Jesus passiert, als er in den Himmel eingeht, durften drei seiner Apostel schon auf dem Tabor schauen – die Verklärung. Jesus streift den Schleier der verborgenen Gottheit ab und seine Herrlichkeit erstrahlt. So wird er zurückkommen und alle werden es sehen.
Der heutige letzte Vers ist eine besonders schöne Antwort auf die heutige Lesung: „Versammelt sind die Fürsten der Völker als Volk des Gottes Abrahams.“ Primär meint es die Mächtigen der Erde, die selbst nur Teil des Volkes Gottes sind. Gott ist der eigentliche König der Welt und ihre Macht von ihm her definiert. Doch wir lesen es über die zwölf Stämme hinaus in Kontinuität zum Neuen Bund des Gottes, der derselbe ist wie damals – der Gott Abrahams und zugleich Jesu Christi. Auch hier erfolgt die Mehrzahl הָ֭עַמִּים ha’ammim. Auch bei den Heiden kann sich keiner mit dem allmächtigen Gott messen, der den Menschen überhaupt erst das Leben geschenkt hat. Und so werden auch die Heiden zum „Volk des Gottes Abrahams.“
Joh 16
23 Was ihr den Vater in meinem Namen bitten werdet, das wird er euch geben.
24 Bis jetzt habt ihr noch um nichts in meinem Namen gebeten. Bittet und ihr werdet empfangen, damit eure Freude vollkommen ist.
25 Dies habe ich in Bildreden zu euch gesagt; es kommt die Stunde, in der ich nicht mehr in Bildreden zu euch sprechen, sondern euch offen vom Vater künden werde.
26 An jenem Tag werdet ihr in meinem Namen bitten und ich sage euch nicht, dass ich den Vater für euch bitten werde;
27 denn der Vater selbst liebt euch, weil ihr mich geliebt und weil ihr geglaubt habt, dass ich von Gott ausgegangen bin.
28 Ich bin vom Vater ausgegangen und in die Welt gekommen; ich verlasse die Welt wieder und gehe zum Vater.
Im Evangelium geht es heute weiter mit der dritten Abschiedsrede, deren Ausschnitt heute wieder über das Verhältnis von Vater und Sohn thematisiert und zugleich die Wirksamkeit des Namens Jesu behandelt:
„Was ihr den Vater in meinem Namen bitten werden, das wird er euch geben.“ Der Sohn ist so innig mit seinem Vater verbunden, dass dieser ihm alles gewährt. Christus tut nie etwas gegen den Willen des Vaters. Das Verhältnis zwischen den beiden ist also zugleich ein maximales Vertrauensverhältnis.
„Bis jetzt habt ihr noch um nichts in meinem Namen gebeten.“ Dies mag damit zusammenhängen, dass die Apostel Jesus bis jetzt immer bei sich hatten. Dieser hat seinen Freunden immer alles gegeben, noch bevor sie darum bitten konnten. Doch bald wird Jesus von ihnen gehen, um zum Vater zurückzukehren. Dann werden sie für ihre Anliegen hier auf Erden seinen Namen anrufen.
Und auch hier ermutigt Jesus sie, dies in Anspruch zu nehmen. Gott gibt gerne und viel. Und die Freude im Leben der Apostel kann nur dann vollkommen sein, wenn diese den Vater um seine Gaben im Namen Jesu bitten. Als übernatürliche Gabe des Heiligen Geistes ist die Freude abhängig von Gott, nicht vom Menschen. Solche Aussagen weisen uns schon auf das kommende Pfingstfest hin, bei dem der Heilige Geist die Apostel umfassend mit seinen Gaben ausstattet.
Jesus hat ihnen immer wieder mithilfe von Gleichnissen und Metaphern die himmlischen Dinge erklärt. Wenn er hier ankündigt, dass er irgendwann nicht mehr in Bildrede sprechen werde, klingt die Ewigkeit an. Dort wird es keine Bilder mehr brauchen, weil wir Gott und uns selbst so sehen werden, wie wir sind.
Aber auch zuvor wird Jesus nicht mehr so verborgen vom Vater sprechen. Offenbarung zeigt sich im Laufe der Heilsgeschichte immer dynamisch. Zur rechten Zeit sendet Gott die rechten Leute mit genau den Worten, die die Menschen in ihrem Zustand aufnehmen können. Dies wird uns ja auch in der Apostelgeschichte bewusst, wo neben Paulus der alexandrinische Jude Apollos für seine Mission bereitet wird. So wird Christus seine Apostel Stück für Stück ein wenig mehr begreiflich machen von dem, was er ihnen über den Vater schon längst offenbart hat – durch die Gabe des Heiligen Geistes, der in alle Wahrheit führen wird. Auch hier wird das Pfingstereignis sowie das sich dadurch verändernde Verhältnis der Apostel zum Vater. Das bezieht sich auf die Taufe: Wenn der Mensch als Kind Gottes und zum Erben seines Reiches wird, hat er eine solch innige Beziehung zum Vater, dass Christus als der Sohn Gottes nicht mehr für ihn bitten muss. Den eigenen Vater kann man ja um alles bitten.
Gott liebt alle Menschen auf der Welt, aber wenn es hier heißt „denn der Vater selbst liebt euch“, dann meint es die eingegangene Beziehung von Vater und Kind. Bis ein Mensch sich nicht für die Taufe entscheidet, ist es eine einseitige Liebe Gottes, dessen Liebe noch nicht erwidert worden ist. Dies ändert sich mit dem Sakrament der Taufe, das die Gegenliebe markiert.
Jesus schließt den heutigen Abschnitt damit, dass er seinen Weggang vom Vater bei seiner Menschwerdung und die Rückkehr bei der Himmelfahrt ausdrückt. Jesus wird zurückkehren zum Vater und dies haben wir liturgisch vor zwei Tagen gefeiert.
Jesus muss zurück zum Vater, doch er lässt uns nicht allein. Er hat uns alle eingeladen zur Familie Gottes und in seiner Nachfolge unternimmt auch Paulus alles ihm Mögliche, diese Einladung zu verkünden. Sagen wir jeden Tag neu ja zu der Familie Gottes, denn als Teil von ihr ist uns das ewige Leben geschenkt!
Ihre Magstrauss