15. Sonntag im Jahreskreis

Jes 55,10-11; Ps 65,10.11-12.13-14; Röm 8,18-23; Mt 13,1-23

Jes 55
10 Denn wie der Regen und der Schnee vom Himmel fällt und nicht dorthin zurückkehrt, ohne die Erde zu tränken und sie zum Keimen und Sprossen zu bringen, dass sie dem Sämann Samen gibt und Brot zum Essen,
11 so ist es auch mit dem Wort, das meinen Mund verlässt: Es kehrt nicht leer zu mir zurück, ohne zu bewirken, was ich will, und das zu erreichen, wozu ich es ausgesandt habe.

Wir hören heute aus dem Buch Jesaja. Das Kapitel, dem die hier vorliegenden Verse zugrunde liegen, handelt von der Wirksamkeit des göttlichen Wortes, das an diesem heutigen Sonntag das zentrale Thema darstellt.
Die Wirksamkeit wird mit einem meteorologischen Bild verglichen: So wie Regen und Schnee auf die Erde kommen, diese tränken und die Früchte zum Keimen und Wachsen bringen und erst dann wieder in den Himmel zurückkehren, so ist das Wort Gottes ebenso fruchtbar, bringt die gesamte Schöpfung zum Keimen und Wachsen. Durch das gesprochene Wort Gottes geht in der Genesis überhaupt erst alles hervor. Und als das Wort dann Fleisch geworden ist, hat es so viel Frucht gebracht, dass es unzählige Seelen zum Keimen und Wachsen gebracht hat. Erst nachdem er endgültig Frucht gebracht hat am Kreuz und bei der Auferstehung, ist er zum Vater zurückgekehrt. Auch die Kirche ist wie dieses fruchtbringende Wasser, denn sie ist durchtränkt vom Hl. Geist. Sie sendet ihr lebendiges Wasser in alle Himmelsrichtungen hinaus und durchtränkt die ganze Erde. Bis sie zum Vater zurückkehrt am Ende der Zeiten wird sie viele viele Seelen für ihn gewinnen. Und am Ende der Zeiten wird das lebendige Wasser, der Hl. Geist die ganze zertrümmerte Schöpfung so durchtränken, dass er einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen wird!
Jesus, das fleischgewordene Wort Gottes, hat wahrlich dem Sämann Brot zu essen gegeben. Er hat die Eucharistie gestiftet und nährt seine Sämänner, jeden einzelnen Getauften, dadurch dauerhaft. Gott ist so groß, danken wir ihm für sein Wort!

Ps 65
10 Du hast für das Land gesorgt, es getränkt, es überschüttet mit Reichtum. Der Bach Gottes ist voller Wasser, gedeihen lässt du ihnen das Korn, so lässt du das Land gedeihen.

11 Du hast seine Furchen getränkt, seine Schollen geebnet, du machst es weich durch Regen, segnest seine Gewächse.
12 Du hast das Jahr mit deiner Güte gekrönt, von Fett triefen deine Spuren.
13 In der Steppe prangen Auen, es gürten sich die Höhen mit Jubel.
14 Die Weiden bekleiden sich mit Herden, es hüllen sich die Täler in Korn. Sie jauchzen, ja, sie singen.

Als Antwort auf Gottes Heilswille beten wir Psalm 65, einen Lobpreispsalm Davids. In dem hier vorliegenden Abschnitt geht es um die Fruchtbarkeit der Natur, die Gott der Schöpfer so wunderbar erhält.
Gott ist kein Schöpfer, der nach der Hervorbringung alles sich selbst überlässt. Das ist die deistische Lüge. Gott ist vielmehr jemand, der auch „für das Land gesorgt“ hat. Er tränkt es und bringt ihm Reichtum. Damit ist vor allem eine reiche Ernte gemeint und der gute Ertrag ist Zeichen des Segens Gottes.
„Der Bach Gottes ist voller Wasser, gedeihen lässt du ihnen das Korn, so lässt du das Land gedeihen.“ Auch mit diesen wunderbar poetischen Ausdrücken wird dieser reiche Ernteertrag ausgedrückt. Gott verhindert das Austrocknen des Landes. Das Korn braucht Wasser, wie wir schon in Jes 55 gehört haben. Sonst bleibt es ein totes Korn. Das kann man wunderbar betrachten. Wir wissen von Jesus, dass er dieses Bild aufgreift und sagt: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es reiche Frucht (Joh 12,24). Es stirbt durch das Aufbrechen im Keimprozess. Dafür entsteht neues Leben. Das Keimen funktioniert aber nur, wenn auch ausreichend Wasser vorhanden ist. Jesus Christus ist selbst dieses Korn, das durch den Kreuzestod, das ewige Leben wieder zum Keimen gebracht hat. Und das Wasser, das dafür benötigt worden ist, ist der Heilige Geist, den er ausgehaucht hat auf die ganze Menschheit. Es ist der Geist, der das Weizenkorn der Kirche zum Keimen gebracht hat beim Pfingstereignis und der das ewige Leben jedes Menschen bei der Taufe zum Keimen bringt. Dieser Vorgang ist typologisch zur ersten Schöpfung zu betrachten, bei der der erste Mensch aus Ackerboden geschaffen eine ewige Seele durch denselben Geist Gottes erhält.
Gottes Geist belebt die ganze Welt, „die Furchen“, „seine Gewächse“. Der Geist Gottes ebnet und macht weich durch den Regen. Das können wir auch wunderbar auf uns Menschen beziehen, die mit dem Heiligen Geist getränkt den Alltag begehen. Durch den Geist geführt und durchwirkt werden wir immer mehr zu Abbildern Gottes, wir werden weich im Sinne zunehmender Tugendhaftigkeit. Wir überwinden unsere Laster nach und nach. Und wenn sich tiefe Furchen gebildet haben im moralischen Sinn, dann gibt uns Gott die Möglichkeit der Versöhnung im Sakrament der Beichte. Dann fließt der Geist Gottes als lebendiges Wasser in uns hinein und durchtränkt uns erneut.
Gott krönt das Jahr mit seiner Güte. Das bezieht sich in diesem hier vorliegenden Bildfeld der Landwirtschaft und Schöpfung vor allem auf das Erntejahr. Das Triefen von Fett ist im Psalmenkontext immer ein Zeichen von Segen und Wohlstand.
Gott sorgt für die Auen, auf die er seine geliebten Kinder als guter Hirte führen möchte. Gott lässt alles blühen und die ganze Schöpfung jubelt in ihrer Pracht und Schönheit. Auch die Tierwelt ist zahlreich und preist Gott mit ihrem ganzen Dasein. Das triefende Fett ist mit gesunden Tieren und reichen Opfern in Verbindung zu bringen.
Gott sorgt für einen großen Reichtum, wenn der Mensch ganz innig in seinem Liebesradius bleibt.

Röm 8
18 Ich bin nämlich überzeugt, dass die Leiden der gegenwärtigen Zeit nichts bedeuten im Vergleich zu der Herrlichkeit, die an uns offenbar werden soll.
19 Denn die Schöpfung wartet sehnsüchtig auf das Offenbarwerden der Söhne Gottes.
20 Gewiss, die Schöpfung ist der Nichtigkeit unterworfen, nicht aus eigenem Willen, sondern durch den, der sie unterworfen hat, auf Hoffnung hin:
21 Denn auch sie, die Schöpfung, soll von der Knechtschaft der Vergänglichkeit befreit werden zur Freiheit und Herrlichkeit der Kinder Gottes.
22 Denn wir wissen, dass die gesamte Schöpfung bis zum heutigen Tag seufzt und in Geburtswehen liegt.
23 Aber nicht nur das, sondern auch wir, obwohl wir als Erstlingsgabe den Geist haben, auch wir seufzen in unserem Herzen und warten darauf, dass wir mit der Erlösung unseres Leibes als Söhne offenbar werden.

In der zweiten Lesung hören wir ebenfalls Schöpfungs- und Erntemotive, nun im Kontext eines Lebens nach der Taufe. Es ist ein ganz neues Dasein, wie uns Paulus in den letzten Wochen durch die Passagen des Römerbriefes immer wieder verdeutlicht hat. Und wenn es um uns herum immer schwieriger wird, ist das positiv anzusehen.
Paulus ist nämlich davon überzeugt, dass die jetzigen Leiden aus der Sicht der Ewigkeit verschwindend gering sind. Die ganze Schöpfung ist ja in Erwartung auf diese heilvolle Ewigkeit, in der die „Söhne Gottes“ offenbar werden. Durch die Taufe sind wir Kinder Gottes geworden, zu Erben in seinem Reich. Die Taufe ist dabei ein unauslöschliches Siegel, das der Seele aufgedrückt worden ist. Es ist allerdings unsichtbar. Dass wir dieses Siegel an uns tragen, wird erst am Ende der Zeiten offenbar. Dann werden es alle erkennen und bereuen, dieses königliche Geschlecht angetastet zu haben. Dann wird Gott seine Kinder zu sich holen und diese werden in ewiger Seligkeit leben. Darauf wartet die ganze Schöpfung voller Sehnsucht, weil die Anfeindungen gegenüber Christen immer größer wird. Wir können das vollkommen unterschreiben. In unserer heutigen Zeit ist die Christenverfolgung so stark wie noch nie. Je gottloser die Welt wird, desto stärker wird unser Schreien nach dem erlösenden Ende der Welt.
Die ganze Schöpfung ist gefallen durch die Sünde des ersten Menschenpaares. Aber nicht das erste Menschenpaar ist es, das die Welt unterworfen hat. Vielmehr ist es der Satan, der Widersacher Gottes, der die Herrschaft der Welt an sich gerissen und die Menschen zur Sünde verführt hat. Christus hat ihm durch seine Erlösung die Weltherrschaft entrissen, doch ein gewisser Spielraum ist geblieben. Er versucht auch uns heute noch zur Sünde. Und das, was er zerstört hat, bleibt zerstört. Die erste Schöpfung wird am Ende der Zeiten ein Ende finden („ist der Nichtigkeit unterworfen“) und Gott wird eine neue Schöpfung hervorbringen. Und den Anfang bildet das zweite Menschenpaar – Jesus und Maria. Wir alle, die wir getauft sind, gehören dieser neuen Schöpfung bereits an. Das stellt den Grund für eine unerschütterliche Hoffnung dar, denn auch wenn die erste und zerbrochene Schöpfung ein Ende findet, gibt es einen Ausweg aus der Nichtigkeit. Und dieser lautet die „Freiheit und Herrlichkeit der Kinder Gottes“, kurzum: die Taufe. Das ist die sakramentale Auslegung des Verses, doch Paulus sagt ja deutlich, dass auch die gesamte Schöpfung von der alten zur neuen Schöpfung gebracht werden soll. Dies wird am Ende der Zeiten geschehen. Es ist auch bei der Schöpfung so wie bei der Taufe eine Neugeburt im Heiligen Geist. Und wie es bei einer Geburt üblich ist, gehen ihr schmerzhafte Wehen voraus. Diese Schmerzen erleidet die Welt nun in der Endzeit.
Paulus argumentiert also zwei analoge Dinge hier: der einzelne Mensch beim Übergang vom alten zum neuen Leben sowie die ganze Schöpfung beim Übergang vom alten zum neuen Leben. Die Sehnsucht nach dem zweiten Kommen verbindet beide Perspektiven: Christus wird wiederkommen in Herrlichkeit, als verherrlichter Menschensohn, als Weltenrichter. Und dann wird der Schmerz dieser Tage hinweggenommen, die Tränen von den Augen abgewischt werden. Schon jetzt haben wir Erstlingsgaben dieser neuen Schöpfung. Das ist der Heilige Geist, der sich vielfältig manifestiert. Hier haben wir eine Metapher aus dem Bildfeld der Landwirtschaft.
Das Bild von Schöpfung und Ernte wird in dieser Lesung in einem erweiterten Kontext gebraucht. Es geht vor allem um die Erlösung von der alten Schöpfung, weniger um die Erhaltung der ersten wie im Psalm. Es geht auch zwar auch um das erste Kommen Christi, bei dem er die Welt erlöst hat, insofern es den Grund für die Taufe gelegt hat, aber Paulus reflektiert hier schon die Konsequenzen davon.
Das zeigt uns, dass alles bisher Gehörte sich gegenseitig ergänzt und auf das hinausläuft, was wir nun im Evangelium hören.

Mt 13
1 An jenem Tag verließ Jesus das Haus und setzte sich an das Ufer des Sees.

2 Da versammelte sich eine große Menschenmenge um ihn. Er stieg deshalb in ein Boot und setzte sich. Und alle Menschen standen am Ufer.
3 Und er sprach lange zu ihnen in Gleichnissen. Er sagte: Siehe, ein Sämann ging hinaus, um zu säen.
4 Als er säte, fiel ein Teil auf den Weg und die Vögel kamen und fraßen es.
5 Ein anderer Teil fiel auf felsigen Boden, wo es nur wenig Erde gab, und ging sofort auf, weil das Erdreich nicht tief war;
6 als aber die Sonne hochstieg, wurde die Saat versengt und verdorrte, weil sie keine Wurzeln hatte.
7 Wieder ein anderer Teil fiel in die Dornen und die Dornen wuchsen und erstickten die Saat.
8 Ein anderer Teil aber fiel auf guten Boden und brachte Frucht, teils hundertfach, teils sechzigfach, teils dreißigfach.
9 Wer Ohren hat, der höre!
10 Da traten die Jünger zu ihm und sagten: Warum redest du zu ihnen in Gleichnissen?

11 Er antwortete ihnen: Euch ist es gegeben, die Geheimnisse des Himmelreichs zu verstehen; ihnen aber ist es nicht gegeben.
12 Denn wer hat, dem wird gegeben und er wird im Überfluss haben; wer aber nicht hat, dem wird auch noch weggenommen, was er hat.
13 Deshalb rede ich zu ihnen in Gleichnissen, weil sie sehen und doch nicht sehen und hören und doch nicht hören und nicht verstehen.
14 An ihnen erfüllt sich das Prophetenwort Jesajas: Hören sollt ihr, hören und doch nicht verstehen; sehen sollt ihr, sehen und doch nicht einsehen.
15 Denn das Herz dieses Volkes ist hart geworden. Mit ihren Ohren hören sie schwer und ihre Augen verschließen sie, damit sie mit ihren Augen nicht sehen und mit ihren Ohren nicht hören und mit ihrem Herzen nicht zur Einsicht kommen und sich bekehren und ich sie heile.
16 Eure Augen aber sind selig, weil sie sehen, und eure Ohren, weil sie hören.
17 Denn, amen, ich sage euch: Viele Propheten und Gerechte haben sich danach gesehnt zu sehen, was ihr seht, und haben es nicht gesehen, und zu hören, was ihr hört, und haben es nicht gehört.
18 Ihr also, hört, was das Gleichnis vom Sämann bedeutet.
19 Zu jedem Menschen, der das Wort vom Reich hört und es nicht versteht, kommt der Böse und nimmt weg, was diesem Menschen ins Herz gesät wurde; bei diesem ist der Samen auf den Weg gefallen.
20 Auf felsigen Boden ist der Samen bei dem gefallen, der das Wort hört und sofort freudig aufnimmt;
21 er hat aber keine Wurzeln, sondern ist unbeständig; sobald er um des Wortes willen bedrängt oder verfolgt wird, kommt er sofort zu Fall.
22 In die Dornen ist der Samen bei dem gefallen, der das Wort hört, und die Sorgen dieser Welt und der trügerische Reichtum ersticken es und es bleibt ohne Frucht.
23 Auf guten Boden ist der Samen bei dem gesät, der das Wort hört und es auch versteht; er bringt Frucht – hundertfach oder sechzigfach oder dreißigfach.

Das Evangelium greift das Bildfeld der Landwirtschaft auf, um das Wort Gottes zu verbildlichen wie in Jes 55. Dies geschieht durch ein komplexes Gleichnis, das er später seinen Jüngern deutet.
Die Umstände der Lehre Jesu stellen ein Déjà vu dar. Er muss wieder in ein Boot steigen, um von dort aus die Menschenmassen zu lehren. Es ist einerseits voll, andererseits lehrt er dadurch seine Jünger. Eigentlich hätte er auch auf einen Felsen oder ein Podest steigen können, aber er möchte seinen berufenen Menschenfischern noch einmal demonstrieren, wie das geht. Der Köder, durch den die Fische anbeißen sollen, ist das Wort Gottes. Das Bild muss dabei richtig verstanden werden. Im Gegensatz zu den Fischen, die durch das erfolgreiche Fangen sterben, erhalten die Menschenfische durch das Gefangenwerden das ewige Leben, die Freiheit des Reiches Gottes. Und doch ist dieses Bild das Geeignetste für die „Fischer-Jünger“. Jesus wirft vor ihren Augen die Netze aus. Er beginnt zu lehren. Er erklärt dabei das Reich Gottes. Seine Worte sind der köstlichste Köder, denn die Menschenmassen nehmen dafür lange Reisen auf sich (naja, vor allem natürlich wegen der darauffolgenden Heilungen, aber dennoch…). Was Jesus heute erklärt, ist ein anderes Bild für das Menschenfischen – das Säen von Samen.
Kommen wir gleich zur Deutung, weil Jesus ja das der Masse Vorgetragene noch einmal aufgreift. Der Sämann ist Christus, der Same das Wort Gottes. Jesus hat mit dem Gleichnis das umschrieben, was er in dem Moment auch tat: vom Boot aus den Menschenmassen, die die unterschiedlichen Böden darstellen, das Wort Gottes predigen, also aussäen. Die Jünger haben seine Pointe nicht verstanden, obwohl es Jesus immer darum geht, Dinge nicht zu sagen, sondern zu zeigen. Sie fragen ihn, warum Jesus in Gleichnissen gesprochen hat. Er erklärt, dass diese Weise einen Indikator darstellt. Daran scheiden sich die Geister. Wer bei diesen Worten zum Nachdenken kommt und sie zu verstehen sucht, ist wirklich bereit, Jünger Christi zu sein. Wer sich desinteressiert abwendet, weil die Worte keine leichte Kost sind, die sofort ersichtlich sind, die bleiben „draußen“. Es geht also um die Haltung beim Hören. Wer hat, dem wird gegeben – wer einen Willen zum Kennenlernen Jesu hat, dem wird die Gnade gegeben, dies auch tun zu können. Wer nicht mal den Willen hat, dem wird auch noch die vorausgehende Gnade genommen, mit der es überhaupt zur Anwesenheit bei Jesus und zum Hören seiner Gleichnisse gekommen ist. Gleichnisse sind also Jesu Methode, die Verstocktheit oder die Bereitschaft für das Evangelium offenzulegen.
Jesus greift daraufhin ein wichtiges Schriftwort aus dem Propheten Jesaja auf: „Hören sollt ihr, hören, aber nicht verstehen. Sehen sollt ihr, sehen, aber nicht erkennen.“ (Jes 6,9). Das ist eine sehr drastische Stelle. Bei Jesaja geht es um seine Berufung und diese besteht darin, die Menschen vor die Wahl zu stellen: Er soll nicht so auftreten, dass weniger Menschen zu Gott umkehren, sondern damit sie sich die Mühe machen, seine Botschaft zu verstehen. Sie sollen „gezüchtigt“ werden. Diese „Hürde“ ist ein wichtiger Reifeprozess, damit jene, die ihn vollständig durchlaufen, sich wirklich ganz für Gott entscheiden können. Gott ist also kein Sadist, der Bedingungen stellt, sondern er tut es, damit unsere Herzen für den Empfang des ewigen Heils bereitgemacht werden. So tut es auch Jesus mit den Gleichnissen. Er „verschleiert“ seine Verkündigung, damit die Menschen nicht einfach nur alles registrieren und fertig, sondern sich wirklich die Mühe machen, darüber nachzudenken. So kann er indessen ihre Herzen formen. Das Wort Gottes ist ein zweischneidiges Schwert. An ihm scheiden sich die Geister. Jene, die nur aus Sensationsgier da sind, die an dem Inhalt der Verkündigung Jesu kein Interesse haben, kehren sich davon ab, weil es zu viel Mühe bereitet, es zu verstehen. Jene, die wirklich mit offenem Herzen gekommen sind, werden sich diese Mühe aber machen und so wird die Verschleierung Jesu zu einer großen Chance für alle Anwesenden. Es hängt also nicht von Gott ab, der irgendwelche Vorbehalte macht, sondern vom Menschen selbst, ob er sich bekehrt. Und die, die noch nicht umgekehrt sind, sind jene, die „draußen sind“.
Die Apostel aber sind nicht verstockt. Sie sehen HIN und hören HIN. Sie verstehen auch das Privileg, das sie im Gegensatz zu den Gerechten und Propheten genießen dürfen, die den Messias mit eigenen Augen schauen wollten. Auch wir, die wir nun spätere Generationen darstellen, genießen dieses Privileg nicht gleichermaßen. Wir schauen Christus verborgen in den Gestalten von Brot und Wein, in denen er natürlich genauso real präsent ist. Aber das erfordert große Glaubenskraft.
Daraufhin erklärt Jesus das Gleichnis. Es geht um die verschiedenen Beschaffenheiten des Bodens, auf den das Wort Gottes fällt. Es sind die unterschiedlichen Herzenshaltungen der Menschen, mit denen sie Jesu Predigt in sich aufnehmen: Der Same auf dem Weg wird vom Satan direkt geraubt, bevor es Wurzeln schlagen kann. Warum ausgerechnet auf dem Weg? Es sind die Menschen, die im Prozess der Umkehr sind, die noch auf dem Weg zu Gott sind. Der Satan gerät in Panik und tut alles, damit die Seele nicht für Christus gewonnen wird. Er will die Seele für sich behalten. Deshalb müssen wir sehr viel für jene beten, die Gott suchen und vielleicht sogar schon auf dem Weg zur Taufe sind. Sie erleiden starke Anfechtungen und Versuchungen, denn Satan will unsere Königskindschaft mit allen Mitteln verhindern. Wir denken hier an Paulus, der die Geburtswehen sowohl bei der Schöpfung als auch im Herzen des Einzelnen beschreibt. Das sind jetzt solche Geburtswehen vor der Taufe.
Der felsige Boden ist die Haltung der Menschen, die einen oberflächlichen Glauben haben, ohne Wurzeln und unbeständig. Beim ersten Widerstand geben sie auf, weil es zu unangenehm wird und es ihnen aufgrund der fehlenden Wurzeln den Boden unter den Füßen wegzieht. Solche „christlichen Sanguiniker“ sind diejenigen, die sich das Angenehme gern herauspicken und das Unangenehme ausblenden. Sie sind felsig, das heißt, sie wollen sich nicht ganz formen lassen von Gott, der auch mal züchtigen muss, der für uns nicht immer nur Feierlaune, sondern auch mal den grauen Alltag bereithält. Die Felsen der eigenen Voreingenommenheit, die Patchwork-Mentalität zerstören aber die Samen des Wortes Gottes. So wächst es nicht in jenen Menschen, so werden jene Menschen also nicht zum Leib Christi, dem fleischgewordenen Wort Gottes.
Die Herzenshaltung des dornigen Gestrüpps ist besonders tödlich. Gottes ewiges Wort, seine Weisheit, die nicht von dieser Welt ist, gerade auch vom Denken her, ist ganz anders als die Sichtweise der Welt mit ihren Verlockungen und ihrer Sünde. Doch in Menschen, die so weltlich eingestellt sind, auch gerade Menschen, die sich übertriebene Sorgen machen, also zu wenig Gottvertrauen besitzen, kann das Wort Gottes nicht keimen, Wurzeln schlagen, wachsen, Früchte tragen. Es stirbt sofort ab, weil das Herz voll von anderem ist. Jesus, das Wort Gottes, findet keinen Platz im Herzen solcher Menschen. Und er ist ein Gentleman. Wer ihn nicht hineinlässt, den lässt er auch in Ruhe. Dieses Dornengestrüpp breitet sich in unserer Kirche heutzutage rasant aus. Immer weniger Geistliche sind noch geistlich eingestellt. Wie viele unserer deutschen Bischöfe bestimmen ihr gesamtes Wirken noch von Christus her, dessen Reich nicht von dieser Welt ist? Es dominiert immer mehr die menschliche und weltliche Denkweise. Das Humanistische erfüllt die ganzen kirchlichen Grundvollzüge – so stark, dass für den Hl. Geist kein Platz mehr übrig bleibt.
Schließlich beschreibt Jesus die Fruchtbaren – die, die hören, aufnehmen und Frucht tragen. „Hören“ meint mehr als nur das physische Hören. Es meint den Ge-hor-sam, das Hören mit dem Glauben, das „auf ihn Hören“. In sich aufnehmen tun jene das Wort Gottes, die es an sich heranlassen. Die es akzeptieren und be-herzigen im wortwörtlichen Sinn: die es in sich verarbeiten, es betrachten, darüber nachdenken, es immer tiefer zu verstehen versuchen, die es nicht nur oberflächlich und rein informativ registrieren. Maria ist ein perfektes Beispiel für das „in sich Aufnehmen“. Sie bewahrt alle Geschehnisse in ihrem Herzen und denkt darüber nach. Das macht sie zur perfekten Jüngerin und dem fruchtbarsten Boden – auf dem das Wort Gottes deshalb auch Fleisch geworden ist! Früchte trägt das Wort Gottes dann, wenn die Menschen es in ihr eigenes Denken aufgenommen haben, wenn es von da an ihre eigenen Gedanken, Worte und Taten bestimmt, wenn es konkrete Auswirkungen hat im Verhalten.

Am Ende wird Jesus noch einen drauflegen. Er wird nicht nur das Wort Gottes säen in Form von gesprochenem Wort und Heilsdienst. Er wird sich selbst hingeben für die vielen Menschen am Kreuz. Er wird sein Fleisch und Blut austeilen und auch dann wird es auf unterschiedlichen Boden fallen. Der neue Bund wird allen Menschen angeboten, doch annehmen werden ihn nicht alle. Viele wird es kalt lassen, was Jesus für sie getan hat. Viele werden es zunächst annehmen und dann beim ersten Problem von ihm weglaufen. Nicht alle werden fruchtbar. Einige werden nicht glauben, dass Jesu Tat sie wirklich gerettet hat. Sie werden an ihrem fehlenden Vertrauen an Gott ersticken.
Jesus sät seinen „Samen“, d.h. sein Fleisch und Blut, in jeder Hl. Messe in das Herz der Kirche. Er sät sein Fleisch in unsere Herzen, die wir ihn in der Kommunion empfangen! Wird sein Same dort auf fruchtbaren Boden fallen? „Du bist, was du isst.“ Das ist nicht nur der Slogan von Wasa, das ist zuerst das Motto der Eucharistie. Wir werden immer mehr zum Leib Christi, indem wir ihn empfangen. Dies wird sich in unseren Gedanken, Worten und Werken immer mehr zeigen. Auch gerade im Alltag, da wo uns keiner sieht, da wo wir dann umsetzen sollen, was wir gelernt haben.
Das alles drückt Jesus heute im Evangelium aus.

Heute streut Jesus durch die Tageslesungen sehr viel Samen auf unseren Boden. Wir haben wirklich viel Arbeit damit, es zu hören, es in uns aufzunehmen und in uns wachsen zu lassen. Aber wenn wir ihm einen fruchtbaren Boden bereiten und ihn darauf fallen lassen, wird er seine Spuren in uns hinterlassen. Das werden wir selbst immer mehr seinem Wesen gleichgestaltet. Das ist der Weg der Heiligkeit.

Ihre Magstrauss

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