33. Sonntag im Jahreskreis

Spr 31,10-13.19-20.30-31; Ps 128,1-2.3.4-5; 1 Thess 5,1-6; Mt 25,14-30

Spr 31
10 Eine tüchtige Frau, wer findet sie? Sie übertrifft alle Perlen an Wert.
11 Das Herz ihres Mannes vertraut auf sie und es fehlt ihm nicht an Gewinn.
12 Sie tut ihm Gutes und nichts Böses alle Tage ihres Lebens.
13 Sie sorgt für Wolle und Flachs und arbeitet voll Lust mit ihren Händen.
19 Nach dem Spinnrocken greift ihre Hand, ihre Finger fassen die Spindel.
20 Sie öffnet ihre Hand für den Bedürftigen und reicht ihre Hände dem Armen.
30 Trügerisch ist Anmut, vergänglich die Schönheit, eine Frau, die den HERRN fürchtet, sie allein soll man rühmen.
31 Gebt ihr vom Ertrag ihrer Hände, denn im Stadttor rühmen sie ihre Werke!

Heute hören wir als erste Lesung einen Ausschnitt, den nicht König Lemuel selbst geschrieben hat, sondern seine Mutter. Das ist also das einzige biblische Kapitel, das von einer Frau verfasst worden ist.  Da die Überlieferung Salomo als Autor des Sprichwörter-Buches voraussetzt, könnte man davon ausgehen, dass „Lemuel“ ein symbolischer Name mit der Bedeutung „Gott zugehörig“ für Salomo ist. Ansonsten wird auf einen tatsächlichen König hingewiesen, der aber nur an dieser Stelle erwähnt wird und der König in Massa war.
Wie auch immer: Eine Königsmutter höchstpersönlich ist Urheberin dieser Worte: „Eine tüchtige Frau, wer findet sie? Sie übertrifft alle Perlen an Wert.“ Mit „tüchtig“ wird das hebräische Wort חַ֭יִל  chajil übersetzt, das unter anderem „Kraft, Stärke“ und „militärische Macht“ meint. Wenn eine tüchtige Frau das Idealbild ist, heißt das nicht, dass man einen Soldaten zur Frau hat, sondern eine starke Stütze. Adam war unzufrieden und sehnte sich im Garten Eden nach einer Hilfe, die ihm entsprach. Ein Mann ist also nach biblischem Verständnis nur so stark wie seine Stütze, die Ehefrau. Sie stärkt ihm den Rücken bei allem, was er tut, ob es im Alten Israel ein Krieger ist, ein Landwirt, ein Weinbauer oder was auch immer. Wer sehnt sich denn nicht nach einem Ehepartner, der einen bei allem unterstützt!
Der Mann kann sich auf so eine Frau wirklich verlassen, bei allem. Eine solche Frau wird nämlich den Beruf mittragen, ebenso die Berufung. Sie wird mit anpacken und das Geschäft bzw. der Ertrag wird Gewinn bringen. Sie ist aber nicht einfach nur eine tüchtige Arbeitskraft, weshalb es zu Gewinn kommt. Es ist vor allem der Segen Gottes, der auf dem Vorhaben liegt. Auf Ehepartnern, die einander vertrauen und sich Stütze sind, liegt der Segen Gottes. Das betrifft für heutige Paare auch die andere Seite, also die Unterstützung der Frau durch den Mann.
Die ideale Frau will ihrem Mann immer nur Gutes und gönnt ihm alles. Das ist Liebe. Liebe heißt, den anderen fördern, dass ihm gleichsam Flügel wachsen, sich entfaltet, die Stärken fördert und die Schwächen überwindet. Liebe ist, dem anderen dazu zu verhelfen, wie eine wunderbare Rose aufzublühen. Eine Frau, die also keine Hintergedanken hat, neidisch und eifersüchtig auf den Erfolg ihres Mannes ist, ihm das alles am liebsten entreißen würde, ist wirklich eine gute Frau. Sie liebt ihn dann wirklich von Herzen.
Eine tüchtige Frau macht sich auch nützlich, um sich um die Familie zu kümmern. Sie sorgt für Kleidung, was hier durch die Verarbeitung verschiedener Materialien wie Wolle und Flachs verdeutlicht wird. Sie spendet zusammen mit der Bekleidung ihre mütterliche Liebe, die so groß ist, dass sie über den eigenen Haushalt hinausgeht. Das wird uns vor Augen geführt durch die offene Hand der Bedürftigen und Armen. Sie ist barmherzig mit jenen, die es schlechter haben als sie. Das bringt den Segen Gottes ein, denn nicht erst die Christen, auch schon die Juden sollen barmherzig sein wie der Vater im Himmel.
Die ideale Frau ist schön von innen, was sie schön macht, ist ihre Gottesfurcht. Diese ist anhaltend im Gegensatz zur äußeren Schönheit, die mit dem Alter verwelkt. Das heißt natürlich nicht, dass die ideale Frau nicht schön sein darf – Schönheit liegt ohnehin im Auge des Betrachters – vielmehr soll man als Suchender nicht einfach auf die äußere Schönheit einer Frau achten. Diese wird vergehen und kann auch zur bösen Überraschung werden, wenn nämlich trotz äußerer Schönheit ein hässlicher Charakter und eine frevelhafte Seele hervorkommen.
Warum aber rühmt ihre Werke im Stadttor? Im Stadttor hat man im Alten Israel Recht gesprochen. Es ist der Ort des Gerichts. Also bezeugen selbst die offiziellen Gerichte die Tüchtigkeit einer solchen Frau, wie sie hier beschrieben wird.
Wenn Sie auf der Suche nach einer Ehefrau sind, beten Sie um jemanden, der genau zu Ihnen passt! Beten Sie auch darum, dass Gott Ihnen zeige, ob sie überhaupt für die Ehe geeignet sind. Und ganz wichtig: Wenn man eine tüchtige Ehefrau möchte, muss man erst einmal ein tüchtiger potenzieller Ehemann werden.

Ps 128
1 Ein Wallfahrtslied. Selig jeder, der den HERRN fürchtet, der auf seinen Wegen geht!
2 Was deine Hände erarbeitet haben, wirst du genießen; selig bist du – es wird dir gut ergehn.
3 Deine Frau ist wie ein fruchtbarer Weinstock im Innern deines Hauses. Wie Schösslinge von Ölbäumen sind deine Kinder rings um deinen Tisch herum.
4 Siehe, so wird der Mann gesegnet, der den HERRN fürchtet.
5 Es segne dich der HERR vom Zion her. Du sollst schauen das Glück Jerusalems alle Tage deines Lebens.

Als Antwort auf die Lesung beten wir Ps 128, der zum psalmübergreifenden Wallfahrtslied 120-134 gehört. Er stellt einen Haussegen dar. Selig sind wir, wenn wir Gottes Gebote halten. Dieses Verhalten zeigt unsere Gottesfurcht und ein geordnetes Leben, ganz wie es in der Lesung für das Ideal einer Frau beschrieben wird. Wir werden Segen haben, wenn wir „auf seinen Wegen“ gehen. Dieser Segen wird sich z.B. am Erntereichtum zeigen. Das greift Gen 3 auf, wo als Folge des ersten Sündenfalls die mühevolle Arbeit angekündigt wird, um das tägliche Brot essen zu können. Erntereichtum ist umso mehr ein Zeichen der Gnade Gottes.
Wenn man den Segen Gottes hat, ist man fruchtbar – im Sinne von Nachkommenschaft wie des Ernteertrags. Die Frau ist dann wirklich ein fruchtbarer Weinstock und die Kinder Schösslinge von Ölbäumen. Das Begriffsfeld Wein-Öl ist typisch für den Segen und die Fülle der Freude Gottes.
Auch Vers 4 drückt aus, dass der gottesfürchtige Mann gesegnet sein wird. Wer Gott aber fürchtet, wird sein Leben nicht einfach schleifen lassen. Das trifft auch für die gottesfürchtige Frau zu, die etwas aus ihrem Leben macht und mit anpackt.
Wenn es dann zum Ende hin heißt „Es segne dich der HERR vom Zion her“, dann ist das ein besonderer Segen. Für die Israeliten war das die maximale Form von Segen, denn „vom Zion“ meint „vom Tempel“. Und dort wohnte die Herrlichkeit Gottes. Wir Christen sehen darin eine typologische Verbindung zum eucharistischen Segen. „Zion“ ist nun die Kirche, in der das Allerheiligste nicht mehr die Bundeslade, sondern der Tabernakel mit den konsekrierten Hostien ist – das fleischgewordene Wort Gottes.
Das ewige Schauen des Glücks Jerusalems ist dann auch mehr als nur wörtlich zu verstehen: Es bezieht sich auf die Glückseligkeit des himmlischen Jerusalems. Dann werden wir mit der himmlischen Familie, also in Gemeinschaft der Heiligsten Dreifaltigkeit leben. Dann kommen wir von der Abbildhaftigkeit zur Vollendung. Das dürfen wir sakramental schon jetzt erfahren in der Gemeinschaft der Gläubigen, der Kirche. Wir sind eine einzige Familie, bei der der Priester unser Vater ist. Er sorgt für die Sakramente und Sakramentalien. Die Kirche gebärt uns, zieht uns auf und nährt uns mit den Heilsmitteln seelisch. Alle Gläubigen sind Geschwister im Glauben und bilden so die geistliche Familie, von der Jesus gesprochen hat (Mt 12,50; Mk 3,35).

1 Thess 5
1 Über Zeiten und Stunden, Brüder und Schwestern, brauche ich euch nicht zu schreiben.
2 Ihr selbst wisst genau, dass der Tag des Herrn kommt wie ein Dieb in der Nacht.
3 Während die Menschen sagen: Friede und Sicherheit!, kommt plötzlich Verderben über sie wie die Wehen über eine schwangere Frau und es gibt kein Entrinnen.
4 Ihr aber, Brüder und Schwestern, lebt nicht im Finstern, sodass euch der Tag nicht wie ein Dieb überraschen kann.
5 Ihr alle seid Söhne des Lichts und Söhne des Tages. Wir gehören nicht der Nacht und nicht der Finsternis.
6 Darum wollen wir nicht schlafen wie die anderen, sondern wach und nüchtern sein.

In der zweiten Lesung geht es heute um die gebotene Wachsamkeit angesichts des baldigen Kommens Christi. Wie bereits vor einer Woche gesagt befinden wir uns am Ende des Kirchenjahres und so hören wir in den Lesungen oft vom Weltende, vom Gericht Gottes, von der Wachsamkeit der Christen bis dahin.
Paulus sagt, dass er den Adressaten keine Zeitangaben machen braucht. Das heißt nicht, dass es überflüssig ist, weil sie es bereits wissen. Es heißt, dass weder er noch irgendein anderes Geschöpf weiß, wann das Ende der Welt ist. Deshalb sollen sie alle ja wachsam sein. Es könnte ja jeden Moment eintreffen. Er beschreibt das plötzlich Hereinbrechen Gottes in die Weltgeschichte wie den Einbruch eines Diebes in der Nacht.
Während sich die Menschen in Sicherheit wiegen, kommt der Dieb und sie sind ihm wehrlos ausgeliefert. Das Bildfeld des Hauses und Diebes ist sehr verbreitet für das Ende der Welt und auch Jesus selbst greift es in den apokalyptischen Reden auf. Auch das zweite Bild ist verbreitet und Paulus benutzt es in den verschiedenen Briefen: Das der gebärenden Frau. So wie die Wehen plötzlich einsetzen und sie ihnen einfach ausgeliefert ist, so sind die Wehen des Weltendes. Sonst ist das Bild bei Paulus ein wenig anders gelagert, nämlich so, dass die Wehen die bereits angebrochene Endzeit umschreiben, sodass erst der eigentliche Geburtsmoment das Ende der Zeiten darstellt.
Beide Bilder sind Anlass dafür, auf die unbedingt notwendige Wachsamkeit zu sprechen zu kommen. Weil die Thessalonicher nicht im Finstern leben, also Wissende sind aufgrund der Offenbarung Gottes, zugleich Hoffende und Österliche sind durch die Taufgnade und Erlösung Jesu Christi, weil sie in der anhaltenden Gnade leben dürfen, sind sie anders. Sie wiegen sich nicht in blinder Sicherheit und lassen ihr Leben schleifen, sondern sie leben so, dass der Menschensohn jederzeit kommen kann. Das geschieht durch ein Leben nach den Geboten Gottes.
Wer getauft ist, ist Sohn (und Tochter) des Lichts sowie des Tages. Christus ist ihre Sonne der Gerechtigkeit, und der ewige Tag durch den Sonnenaufgang des Auferstandenen. Die Sonne geht nie mehr unter bei jenen, die schon zur neuen Schöpfung gehören.
Das hat die Konsequenz, dass die Thessalonicher nicht schlafen sollen wie die anderen, also jene, die noch zur alten Schöpfung gehören, die keine Perspektive und Hoffnung haben, sondern wachsam und nüchtern sein. Die Nüchternheit hat damit zu tun, dass wenn man berauscht ist, das Bedürfnis hat, den Rauch auszuschlafen. Das geht aber nicht angesichts des Diebes, der in dieser Zeit kommen könnte.
Paulus denkt natürlich nicht, dass Christus ein Dieb ist. Wenn er kommt, möchte er den Menschen nichts Böses, aber es ist eine absolut ernste Sache. Es geht um alles, um das ewige Leben. Wer dann nicht im Stand der Gnade ist, obwohl er so viele Chancen von Gott bekommen hat, muss dann die endgültige Konsequenz tragen. Deshalb betont Paulus so eindringlich die Wachsamkeit der Christen. Aber wenn Christus dann kommt und alles ist gut, dann wird das ein absoluter Grund zur Freude sein!

Mt 25
14 Es ist wie mit einem Mann, der auf Reisen ging. Er rief seine Diener und vertraute ihnen sein Vermögen an.
15 Dem einen gab er fünf Talente Silbergeld, einem anderen zwei, wieder einem anderen eines, jedem nach seinen Fähigkeiten. Dann reiste er ab. Sofort
16 ging der Diener, der die fünf Talente erhalten hatte hin, wirtschaftete mit ihnen und gewann noch fünf weitere dazu.
17 Ebenso gewann der, der zwei erhalten hatte, noch zwei weitere dazu.
18 Der aber, der das eine Talent erhalten hatte, ging und grub ein Loch in die Erde und versteckte das Geld seines Herrn.
19 Nach langer Zeit kehrte der Herr jener Diener zurück und hielt Abrechnung mit ihnen.
20 Da kam der, der die fünf Talente erhalten hatte, brachte fünf weitere und sagte: Herr, fünf Talente hast du mir gegeben; sieh her, ich habe noch fünf dazugewonnen.
21 Sein Herr sagte zu ihm: Sehr gut, du tüchtiger und treuer Diener. Über Weniges warst du treu, über Vieles werde ich dich setzen. Komm, nimm teil am Freudenfest deines Herrn!
22 Dann kam der Diener, der zwei Talente erhalten hatte, und sagte: Herr, du hast mir zwei Talente gegeben; sieh her, ich habe noch zwei dazugewonnen.
23 Sein Herr sagte zu ihm: Sehr gut, du tüchtiger und treuer Diener. Über Weniges warst du treu, über Vieles werde ich dich setzen. Komm, nimm teil am Freudenfest deines Herrn!
24 Es kam aber auch der Diener, der das eine Talent erhalten hatte, und sagte: Herr, ich wusste, dass du ein strenger Mensch bist; du erntest, wo du nicht gesät hast, und sammelst, wo du nicht ausgestreut hast;
25 weil ich Angst hatte, habe ich dein Geld in der Erde versteckt. Sieh her, hier hast du das Deine.
26 Sein Herr antwortete und sprach zu ihm: Du bist ein schlechter und fauler Diener! Du hast gewusst, dass ich ernte, wo ich nicht gesät habe, und sammle, wo ich nicht ausgestreut habe.
27 Du hättest mein Geld auf die Bank bringen müssen, dann hätte ich es bei meiner Rückkehr mit Zinsen zurückerhalten.
28 Nehmt ihm also das Talent weg und gebt es dem, der die zehn Talente hat!
29 Denn wer hat, dem wird gegeben werden und er wird im Überfluss haben; wer aber nicht hat, dem wird auch noch weggenommen, was er hat.
30 Werft den nichtsnutzigen Diener hinaus in die äußerste Finsternis! Dort wird Heulen und Zähneknirschen sein.

Auch im Evangelium geht es um das Ende der Zeiten. Wir hören wie letzte Woche einen Ausschnitt aus der großen Endzeitrede Jesu.
Das Ende der Zeiten ist wie bei folgendem Szenario: Ein Mann geht auf Reisen und vertraut währenddessen seinen Dienern das gesamte Vermögen an. Dabei verteilt er das Geld unterschiedlich, je nachdem wie viel er den einzelnen Dienern zutraut.  Es sind seine Bediensteten und er kennt sie gut genug, diese Aufteilung vorzunehmen. So bekommt der eine fünf, der zweite zwei und der dritte ein Talent. Während die ersten beiden mit den Talenten so umgehen, dass sie den Betrag vermehren, ja verdoppeln, vergräbt der dritte das eine ihm anvertraute Talent, weil er Angst  vor der Strenge des verreisten Hausherrn hat.
Dann kommt der Herr wieder und ist in Begriff ein Freudenfest zu feiern. Die Diener kommen nun mit den ihnen anvertrauten Talenten zu ihm und geben darüber Rechenschaft. Die ersten beiden zeigen das vermehrte Vermögen und der Herr ist zufrieden. Er sagt ihnen zu, am Fest teilnehmen zu dürfen. Weil sie ihm im Kleinen treu geblieben sind, wird er es ihnen im Großen nun zurückzahlen beim Freudenfest. Es wird gesagt, dass er die beiden „über Vieles“ setzen wird. Sie werden also sozusagen befördert, steigen auf in ihrem Rang, sodass viele unter ihnen sein werden. Sie haben sich schließlich bewährt.
Dann kommt der dritte Diener mit dem wieder ausgegrabenen Talent zum Herrn und dieser ist verärgert. Warum eigentlich? Weil das Talent nicht vermehrt worden ist?  Wir müssen uns vor Augen führen, wie viel das eigentlich ist: Ein Talent meint weniger eine Münzeinheit als vielmehr eine Maßeinheit für Gewicht. Zur Zeit Jesu entspricht ein Talent 26 kg. Hier im Gleichnis lesen wird von insgesamt 8 Talenten Silbergeld. Das entspricht 8 mal 6000 Drachmen, also 48 000 Drachmen. Eine Drachme als griechische Währung wurde unter Kaiser Augustus dem Wert eines Denars gleichgesetzt, was wiederum einem Tageslohn entsprach! Der Herr ist also sehr reich. Wir es ihn also nun in den Ruin treiben, wenn er nun diese 6000 Drachmen nicht mindestens verdoppelt hat? 6000 Drachmen mehr oder weniger bei diesem Vermögen spielt für ihn wohl weniger eine Rolle, vor allem wenn die ersten beiden Sklaven bereits 42 000 Drachmen Gewinn erzielt haben bzw. 7 Talente. Das ist es nicht, was den Herrn so sehr verärgert. Ihn ärgert die irrationale Angst und die vertane Chance des Dieners. Er hat nicht gehorcht und das ihm Anvertraute gewissenhaft verwaltet. Ihm stand schließlich ein Platz beim Freudenfest in Aussicht, doch er hat es im Grunde ausgeschlagen. Das ist ein Zeichen von Undankbarkeit und Davonlaufen von der Verantwortung, die ihm übertragen worden ist. Er war seinem Herrn nicht mal im Allerkleinsten treu. Wie kann dieser ihm also im Großen etwas anvertrauen wie einen Posten im Himmelreich? Ja, ich habe es soeben verraten. Hier geht es um das Freudenfest im Himmelreich, um das Ende der Zeiten und Christus ist der Herr, der wiederkommen wird als verherrlichter Menschensohn. Sein einziges Talent wird ihm weggenommen und dem mit den meisten Talenten gegeben. Das ist die Logik des Reiches Gottes.
„Denn wer hat, dem wird gegeben werden und er wird im Überfluss haben; wer aber nicht hat, dem wird auch noch weggenommen, was er hat.“ Wer hat, ist vor allem der Mensch, der Verantwortung und den Willen hat, der etwas vorzuweisen hat. Gott gibt am Anfang jedem etwas. Es kommt darauf an, was man daraus macht. Und wer nicht einmal den Willen hat, aus dem Geschenkten etwas zu tun und dem Geber damit Ehre zu erweisen, dem wird diese Gabe entzogen.
Bevor Christus „auf Reisen geht“, also zum Vater heimkehrt, hat er seinen Dienern, den Aposteln sein gesamtes Vermögen gegeben, den Gnadenschatz, die geistlichen Vollmachten, ja sogar die Schlüssel des Himmels! Er wird wiederkommen in Herrlichkeit und bis dahin ist es an ihnen, diese Schätze zu vermehren, das heißt die Gnade zu vermehren. Das betrifft nicht nur jene, die die Vollmachten Christi empfangen haben, sondern uns alle, die wir in der Taufe die heiligmachende Gnade empfangen haben. Das ist nicht das Ende. Wir können uns darauf nicht ausruhen, denn es ist erst der Beginn des Weges bis hin zur Rückkehr Christi – moralisch gesehen an unserem Lebensende. Dann wird er uns fragen, was wir aus dieser Taufgnade gemacht haben. Werden wir sie vermehrt haben zur Ehre Gottes? Oder werden wir sie vergraben haben im Dreck, um zurückzukehren zum alten Leben in Sünde?
Gott gibt jedem Menschen Talente – wir können die Maßeinheit auch auf unsere persönlichen Begabungen beziehen. Jedem teilt er zu nach seinem wunderbaren Heilsplan, jedem das er tragen kann. Denn auch Begabungen sind eine Bürde, die man tragen muss, denn mit ihr ist die Verantwortung verbunden, sie zur Ehre Gottes einzusetzen, sie richtig zu  verwalten. Wer wenig hat, muss weniger verwalten. Das heißt natürlich nicht, dass die Bürde größer ist als die Dankbarkeit! Natürlich dürfen wir uns freuen, je mehr Gaben uns Gott geschenkt hat!
Und wenn wir dann vor Gott treten, unseren Hausherrn, wird er uns fragen, was wir aus unseren Talenten gemacht haben: Werden wir sie ihm zur Ehre eingesetzt haben oder um uns selbst zu rühmen? Werden wir die Talente verkümmert haben, ohne aus dem Potenzial etwas zu machen? Wir müssen nicht so weit, also bis zum Lebensende denken. Denn Gott fragt uns jeden Tag durch unser Gewissen. Erforschen wir es und fragen uns jeden Abend: Was habe ich heute aus den natürlichen Begabungen und den übernatürlichen Gnaden gemacht, die mir Gott geschenkt hat? Habe ich heute am Reich Gottes mitgewirkt oder es schleifen lassen?  Habe ich mit den Talenten angegeben? Wenn ja, dann kehren wir um, denn Gott wird uns diese Talente schneller wegnehmen, als wir denken…Ich habe schon einmal von einer Frau erzählt, die wunderbar singen konnte, aber hochmütig wurde. Gott hat ihr die Stimme weggenommen, denn er hat ihr diese geschenkt, damit sie ihn lobe und preise, nicht um etwas Anderes zu besingen, um die Lorbeeren für sich selbst einzuheimsen. Erst als sie sich bekehrt hat, ist ihr die Stimme zurückgeschenkt worden.
Wir können dieses Gleichnis auch sakramental auslegen: Uns ist die Taufgnade geschenkt und wir müssen sie gut verwalten, also im Stand der Gnade bleiben, sonst können wir Christus nicht empfangen beim sakramentalen Freudenfest der Eucharistie. Denn in jeder Hl. Messe kommt der Hausherr zurück und fragt nach seinen Dienern. Wenn wir nicht im Stand der Gnade sind, dürfen wir nicht zum Tisch des Herrn treten. Das hat schon Paulus erklärt.
Unser Leben muss ein gewissenhafter „Verwaltungsakt“, gleichsam ein „Geschäft“ mit den Talenten sein. Doch nicht Habgier soll den Antrieb dafür darstellen, sondern allein der Eifer um das wachsende Reich Gottes mit seiner Gnade hier auf Erden. Meine Großmutter hat in ihrem Dialekt gerne gesagt, dass Christen nur in einem Fall „allmeinig“ sein sollen (also „habgierig“), nämlich wenn es um die Gnade Gottes geht. Es soll auch nicht aus Angst vor dem wiederkehrenden Christus geschehen, sondern in Vorfreude auf das kommende Freudenfest, zu dem der Herr uns einladen will. Und das betrifft wie gesagt schon die Hl. Messe. Die Vorfreude auf die Vereinigung mit dem Herrn soll uns dazu motivieren, nach den Geboten zu leben, in der Liebe Gottes zu bleiben und nicht zu sündigen. Es ist die Vorfreude auf den Geliebten.

Ihre Magstrauss

Kommentar verfassen

Bitte logge dich mit einer dieser Methoden ein, um deinen Kommentar zu veröffentlichen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s