19. Dezember

Ri 13
2 Es war ein Mann aus Zora, aus der Sippe der Daniter, namens Manoach; seine Frau war unfruchtbar und hatte nicht geboren. 
3 Der Engel des HERRN erschien der Frau und sagte zu ihr: Siehe, du bist unfruchtbar und hast nicht geboren; aber du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären. 
4 Und jetzt nimm dich in Acht und trink weder Wein noch Bier und iss nichts Unreines! 
5 Denn siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären. Es darf kein Schermesser an seinen Kopf kommen; denn der Knabe wird vom Mutterleib an ein Gott geweihter Nasiräer sein. Er wird damit beginnen, Israel aus der Hand der Philister zu retten. 
6 Die Frau ging und sagte zu ihrem Mann: Der Gottesmann ist zu mir gekommen; er sah aus, wie der Engel Gottes aussieht, überaus Furcht erregend. Ich habe ihn nicht gefragt, woher er kam, und er hat mir auch seinen Namen nicht genannt. 
7 Er sagte zu mir: Siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären. Und von jetzt an trink keinen Wein und kein Bier und iss nichts Unreines; denn der Knabe wird vom Mutterleib an ein Gott geweihter Nasiräer sein, bis zum Tag seines Todes.
24 Die Frau gebar einen Sohn und nannte ihn Simson; der Knabe wuchs heran und der HERR segnete ihn.
25 Dann aber begann der Geist des HERRN, ihn umherzutreiben im Lager Dans zwischen Zora und Eschtaol.

In der heutigen Lesung hören wir von einem Ehepaar, das keine Kinder geboren hat. Dies passiert oft bei auserwählten Familien, an denen Gott seine Heilstaten zeigen will. Kinderreichtum bedeutete im Alten Israel Segen, weshalb die Kinderlosigkeit zum Indikator der Gottverlassenheit und des Fluchs wurde. Um Manoach und seine Frau vom Gegenteil zu überzeugen, sendet Gott seinen Engel zu ihnen, um seinen Heilsplan bekannt zu machen: Wozu die beiden biologisch nicht imstande waren, wollte Gott auf übernatürliche Weise realisieren – ein Kind. Es ist auserwählt, weshalb es auf wundersame Weise geboren wird. So ist es bei vielen auserwählten Menschen im AT und umso mehr im NT, wie wir noch sehen werden. Es soll im Nasiräat leben. Dabei handelt es sich um ein lebenslanges Gelübde. In späterer Zeit wird man ein Nasiräergelübde auch zeitweise ablegen können, hier ist es ein dauerhaftes. Die genauen Bestimmungen sind in Num 6 grundgelegt und werden auch hier zur Sprache gebracht: In diesem Gelübde soll man sich weder die Haare noch den Bart abschneiden, sich des Alkohols sowie Traubenprodukten enthalten und jeglichen Toten fernbleiben, selbst bei angehörigen Verstorbenen.
Gott hat einen besonderen Plan mit diesem verheißenen Kind. Es soll Israel von den Philistern befreien.
Das dann tatsächlich geborene Kind wird Simson genannt (hebr. שִׁמְשׁוֹן schimschon, im Griechischen jedoch Σαμψων Samson). Die Übersetzung des Namens ist die Verniedlichung des Wortes für Sonne שֶׁמֶשׁׁ schemesch. Er ist ein Sönnchen für die Eltern, die nach langer Zeit der Kinderlosigkeit einen Sohn bekommen. Ein Sönnchen ist dieser Simson aber auch für den HERRN, der ihn segnet und ihm seinen Geist verleiht. Dieser treibt ihn umher und wird ihm auch im weiteren Verlauf der Geschichte eingeben, was er tun und sagen soll.
Wir erkennen viele Aspekte an dieser Erzählung bei anderen auserwählten Personen des AT wie Samuel, Isaak und den Söhnen Jakobs. Gott möchte durch sie dem Volk Israel Heil gewähren. In diesem Fall geht es um die Befreiung aus der Hand der Philister.
Im NT wird sich dies fortsetzen. Von außerbiblischen Schriften wissen wir, dass die Eltern Mariens zunächst auch keine Kinder bekommen können und dann mit Maria beschenkt werden. Dies ist heilsgeschichtlich entscheidend, da sie auf übernatürliche Weise empfangen werden musste als Verschonte vom Fluch der Erbsünde. Durch sie sollte Gott selbst in die Welt eingehen. Auch Johannes der Täufer, der Jesus direkt vorausgeht, ist überraschend gekommen, da seine Eltern keine Kinder haben konnten. Er soll den Messias ankündigen und der größte aller Propheten werden. Die übernatürliche Zeugung eines Kindes erreicht mit Jesus dann seinen Höhepunkt. Gott greift nicht nur in die Biologie unterstützend ein, wo zwei Menschen sich verbinden, sondern Gott wird selbst zum Zeugenden! Hier wird eine neue übernatürliche Dimension erreicht und zeigt, dass Jesus kategorisch anders ist als Isaak, Samuel, Simson oder Johannes der Täufer. Er ist selbst Gott.

Ps 71
3 Sei mir ein schützender Fels, zu dem ich allzeit kommen darf! Du hast geboten, mich zu retten, denn du bist mein Fels und meine Festung. 
4 Mein Gott, rette mich aus der Hand des Frevlers, aus der Faust des Bedrückers und Schurken! 
5 Denn du bist meine Hoffnung, Herr und GOTT, meine Zuversicht von Jugend auf. 
6 Vom Mutterleib an habe ich mich auf dich gestützt, aus dem Schoß meiner Mutter hast du mich entbunden, dir gilt mein Lobpreis allezeit.
16 Ich komme wegen der Machttaten GOTTES, des Herrn, an deine Gerechtigkeit allein will ich erinnern. 
17 Gott, du hast mich gelehrt von Jugend auf und bis heute verkünde ich deine Wunder.

Der heutige Psalm ist ein Bittpsalm, bei dem Gott um Schutz und Rettung gebeten wird. Das Wortfeld „retten“ wird auch hier wiederum mit der hebräischen Wurzel ישׁע ausgedrückt wie der Name Jesu. Dieser Psalm umfasst die Bitte um die Befreiung des Volkes aus der Hand des Feindes. Das Volk schreit um Erlösung und Gott ist so barmherzig, dass er sein Schreien hört, obwohl die Propheten erklären, dass die Zeiten der Fremdherrschaft Konsequenz ihrer eigenen Sünden, vor allem ihres Götzendienstes sind. Und doch lässt Gott seine untreue Braut nicht im Stich, sondern sendet ihr Menschen wie Simson, die die Feinde besiegen. Letztendlich sind solch heilsgeschichtliche Gestalten Gottes Antwort auf die Bitten des Volkes. Gott selbst vollbringt hier seine göttlichen Heilstaten.
Für Bittpsalmen ist bezeichnend, dass der Beter die Gründe aufzählt, weshalb Gott helfen soll, besonders auch die vergangenen Heilstaten. „Vom Mutterleib an habe ich mich auf dich gestützt“ zeigt, dass der Beter um Gottes Beistand ruft, weil er seine Gebote befolgt. Wir denken auch hier wieder an Simson, der von Geburt an ein gottgeweihter Mensch war und somit einen besonderen Bezug zu ihm hatte. Wir denken auch an König David, dem wir diesen Psalm zuschreiben und der von Anfang an in der Gunst Gottes stand. Dass wir im Stand der Gnade alles von Gott erbitten dürfen, wird uns später auch Jesus erklären (als Rebe am Weinstock, dem Bild für diesen Stand der Gnade): Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben, dann bittet um alles, was ihr wollt: Ihr werdet es erhalten (Joh 15,7).
Unser Auftrag ist es, Gottes große Taten zu verkünden, wie es der Psalm auch sagt. Er ist es, der uns alles lehrt und dem wir unser Leben lang zurückgeben sollen, nicht aus Zwang, sondern aus Liebe.

Lk 1
5 Es gab in den Tagen des Herodes, des Königs von Judäa, einen Priester namens Zacharias, der zur Abteilung des Abija gehörte. Seine Frau stammte aus dem Geschlecht Aarons; ihr Name war Elisabet. 
6 Beide lebten gerecht vor Gott und wandelten untadelig nach allen Geboten und Vorschriften des Herrn. 
7 Sie hatten keine Kinder, denn Elisabet war unfruchtbar und beide waren schon in vorgerücktem Alter. 
8 Es geschah aber, als seine Abteilung wieder an der Reihe war und er den priesterlichen Dienst vor Gott verrichtete, 
9 da traf ihn, wie nach der Priesterordnung üblich, das Los, in den Tempel des Herrn hineinzugehen und das Rauchopfer darzubringen.
10 Während er nun zur festgelegten Zeit das Rauchopfer darbrachte, stand das ganze Volk draußen und betete. 
11 Da erschien dem Zacharias ein Engel des Herrn; er stand auf der rechten Seite des Rauchopferaltars. 
12 Als Zacharias ihn sah, erschrak er und es befiel ihn Furcht. 
13 Der Engel aber sagte zu ihm: Fürchte dich nicht, Zacharias! Dein Gebet ist erhört worden. Deine Frau Elisabet wird dir einen Sohn gebären; dem sollst du den Namen Johannes geben. 
14 Du wirst dich freuen und jubeln und viele werden sich über seine Geburt freuen. 
15 Denn er wird groß sein vor dem Herrn. Wein und berauschende Getränke wird er nicht trinken und schon vom Mutterleib an wird er vom Heiligen Geist erfüllt sein. 
16 Viele Kinder Israels wird er zum Herrn, ihrem Gott, hinwenden. 
17 Er wird ihm mit dem Geist und mit der Kraft des Elija vorangehen, um die Herzen der Väter den Kindern zuzuwenden und die Ungehorsamen zu gerechter Gesinnung zu führen und so das Volk für den Herrn bereit zu machen. 
18 Zacharias sagte zu dem Engel: Woran soll ich das erkennen? Denn ich bin ein alter Mann und auch meine Frau ist in vorgerücktem Alter. 
19 Der Engel erwiderte ihm: Ich bin Gabriel, der vor Gott steht, und ich bin gesandt worden, um mit dir zu reden und dir diese frohe Botschaft zu bringen. 
20 Und siehe, du sollst stumm sein und nicht mehr reden können bis zu dem Tag, an dem dies geschieht, weil du meinen Worten nicht geglaubt hast, die in Erfüllung gehen, wenn die Zeit dafür da ist. 
21 Inzwischen wartete das Volk auf Zacharias und wunderte sich, dass er so lange im Tempel blieb. 
22 Als er dann herauskam, konnte er nicht mit ihnen sprechen. Da merkten sie, dass er im Tempel eine Erscheinung gehabt hatte. Er gab ihnen nur Zeichen und blieb stumm. 
23 Als die Tage seines Dienstes zu Ende waren, kehrte er nach Hause zurück. 
24 Bald darauf wurde seine Frau Elisabet schwanger und lebte fünf Monate lang zurückgezogen. Sie sagte: 
25 Der Herr hat mir geholfen; er hat in diesen Tagen gnädig auf mich geschaut und mich von der Schmach befreit, mit der ich unter den Menschen beladen war.

Wie beim Psalm bereits gesagt: Gott erhört sein auserwähltes Volk. Das Schreien um die Befreiung aus der Hand des Feindes nimmt eine neue Wendung. Wir sind im Begriff, uns liturgisch auf die größte Befreiungsaktion aller Zeiten vorzubereiten – auf die Erlösung Jesu Christi. Im Moment des heutigen Evangeliums steht dies noch aus. Gott erwählt sich wiederum ein Ehepaar und lässt dessen Kinderlosigkeit zu. In diesem Fall ist es so, wie später Jesus immer wieder sagen wird: Menschen leiden nicht nur als Konsequenz ihrer Sünde, sondern manchmal auch, weil sie zu Werkzeugen der Offenbarung Gottes werden. Die heutige Perikope beschreibt, dass sowohl der Priester Zacharias als auch seine Frau Elisabet gerechte Menschen sind, die die Gebote Gottes befolgen.
Als Zacharias seinen priesterlichen Dienst im Tempel ausführt, hat er eine Engelserscheinung, in der ihm die Geburt eines Sohnes offenbart wird. Dieser Sohn ist eine Gebetserhörung Gottes und er soll ihn Johannes nennen. Interessant ist in dem Kontext, dass Zacharias Angst bekommt, als er den Engel sieht. Das ist ein Gegenbeispiel zur Muttergottes, die nicht vor dem Engel erschrickt, sondern vor dessen Anrede. Hier merken wir, dass Zacharias ein gewöhnlicher Mensch ist, wenn auch ein auserwählter.
Johannes‘ Leben und Berufung ist analog bzw. typologisch zu der des Simson zu betrachten. Auch er wird sich des Alkohols enthalten und vom Hl. Geist erfüllt sein. Ob auch er im Nasiräat leben wird, wird hier offen gelassen. Es ist eher von der asketischen Lebensweise der Essener auszugehen, denen er nahestehen wird. Der Alkoholverzicht ist wichtig für sein prophetisches Wirken. Er wird das Kommen des Messias ankündigen und dabei zur Buße und zur Wachsamkeit aufrufen. Alkoholrausch ist das Gegenteil von dem Kern seiner späteren Verkündigung. Wie Gott von seinen Propheten auch schon im AT verlangt er eine Lebensweise von seinen Berufenen, die zu deren Verkündigung kongruent ist und deren Botschaft noch unterstreicht. Wenn Johannes‘ Botschaft die nüchterne Erwartung des Messias ist, muss er selbst nüchtern leben. Und gerade durch diesen Lebensstil wird er die „Kinder Israels“ zu Gott bringen. Aus seiner Verkündigung tritt eine regelrechte Volksbewegung los, die sogar die religiöse Elite kommen lässt.
Schon der Erzengel Gabriel erklärt dem schriftkundigen Priester Zacharias, dass sein Sohn der wiederkommende Elija sein wird, den die Juden erwarteten.
Johannes wird viele Menschen bekehren und so für den Messias bereit machen.
Dann geschieht etwas Verheerendes. Zacharias glaubt dem Engel nicht ganz bzw. will einen Beweis für dessen Worte. Da schickt Gott schon einen seiner größten Engel, die in Gottes Angesicht wohnen, zu diesem einfachen Mann, um ihm diese wunderbare Freudenbotschaft zu überbringen und er braucht noch einen Beweis. Aus dem Grund wird er mit einer Stummheit belegt, bis Johannes geboren wird.
Die Verheißung erfüllt sich bald und seine Frau erwartet ein Kind. Sie preist Gott für diese Schwangerschaft, weil sie von der „Schmach befreit“ wurde, die sie durch die Gesellschaft erlitt. Kinderlosigkeit wurde wie gesagt als Konsequenz der eigenen Sünde, als Fluch und Gottverlassenheit bewertet. Dies war ja keineswegs der Fall, sondern das Ehepaar war gerecht. Umso schmerzvoller muss die Verurteilung durch die Mitmenschen gewesen sein. Damit machen sie nur einen Bruchteil von dem durch, was Jesus in seinem Leiden und Tod erfahren musste: Er war wirklich derjenige, der ganz ohne Schuld war und doch behandelt wurde wie der schlimmste Verbrecher.
Die vermeintliche Krise der beiden hat sich als Vorbereitung auf eine große Gnade erwiesen. So ist es auch mit uns. In unserem Leben erleben auch wir Krisen, bei denen wir uns fragen: „Was habe ich falsch gemacht, dass du das zulässt, oh Herr?“ Und dabei ist das die falsche Frage. Gott lässt manchmal auch schmerzhafte Dinge zu, weil wir entweder die Konsequenzen unserer schlechten Entscheidungen tragen müssen oder weil er uns prüfen will. Und manchmal ist es wie auch in den Lesungen des heutigen Tages die Vorbereitung auf eine ganz große Gnade. So wie eine Frau bei der Geburt die heftigsten Schmerzen aushalten muss, die es gibt und die Freude über das neue Leben umso größer ist, so leidet der Mensch manchmal im Vorfeld eines großen Segens von Gott.
Entscheidend ist dabei, wie wir damit umgehen. Stellen wir Gott infrage wie Zacharias? Oder können wir Gott ganz vertrauen wie die Muttergottes, auch wenn die Umstände aussichtslos erscheinen?

Gott lässt die Kinderlosigkeit und die dann unerwartete Zeugung eines Kindes meistens da zu, wo Menschen ihm geweiht werden sollen. Interessant ist, dass die erlittene Unfruchtbarkeit der Eltern sich in eine überdimensionale Fruchtbarkeit geistlicher Art wandelt. Johannes führt so viele Menschen zur Umkehr, dass sie Christus erwarten können und in ihm neugeboren werden können. Er lässt die geistliche Familie so unglaublich groß werden. Maria, die in einem lebenslangen Jungfräulichkeitsgelübde lebt und somit biologisch eigentlich nie fruchtbar werden wird, wird zur Mutter aller Menschen. Ihre geistige Mutterschaft übertrifft die Fruchtbarkeit biologischer Mütter um ein unendlich Vielfaches. Das Leiden ihrer Eltern über die Kinderlosigkeit ist zur eschatologischen Freude des Himmels geworden.

Beten wir heute darum, dass auch wir Frucht bringen – nicht nur biologisch, sondern gerade auch geistlich. Schauen wir uns etwas von Johannes dem Täufer ab, der so viele Menschen durch sein beispielhaftes Leben und durch seine brennende Verkündigung zu Jesus geführt hat. Helfen wir mit an der geistlichen Fruchtbarkeit der Kirche als eine einzige geistliche Familie!

Ihre Magstrauss

Ein Kommentar zu „19. Dezember

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