Samstag der 2. Woche der Fastenzeit

Mi 7,14-15.18-20; Ps 103,1-2.3-4.9-10.11-12; Lk 15,1-3.11-32

Mi 7
14 Weide dein Volk mit deinem Stab, die Herde, die dein Erbbesitz ist, die einsam im Wald wohnt mitten im fruchtbaren Land! Sie sollen wieder im Baschan und in Gilead weiden wie in den Tagen der Vorzeit.
15 Wie in den Tagen, als du aus dem Land Ägypten auszogst, lass uns deine Wunder schauen!
18 Wer ist Gott wie du, der Schuld verzeiht und an der Verfehlung vorübergeht für den Rest seines Erbteils! Nicht hält er auf ewig fest an seinem Zorn, denn er hat Wohlgefallen daran, gütig zu sein.
19 Er wird sich unser wieder erbarmen, er wird niedertreten unsere Schuld. Ja, du wirst in die Tiefen des Meeres werfen alle ihre Sünden.
20 Du wirst Jakob Treue und Abraham Liebe erweisen, wie du unseren Vätern geschworen hast in den Tagen der Vorzeit.

Heute hören wir aus dem Buch des Propheten Micha. Er gehört zu den zwölf kleinen Propheten, deren Botschaft aber nicht weniger wichtig ist als die der großen Propheten. Wir hören heute aus dem Gebet Jerusalems, das Gott um seinen Segen bittet, der ihm aufgrund seiner Vergehen verwehrt geblieben ist und wofür es büßen musste.
„Weide mein Volk mit deinem Stab, die Herde, die dein Erbbesitz ist“ – es ist wie ein Gebet der Herde, die ohne Hirte ist und bedroht wird, die sich ihren Hirten zurückwünscht. Wir bemerken in diesen Worten auch die starke Sehnsucht nach dem Messias, die immer deutlicher formuliert wird. Zur Zeit des Micha ist es noch ein politischer Befreier, ein Hirte, der irdisch weidet und die Katastrophe einer assyrischen Fremdherrschaft abwenden soll. Und doch lesen wir darüber hinaus schon mehr, nämlich die Erwartung einer Heilsgestalt, die umfassendes, über den Tod hinausgehendes Heil bringt. Und der Messias wird wirklich kommen wie ein Hirte, er wird selbst sagen „ich bin der gute Hirte“. Er weidet seine Schafe und kennt sie durch und durch. Er ist pastoral im wahrsten Sinne des Wortes, so wie es auch Jesaja mit seinen messianischen Verheißungen angekündigt hat.
Dieses Gebet ist uns ein Vorbild, weil auch wir die Sehnsucht verspüren, zu den guten Zeiten zurückkehren zu wollen. Gehen wir dieser Sehnsucht nach und kehren wir zurück zur ersten Liebe!
„Lass uns deine Wunder schauen!“ – das Volk Israel hat Gottes große Taten bezeugt, weil es innig mit ihm verbunden war. Weil es von ihm abgekehrt ist, hat es diese Zeichen nicht mehr gesehen. So war es auch mit Abraham, nachdem er selbst für einen Nachkommen über eine Nebenfrau gesorgt hat, statt Gott zu vertrauen. Im Nachgang schweigt Gott ganze 13 Jahre Abraham an.
Auch Jesus musste Gottes Schweigen aushalten, nämlich am Kreuz. Es war eine große Glaubensprobe und Sühne, denn so hat Jesus das Schweigen Gottes im Leben aller Sünder gesühnt. Auch wir haben oft den Eindruck, dass Gott in unserem Leben schweigt. Zu einem großen Teil geschieht das aus demselben Grund wie bei Abraham oder wie hier im Buch Micha, auch wenn es nicht automatisch ist. Selbstverständlich kann es auch so sein wie bei Jesus – Gott erprobt unseren Glauben. So kann auch eine seelische Trockenheit große Früchte bringen – wir sehen es bei vielen Heiligen, zum Beispiel bei der Hl. Theresa von Kalkutta.
„Wer ist Gott wie du!“ – aus anderen Religionen kennen wir zwar auch den Begriff der Barmherzigkeit, aber eben in der Situation der Schuldlosigkeit (Islam). Wir kennen aus dem Hinduismus und Buddhismus (sowie in anderen Religionen) die Karmalehre, die einen vollkommenen Tun-Ergehen-Zusammenhang herausstellt. Da ist kein Platz für Barmherzigkeit. So können wir wirklich sagen: Unser Gott, unser Glaube ist etwas Besonderes. Kein Gott hat sich von seinen geliebten Geschöpfen umbringen lassen, um ihre Sünden zu sühnen. Das ist die absolute Barmherzigkeit, wie man sie nirgendwo sonst finden wird. Er verzeiht uns unsere Schuld, aber das kann er nur, wenn wir darum bitten und wirklich bereuen.
Gott ist gütig, auch im Alten Testament. Vertrauen auch wir heutzutage auf seine Vergebung. Er kann auch heute aus einem Sünder einen Heiligen machen, wenn dieser dazu bereit ist und von sich aus alles Nötige dafür tut – in erster Linie umkehrt.
Dieses Gebet lässt den Glauben durchblicken, dass Gott der Treue ist und seine Versprechen hält, obwohl sein Volk ihm untreu geworden ist. Gott ändert auch an uns nicht seine Meinung, die wir von ihm abkehren mit jeder Sünde. Er hält sein Versprechen, das er uns durch den Neuen Bund in der Taufe gemacht hat. Wenn wir von Herzen umkehren und gemäß unserer Berufung als Erben seines Reiches leben, dann wird er uns das Erbe nicht vorenthalten. Gott möchte uns die Schuld vergeben.

Ps 103
1 Von David. Preise den HERRN, meine Seele, und alles in mir seinen heiligen Namen! 
2 Preise den HERRN, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat! 
3 Der dir all deine Schuld vergibt und all deine Gebrechen heilt, 
4 der dein Leben vor dem Untergang rettet und dich mit Huld und Erbarmen krönt,
9 Er wird nicht immer rechten und nicht ewig trägt er nach. 
10 Er handelt an uns nicht nach unsern Sünden und vergilt uns nicht nach unsrer Schuld.
12 So weit der Aufgang entfernt ist vom Untergang, so weit entfernt er von uns unsere Frevel. 

Heute beten wir einen Lobpreispsalm, bei dem der heilige Name Gottes gepriesen werden soll. Der Psalmist fordert die eigene Seele auf, was typischer Psalmenstil ist. Dabei müssen wir berücksichtigen, das mit „Seele“ das hebräische Wort נַפְשִׁי nafschi gemeint ist, was mehr als nur einen begrenzten Teil des Menschen umfasst. Es meint vielmehr den ganzen Menschen in seiner Existenz, sein ganzes Leben. Der Herr soll das ganze Leben über gepriesen werden und deshalb soll es auch keinen Moment geben, in dem man die guten Taten Gottes vergisst. Wenn das ganze Leben einen einzigen Lobpreis darstellt, dann ist es auch unmöglich, Gottes Güte zu vergessen.
Beziehen wir das auf die Kirche, gilt dasselbe: Würde die Kirche aufhören, den Lobpreis Gottes durchgängig zu praktizieren, würde sie sehr schnell Gottes Güte vergessen und sich anderem zuwenden. Dann würde sie aber auch aufhören, Sakrament der Liebe Gottes zu sein, das die Ewigkeit in dieser Welt vorwegnimmt. Deshalb steht die Eucharistie an erster Stelle im kirchlichen Leben sowie im geistlichen Leben des Einzelnen. Für Geistliche gilt sodann an zweiter Stelle das Stundengebet, denn diese sind es, die den Lobpreis auf besondere Weise als Berufung leben. Sie sind ungeteilt dazu fähig, weil sie keine Familie haben, um die sie sich kümmern müssen.
Der Psalm zählt einige dieser guten Taten auf, die Gott uns Menschen erweist: Er heilt die Gebrechen – ob physisch, psychisch oder seelisch. Er rettet unser Leben vor dem Untergang, denn er hat uns erlöst und uns zu Erben in seinem Reich eingesetzt. Hier ist das Verb für „retten“ ein Partizip, das heißt Gott rettet nicht nur einmalig durch die Taufe, sondern immer wieder, dauerhaft, das ganze Leben hindurch. Er ist es, der uns immer wieder vor dem moralischen Abfall rettet und uns zurückholt, wenn wir vom Weg abgekommen sind. Er ist barmherzig mit seinen Kindern, die von Herzen bereuen, wenn sie von Gottes Geboten abgerückt sind. Er vergibt ihnen die Schuld.
Diese Barmherzigkeit Gottes wird vor allem ab Vers 9 thematisiert: Gott richtet als gerechter Richter, aber es ist bei ihm mehr als nur ein Kausalschluss wie bei der Karmalehre („du kriegst, was du verdient hast“). Gott ist keine Rechenmaschine, sondern er schaut auf das Herz und dessen Reue. Deshalb wird er „nicht immer rechten“ und auch „nicht ewig nachtragen“. Dieser Psalm ist ein wunderbares Zeugnis dafür, dass auch schon das Alte Testament einen barmherzigen und vergebenden Gott kennt.
Dass Gott nicht mathematisch richtet, sehen wir an Vers 10: Er handelt am Menschen nicht nach seinen Sünden im Sinne von „er rächt sich an ihm für alles, was er ihm angetan hat.“ So ist Gott nicht. Wir müssen für unsere Sünden Rechenschaft ablegen und den entstandenen Schaden wieder gut machen. Wir müssen auch die Konsequenzen unserer Vergehen tragen, aber das hat nichts mit Rache zu tun. Nur so können wir zur Einsicht kommen und das gehört zur Verantwortung dazu, die einem von Gott verliehen worden ist.
Was in Vers 10 ausgedrückt wird, ist also nicht: „Es ist egal, wie du lebst, da Gott dich nicht nach deinen Sünden richten wird.“ Es heißt, dass Gott mehr als nur deine Handlungen selbst betrachten wird. Und wenn du deine Sünden von Herzen bereust, sie bekennst und dir vornimmst, sie nicht mehr zu tun, dann vergibt er sie dir. Die Vergebung ist ein Geschenk Gottes und Geschenke bekommt man unabhängig davon, ob man sie verdient hat oder nicht. Was wir für diese unverdiente Vergebung tun können, ist aufrichtig zu sein, ehrlich zu uns selbst und demütig im Licht seines Angesichts. Und mit dieser Einstellung öffnen wir uns für die Gnade Gottes so sehr, dass er auch aus einem großen Sünder einen Heiligen machen kann, solange er sich bekehrt. Dies zeigt uns Vers 12, der mit einem sehr romantisch-poetischen Ausdruck diese Verwandlung Gottes umschreibt: Gott entfernt unsere Sündhaftigkeit so weit von uns, wie es nur geht – eben „so weit der Aufgang entfernt ist vom Untergang“. Der Psalm greift die Gedanken des Gebets im Buch des Propheten Micha auf. So ist Gott und so sollen wir Menschen beten, auch gerade jetzt in der Fastenzeit.

Lk 15
1 Alle Zöllner und Sünder kamen zu ihm, um ihn zu hören.
2 Die Pharisäer und die Schriftgelehrten empörten sich darüber und sagten: Dieser nimmt Sünder auf und isst mit ihnen.
3 Da erzählte er ihnen dieses Gleichnis und sagte:
11 Weiter sagte Jesus: Ein Mann hatte zwei Söhne.
12 Der jüngere von ihnen sagte zu seinem Vater: Vater, gib mir das Erbteil, das mir zusteht! Da teilte der Vater das Vermögen unter sie auf.

13 Nach wenigen Tagen packte der jüngere Sohn alles zusammen und zog in ein fernes Land. Dort führte er ein zügelloses Leben und verschleuderte sein Vermögen.
14 Als er alles durchgebracht hatte, kam eine große Hungersnot über jenes Land und er begann Not zu leiden.
15 Da ging er zu einem Bürger des Landes und drängte sich ihm auf; der schickte ihn aufs Feld zum Schweinehüten.
16 Er hätte gern seinen Hunger mit den Futterschoten gestillt, die die Schweine fraßen; aber niemand gab ihm davon.
17 Da ging er in sich und sagte: Wie viele Tagelöhner meines Vaters haben Brot im Überfluss, ich aber komme hier vor Hunger um.
18 Ich will aufbrechen und zu meinem Vater gehen und zu ihm sagen: Vater, ich habe mich gegen den Himmel und gegen dich versündigt.
19 Ich bin nicht mehr wert, dein Sohn zu sein; mach mich zu einem deiner Tagelöhner!
20 Dann brach er auf und ging zu seinem Vater. Der Vater sah ihn schon von Weitem kommen und er hatte Mitleid mit ihm. Er lief dem Sohn entgegen, fiel ihm um den Hals und küsste ihn.
21 Da sagte der Sohn zu ihm: Vater, ich habe mich gegen den Himmel und gegen dich versündigt; ich bin nicht mehr wert, dein Sohn zu sein.
22 Der Vater aber sagte zu seinen Knechten: Holt schnell das beste Gewand und zieht es ihm an, steckt einen Ring an seine Hand und gebt ihm Sandalen an die Füße!

23 Bringt das Mastkalb her und schlachtet es; wir wollen essen und fröhlich sein.
24 Denn dieser, mein Sohn, war tot und lebt wieder; er war verloren und ist wiedergefunden worden. Und sie begannen, ein Fest zu feiern.
25 Sein älterer Sohn aber war auf dem Feld. Als er heimging und in die Nähe des Hauses kam, hörte er Musik und Tanz.
26 Da rief er einen der Knechte und fragte, was das bedeuten solle.
27 Der Knecht antwortete ihm: Dein Bruder ist gekommen und dein Vater hat das Mastkalb schlachten lassen, weil er ihn gesund wiederbekommen hat.
28 Da wurde er zornig und wollte nicht hineingehen. Sein Vater aber kam heraus und redete ihm gut zu.
29 Doch er erwiderte seinem Vater: Siehe, so viele Jahre schon diene ich dir und nie habe ich dein Gebot übertreten; mir aber hast du nie einen Ziegenbock geschenkt, damit ich mit meinen Freunden ein Fest feiern konnte.
30 Kaum aber ist der hier gekommen, dein Sohn, der dein Vermögen mit Dirnen durchgebracht hat, da hast du für ihn das Mastkalb geschlachtet.
31 Der Vater antwortete ihm: Mein Kind, du bist immer bei mir und alles, was mein ist, ist auch dein.
32 Aber man muss doch ein Fest feiern und sich freuen; denn dieser, dein Bruder, war tot und lebt wieder; er war verloren und ist wiedergefunden worden.

Heute hören wir eines der ergreifendsten Gleichnisse, das Gleichnis vom verlorenen Sohn. Jesus erzählt es deshalb, weil die Pharisäer und Schriftgelehrten auf Jesu Gemeinschaft mit den Zöllnern und Sündern mit Missgunst reagieren wie der ältere Bruder des verlorenen Sohns auf dessen Wiederkehr. Gehen wir das Gleichnis einmal von Anfang an durch:
Ein Vater hat zwei Söhne und eines Tages fordert der Jüngere sein Erbteil. Auch im Evangelium haben Vergebung, Sünde und Erbe miteinander zu tun. Der Jüngere bekommt sein Erbteil und verprasst es durch ein sündhaftes Leben, bis eine Hungersnot kommt, er nichts mehr hat und ausgerechnet Schweine hüten muss – unreine Tiere für Juden. Er darf nicht mal die Schoten der Schweine essen und merkt, in welches Leben er sich durch sein Verhalten gebracht hat. Was Jesus hier schildert, ist der Verlauf eines jeden Menschen, der sein von Gott zuerdachtes Erbe nimmt und verprasst (das Erbe des Alten Bundes für die Juden, das Erbe des Neuen Bundes für uns heute). Das Ziehen in ein fernes Land ist besonders ersichtlich – wir gehen weit weg von Gott, vor allem moralisch (so wie der Sohn sündigen wir und tilgen alle Gnaden, bis nichts mehr da ist). Ohne Gott können wir aber nur eingehen wie eine Pflanze. Jesus meint im Kontext des Evangeliums mit diesem jüngeren Bruder die Sünder und Zöllner, mit denen er sich gerade abgibt, als die Pharisäer und Schriftgelehrten über ihn murren.
Der jüngere Sohn geht in sich und kehrt von seinen Sünden um. Er schämt sich so dafür, dass er bereit ist, zu seinem Vater als Tagelöhner zurückzukehren. Wir sehen an ihm die absolut richtige Haltung: in sich gehen (Gewissenserforschung), Entschluss zur Rückkehr zum Vater (Reue), Entschluss, als Tagelöhner bei ihm zu arbeiten (Buße und Vorsatz). All diese Dinge sind wichtig und entscheidend für eine gültige und gnadenreiche Beichte. Jesus möchte mit diesem Gleichnis verdeutlichen, dass die Sünder bei ihm mit genau dieser Haltung zu ihm gekommen sind.
Der verlorene Sohn kehrt im Gleichnis zum Vater zurück, dieser wartet voller Sehnsucht auf ihn und sieht ihn schon von Weitem. Er läuft ihm entgegen und empfängt ihn mit offenen Armen. So ist Jesus zu den Zöllnern und Sündern im Evangelium. Er kommt ihnen mit seiner barmherzigen Liebe entgegen, was nichts von ihren Sünden relativiert, sondern sie zum nächsten Schritt ermutigt: zum Bekenntnis! So ist es nämlich auch im Gleichnis: Der Vater umfängt den Sohn mit seiner väterlichen Liebe nicht, um alles ungeschehen zu machen, was passiert ist. Er lässt ihn ausreden. Und was sagt der Sohn? „Vater, ich habe mich gegen den Himmel und gegen dich versündigt; ich bin nicht mehr wert, dein Sohn zu sein.“ Er bekennt ihm seine Sünden! Er spricht aus, was der Vater im Grunde schon weiß. Und erst nach diesem Bekenntnis kommt der entscheidende Schritt. Der Vater sagt: „Holt schnell das beste Gewand und zieht es ihm an, steckt einen Ring an seine Hand und gebt ihm Sandalen an die Füße! Bringt das Mastkalb her und schlachtet es; wir wollen essen und fröhlich sein. Denn dieser, mein Sohn, war tot und lebt wieder; er war verloren und ist wiedergefunden worden. Und sie begannen, ein Fest zu feiern.“ Was der Vater ihm zusagt, ist die Wiedereingliederung des Sohnes zum Erben! Der Ring am Finger ist ein Zeichen dafür. Wir sehen an diesen Worten, wie Gott auch mit uns verfährt, wenn wir mit derselben Haltung und denselben Schritten zur Umkehr handeln wie der verlorene Sohn: Er wird auch uns ein neues Gewand anziehen – das Gewand der Taufe ist so ein neues Gewand und jedesmal, wenn wir beichten, reinigen wir unser verdrecktes Gewand wieder. Er steckt auch uns wieder den Ring an den Finger, das heißt auch wir werden wieder zu Erben, zu denen wir in der Taufe eingesetzt werden. Und auch wir dürfen nach dieser Versöhnung wieder ein Fest feiern, nämlich die Eucharistie, das Hochzeitsmahl des Lammes auf Erden! Was Jesus hier also primär im Evangelium sagen möchte: Diese von den Pharisäern und Schriftgelehrten beschimpften Sünder und Zöllner halten mit Jesus offensichtlich Mahl, weil sie all diese Schritte schon durchlaufen haben! Und jetzt kommt die eigentliche Pointe des Gleichnisses im Kontext des Evangeliums: Der ältere Bruder kommt im Gleichnis vom Feld und bemerkt die Feier. Als er erfährt, dass der Bruder heimgekehrt ist und der Vater ihm vergeben hat, ihm den Ring wieder angesteckt und das Mastkalb für ihn geschlachtet hat, wird er wütend. Er weigert sich, hineinzugehen und mitzufeiern. Dieser ältere Bruder steht für die Pharisäer und Schriftgelehrten, die es den umgekehrten Sündern nicht gönnen, wieder mit Gott versöhnt zu sein! Sie sehen nur, dass Gott ihnen besondere Gnaden schenkt, weil sie umgekehrt sind. Sie sehen nur, dass sie selbst diese Geschenke nicht bekommen. Aber auch jene sind Söhne des Vaters und so erzählt Jesus im Gleichnis, dass der Vater zu seinem anderen Sohn nach draußen kommt. Er redet ihm gut zu, denn auch mit ihm möchte er versöhnt sein. Dieser macht ihm Vorwürfe, weil sein Bruder barmherzig behandelt worden ist und dabei solche Dinge bekam, die nicht mal ihm, dem braven heimgebliebenen Sohn zuteil wurden. Er sieht nicht, dass er in steter Gemeinschaft mit dem Vater sein darf, alles mitbenutzen darf, direkt an der Quelle sitzt. Er denkt, dass die Gunst des Vaters vom Tun des Sohnes abhängt und versteht deshalb nicht, warum der jüngere Sohn nach solchen Vergehen so eine Feier bekommt, er selbst als Gerechter aber nicht. Der Punkt ist: Es geht nicht um den älteren Sohn, es geht nicht um eine Werksgerechtigkeit, sondern um Umkehr und Vergebung. Der ältere Bruder sieht nur, was ihm nicht gegeben wird, dass er sich nicht an seinem Bruder freuen kann. Dabei ist der jüngere Bruder sein eigenes Fleisch und Blut und war tot! Jetzt ist er aber wieder lebendig und das ist doch ein Grund zur Freude! Das ist es, was Jesus an den Pharisäern und Schriftgelehrten kritisiert – sie freuen sich nicht daran, dass die Zöllner und Sünder sich bekehren. Sie sehen auch nicht, dass sie einer Gesetzestreue verfallen sind, die nicht zielführend ist: Es muss mehr sein als nur die Treue zur Torah, es muss um stete Umkehr und Versöhnung gehen, auch für sie! Kein Mensch kann von sich behaupten, ganz vollkommen zu sein. Wir alle müssen jeden Tag immer wieder zu Gott umkehren und von vorne beginnen.
Wir wissen nicht, wie der ältere Bruder im Gleichnis reagiert. Es bleibt offen, damit die Pharisäer und Schriftgelehrten die Entscheidung selbst treffen. Und so sollen auch wir uns die Frage beantworten: Können wir uns für jene freuen, die nach so vielen Jahren in schwerer Sünde wieder lebendig werden? Es heißt nicht umsonst Todsünde, was uns den seelischen Tod bringt. Gönnen wir anderen Menschen die Barmherzigkeit Gottes? Handeln wir wie der barmherzige Vater und sind selbst so barmherzig mit jenen, die wirklich von Herzen bereuen und uns um Verzeihung bitten?

Was Jerusalem in der Lesung betet, entspricht dem Bekenntnis des zurückgekehrten Sohnes. Möge es auch unser Gebet in dieser Fastenzeit sein, damit der Vater auch für uns ein Fest veranstalten kann!

Ihre Magstrauss

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