6. Sonntag der Osterzeit (B)

Apg 10,25-26.34-35.44-48; Ps 98,1.2-3b.3c-4; 1 Joh 4,7-10; Joh 15,9-17

Apg 10
25 Als nun Petrus ankam, ging ihm Kornelius entgegen und warf sich ihm ehrfürchtig zu Füßen.
26 Petrus aber richtete ihn auf und sagte: Steh auf! Auch ich bin nur ein Mensch.

34 Da begann Petrus zu reden und sagte: Wahrhaftig, jetzt begreife ich, dass Gott nicht auf die Person sieht,
35 sondern dass ihm in jedem Volk willkommen ist, wer ihn fürchtet und tut, was recht ist.
44 Noch während Petrus dies sagte, kam der Heilige Geist auf alle herab, die das Wort hörten.
45 Die gläubig gewordenen Juden, die mit Petrus gekommen waren, konnten es nicht fassen, dass auch auf die Heiden die Gabe des Heiligen Geistes ausgegossen wurde.
46 Denn sie hörten sie in Zungen reden und Gott preisen. Petrus aber sagte:
47 Kann jemand denen das Wasser zur Taufe verweigern, die ebenso wie wir den Heiligen Geist empfangen haben?
48 Und er ordnete an, sie im Namen Jesu Christi zu taufen.

Heute am 6. Ostersonntag bedenken wir, dass im Neuen Bund, den Christus am Kreuz besiegelt hat, gleichermaßen Juden und Heiden einbezogen werden. Das heißt für uns als konkrete Folge, dass nach dem Pfingstfest der Apostel in Jerusalem ein Pfingstfest der Heiden erfolgt. Diese steht im Hintergrund der heutigen Lesung. Petrus hielt sich zunächst in Joppe auf und wurde dann mit einer bemerkenswerten Vision beschenkt, bei der Gott ihm zu verstehen gab, dass Gott selbst entscheidet, was rein ist und was nicht. Petrus war noch ganz den jüdischen Reinheits- und Speisegeboten verpflichtet, doch Gott hat ihn dafür vorbereitet, die ganz in ihm verwurzelte jüdische Auserwählungmentalität nun abzulegen für das kommende heidnische Pfingsten in Caesarea. Dort wurde ein Hauptmann namens Kornelius wiederum auf das Kommen des Petrus vorbereitet. Der Geist führte Petrus letztendlich ins Haus des Hauptmanns. Heute hören wir nun, wie dieser sich ehrfürchtig vor Petrus niederwirft, der ihn wiederum wieder aufrichtet. Schließlich ist er selbst ein Mensch und kein Gott. Wie könnte er so eine Anbetungsgeste zulassen! Ihm wird die Hintergrundgeschichte der wunderbaren Vision des Hauptmanns geschildert, was wir im heutigen Abschnitt nicht hören. Im Anschluss an diese Worte setzt Petrus selbst zu einer Predigt an.
„Wahrhaftig, jetzt begreife ich, dass Gott nicht auf die Person sieht.“ Seine Aussage zeigt uns, dass er es lange nicht verstanden hat. Gott hat ihm in einer Vision alle möglichen Tiere gezeigt, die er essen soll, die aber nach jüdischem Speisegesetz unrein sind. Gottes Offenbarung hat sich die ganze Heilsgeschichte hindurch immer dynamisch gezeigt. Das göttliche Gesetz ist immer dasselbe geblieben, aber Gott hat den Menschen stets ein wenig mehr von seiner Wahrheit begreiflich gemacht. Und nun ist es an der Zeit, dass bei Petrus Jesu Worte vom Neuen Bund mit allen Menschen guten Willens sowohl aus den Juden als auch aus den Heiden durchsickert. Und er lässt sich belehren von Gottes Geist, der ihn in dieses Haus geführt hat. Wir müssen bedenken, dass er bei einem Heiden eingekehrt ist, was einem Juden aus kultisch-rituellen Gründen nicht gestattet ist. Aber das sagen die Ritualgebote, über die sich Gott selbst nun erhoben hat durch die Worte der vorbereitenden Vision: „Was Gott für rein erklärt hat, das nenne du nicht unrein!“
Gott sieht nicht auf die Person, da ihm jedes Volk willkommen ist, das seinen Willen tut. Dies ist nun das ausschlaggebende Kriterium. Der Wille Gottes steht über den Ritualgeboten.
Und plötzlich geschieht es. Ganz unangekündigt wie in Jerusalem kommt der Geist Gottes auf Petrus‘ Zuhörer herab. Dies wird sich sofort an den Petrus bekannten Manifestationen des Heiligen Geistes bemerkbar gemacht haben wie in Jerusalem. Ganz offensichtlich ist hier die Zungenrede.
Petrus hat auch gläubig gewordene Juden mit sich gebracht, das heißt Judenchristen. Diese können es nicht fassen. Dass sie ausgerechnet bei diesem Ereignis mit dabei sind, ist kein Zufall. Gott hat es so gefügt, damit jene, die immer noch so fest an ihrer Auserwählungsmentalität festhalten, am konkreten Beispiel erkennen, dass Gott in der Heilsgeschichte nun in eine neue Etappe getreten ist. Seine besondere Auserwählung umfasst nicht mehr ein irdisches Volk, das aus biologischen Gründen mit ihm in einem Bund steht, sondern mit allen Menschen, die ihn annehmen und durch die Taufe den Neuen Bund eingehen. Dieser ist nun geistiger Art und deshalb spielt die „Vergangenheit“ keine Rolle mehr. Denn nun werden alle zusammengeschlossen zu einem geistigen Volk.
Und wenn auf sie der Geist herabgekommen ist, weiß Petrus, dass sie ihre Herzen ganz dafür geöffnet haben. Und wo der Wille da ist, ja wo der Durst so stark ist, kann er das Wasser der Taufe nicht verweigern. Deshalb ordnet er die Taufe an. Das ist interessant, weil das bedeutet, dass er sie nicht selbst vornimmt. Wir vermuten, dass die mit ihm gekommenen Judenchristen Geweihte der Jerusalemer Urgemeinde sind. Sie werden dies übernehmen.

Ps 98
1 Ein Psalm. Singt dem HERRN ein neues Lied, denn er hat wunderbare Taten vollbracht! Geholfen hat ihm seine Rechte und sein heiliger Arm.

2 Der HERR hat sein Heil bekannt gemacht und sein gerechtes Wirken enthüllt vor den Augen der Völker.
3 Er gedachte seiner Huld und seiner Treue zum Haus Israel. Alle Enden der Erde sahen das Heil unsres Gottes.
4 Jauchzet dem HERRN, alle Lande, freut euch, jubelt und singt!

Als Antwort beten wir Psalm 98, der betitelt ist als „Neues Lied auf den Schöpfer und Richter“. In der Lesung haben wir von dieser neuen Schöpfung gehört, die aus dem Bundesschluss mit Gott hervorgeht – der Taufe. Das neugeborene Gottesvolk – so muss Petrus ja lernen – besteht nicht mehr aus jenen, die durch ihre Abstammung dazugezählt werden, sondern aus jenen, die durch den Glauben an Jesus Christus den Bund eingegangen sind.
Gott hat bisher viele wunderbare Taten vollbracht, wie es in Ps 98 heißt. Er ist wirklich ein Gott des Heils und die gesamte Menschheitsgeschichte ist eine Heilsgeschichte. Gott hat sein Volk immer wieder gerettet aus den Klauen des Bösen mit seiner Rechten und seinem Heiligen Arm. Er hat seinen Plan immer wieder kundgetan, da er ein sich offenbarender Gott ist. Er hat dies auch vor den Augen der Völker getan, also den nichtjüdischen Menschen, die dadurch seine Größe bezeugt haben. Mit Jesus Christus hat diese Offenbarung, das heißt seine Selbstmitteilung, einen Höhepunkt erreicht. So kann man wortwörtlich sagen: Gott hat sein Heil (יְשׁוּעָתֹ֑ו  jeschuato), seinen Jesus, der Welt bekannt gemacht. Dieser ist „seine Rechte“ und „sein heiliger Arm“. Der Hl. Irenäus von Lyon hat den Sohn und den Geist als die Hände Gottes bezeichnet. Durch Christus hat Gott die Heilstaten vollbracht – sowohl die Schöpfung (deshalb nennen wir Jesus auch den Schöpfungsmittler) als auch die Erlösung. Diese Völker sind es nun, die aufgrund der Offenbarung Gottes zum Glauben an ihn kommen und vom Hl. Geist erfüllt werden!
„Alle Enden der Erde sahen das Heil“. Die ganze Welt sah die Heilstaten Gottes. Das betrifft die Israeliten, die aus Ägypten herausgeführt worden sind und bei den nichtjüdischen Völkern für Anerkennung gesorgt hat. Das betrifft umso mehr das ganze Erlösungsgeschehen Jesu Christi, das für eine weltweite Evangelisierung und flächendeckende Gemeindegründungen gesorgt hat. Es begann mit dem Hauptmann am Kreuz („wahrlich, dieser war Gottes Sohn“) und ging weiter bis an die damaligen „Enden der Erde“. Und es geht bis an die heutigen Enden!
Deshalb ist auch der Anfang des Psalms so signalhaft für christliche Ohren. Es ist ein „neues Lied“, das auf den Messias hinweist und über die Rettungsaktionen Gottes am Volk Israel hinausgeht. Ganz konkret können wir hier an das babylonische Exil denken, das neben dem Exodusgeschehen bei den Nichtjuden für Anerkennung gesorgt hat.
Vor den Augen der Völker ( הַ֝גֹּויִ֗ם  hagojim, die nichtjüdischen Völker!) hat Gott schon Gericht gewirkt, indem er das unterdrückte Volk aus der Knechtschaft der Babylonier befreit hat. Er hat auch vor den Heiden die Erlösung erwirkt (die Römer staunten nicht schlecht, als das Grab leer war, und der Hauptmann kam unter dem Kreuz zum Glauben). Gott wirkt Wunder auch heute noch vor den Augen der Nichtgläubigen und benutzt uns dafür. Wir sind heute seine Hände in dieser Welt, die anderen Menschen zum Glauben an Christus verhelfen. Er tut das auch in der Taufe. Dann werden wir aus der Knechtschaft der Erbsünde, aus dem Exil der Paradieslosigkeit befreit. Am Ende der Zeiten, wenn Jesus als verherrlichter Menschensohn zurückkehrt, wird Gottes Gericht universal und für alle offenbar durchgesetzt werden. Dann wird es aber zu spät für die Umkehr sein.
Gott bleibt seinem Volk treu, auch jetzt noch. Gott hat seinen Bund mit Israel nicht zurückgenommen!
Gott bleibt auch uns treu, die wir ihm durch jede Sünde immer wieder untreu werden. So ist Gott. Er starb für uns, ohne sein Opfer davon abhängig zu machen, ob wir seine Liebe zurückgeben oder nicht.
Seine Erlösungstat ist ein Grund zur Freude. Unsere Existenz, vor allem auf die Ewigkeit hin, haben wir allein Gott zu verdanken. Diese ist uns durch die Taufe geschenkt. Dadurch sind wir als Kinder Gottes neugeboren und als Erben eingesetzt worden. Das ist jeden Tag den Lobpreis Gottes wert, auch schon hier auf Erden! Im Himmel wird es unsere ewige Beschäftigung sein.

1 Joh 4
7 Geliebte, wir wollen einander lieben; denn die Liebe ist aus Gott und jeder, der liebt, stammt von Gott und erkennt Gott. 
8 Wer nicht liebt, hat Gott nicht erkannt; denn Gott ist Liebe. 
9 Darin offenbarte sich die Liebe Gottes unter uns, dass Gott seinen einzigen Sohn in die Welt gesandt hat, damit wir durch ihn leben. 
10 Darin besteht die Liebe: Nicht dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt und seinen Sohn als Sühne für unsere Sünden gesandt hat.

Gleich der erste Begriff der heutigen Lesung hat es in sich. Ἀγαπητοί agapetoi bezieht sich im Griechischen immer auf die göttliche Liebe. Es impliziert für uns also die „von Gott Geliebten“ und nichts Romantisches. Dafür wird im Griechischen der Begriff des Eros verwendet. Die Konsequenz des Geliebtseins von Gott ist die Nächstenliebe (ἀγαπῶμεν ἀλλήλους agapomen allelous „lasst uns einander lieben“). Wenn wir dies nämlich tun, zeigen wir wiederum die Früchte unserer Herkunft aus Gott. Johannes erklärt, dass Christus und sein Evangelium der Maßstab dafür sind, ob man von Gott oder vom Bösen stammt. Im heutigen Abschnitt wird dieser Maßstab in einem einzigen Wort zusammengefasst: als Liebe. Johannes erklärt uns heute, dass Gott die Liebe ist (ὁ θεὸς ἀγάπη ἐστίν). Die Agape ist also eine übernatürliche Form von Liebe, die wir am Kreuz von Golgota konkret gesehen haben: eine Liebe, die sich ganz verschenkt und verzehrt, eine Liebe, die grenzenlos vergibt. Das hat nichts mehr mit schönen Gefühlen zu tun, sondern ist das lauteste und ewig anhaltende JA Gottes. Wenn wir auch so lieben, dann zeigen wir, dass wir Gott erkannt haben. Das heißt konkret, dass wir auch Ja-Sager sein sollen. Auch wir sollen grenzenlos vergeben („Nicht siebenmal, sondern siebzigmal siebenmal“) und uns ganz hingeben für unsere Freunde. Wir sollen aber vor allem unsere Feinde lieben und für die beten, die uns hassen (Stephanus: „Vater, rechne ihnen diese Sünde nicht an“, Jesus: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.“). Das ist Liebe, die von Gott kommt, die Agape.
Johannes erklärt dann, was mit dieser Liebe gemeint ist: Der Vater hat für uns so einen tollen Heilsplan vorbereitet, dass er uns sogar sein Liebstes hingegeben hat, seinen einzigen Sohn. Dass Jesus Mensch geworden ist, vor allem aber, dass er uns erlöst hat, ist der ultimative Liebesbeweis Gottes. Liebe bedeutet also v.a. die Entscheidung für den Anderen, damit dieser leben kann – ich schenke dem Anderen Freiheit durch meine Liebe. Für uns kann das ganz konkret bedeuten, dass wir den Anderen nicht an uns binden und ihn einschränken, sondern dass wir ihm eine freie Entfaltung ermöglichen ohne irgendeinen Eigennutz. Das betrifft die Eltern in der Familie, aber auch die Geistlichen in einer Gemeinde. Als Eltern tut man alles für die Kinder, um ihnen ein gutes Leben zu ermöglichen. Dafür soll man aber nichts im Gegenzug erwarten. Eltern können Kinder mit dieser Hingabe nicht erpressen, indem sie sagen: „Ich habe so viel für dich getan, also sollst du dein Leben so gestalten, wie ich es gerne möchte.“ Als Geistlicher opfert man seine Zeit und seine Kraft ganz auf, damit Menschen zum Glauben kommen oder im Glauben gestärkt werden. Wenn sie zu Jesus gefunden haben, sollen die Geistlichen sie „loslassen“. Sie können jene jetzt nicht an sich binden, als wenn sie ihnen gehören, nur weil sie durch die Geistlichen zum Glauben gekommen sind. Wie sie sich weiterentwickeln, liegt nun nicht mehr in ihrer Hand.
In beiden Beispielen geht es um die echte Liebe gegenüber einer egoistischen Scheinliebe, bei der man um sich selbst kreist.
Jeder Akt der Nächstenliebe, der sich von der echten, göttlichen Liebe ableitet, ist immer nur Antwort oder Echo. Gottes Liebe zu uns ist nämlich zuerst. Er hat uns aus Liebe überhaupt erst geschaffen. Dass wir einander so lieben können, wie er uns zuerst geliebt hat, wurde durch unsere Erlösung erst ermöglicht. Das dürfen wir nie vergessen. Unser ganzes Leben ist Antwort auf die erste Liebe, die Gott uns geschenkt hat. So bleiben wir auch dankbar dafür, dass er uns überhaupt liebesfähig gemacht hat. Wir werden die Liebestaten, die wir in unserem Leben vollbringen, dann nicht voller Stolz auf uns zurückführen, sondern dankbar auf Gott zurück verweisen.

Joh 15
9 Wie mich der Vater geliebt hat, so habe auch ich euch geliebt. Bleibt in meiner Liebe!

10 Wenn ihr meine Gebote haltet, werdet ihr in meiner Liebe bleiben, so wie ich die Gebote meines Vaters gehalten habe und in seiner Liebe bleibe.
11 Dies habe ich euch gesagt, damit meine Freude in euch ist und damit eure Freude vollkommen wird.
12 Das ist mein Gebot, dass ihr einander liebt, so wie ich euch geliebt habe.
13 Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt.
14 Ihr seid meine Freunde, wenn ihr tut, was ich euch auftrage.
15 Ich nenne euch nicht mehr Knechte; denn der Knecht weiß nicht, was sein Herr tut. Vielmehr habe ich euch Freunde genannt; denn ich habe euch alles mitgeteilt, was ich von meinem Vater gehört habe.
16 Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt und dazu bestimmt, dass ihr euch aufmacht und Frucht bringt und dass eure Frucht bleibt. Dann wird euch der Vater alles geben, um was ihr ihn in meinem Namen bittet.
17 Dies trage ich euch auf, dass ihr einander liebt.

Im heutigen Evangelium hören wir einen Abschnitt aus der zweiten Abschiedsrede. Es geht um die Liebe.
Jesus stellt wie so oft den Zusammenhang heraus, der sich aus ihm, dem Vater und seinen Jüngern ergibt. Die Liebe zwischen Vater und Sohn ist Vorbild für die Liebe, die zwischen den Jüngern herrschen soll. Die Liebe zwischen Vater und Sohn hat Christus schon übertragen auf seine Liebe zu den Jüngern. Darin hat er ihnen überhaupt die Liebe zwischen ihm und dem Vater offenbart. Was sie also zutiefst berührt hat, sollen sie einander weitergeben. Die Zeitform wird hier mit dem Perfekt übersetzt, weil es sich um eine Abschiedsrede handelt. Jesus spricht diese Worte zu ihnen im Rückblick auf die letzten Jahre, in denen sie so viel Zeit miteinander verbracht haben. So wie es war, so sollen sie nun weitermachen.
Das Leben in dieser Liebe kommt dem Halten der Gebote gleich bzw. ist sie die Grundhaltung und die Absicht, die Gebote Gottes zu halten. Und dies führt wiederum dazu, dass sie in der Liebesgemeinschaft mit Gott bleiben. Die Liebe ist also nicht nur Ursprung/Absicht, sondern auch Ziel des Haltens der Gebote. Das Bleiben in der Liebe ist eine Umschreibung für den Stand der Gnade. In diesem befinden wir uns, wenn wir in rechter Absicht die Gebote Gottes halten.
Er erklärt es ihnen, weil er ihre Freude in sie hineinlegen möchte, die sich ganz in ihnen entfalten soll. Warum nun Freude? Sie ist eine Frucht des Heiligen Geistes, eine übernatürliche Gabe, die ein Mensch sich nicht selbst geben kann. Sie ist mehr als nur eine situativ abhängige Emotion. Sie ist innere Gewissheit, dass Gott am Ende steht mit seinem ewigen Heil, ganz egal, wie es momentan im Leben des Einzelnen aussehen mag. Freude im Leben kann der Mensch dabei nur haben, wenn er in der Liebe Gottes bleibt (also nach den Geboten Gottes lebt). Nur so kann der Mensch glücklich werden. Gott denkt sich keine schwierigen Gebote aus, sondern weiß genau, was uns glücklich macht.
Als nächstes hören wir von der zweiten Seite der Liebesmedaille – der Nächstenliebe.
Es ist Gottes Wille, dass die Menschen einander so lieben, dass sie ihr Leben füreinander hingeben. Jesus sagt dies mit seinem bevorstehenden Kreuzestod im Sinn. Er wird es ihnen in vollkommener Weise vormachen, wenn er für die Erlösung der gesamten Menschheit ans Kreuz geschlagen wird.
Jesus erklärt den Aposteln auch, was er mit Freundschaft meint, denn er sieht die Lebenshingabe als größte Liebe gegenüber den Freunden. Er meint in erster Linie sich selbst, wie er sein Leben für seine Freunde hingibt, das heißt für seine Jünger. Darüber hinaus spricht er natürlich alle an, die in seiner Nachfolge leben und sich für ihre Freunde hingeben.
Freundschaft mit Christus ist ein anderes Bild für das Sein in Gottes Liebe. So sind auch die Gebote Gottes gleichzusetzen mit dem, was Christus seinen Jüngern aufträgt. Der Vater und der Sohn sind eins. Christus ist die Erfüllung der Gebote Gottes in Person. Auf ihn zu hören kommt der Erfüllung der Gottesgebote gleich. Freundschaft mit Christus haben wir, wenn wir auf ihn hören – wir sind in seiner Liebe durch die Haltung der Gebote Gottes.
Dann erklärt Jesus die Gegenbegrifflichkeit von Freund und Knecht. Wenn man bei einem Herrn als Knecht eingestellt ist, tut man einfach gehorsam, was einem aufgetragen wird. Doch der Herr wird nicht alle seine Pläne und Belange mit dem Knecht teilen. Das geht ihn nichts an. Anders sieht es unter Freunden aus. Diese erzählen sich alles auf einer sehr hohen Vertrauensbasis. Davon ausgehend erklärt Jesus seinen Aposteln, dass er und sie ein solches Freundschaftsverhältnis zueinander haben. Er hat ihnen alles erzählt (Stichwort Offenbarung), was er vom Vater gehört hat. Das ist ein sehr großer Vertrauenserweis, denn Jesus hat ihnen das Herz des Schöpfers von Himmel und Erde, des Herrschers über die Könige der Welt und des universalen Richters gezeigt. Diese größte Intimität hat Christus ihnen in Beziehung zum Vater ermöglicht!
Es geht noch weiter: Dass sie diese Freundschaft und somit den ultimativen Vertrauenserweis genießen dürfen, kommt nicht von ihrer eigenen Initiative, sondern Christus hat sie dazu erwählt! Wir wissen von den Evangelien, dass Jesus zu ihnen hinging und sie zu seinen Jüngern machte. Er rief sie dazu auf, ihm nachzufolgen und sie ließen alles stehen und liegen. So ist es auch mit uns: Gott hat uns erwählt, seine Freunde, seine Kinder, seine Familie zu sein. Er hat uns aus Liebe ins Dasein gerufen und alles, was wir ihm gegenüber anstreben – Liebe, Dankbarkeit, Glaube etc. – ist immer Antwort auf seine zuerst vorausgegangene Liebe.
Die Jünger sind dazu aufgerufen, Frucht zu bringen, die dauerhaft ist. Dieser Aufruf zur Fruchtbarkeit ist mehr als nur biologisch gemeint wie in der Genesis. Es geht um geistige Fruchtbarkeit, die eine viel größere ist. Die Jünger sollen das Wort Gottes ausstreuen und viele Kinder für die Familie Gottes gewinnen. Das ist also ein missionarisches Wort. Wer aber auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes getauft wird, bleibt in Ewigkeit ein Kind Gottes. Das Siegel, das bei der Taufe dem Täufling in die Seele eingeprägt wird, ist unauslöschlich, egal, was passiert. Deshalb ist es eine bleibende Frucht. So wird die Familie Gottes, die Kirche immer größer. Fruchtbar können die Apostel aber nur dann sein, wenn sie in der Liebe Gottes bleiben, also im Stand der Gnade. Und so ist es auch bis heute mit der Kirche als Leib Christi und mit jedem einzelnen Christen bezogen auf den Stand der Gnade. Was wir im Namen Jesu Christi erbitten, wird uns der Vater geben, wenn wir im Stand der Gnade bitten (und natürlich, wenn es seinem heiligen Willen entspricht!).
Jesus endet den heutigen Abschnitt mit einem wiederholten Aufruf zur Nächstenliebe. Sie ist mehr als nur ein gegenseitiges Gutsein. Sie übersteigt die Komfortzone bis hin zum Sterben füreinander. Das hat also nichts mit romantischen Vorstellungen zu tun, sondern damit, dass Liebe immer aufs Ganze geht. Jesus stirbt für die ganze Menschheit. Wer ihm nachfolgt und so lebt wie er, wird ebenfalls aufs Ganze gehen, wenn es sein muss. Dieses Sterben füreinander ist der äußerste Fall, doch auch das langsame Absterben des eigenen Willens und Egoismus, der eigenen Wünsche und Bequemlichkeiten um des Wohls des Anderen willen ist bei dieser Aussage mitgemeint. Wir sehen es besonders eindrücklich bei unseren Eltern. Sie geben sich so sehr für uns Kinder hin, opfern ihre Gesundheit, ihre Lebenszeit, ihre Finanzen, ihre eigenen Pläne, auch gerade beruflicher Art, um uns großzuziehen und zu erwachsenen Menschen und brennenden Christen zu machen. Es ist keine berechnende Liebe, die eine Gegenleistung erwartet, sondern eine ganz zweckfreie und selbstlose Hingabe und Ermöglichung optimaler Entfaltung des Anderen.

Das A und O unserer Existenz, vor allem auf dem Weg ins ewige Leben, ist die Liebe. Liebe ist nicht beschränkend, haben wir gehört. Die Liebe Gottes kommt im Übermaß. Es ist also bezeichnend, dass der Geist Gottes, die Liebesglut Gottes, nicht nur bei den Juden weht, sondern auch die Heiden entzündet. Geben auch wir im Übermaß, denn wie sagt doch das Sprichwort: „Liebe zählt nicht.“

Ihre Magstrauss

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