7. Sonntag der Osterzeit (B)

Apg 1,15-17.20a.c-26; Ps 103,1-2.11-12.19-20b; 1 Joh 4,11-16; Joh 17,6a.11b-19

Apg 1
15 In diesen Tagen erhob sich Petrus im Kreis der Brüder – etwa hundertzwanzig waren zusammengekommen – und sagte: 

16 Brüder! Es musste sich das Schriftwort erfüllen, das der Heilige Geist durch den Mund Davids im Voraus über Judas gesprochen hat. Judas wurde zum Anführer derer, die Jesus gefangen nahmen. 
17 Er wurde zu uns gezählt und hatte Anteil am gleichen Dienst. 
20 Denn es steht im Buch der Psalmen: Sein Amt soll ein anderer erhalten!
21 Es ist also nötig, dass einer von den Männern, die mit uns die ganze Zeit zusammen waren, als Jesus, der Herr, bei uns ein und aus ging, 
22 angefangen von der Taufe durch Johannes bis zu dem Tag, an dem er von uns ging und in den Himmel aufgenommen wurde – einer von diesen muss nun zusammen mit uns Zeuge seiner Auferstehung sein. 
23 Und sie stellten zwei Männer auf: Josef, genannt Barsabbas, mit dem Beinamen Justus, und Matthias. 
24 Dann beteten sie: Du, Herr, kennst die Herzen aller; zeige, wen von diesen beiden du erwählt hast, 
25 diesen Dienst und dieses Apostelamt zu übernehmen! Denn Judas hat es verlassen und ist an den Ort gegangen, der ihm bestimmt war. 
26 Sie warfen das Los über sie; das Los fiel auf Matthias und er wurde den elf Aposteln zugezählt.

Heute hören wir in der ersten Lesung von der Erwählung des Nachfolgers des Judas Iskariot. Petrus spricht vor dem ganzen „Kreis der Brüder“, es ist die Versammlung der Jünger, also nicht nur der Zwölferkreis. Wir lesen in den Versen vor unserem Ausschnitt auch davon, dass Maria, die Mutter Jesu, und die anderen Frauen anwesend sind. Petrus ist der Apostel, den Jesus auf besondere Weise berufen hat. Und deshalb ist er es, der die ganze Prozedur nun in die Hand nimmt:
Er beginnt seine Worte mit dem Hinweis auf ein erfülltes Schriftwort, man muss genauer sagen, zweier Psalmworte: Ps 69,26 „Ihr Lagerplatz soll veröden, in ihren Zelten soll niemand mehr wohnen“ (Dieses Schriftwort wird in der heutigen Lesung jedoch ausgelassen). Zudem erfüllt sich Ps 109,8 „Nur gering noch sei die Zahl seiner Tage, sein Amt erhalte ein anderer.“ Das ist ganz typisch und ein Spiegel des Verständnisses auch der neutestamentlichen Autoren. Sie haben ebenso das ganze Leben Jesu und ihre kirchliche Situation von den Verheißungen der Hl. Schrift her betrachtet. Sie haben immer wieder Erfüllungen dieser Verheißungen erkannt. Petrus tut es deshalb an der Stelle mit den beiden Psalmworten. Es ist auch typisch und absolut im Sinne Jesu, unterschiedliche Schriftstellen des AT miteinander zu kombinieren. So tat es Jesus bei dem Doppelgebot der Liebe (er verband Levitikus und Deuteronomium) und so ist es auch bei den Lobgesängen wie dem Magnificat Mariens (eine Zusammenstellung verschiedenster Schriftstellen, v.a. aus den Psalmen).
Der Zwölferkreis ist der innerste Kreis um Jesus. Er bestand aus Männern, die ununterbrochen und von Anfang an mit Jesus zusammen waren. Da durch den Verrat und Selbstmord des Judas Iskariot nun ein Platz frei geworden ist, jedoch belegt sein soll, erklärt Petrus die Bedingungen für den Nachfolger: Die Person muss aus dem Jüngerkreis Jesu kommen und von Anfang an immer bei Jesus gewesen sein. Das hat auch einen ganz bestimmten Grund: Die Aposteln sind in erster Linie Augenzeugen. Sie werden nach dem Pfingstereignis in die ganze Welt hinausziehen, um alle Worte und Taten Jesu mit ihrem eigenen Augen- und Ohrenzeugnis zu verbreiten. Dabei muss der Nachfolger alles bezeugt haben, auch die Auferstehung und die Himmelfahrt Jesu. Gerade das Osterereignis ist ja entscheidend für den christlichen Glauben und somit absolut existenziell für die Evangelisierung.
Dass auch der dreizehnte Apostel ein Mann sein soll, ist selbstverständlich und kein Ausdruck von Diskriminierung. Die Aposteln sind nämlich nicht nur Augenzeugen, sondern die umfassenden Nachfolger Christi, die so wie er mit ihrem Leben und ihrer ganzen Natur die Bräutigamhaftigkeit Christi nachahmen sollen, um so den Partner der Braut abzubilden.
Wir erfahren nichts davon, warum ausgerechnet Josef Barsabbas und Matthias in die engere Auswahl kommen. Was wir aber sagen können: Gottes Finger sind im Spiel. Er wird diese Versammlung schon wie ein erstes Konklave mit seinem Geist erfüllt haben, sodass die Anwesenden von seinem Geist geleitet eine Entscheidung getroffen haben.
Dass sie sich für diesen Geist auch schon geöffnet haben, sehen wir an ihrem Gebet: „Du, Herr, kennst die Herzen aller; zeige, wen von diesen beiden du erwählt hast, diesen Dienst und dieses Apostelamt zu übernehmen!“ Die Versammlung überlässt die Entscheidung also Gott. So sollte es sein. Es ist seine Kirche, seine Braut. Er soll sie gestalten und nach seinem Willen formen. Das gilt auch bis heute. Wer welche Aufgabe in der Kirche erfüllt, sollte Gott entscheiden, der den Menschen seinen Willen durch den Hl. Geist kundtut. Für diesen muss die Kirche sich aber öffnen, sonst hat er keinen Raum. Auch hier gilt wie für die Seele des Menschen der freie Wille und die Entscheidung für Gott. Der Geist Gottes erfüllt den Menschen, wo dieser ihn einlädt. Umgekehrt sehen wir aber auch, dass Gottes Geist nicht automatisch dort hinkommt, wo wir ihn einladen: Der Stiftungswille Christi ist entscheidend. Wenn wir jetzt z.B. den Geist Gottes bei einer Frauenweihe herabrufen würden (also unseren freien Willen damit kundtun), dann kommt er nicht. Frauenweihen sind nicht Christi Stiftungswille für seine Braut, die Kirche. Ebenso verhält es sich mit den aktuell durchgeführten Segnungen homosexueller Beziehungen.
Sie werfen das Los, denn bei dieser Methode kann man als Mensch nichts beeinflussen. So soll Gott das Los dem zuteilen, der für ihn als der geeignete Kandidat angesehen wird. Matthias wird auserwählt und so zum Nachfolger des Judas.
Wenn die Apostel vor der Wahl beten und in einem Nebensatz das weitere Geschick des Judas erwähnen, müssen wir das richtig verstehen: „Er ist jetzt an dem Ort, der ihm bestimmt war.“ Diese Übersetzung ist irreführend, denn kein Mensch ist für einen Ort schon bestimmt im Sinne einer Prädestination. Diese widerspricht dem freien Willen des Menschen. Protestanten vertreten eine Prädestination, sogar im doppelten Sinne (so die Calvinisten). Der Mensch kann also nicht nur für den Himmel vorherbestimmt sein, sondern sogar für die Hölle bzw. von Anfang an von Gott verworfen sein!
Das soll hier aber nicht ausgesagt werden und geht sprachlich aus dem Text auch nicht hervor: Es meint, dass Judas „an den eigenen Ort“ gegangen ist (εἰς τὸν τόπον τὸν ἴδιον eis ton topon ton idion). Es wird an dieser Stelle in der Apostelgeschichte also offen gelassen. Er ist an den Ort gekommen, zu dem er gehört und für den er sich entschieden hat.
Gottes Vorsehung ist es, die einen Nachfolger für Judas Iskariot ausgewählt hat. Und dieser Mensch hat in seinem Leben so viel Gutes bewirkt. Auch unser eigenes Leben wird maximal fruchtbar da, wo wir nicht selbst alles mit unserem engstirnigen, begrenzten Blick entscheiden. Wenn wir auf Gottes Vorsehung vertrauen und nach dieser in unserem Alltag Ausschau halten, werden wir immer wieder geleitet und bei Fehltritten eines Besseren belehrt. Mit Gottes Geist im Teamwork werden wir ein glückliches und erfülltes Leben haben. Unsere Seele ist der Tempel des Hl. Geistes. Es ist also kein weiter Weg, den wir zum Geist Gottes zurücklegen. Wir müssen nur in uns gehen und auf ihn hören. Er wird uns alles eingeben, was wir für die richtigen Entscheidungen brauchen.

Ps 103
1 Von David. Preise den HERRN, meine Seele, und alles in mir seinen heiligen Namen!
2 Preise den HERRN, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat!
11 Denn so hoch der Himmel über der Erde ist, so mächtig ist seine Huld über denen, die ihn fürchten.
12 So weit der Aufgang entfernt ist vom Untergang, so weit entfernt er von uns unsere Frevel.
19 Der HERR hat seinen Thron errichtet im Himmel, seine königliche Macht beherrscht das All.
20 Preist den HERRN, ihr seine Engel, ihr starken Helden, die sein Wort vollstrecken, die auf die Stimme seines Wortes hören!

Als Antwort beten wir einen Lobpreispsalm, bei dem der heilige Name Gottes gepriesen werden soll. Wir sollen Gott in jeder Situation loben und preisen. Wir sollen immer dankbar sein für all die guten Dinge, die Gott uns erwirkt hat. Es gibt immer unendlich vieles, wofür wir Gott danken können, auch wenn es eine nicht erfreuliche Situation gibt. Mit Blick auf den neu gewählten Apostel handelt es sich aber um einen erfreulichen Anlass.
Der Psalmist fordert die eigene Seele auf, was typischer Psalmenstil ist. Dabei müssen wir berücksichtigen, dass mit „Seele“ das ganze Leben des Menschen gemeint ist. Das hebräische Wort an dieser Stelle ist wie so oft נַפְשִׁי nafschi „meine Seele/mein Leben“. Der Herr soll das ganze Leben über und mit der gesamten Existenz gepriesen werden. Deshalb soll es auch keinen Moment geben, in dem man die guten Taten Gottes vergisst.
Beziehen wir das auf die Kirche, gilt dasselbe: Würde die Kirche aufhören, den Lobpreis Gottes durchgängig zu praktizieren, würde sie sehr schnell seine Güte vergessen und sich anderem zuwenden. Dann würde sie aber auch aufhören, Sakrament der Liebe Gottes zu sein, das die Ewigkeit in dieser Welt vorwegnimmt. Deshalb steht die Eucharistie an erster Stelle im kirchlichen Leben sowie im geistlichen Leben des Einzelnen. Für Geistliche gilt sodann an zweiter Stelle das Stundengebet, denn diese sind es, die den Lobpreis auf besondere Weise als Berufung leben. Sie sind ungeteilt dazu fähig, weil sie keine Familie haben, um die sie sich kümmern müssen.
Gott vergibt den Menschen die Schuld, wo sie sich aufrichtig zu ihm bekehren, ihre Sünden bereuen und einen neuen Lebenswandel beginnen. Dies wird uns in bildhafter Sprache deutlich, wenn Gottes Huld so groß beschrieben wird, wie der Himmel hoch über der Erde ist.
Auch Vers 12 ist mit einem sehr romantisch-poetischen Ausdruck eine Umschreibung der Verwandlung des Menschen durch Gott, wenn er sich bekehrt: Gott entfernt unsere Sündhaftigkeit so weit von uns, wie es nur geht – eben „so weit der Aufgang entfernt ist vom Untergang“. Der Psalm greift die Gedanken des Gebets im Buch des Propheten Micha auf. So ist Gott und so sollen wir Menschen beten. Die Sündenvergebung und Verwandlung des Menschen geschieht dabei durch den Heiligen Geist, den der Vater in wenigen Tagen senden wird.
Gott hat die Macht, Menschen zu verwandeln, weil er der Herrscher des Universums ist. Sein Thron ist im Himmel errichtet, nicht auf Erden. Das bestätigt die Worte Jesu vor Pilatus: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt.“ Deshalb sind wir Christen dazu aufgerufen, ebenfalls „nicht von dieser Welt“ zu sein, obwohl wir in ihr wohnen. Unser Leben muss auf die Ewigkeit ausgerichtet sein, unser Blick auf den Himmelsthron, unsere Hoffnung vom Osterereignis geprägt, unsere Kraft stets schöpfend aus dem Pfingstereignis.
Zum Schluss erfolgt noch ein Lobpreisaufruf, wie er für Psalmen typisch ist. Er richtet sich an die Engel, die den himmlischen Herrscher umgeben. Sie sind ihm gehorsam und sie sind stark. Sie geben Gott die Ehre im Himmel so wie wir auf Erden.

1 Joh 4
11 Geliebte, wenn Gott uns so geliebt hat, müssen auch wir einander lieben.

12 Niemand hat Gott je geschaut; wenn wir einander lieben, bleibt Gott in uns und seine Liebe ist in uns vollendet.
13 Daran erkennen wir, dass wir in ihm bleiben und er in uns bleibt: Er hat uns von seinem Geist gegeben.
14 Wir haben geschaut und bezeugen, dass der Vater den Sohn gesandt hat als Retter der Welt.
15 Wer bekennt, dass Jesus der Sohn Gottes ist, in dem bleibt Gott und er bleibt in Gott.
16 Wir haben die Liebe, die Gott zu uns hat, erkannt und gläubig angenommen. Gott ist Liebe, und wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott und Gott bleibt in ihm.

Es geht heute im ersten Johannesbrief wieder um die Konsequenz des Geliebtseins von Gott wie letzte Woche im zweiten Teil. Letztes Mal hielten wir fest: Unser ganzes Leben soll Antwort darauf sein, dass Gott uns zuerst geliebt hat. Heute geht es weiter: Die Nächstenliebe leitet sich von der Gottesliebe ab.
Es wird sogar noch mehr zugespitzt: Gottes Liebe wird in uns vollendet, wenn wir unseren Nächsten lieben. Das heißt, dass Gott seiner Liebe Ausdruck verleiht durch die Mitmenschen. Dies ist komplementär und ergänzend zu betrachten zu dem, was Jesus z.B. im Matthäusevangelium sagt: Wir tun durch die barmherzigen Taten am Mitmenschen eigentlich Gott einen Dienst (Mt 25, „Was ihr einem meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan“). Hier lesen wir jetzt die andere Seite der Medaille: Wenn uns jemand liebt, wenn er uns etwas Gutes tut, ist es eigentlich Gott, der durch diese Person handelt. Das heißt nicht, dass der Mensch keinen Anteil daran hat. Es ist vielmehr ein Teamwork der Liebe, denn Gottes- und Nächstenliebe hängen untrennbar miteinander zusammen. Wir Menschen geben durch die Liebe, die wir unserem Nächsten schenken, unser Ja. Wir entscheiden uns für den anderen, das heißt wir wirken aktiv mit als freiwillige Werkzeuge der Liebe Gottes.
Wenn wir das so tun, sind wir im Stand der Gnade. Dies wird durch diese Wendung ausgesagt, dass Gott in uns ist und wir in ihm. Das macht auch Sinn. Leben wir nach den zehn Geboten, leben wir die Gottes- und Nächstenliebe. Während die ersten drei Gebote die Gottesliebe betreffen, sind die anderen sieben Gebote auf die Nächstenliebe zu beziehen.
Ab Vers 13 erfahren wir, woran wir den Stand der Gnade erkennen: Der Geist Gottes wirkt in uns. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass wir im Stand der Sünde den Geist nicht in uns haben. Dabei liegt das nicht daran, dass Gott uns seinen Geist verweigert, sondern dass wir selbst ihn von uns wegschieben.
Ab Vers 14 werden noch einmal die Glaubenswahrheiten angedeutet, die die Kirche bekennt und die von bestimmten häretischen Gruppierungen geleugnet werden: Der Vater hat den Sohn als Retter der Welt gesandt und dieser ist tatsächlich Mensch geworden. Und Jesus ist dieser Sohn, den Gott zur Erlösung hat Mensch werden lassen. Diese Inhalte sind so grundlegend und entscheidend, dass ihre Leugnung zum Verlust des Stands der Gnade führen kann! Das müssen wir wirklich verinnerlichen. Wenn wir die Lehre der Kirche nicht annehmen, die ja nicht einfach gesetzt ist so nach dem Motto „glaub das oder tritt aus!“, sondern die schon geglaubt worden ist vor ihrer verbindlichen Verkündigung als Dogma – geführt durch den Hl. Geist. Jesus ist der Sohn Gottes. Er ist nicht einfach nur ein gewöhnlicher Mensch, wie Arius im 4. Jh. behauptete (das wird hier weniger angedeutet), er ist auch nicht eine „Fata Morgana“ ohne Materie (darum geht es hier vor allem, das ist Doketismus). Die Aposteln und die ganzen Jünger, die seine Augenzeugen waren, haben seinen echten Körper gesehen, sie haben ihn berührt, sie haben ihn essen gesehen. Er ist echt.
Wenn in Vers 16 steht, dass wir die Liebe erkannt und gläubig angenommen haben, deutet das die Taufe an. Wir sind zu seinen Kindern und Erben geworden. Wir haben Gott selbst angenommen und angefangen, ihn zurückzulieben. Gott ist nämlich selbst die Liebe und in der Liebesgemeinschaft mit ihm haben wir den Stand der Gnade geschenkt bekommen. Man kann die heutige Lesung mit einem Satz zusammenfassen: Das höchste Ziel im Leben und darüber hinaus ist die Liebesgemeinschaft mit Gott.

Joh 17
6 Ich habe deinen Namen den Menschen offenbart, die du mir aus der Welt gegeben hast.
Heiliger Vater, bewahre sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast, damit sie eins sind wie wir! 12 Solange ich bei ihnen war, bewahrte ich sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast. Und ich habe sie behütet und keiner von ihnen ging verloren, außer dem Sohn des Verderbens, damit sich die Schrift erfüllte.
13 Aber jetzt komme ich zu dir und rede dies noch in der Welt, damit sie meine Freude in Fülle in sich haben.
14 Ich habe ihnen dein Wort gegeben und die Welt hat sie gehasst, weil sie nicht von der Welt sind, wie auch ich nicht von der Welt bin.
15 Ich bitte nicht, dass du sie aus der Welt nimmst, sondern dass du sie vor dem Bösen bewahrst.

16 Sie sind nicht von der Welt, wie auch ich nicht von der Welt bin.
17 Heilige sie in der Wahrheit; dein Wort ist Wahrheit.
18 Wie du mich in die Welt gesandt hast, so habe auch ich sie in die Welt gesandt.
19 Und ich heilige mich für sie, damit auch sie in der Wahrheit geheiligt sind.

Im Evangelium hören wir heute einen Ausschnitt aus dem sogenannten hohepriesterlichen Gebet Jesu. Es ist ein Gebet, bei dem Jesus als unser einziger wahrer Hohepriester beim Vater einsteht, bevor er das Opfer aller Zeiten darbringt, sich selbst am Kreuz.
Vers 6 wird oft missverstanden oder sogar als Beleg dafür angeführt, dass Jesus nicht selbst Gott ist. Dabei ist es folgendermaßen zu verstehen: Jesus hat den Menschen Gott gezeigt. Sein „Name“ bezieht sich auf die Offenbarung im Dornbusch und deutet die Eigenschaft des ewigen Seins mit den Menschen an. Jesus hat diese Zuwendung Gottes durch sein Wesen, seine Worte und Taten ganz gezeigt. Er hat den Jüngern alles offenbart und appelliert nun an die Treue des Vaters, diese Eigenschaft auch jetzt an den Seinen zu bewahren. Er soll sie nicht verlassen, wenn Jesus gehen muss, damit sie eins sind und sich nicht zerstreuen wie Schafe ohne Hirten. Der Vater wird dies wirklich umsetzen durch die Sendung des Beistandes, des Heiligen Geistes. Solange Jesus da war, hat er die Aufgabe erfüllt, sie zusammenzuhalten. Er hat als guter Hirte die Herde immer gut gehütet, damit kein Schaf verloren geht, wie er in dem Gleichnis des Lukasevangeliums erzählt. Bei diesen Worten macht Jesus eine Ausnahme, denn Judas Iskariot wird ihn wenig später dem Hohen Rat ausliefern und damit erfüllen, was die Hl. Schrift angekündigt hat.
Dann sagt Jesus zu seinem Vater, dass er bald zu ihm kommt, diese ganzen Worte aber laut spricht zum Zeugnis für die Apostel, damit sie Freude in Fülle haben. Diese können sie erlangen durch den Heiligen Geist, der bald auf sie herabkommen wird. Freude ist nämlich seine Frucht.
Jesus hat das Wort des Vaters seinen Jüngern gegeben. Das heißt, er hat sich selbst seinen Jüngern gegeben, der er das fleischgewordene Wort ist. Die Welt hasste sie. Die Grammatik zeigt, dass das Hassen eine punktuelle Handlung der Vergangenheit ist. Da es aber erst der Anfang des Hasses ist, müssen wir die Verbform ingressiv verstehen, also als einen Anfang markierenden Begriff. Dass die Welt die Jünger hasst, hat schon dadurch begonnen, dass die Apostel zu Jesu Jüngern geworden sind. Das liegt daran, dass sie in einer neuen Lebenswirklichkeit leben, die von der göttlichen Weisheit bestimmt ist und deren Lebenswandel auf die Ewigkeit ausgerichtet ist. Die Welt ist aber rein diesseitsbezogen und eine gefallene Schöpfung. Deshalb sind die Jünger nicht mehr von dieser Welt und werden von den Weltlichen nicht mehr verstanden.
Jesus bittet nicht darum, ihnen das Leid zu ersparen. Leiden ist leider vorprogrammiert, weil der freie Wille der Mitmenschen auch zu einer Entscheidung zum Bösen, zum Schaden, zum Hineinziehen Unschuldiger führen kann. Jesus erbittet vom Vater, dass die Jünger dann aber standhalten können und nicht selbst böse werden. Jesus wiederholt, dass die Jünger nicht von dieser Welt sind, wie auch er nicht von dieser Welt ist.
„Heilige sie in der Wahrheit, dein Wort ist Wahrheit.“ Dieser Vers ist sehr dicht und tiefsinnig. Geheiligt werden wir durch die Taufe auf den Namen Jesu. Er sagt von sich selbst, dass er die Wahrheit ist. Wenn Jesus also den Vater darum bittet, dass die Jünger in der Wahrheit geheiligt werden, dann bittet er um die „Taufe“ der Apostel (sie werden ja nicht wie die nachfolgenden Christen im Wasser getauft, sondern am Pfingsttag mit dem Heiligen Geist erfüllt.). Durch dieses Ereignis werden sie zu Christen, also zu Erben des Reiches Gottes und Teil der neuen Schöpfung. Jesus sagt sodann, dass das Wort des Vaters Wahrheit ist. Er identifiziert sich mit diesem Wort, denn er ist das fleischgewordene Wort und zugleich die Wahrheit.
Er erklärt im nächsten Vers, dass es eine Analogie zwischen der Sendung des Sohnes durch den Vater und der Sendung der Apostel durch den Sohn gibt. So werden die Apostel Jesu Werk weiterführen, nämlich die Verkündigung des Gottesreiches. Dadurch werden sie den Willen des Vaters ausführen wie zuvor Jesus in menschlicher Gestalt auf Erden. Mit „in die Welt“ meint bei Jesus wörtlich das Diesseits. Er ist hineingeboren wie jeder andere Mensch auch. Die Jünger sind „in die Welt“ gesandt wörtlich im Sinne der weltweiten Missionsreisen. Dabei denken wir vor allem an den Völkerapostel Paulus, der viele Kilometer zurückgelegt hat, um den Menschen das Evangelium zu bringen. „In die Welt“ meint im geistlichen Sinne aber auch „in die gefallene Schöpfung“. So werden sie als Lebende für die Ewigkeit jenen ausgesetzt, die nur für diese Welt leben, die keine Zukunft haben. Sie sollen die Menschen von der alten zur neuen Schöpfung führen, damit alle gerettet werden.
Jesus heiligt sich für sie, damit sie geheiligt werden. Dies hat er schon begonnen bei der Taufe im Jordan durch Johannes den Täufer. Es ist ein Akt der Buße stellvertretend für die Menschheit. Er selbst ist ohne Sünde und hat keine Buße nötig. Am Kreuz wird diese Buße ihren Höhepunkt erreicht und so wird Jesus auf maximale Weise geheiligt, auch wenn dies erst durch das Osterereignis deutlich wird. Und wenn die Apostel dann auf seinen Tod und seine Auferstehung getauft werden, dann zur Vergebung der Sünden. Sie nehmen dadurch die Erlösung an und werden so als Erlöste geheiligt. Die Erlösung wird von Christus erwirkt, der die Wahrheit ist. Die Heiligung erfolgt durch die Kraft des Hl. Geistes, dessen Herabkunft wir bald zu Pfingsten feiern werden!

Ihre Magstrauss

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