Ex 40,16-21.34-38; Ps 84,3.4.5-6au. 8a.11; Joh 11,19-27
Ex 40
16 Mose machte alles so, wie es der HERR ihm geboten hatte. So machte er es.
17 Im zweiten Jahr, am ersten Tag des ersten Monats, stellte man die Wohnung auf.
18 Mose stellte die Wohnung auf, legte ihre Sockel hin, setzte ihre Bretter darauf, brachte ihre Querlatten an und stellte ihre Säulen auf.
19 Dann spannte er das Zelt über die Wohnung und legte die Decke des Zeltes darüber, wie es der HERR dem Mose befohlen hatte.
20 Dann nahm er das Bundeszeugnis, legte es in die Lade, brachte die Stangen an der Lade an und setzte die Sühneplatte oben auf die Lade.
21 Er brachte die Lade in die Wohnung, spannte den verhüllenden Vorhang auf und verdeckte so die Lade des Bundeszeugnisses, wie es der HERR dem Mose geboten hatte.
34 Dann bedeckte die Wolke das Offenbarungszelt und die Herrlichkeit des HERRN erfüllte die Wohnung.
35 Mose konnte das Offenbarungszelt nicht betreten, denn die Wolke wohnte darauf und die Herrlichkeit des HERRN erfüllte die Wohnung.
36 Immer, wenn die Wolke sich von der Wohnung erhob, brachen die Israeliten auf zu all ihren Wanderungen.
37 Wenn sich aber die Wolke nicht erhob, brachen sie nicht auf, bis zu dem Tag, an dem sie sich erhob.
38 Bei Tag schwebte die Wolke des HERRN über der Wohnung, bei Nacht aber war Feuer in ihr vor den Augen des ganzen Hauses Israel auf all ihren Wanderungen.
In der Lesung hören wir heute davon, dass Mose nach Gottes Vorgaben den Tempel und alles Dazugehörige anfertigen lässt. Es heißt, dass man den Tempel im zweiten Jahr, am ersten Tag des ersten Monats aufstellt. Dabei handelt es sich um das Offenbarungszelt, das schnell wieder zusammengebaut werden kann und bei der Wüstenwanderung mitgeführt wird.
Worauf aber bezieht sich die Zeitangabe? Es geht um die Zählung seit dem Auszug aus Ägypten. Im zweiten Jahr des Geschehenen wurde das Offenbarungszelt mit allen kultischen Gegenständen gebaut. Der erste Monat ist der Monat, in dem der Auszug aus Ägypten geschah und in dem die Israeliten seitdem Pessach feierten.
Dann wird ganz detailliert beschrieben, wie Mose alles ganz genau nach den Vorgaben Gottes bauen lässt. Dadurch wird uns verdeutlicht, dass Mose gehorsam ist. Gott entscheidet, wie der Kult der Israeliten aussehen soll. Er gibt alles vor.
Besonders wichtig ist die Bundeslade als Kern des Heiligtums. Sie soll durch einen verhüllenden Vorhang vom Rest abgeschirmt werden. Schon von Anfang an ist sie das Allerheiligste des Tempels, zu dem keiner einfach so vordringen kann.
Mose setzt gehorsam alles um und als Zeichen der Bestätigung kommt die Wolke Gottes auf den Ort nieder. Gottes Schechina, seine Herrlichkeit nimmt Wohnung im Offenbarungszelt. Das Theophaniezeichen der Wolke ist den Israeliten mittlerweile vertraut und wird sie viele Jahre begleiten. Gott gibt nicht nur die Art und Weise des Kultes vor, sondern auch das Timing. Wenn sich die Wolke vom Offenbarungszelt erhebt, wissen die Israeliten, dass sie weiterziehen sollen. Wenn sie auf dem Tempel liegenbleibt, wissen sie, dass sie an dem Tag lagern sollen. Es ist aber nicht rund um die Uhr eine Wolke zu sehen, sondern in der Nacht zeigt sich Gott im Feuer ganz wie am Anfang des Exodus. Gott ist stets bei seinem Volk. Er verhält sich ganz, wie er dem Mose im brennenden Dornbusch offenbart hat: Er ist Jahwe, Gott, der bei seinem Volk ist und immer bei seinem Volk sein wird.
Ps 84
3 Meine Seele verzehrt sich in Sehnsucht nach den Höfen des HERRN. Mein Herz und mein Fleisch, sie jubeln dem lebendigen Gott entgegen.
4 Auch der Sperling fand ein Haus und die Schwalbe ein Nest, wohin sie ihre Jungen gelegt hat – deine Altäre, HERR der Heerscharen, mein Gott und mein König.
5 Selig, die wohnen in deinem Haus, die dich allezeit loben.
6 Selig die Menschen, die Kraft finden in dir,
8 sie schreiten dahin mit wachsender Kraft.
11 Ja, besser ist ein einziger Tag in deinen Höfen als tausend andere. Lieber an der Schwelle stehen im Haus meines Gottes als wohnen in den Zelten der Frevler.
Der heutige Psalm ist dem Tempel in Jerusalem gewidmet. Gleich zu Beginn wird uns dies durch die „Höfe des Herrn“ verdeutlicht. Es meint die verschiedenen Bereiche des Tempelgeländes. Der ganze Beter verzehrt sich in Sehnsucht nach dem Tempel. Er jubelt mit seiner ganzen Existenz („mein Herz und mein Fleisch“). Der Psalm passt sehr gut zur Lesung, in der wir von Gottes Gegenwart im Offenbarungszelt gehört haben. Über diesen Wortsinn hinaus erkennen wir aber die geistliche Reichweite dieser Sehnsucht und auch der gesamten Widmung des Psalms: Es geht um Gottes Gegenwart auch in Jesus Christus, also um die messianische Sehnsucht, sowie um die Gegenwart Gottes im Allerheiligsten Sakrament. Moralisch gesehen geht es um die Sehnsucht nach Gottes Wohnung im Herzen des Menschen und den Stand der Gnade. Die Sehnsucht nach Gottes Gegenwart nimmt in unserer Zeit zu, die immer gottloser wird. Dadurch steigt die Sehnsucht nach der Wiederkunft Christi am Ende der Zeiten, der alles gut machen wird. Wir haben also auch diese anagogische Lesart vor Augen.
Der Beter vergleicht seine Freude über den Tempel und seine damit verbundenen Heimatgefühle mit Sperling und Schwalbe, die ein Nest gebaut und ihre Jungen hineingelegt haben. Dabei ist die Anrede HERR der Heerscharen (Jahwe Zebaot) eine kultische Bezeichnung für Gott. Auch wir bezeichnen ihn so, wenn wir das Sanctus singen. Es ist ein liturgischer Titel auch bei den Christen. Die wahre Heimat des Christen ist das Himmelreich, das himmlische Jerusalem, in dem Gott inmitten seiner Kinder gegenwärtig ist und wo es keinen Tempel im ursprünglichen Sinne mehr benötigt.
„Selig, die wohnen in deinem Haus, die dich allezeit loben“ führt uns ebenfalls über den Buchstabensinn hinaus. Wir preisen jene selig, die ewig das Sanctus im Himmel singen. Nicht umsonst kündigt der Priester in der Präfation das Sanctus z.B. mit den Worten an: „Darum preisen wir dich mit allen Engeln und Heiligen und singen vereint mit ihnen das Lob deiner Herrlichkeit.“ Jene sind es, die wirklich selig sind und im Hause Gottes wohnen und ihn allezeit preisen. Neben dieser anagogischen Lesart können wir es schon allegorisch-ekklesiologisch verstehen, also auf die Kirche beziehen. Sie ist das Haus Gottes auf Erden, der Antitypos des Tempels. Hier wohnt Christus in eucharistischer Gestalt. Die Kirche ist die Gemeinschaft der Gläubigen, die Gott allezeit preist. Hier wird ein Funke der eschatologischen Freude schon sakramental vorweggenommen.
Der Beter des Psalms bevorzugt diese Zeit im Tempel gegenüber vielen Tagen vom Tempel entfernt. Die Wallfahrtszeiten sind sein Höhepunkt. Er freut sich schon darüber, wenn er „an der Schwelle“ stehen darf, solange er nicht in den „Zelten der Frevler“ verbringen muss. Es ist wiederum anagogisch weiterzudenken: Selbst wenn wir an der Schwelle zum Himmelreich stehen, ist es besser, als in der ewigen Verdammnis zu verbringen. Selbst wenn wir noch geläutert werden müssen, aber schon mit einem Fuß im Himmelreich sind, haben wir Trost. Denn wir sind uns sicher, dass wir danach bei Gott sein dürfen. Es ist wie mit den Höfen des Tempels. Es muss zunächst die Reinigung erfolgen, damit wir weiter vordringen können. Der irdische Tempel ist wirklich nach dem Vorbild der Ewigkeit gebaut worden!
„Sie schreiten dahin mit wachsender Kraft“. Wer von Gottes Liebe berührt wird, wer ganz mit ihr erfüllt ist, geht nicht mehr als alter Mensch zurück. Wenn wir Gott begegnen, verwandelt er uns in seiner Gegenwart. Das gilt schon für die Juden, die bei ihren Wallfahrtsfesten neu gestärkt und im Glauben vertieft vom Tempel in Jerusalem nach Hause zurückkehren. Das gilt umso mehr für jene, die neugeboren werden im Hl. Geist bei der Taufe! Denn sie werden zu neuen Menschen, die das ewige Leben erlangen. Und wenn sie auf Gottes Wegen gehen, erhalten sie diesen neuen Zustand aufrecht. Und wenn sie den Herrn in der Kommunion empfangen, dann werden sie nach und nach ihm gleichgestaltet. Die Kirche wird immer mehr zum Leib Christi, je mehr sie Eucharistie feiert. Der einzelne Gläubige wird immer mehr zum Leib Christi, je öfter er ihn empfängt. Und mithilfe der Sakramente und Sakramentalien wird er innerlich gekräftigt und ausgerüstet mit allem, was er für den Weg des Lebens bis in die Ewigkeit benötigt. Sie wachsen in der Kraft, in der Gnade und in der Heiligkeit.
Joh 11
19 Viele Juden waren zu Marta und Maria gekommen, um sie wegen ihres Bruders zu trösten.
20 Als Marta hörte, dass Jesus komme, ging sie ihm entgegen, Maria aber blieb im Haus sitzen.
21 Marta sagte zu Jesus: Herr, wärst du hier gewesen, dann wäre mein Bruder nicht gestorben.
22 Aber auch jetzt weiß ich: Alles, worum du Gott bittest, wird Gott dir geben.
23 Jesus sagte zu ihr: Dein Bruder wird auferstehen.
24 Marta sagte zu ihm: Ich weiß, dass er auferstehen wird bei der Auferstehung am Jüngsten Tag.
25 Jesus sagte zu ihr: Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt,
26 und jeder, der lebt und an mich glaubt, wird auf ewig nicht sterben. Glaubst du das?
27 Marta sagte zu ihm: Ja, Herr, ich glaube, dass du der Christus bist, der Sohn Gottes, der in die Welt kommen soll.
Weil heute der Gedenktag der Hl. Marta ist, hören wir einen Ausschnitt aus der Episode der Auferweckung des Lazarus. Als Jesus mit seinen Jüngern unterwegs nach Betanien ist, kommt Marta ihm entgegen, während Maria im Haus bleibt. Die beiden Frauen trauern sehr um ihren Bruder, der an einer Krankheit verstorben ist. Sie sind zunächst beide im Haus, wo viele Menschen zu ihnen kommen und sie trösten. Als Marta von Jesu Kommen hört, ist sie sofort unterwegs zu ihm. Das ist bezeichnend, denn Marta ist der aktive Part der Familie. Sie ist voller Tatendrang und führt viele Liebestaten aus. Aus dem Lukasevangelium ist uns ja die Episode überliefert, in der Marta Jesus bewirtet und Maria seinen Worten lauscht. Marta ist wirklich eine Frau der Tat! Maria dagegen ist der kontemplative Part der Familie, die Ruhende und Hörende, die sich auf Jesus einlässt und gut in sich gehen kann. Deshalb verwundert es auch nicht, dass Maria im Haus zurückbleibt. Und auch wenn Jesus den beiden Schwestern im Lukasevangelium erklärt, dass Maria den besseren Teil ausgewählt hat, als sie ihrer Schwester nicht geholfen hat, können die Schwestern ihren Charakter bzw. ihr Charisma nicht einfach verändern. Es wird ein wenig immer so bleiben, auch wenn Marta sich mehr um Kontemplation bemüht haben wird.
Warum aber geht Marta Jesus entgegen? Sie tut es nicht nur, weil sie ihn so ersehnt und so schnell wie möglich bei ihm sein möchte. Womöglich tut sie es, um Jesus nicht bis zum Haus kommen zu lassen, in dem Lazarus gestorben ist und wo deshalb für sieben Tage kultische Unreinheit herrscht. Vielleicht möchte sie nicht, dass Jesus danach isoliert sein muss. Andererseits: Sie selbst ist ja auch kultisch verunreinigt und dürfte somit gar nicht auf ihn zugehen. Also bezeugt sie durch dieses Verhalten vielmehr ihren starken Glauben, der stärker als die Furcht vor kultischer Unreinheit ist.
Sie ist voller Trauer und doch glaubt sie, dass Jesus vom Vater alles erbitten kann. Sie hadert nicht mit Jesus, auch wenn sie ihm sagt: „Wärst du hier gewesen, wäre er nicht gestorben.“ Ihr Gottvertrauen ist größer als ihre Trauer. Deshalb sagt sie: „Aber auch jetzt weiß ich: Alles, worum du Gott bittest, wird Gott dir geben.“
Jesus erklärt ihr, dass der Bruder nicht sterben wird. Sie versteht es so, dass Jesus die Auferstehung am letzten Tag meint. Jesus möchte aber sagen, dass es eine Auferstehung von den Toten auch schon vor dem Ende der Zeiten geben wird, nämlich eine Auferstehung der Seele, selbst beim Sterben des Leibes. Damit nimmt er vorweg, was uns allen geschenkt wird, wenn Jesus die ganze Welt erlöst. Er selbst ist die Auferstehung, weil mit seiner Person das ewige Leben dem Menschen ermöglicht wird, der an ihn glaubt.
In diesem Sinne verstehen wir es, wenn Jesus sagt, dass der Mensch leben wird, auch wenn er stirbt, ja sogar auf ewig nicht sterben wird. Dies bezieht sich dann auf das ewige Leben bei Gott, das wir zunächst seelisch haben bis zum Weltende, wo wir mit unseren Leibern wieder vereint werden.
Marta hat ihren geliebten Bruder verloren und doch vertraut sie auf den Herrn. Sie bekennt, dass Jesus der Messias ist. Das ist sehr erstaunlich, denn so ein Messiasbekenntnis ist sonst sehr selten überliefert. Wir wissen z.B. von Petrus, dass er Jesus als Messias offen bekennt. An diesem Gespräch zeigt sich uns, was für ein glaubensstarker Mensch Marta ist.
Heute geht es um das Heiligtum Gottes und um das ewige Leben. Wir alle dringen immer weiter vor bis zum Allerheiligsten, zum himmlischen Jerusalem und Gottes unverhüllter Schau. Noch sehen wir den Herrn verhüllt durch den Tempelvorhang der Ewigkeit. Deshalb sind wir Gläubige. Doch am Ende der Zeiten werden wir Schauende sein, denn dann wird der Schleier hinweggenommen, der schon zerrissen ist mit der Erlösung Jesu Christi. Wir müssen uns bewusst sein, dass uns ein ganz großes Privileg zuteilwird: Wir dürfen jederzeit zum Allerheiligsten kommen, um den Herrn anzubeten! Das war den Israeliten versagt, nur einmal im Jahr dem Hohepriester an Jom Kippur erlaubt. Nehmen wir dies dankbar in Anspruch und bitten wir die Hl. Marta um ihre Fürsprache, dass auch wir einen so starken Glauben wie sie bekommen, der auch der tiefsten Trauersituation standhält.
Ihre Magstrauss