18. Sonntag im Jahreskreis (B)

Ex 16,2-4.12-15; Ps 78,3-4b.23-24.25 u. 54; Eph 4,17.20-24; Joh 6,24-35

Ex 16
1 Die ganze Gemeinde der Israeliten brach von Elim auf und kam in die Wüste Sin, die zwischen Elim und dem Sinai liegt. Es war der fünfzehnte Tag des zweiten Monats nach ihrem Auszug aus Ägypten.
2 Die ganze Gemeinde der Israeliten murrte in der Wüste gegen Mose und Aaron.
3 Die Israeliten sagten zu ihnen: Wären wir doch im Land Ägypten durch die Hand des HERRN gestorben, als wir an den Fleischtöpfen saßen und Brot genug zu essen hatten. Ihr habt uns nur deshalb in diese Wüste geführt, um alle, die hier versammelt sind, an Hunger sterben zu lassen.
4 Da sprach der HERR zu Mose: Ich will euch Brot vom Himmel regnen lassen. Das Volk soll hinausgehen, um seinen täglichen Bedarf zu sammeln. Ich will es prüfen, ob es nach meiner Weisung lebt oder nicht.
5 Wenn sie am sechsten Tag feststellen, was sie zusammengebracht haben, wird es doppelt so viel sein, wie sie sonst täglich gesammelt haben.
9 Dann sagte Mose zu Aaron: Sag der ganzen Gemeinde der Israeliten: Tretet hin vor den HERRN; denn er hat euer Murren gehört!
10 Während Aaron zur ganzen Gemeinde der Israeliten sprach, wandten sie sich zur Wüste hin. Da erschien plötzlich in der Wolke die Herrlichkeit des HERRN.
11 Der HERR sprach zu Mose:

12 Ich habe das Murren der Israeliten gehört. Sag ihnen: In der Abenddämmerung werdet ihr Fleisch zu essen haben, am Morgen werdet ihr satt werden von Brot und ihr werdet erkennen, dass ich der HERR, euer Gott, bin.
13 Am Abend kamen die Wachteln und bedeckten das Lager. Am Morgen lag eine Schicht von Tau rings um das Lager.
14 Als sich die Tauschicht gehoben hatte, lag auf dem Wüstenboden etwas Feines, Knuspriges, fein wie Reif, auf der Erde.
15 Als das die Israeliten sahen, sagten sie zueinander: Was ist das? Denn sie wussten nicht, was es war. Da sagte Mose zu ihnen: Das ist das Brot, das der HERR euch zu essen gibt.

In der ersten Lesung hören wir davon, wie die Israeliten murren und unzufrieden sind nach allem, was Gott getan hat. Er hat das Volk Israel trockenen Fußes durch das Rote Meer geführt und die Ägypter in die Flucht geschlagen, die ihnen hinterhergejagt waren. Diese Rettung geschah am fünfzehnten Tag des zweiten Monats seit ihrem Auszug.
Die Rettung ist geschehen, doch die Israeliten sind alles andere als dankbar. Schon wieder murren sie gegen Mose und seinen Bruder, weil sie nun in der Wüste lagern und hungern. Wieder sehnen sie sich nach Ägypten zurück, wo sie vielleicht als Sklaven leben mussten, aber genug zu essen hatten dank der Fleischtöpfe der Ägypter. Das ist eine Versuchung, der wir alle immer wieder ausgesetzt sind: Wir sehen das Leiden und die Opfer, die ein Leben in der Nachfolge Christi mit sich bringen. Zugleich realisieren wir, dass viele, die nicht nach Gottes Geboten leben, ein gutes Leben haben. Dann sehnen wir uns danach, ebenfalls diesen Weg mit dem Strom zu gehen, um die gegenwärtigen Leiden nicht zu erfahren. Oft bevorzugen wir das leibliche Wohl, das kurzfristige Luststreben und die Unlustvermeidung, weil wir vergessen, dass es auf die lange Sicht ankommt und darauf, das ewige Leben zu gewinnen. All dies müssen auch die Israeliten lernen. Sie reagieren in Leidsituationen immer wieder prompt mit einem Hadern gegen Gott und seine Propheten. Sie stellen seine Güte infrage und vergessen all das Gute, was Gott bereits gewirkt hat. Sie haben zehn Plagen gegen die Ägypter gesehen, sie haben die Spaltung des Roten Meeres gesehen, und doch zweifeln sie an seinem Heilsplan. Ja, sie unterstellen ihm sogar, dass er Böses im Schilde führt, nämlich das Volk in der Wüste verhungern zu lassen. Wie geduldig ist aber unser Gott! Er reagiert nicht damit, das Volk auszulöschen, was ihm ja möglich wäre. Vielmehr nimmt er ihr Murren geduldig auf sich und sättigt das Volk in der Wüste mit dem Manna, das er vom Himmel regnen lässt.
Doch Gott verbindet diese Gabe mit einer Prüfung bzw. Lektion: Er lässt stets den täglichen Bedarf herabregnen, nicht mehr. Anders gesagt sollen die Israeliten sich den täglichen Bedarf von dem Manna sammeln, nicht mehr. Nur am sechsten Tag werden die Israeliten die doppelte Menge an Manna sammeln, denn am Sabbat sollen sie ja ruhen. So wird ihnen am Tag zuvor die Ration des Sabbats mitgegeben. Die Prüfung besteht darin, zu sehen, ob die Israeliten sich darum bemühen, mehr als eine Tagesportion zu sammeln. Das würde ihm nämlich beweisen, dass sie ihm nicht vertrauen. Die Lektion besteht ja darin, auf Gottes gute Vorsehung zu vertrauen, der ihnen Tag für Tag aufs Neue das Lebensnotwendige gibt. Wer sich mehr sammelt, misstraut seiner Güte und Großzügigkeit. Wir lernen ebenfalls sehr viel aus dieser Erzählung, denn nicht umsonst beten wir im Vaterunser: Unser tägliches Brot gib uns heute. In dem Gebet ist eine deutliche Manna-Typologie zu erkennen.
Es ist eine Gabe für den heutigen Tag. Jesus sagt an anderer Stelle, dass wir uns nur um den heutigen Tag sorgen sollen, denn der nächste Tag werde für sich selbst sorgen. Gott gibt jeden Tag alles, was wir brauchen und wir sollen lernen, uns alles von ihm schenken zu lassen. Die übertriebene Sorge und auch das Misstrauen gegenüber Gott zerstört uns und reibt uns auf. Umso mehr ist das auf die Kirche und ihre Heilsmittel zu beziehen. Wir können nicht anders, als uns diese vom Herrn schenken zu lassen. Wir können die Eucharistie nicht selber machen. Es ist ein Geschenk Gottes, dass er zu uns kommt durch die Wandlungsworte des Priesters, dass er seine Gnade wirkt in allen Sakramenten und Sakramentalien. Der Versuch, sich Gnade irgendwie selbst zusammenzubasteln, wird scheitern.
Aaron überbringt den Israeliten die Gottesworte und das Volk wendet sich gen Wüste. Da erscheint erneut die Wolke als Manifestation Gottes, dessen Herrlichkeit beim Gottesvolk ist. In dieser Theophanie offenbart Gott dem Mose, dass abends die Wachteln das Lager aufsuchen werden, sodass die Israeliten Fleisch zu essen haben, und am Morgen mit dem Tau das Manna kommt.
Es kommt so, wie Gott es angekündigt hat, sodass die Israeliten Brot und Fleisch in Fülle geschenkt bekommen. Wenn Gott gibt, dann immer in Fülle. Wir werden am meisten beschenkt, wenn wir nicht begehren, sondern dankbar auf Gott vertrauen. Das betrifft auch unser Leben heute: Wenn wir alles tun, um noch mehr zu haben, und noch mehr raffen, noch mehr anstreben, noch mehr begehren, dann wird uns all das genommen. Wenn wir all das gar nicht anstreben, sondern auf Gott vertrauen, mit einer gesunden Haltung unser Geld verdienen, Altersvorsorge etc. vornehmen und vor allem zuerst das Reich Gottes suchen, dann wird uns alles in Fülle gegeben. Denn Gott vertraut uns Reichtum an, wenn wir arm im Geiste sind. Er weiß nämlich, dass wir all diese Gaben nicht missbrauchen werden, sondern verantwortungsvoll verwalten werden. Wenn wir aber reich im Geiste sind (was ich mit dem Habenwollen und Begehren beschrieben habe), dann weiß der Herr, dass er uns diese Reichtümer nicht anvertrauen kann. Er möchte ja, dass alle das Reich Gottes erlangen können. Und ein Reicher kann nicht in das Reich Gottes – kein Reicher im Geiste. Wenn wir also zuerst Gottes Willen suchen wie Mose und Aaron, dann wird er uns reich beschenken wie die Israeliten in der Wüste.
Zugleich dürfen wir auf seine Barmherzigkeit und Geduld vertrauen. Die Israeliten benehmen sich undankbar und murren sofort, wenn etwas nicht passt. Doch Gott reagiert mit sehr viel Geduld und Erbarmen. Wenn es uns nicht immer gelingt, das volle Gottvertrauen zu leben, dürfen wir ihn um Verzeihung bitten und von Neuem beginnen.

Ps 78
3 Was wir hörten und erfuhren, was uns die Väter erzählten,
4 die ruhmreichen Taten des HERRN und seine Stärke, die Wunder, die er getan hat.

23 Da gebot er den Wolken droben und öffnete die Tore des Himmels.
24 Er ließ Manna auf sie regnen als Speise, er gab ihnen Korn vom Himmel.
25 Jeder aß vom Brot der Starken; er sandte Nahrung, sie zu sättigen.

54 Er brachte sie in sein heiliges Gebiet, zum Berg, den seine Rechte erworben hat.

Als Antwort auf die Lesung beten wir Ps 78, einen Psalm des Leviten Asaf, der für den Lobpreis am Heiligtum zuständig war. In Ps 78 wird eine geschichtliche Rückschau vorgenommen, wobei es darum geht, die vergangene Geschichte als Lektion zu sehen. Es werden also durchaus negative Erfahrungen und Fehler thematisiert, die nicht wiederholt werden sollen. Asaf erklärt zu Beginn des Psalms auch den Anlass und Zweck seines Liedes: Gott hat die Väter beauftragt, alles ihren Kindern zu erzählen, damit die Geschichte nicht vergessen wird. Nicht nur die Fehler sollen erzählt werden, sondern vor allem die ruhmreichen Taten des Herrn, die vielen Wunder und Heilstaten. Wenn die nachfolgenden Generationen diese nicht aus dem Blick verlieren, werden sie auch nicht so schnell undankbar werden.
Sie sollen dadurch auch in ihrem Vertrauen auf Gott gestärkt werden, damit sie gehorsam und vertrauensvoll seine Gebote halten. Das ist ein wichtiger Aspekt, der uns auf die Wundertaten Christi führt: Immer wieder lesen wir in den Evangelien, vor allem im Johannesevangelium, dass er die Taten vollbringt, damit die Menschen zum Glauben an ihn kommen. Er tut z.B. sein erstes Wunder in Kana, um seine Herrlichkeit zu offenbaren und seine Jünger glauben an ihn (Joh 2,11). Gott möchte mit seinen Heilstaten also den Glauben seines Volkes stärken.
Gott hat auf das Murren der Israeliten mit Barmherzigkeit reagiert und das Himmelsbrot auf sie herabregnen lassen. Gottes Gaben ergehen an den Menschen immer in Überfülle. Er hat für das leibliche Wohl gesorgt, um die Menschen darauf vorzubereiten, dass er vor allem seine Gnade in Überfülle geben möchte, ja das ewige Leben, das kein Ende hat. All diese Ereignisse sind Vorbereitung auf noch größere Heilstaten. Er wird sich selbst auf die Erde herabregnen, das wahre Manna, das Himmelsbrot, von dem wir ewig leben werden, wenn wir es empfangen. Es wird sein eigenes Fleisch sein, nicht mehr das Fleisch von Vögeln, wie es an anderer Stelle im Psalm heißt. Doch seine Gabe wird nicht mehr nur für das Volk Israel sein, sondern er wird sich hingeben für die ganze Menschheit. Er wird alle zum Zion führen, am Ende der Zeiten zum himmlischen Zion des Himmelreichs, zuvor aber schon zum Zion, das seine Kirche ist.
Das heilige Gebiet und der Berg, von dem hier die Rede ist, erinnert uns mit Blick auf die Lesung zunächst an den Sinai, denn schon Mose sollte beim Anblick des brennenden Dornbuschs seine Schuhe ausziehen. Der Ort ist heilig. Darüber hinaus würde Gott das Volk Israel aber vor allem auf das heilige Tempelareal vorbereiten, vorübergehend mit dem Offenbarungszelt errichtet, später als fester Bau auf dem Zionsberg. Heiligkeit hat hier weniger mit einer geographischen Lage, sondern vielmehr mit der Gegenwart Gottes zu tun. Dies ist schon Vorbereitung auf die Heiligkeit des Leibes Christi, der für uns zum wahren Ort der Anbetung geworden ist. Überall auf der Welt, wo er in eucharistischer Gestalt anwesend ist, ist das „heilige Gebiet“ und der „heilige Berg“, wie es hier im Psalm heißt. Was ist das doch für ein großes Privileg! Wir müssen nicht um die halbe Welt reisen, um seine Gegenwart zu erfahren.
Auch im moralischen Sinne dürfen wir diese Worte erfassen, so wie es die Israeliten schon tun durften: Das heilige Gebiet und der heilige Berg sind unsere Seele, in der Gott Wohnung nehmen möchte. Wenn wir nach seinen Geboten leben, heiligen wir uns und pflegen das innere Heiligtum. Die Gebote, die wir halten sollen, gab der Herr schon dem Mose am Sinai, damit die Israeliten sich heiligen konnten.

Eph 4
17 Das also sage ich und beschwöre euch im Herrn: Lebt nicht mehr wie die Heiden in ihrem nichtigen Denken!
20 Ihr aber habt Christus nicht so kennengelernt.
21 Ihr habt doch von ihm gehört und seid unterrichtet worden, wie es Wahrheit ist in Jesus.
22 Legt den alten Menschen des früheren Lebenswandels ab, der sich in den Begierden des Trugs zugrunde richtet,
23 und lasst euch erneuern durch den Geist in eurem Denken!
24 Zieht den neuen Menschen an, der nach dem Bild Gottes geschaffen ist in wahrer Gerechtigkeit und Heiligkeit!

In der zweiten Lesung geht es Paulus um den Lebenswandel von Getauften. Wir können nach der Taufe nicht mehr so leben wie zuvor. Es ist wie mit dem Bundesvolk Israel im Alten Bund. Nachdem sie die Gebote Gottes empfangen haben und nachdem er so viele Heilstaten an ihnen gewirkt hat, können sie eigentlich nicht mehr so leben wie zuvor. Dass Paulus dieses Thema hier anschneiden muss, lässt uns erahnen, dass die uralte Versuchung, von der wir in der ersten Lesung gehört haben, auch noch die Epheser im 1. Jh. n.Chr. befällt: die Sehnsucht nach dem alten Leben, wenn das neue Leben schwer ist.
Paulus sagt, dass die Epheser nicht wie die Heiden nichtig denken dürfen: Alles, was sie anstreben, muss auf das ewige Leben gerichtet sein. Die Heiden haben dieses ewige Leben nicht im Blick und leben deshalb für den Moment, für das Diesseits. Auch längst nicht alle Juden glaubten an eine Auferstehung und ein Leben nach dem Tod. Auch sie sind auf das Diesseits ausgerichtet, so z.B. die Sadduzäer. Dabei hat Jesus einen ganz anderen Weg aufgezeigt, der die Wahrheit ist.
Mit der Taufe haben die Epheser den alten Menschen abgelegt, was sich vor allem auf den Lebenswandel bezieht. Sie können den Begierden des Fleisches nicht mehr erliegen, also nicht mehr das anstreben, was die Gottlosen anstreben. Vielmehr streben sie nun das ewige Leben an und alles, was sie näher hinbringt. Fleisch und Geist meint weniger Körper und Seele, sondern die gefallene Schöpfung, die weltlich denkt, sowie die geistliche Schöpfung, die ewig ist.
Als Getaufte sind wir alle zur Heiligkeit berufen und diese zeigt sich vor allem im Denken, in der Einstellung des Menschen und seiner Lebensführung. Anscheinend muss Paulus die Epheser „beschwören“, wie es hier heißt, und sie zu einer Erneuerung des Denkens auffordern, weil sie sich doch nach dem alten Leben sehnen, vielleicht den weltlichen Einstellungen wieder zugeneigt sind, falsche Kompromisse eingehen möchten. Das ist aber nicht möglich, wenn sie sich Christen nennen möchten. Im ersten Korintherbrief und an vielen weiteren Stellen erklärt er, dass wir als Getaufte das alte Leben nicht mehr zurückhaben können, weil unser alter Mensch gestorben ist. So sollen die Epheser als Getaufte den neuen Menschen anziehen. Was ist damit gemeint? Der neue Mensch, wörtlich der neue Adam, ist Christus. Wenn wir getauft werden, ziehen wir Christus an, unser neues Gewand. Er ist der Erstgeborene dieser neuen Schöpfung. Wenn wir ganz von ihm erfüllt sind, ihn verinnerlichen, ihn anziehen, seine Schablone an unser Leben anlegen, dann werden wir ihm immer mehr gleichgestaltet und so wie er am Ende der Zeiten mit Leib und Seele ins Himmelreich eingehen. Er ist Ebenbild des Vaters wie kein anderer Mensch, weil er so ist, wie Gott den Menschen gedacht hat. Der erste Mensch hat sich gegen Gott entschieden und wurde entmenschlicht. Keiner ist menschlicher als Christus in seiner vollen Menschheit. Zu dieser Gottebenbildlichkeit gehören auch die Gerechtigkeit und Heiligkeit. Christus ist unser Vorbild, unsere Quelle, aus der wir immer wieder die Gnade schöpfen beim Wachstum in Heiligkeit. Heilig sein, heißt ganz anders sein, ausgelöst aus dem Rest. Wir können nicht wie die anderen leben. Das heißt nicht, dass wir uns für etwas Besseres halten, sondern dass wir für etwas Größeres leben. Das ist der springende Punkt.

Joh 6
22 Am nächsten Tag stand die Menge am anderen Ufer des Sees; sie hatten gesehen, dass nur ein Boot dort gewesen war und dass Jesus nicht mit seinen Jüngern ins Boot gestiegen war, sondern dass seine Jünger allein abgefahren waren.
23 Von Tiberias her kamen andere Boote in die Nähe des Ortes, wo sie nach dem Dankgebet des Herrn das Brot gegessen hatten.
24 Als die Leute sahen, dass weder Jesus noch seine Jünger dort waren, stiegen sie in die Boote, fuhren nach Kafarnaum und suchten Jesus.
25 Als sie ihn am anderen Ufer des Sees fanden, fragten sie ihn: Rabbi, wann bist du hierhergekommen?
26 Jesus antwortete ihnen: Amen, amen, ich sage euch: Ihr sucht mich nicht, weil ihr Zeichen gesehen habt, sondern weil ihr von den Broten gegessen habt und satt geworden seid.
27 Müht euch nicht ab für die Speise, die verdirbt, sondern für die Speise, die für das ewige Leben bleibt und die der Menschensohn euch geben wird! Denn ihn hat Gott, der Vater, mit seinem Siegel beglaubigt.
28 Da fragten sie ihn: Was müssen wir tun, um die Werke Gottes zu vollbringen?
29 Jesus antwortete ihnen: Das ist das Werk Gottes, dass ihr an den glaubt, den er gesandt hat.
30 Sie sagten zu ihm: Welches Zeichen tust du denn, damit wir es sehen und dir glauben? Was für ein Werk tust du?
31 Unsere Väter haben das Manna in der Wüste gegessen, wie es in der Schrift heißt: Brot vom Himmel gab er ihnen zu essen.
32 Jesus sagte zu ihnen: Amen, amen, ich sage euch: Nicht Mose hat euch das Brot vom Himmel gegeben, sondern mein Vater gibt euch das wahre Brot vom Himmel.
33 Denn das Brot, das Gott gibt, kommt vom Himmel herab und gibt der Welt das Leben.
34 Da baten sie ihn: Herr, gib uns immer dieses Brot!
35 Jesus antwortete ihnen: Ich bin das Brot des Lebens; wer zu mir kommt, wird nie mehr hungern, und wer an mich glaubt, wird nie mehr Durst haben.

Im Evangelium hören wir heute einen Ausschnitt aus der Himmelsbrotrede Christi. Sie ist ein Zeugnis für die Eucharistie. Schon letzte Woche hörten wir aus dem 6. Kapitel des Johannesevangeliums. Da hat Jesus die Brotvermehrung erwirkt und die Menschen schon für die Eucharistie sensibilisiert, die er im Abendmahlssaal und auf dem Golgota etablieren würde.
Dann fahren die Aposteln mit dem Boot ans andere Ufer des Sees auf Kafarnaum zu, als ihnen der bis dahin auf einem Berg verbliebene Jesus ihnen auf dem See zugelaufen kommt. Das hören wir heute alles nicht, sondern erst die Nachgeschichte einen Tag später. Die Menschenmassen verfolgen die Apostel und Jesus, kommen sogar mit Booten angereist, nur um Jesus wiederzusehen.
Sie suchen regelrecht nach ihm und finden ihn schließlich am anderen Ufer des Sees in Kafarnaum. Zunächst waren sie an den Ort der Brotvermehrung zurückgekehrt. In Kafarnaum fragen sie ihn, wann er dort hingekommen sei (sie haben nicht mitbekommen, dass Jesus plötzlich über den See gewandelt ist).
Jesus antwortet sehr entlarvend: Sie haben sich nicht die ganze Mühe gemacht, ihn zu finden, weil er Zeichen getan hat, sondern wegen der Brote, die sie gesättigt haben. Er spricht hier eine allzu menschliche Haltung an: Wo es etwas zu essen und vor allem etwas umsonst gibt, kommen die Menschen in Scharen. Gerade Nahrung ist etwas Lebensnotwendiges, das man Tag für Tag neu verdienen muss. Gerade jene, die in nicht so guten Verhältnissen leben, müssen umso mehr Mühe aufwenden, das tägliche Brot zu erhalten und so für sich und ihre Familie zu sorgen. Das ist an sich ja nichts Schlechtes und Jesus sagt es nicht, um die Menschen zu entwürdigen, die etwas ganz Natürliches getan haben. Wir müssen bedenken, dass sie einmal weniger hart arbeiten mussten, um sich zu sättigen. Sie durften wenigstens an jenem Tag den Folgen der Erbsünde entgehen, über die es heißt: „Im Schweiße deines Angesichts wirst du dein Brot essen (Gen 3,19).“ Einmal ernten, was man nicht gesät hat! Das gönnt Jesus den Menschen durchaus, aber worauf er hinaus möchte, ist etwas ganz anderes: Er möchte die Menschen auf die übernatürliche Speise vorbereiten. Das war der Zweck seiner wunderbaren Brotvermehrung. Stattdessen haben die Menschen nur das Brot an sich gesehen, nicht die Zeichenhaftigkeit, die auf etwas Größeres hinweist.
Ihre mangelnde Erkenntnis, nicht das Essen von geschenktem Brot, kritisiert Jesus.
Die Speise, die für das ewige Leben bleibt, ist die Eucharistie. Sie ist es, die auch uns nährt auf dem Weg in die Herrlichkeit Gottes. Sie zu erhalten, sollte das höhere Gut sein, denn sie dient dem ewigen Leben. Dieses ist viel erstrebenswerter als das vorübergehende irdische Leben und deshalb jede Mühe wert.
Jesus ist der Menschensohn, der den Menschen diese Speise geben wird. Es ist zukünftig formuliert, weil es noch aussteht. Er verweist mit dieser Aussage auf die Einsetzung der Eucharistie im Abendmahlssaal, auf die Besiegelung des Neuen Bundes am Kreuz von Golgota einen Tag später, auf die Eucharistie, die die Christen damals und wir bis heute feiern. Er ist es bis heute, der dieses größte Heilsmittel aller Zeiten spendet. Der Priester tut es „in persona Christi“. Seine Hände, seine Stimme, seine Person sind Werkzeug Christi, durch die er selbst die Eucharistie schenkt.
Das Bild des Siegels, das Jesus hier verwendet, ist im antiken Verständnis wichtig im Kontext von Herrschaft (jeder König hat ein Siegel, mit dem er offizielle Dokumente besiegelt). Es ist auch wichtig im Kontext von Gericht und Testamenten (so werden Aussagen und Testamente von Zeugen beglaubigt, wofür auch Siegel eingesetzt werden). Schließlich sind Siegel in der Antike entscheidend bei der Markierung von Eigentum. Was ein bestimmtes Siegel besitzt, gehört dem Siegelträger. Jesus ist beglaubigt vom Vater mit seinem ganzen Sein, mit seinem Tun, mit seinem Auftreten. Das Siegel des Allmächtigen selbst ist ihm aufgedrückt – er hat die höchste Autorität und auch die größte Glaubwürdigkeit. Er gehört ganz dem Vater, denn sie sind ganz eins. Und auch wir, die wir durch die Taufe das Siegel des allmächtigen Gottes in unsere Seele eingeprägt bekommen, gehören ganz ihm als seine geliebten Kinder und Erben im Reich Gottes.
Die Menschen haben aufmerksam seinen Worten gelauscht. Nun fragen sie, was sie tun müssen, um die Werke Gottes zu vollbringen. Sie möchten Gott gefallen und seinen Willen tun. Sie sind nicht beleidigt und ziehen ab, weil Jesus ihr Essen des Brotes irgendwie kritisiert hat. Sie möchten aus Jesu Worten Konsequenzen für ihr Leben ziehen. Und so antwortet Jesus ihnen, dass sie an ihn glauben sollen. Er ist es, den der Vater gesandt hat. Wer an Jesus Christus glaubt, lässt sich auf seinen Namen hin taufen. Das wird das äußere Zeichen für den Glauben an ihn darstellen. All dies wird erst geschehen, nachdem Jesus den Neuen Bund besiegelt hat am Kreuz und nachdem er von den Toten auferstanden, in den Himmel aufgefahren ist und den Heiligen Geist gesandt hat. Der Glaube an Jesus Christus ist den Anwesenden aber schon jetzt möglich.
Die Menschen sind noch unschlüssig, ob sie Jesu Worte, die er in göttlicher Vollmacht spricht, glauben sollen. Und so beginnt unser heutiger Abschnitt mit der Frage: „Welches Zeichen tust du denn, damit wir es sehen und dir glauben?“
Sie denken noch ganz in den Kategorien der jüdischen Überlieferung. Sie denken an das Manna, das die Väter in der Wüste gegessen haben. Das ist für sie die höchste Form von „übernatürlichem“ Brot: eines, dessen „Übernatürlichkeit“ in dem Ursprung besteht, weil es vom Himmel herabgeregnet ist. Es ist aber weiterhin eine Speise für den Leib. Sie denken also immer noch in irdischen Kategorien.
Daraufhin reagiert Jesus mit den Worten: „Amen, amen, ich sage euch: Nicht Mose hat euch das Brot vom Himmel gegeben, sondern mein Vater gibt euch das wahre Brot vom Himmel.“ Schon das Manna kommt von Gott dem Vater. Nicht Mose kann das Brot spenden, ihre höchste menschliche Autorität, auf die sie sich aufgrund der Torah berufen. Gott selbst nährt den Menschen, aber auch hier meint Jesus im zweiten Teil seines Satzes das „wahre Brot vom Himmel“ im Gegensatz zum Manna. Wir erkennen dies an dem nächsten Satz, in dem es heißt, dass Gott das Leben gibt. Und das wahre Leben besteht ja in dem ewigen Leben, das nie endet.
Das Gespräch hier in Kafarnaum ist analog zum Dialog am Jakobsbrunnen in Joh 4 zu sehen. Jesus greift irdisches und bekanntes auf, um die Menschen dort abzuholen, wo sie sind (am Jakobsbrunnen beginnt es mit Jesu Bitte um Wasser aus dem Brunnen, hier in Joh 6 beginnt es mit der wunderbaren Speisung mit Brot für den Leib). Davon ausgehend möchte er aber auf etwas Übernatürliches zu sprechen kommen, doch die Menschen missverstehen es und bleiben weiterhin dem Natürlichen verhaftet. So spricht auch die samaritische Frau in Joh 4 die ganze Zeit von üblichem Wasser aus dem Brunnen, obwohl Jesus schon längst das lebendige Wasser meint. Sie beruft sich am Jakobsbrunnen auf eine menschliche Autorität (nicht Mose wie hier, dafür aber Jakob). Auch sie begreift nach und nach ein wenig mehr von Jesu Worten und kommt schließlich zu dem Wunsch: „Herr, gib mir von diesem lebendigen Wasser.“ Es ist analog zu jenem Wunsch der Anwesenden hier zu lesen, die sagen: „Herr, gib uns immer dieses Brot!“ Sie erkennen, dass es ein Brot ist, das qualitativ besser ist als das irdische Brot.
Und so wie bei der Frau offenbart sich Jesus hier direkt als jenes Brot, das vom Himmel herabkommt. Es meint zunächst ihn als fleischgewordenes Wort Gottes unter den Menschen. Nun verstehen wir es sakramental, denn in der Eucharistie ist er wirklich das Brot, das vom Himmel herabkommt – durch den Geist, der in der Epiklese auf die Gaben herabgerufen wird, werden sie in den Leib und das Blut Jesu Christi verwandelt. Er nimmt wie bei seiner Geburt in dem Moment „Fleisch“ an, also Materie, um ganz bei uns zu sein und vor allem, um das umzusetzen, was er versprochen hat – uns zu ernähren und zu bereiten für das ewige Leben!
Und wie es mit den Gaben Gottes im Gegensatz zu natürlichen Gütern so ist, nährt uns das Brot des Lebens vollkommen. Wir müssen nicht mehr hungern – es meint nicht den leeren Magen, sondern den Hunger des Lebens, den Hunger nach Liebe und Angenommensein, den Hunger nach der Gnade Gottes, nach seinem Frieden. Analog dazu hat Jesus die Frau am Jakobsbrunnen in ihrem Lebensdurst betrachtet, die durch die vielen Männergeschichten eigentlich eine ganz andere Sehnsucht offenbart – die Sehnsucht nach Sinn und nach einer Erfüllung des Lebens. Diese kann nicht gestillt werden durch Kompensationen wie Liebesbeziehungen, in denen der Partner den Menschen glücklich machen soll. Nur Gott kann dies tun. Und auch dort sagt Jesus, dass das lebendige Wasser umfassend tränkt, sodass man keinen Durst mehr bekommt.
Und am Ende dieses heutigen Abschnitts werden wir an seine Worte aus Joh 4 wieder erinnert, weil er auch hier sagt, dass der Mensch, der an ihn glaubt, keinen Durst mehr haben wird.
Die Beziehung zu Gott ist es, die uns nährt und tränkt – unsere Sehnsucht stillt. Sie ist es, die uns das ewige Leben schenkt. Wenn wir in diesem Leben schon Ja zu ihm sagen, wird er gleichermaßen antworten am Ende unseres Lebens. Der Weg ist lang und beschwerlich. Wenn wir jedoch durch das Brot und das Wasser des Lebens gestärkt werden, können wir diesen Weg bis zum Schluss gehen. Dann werden auch wir das ewige Leben haben. Für die Kirche heißt das, dass die Eucharistie entscheidend ist. Sie ist das Allerwichtigste! Ohne sie lässt die Kirche, die Mutter der Neugeborenen im Heiligen Geist, ihre Kinder verhungern und verdursten. Wie können die Gläubigen den Weg gehen ohne das lebendige Brot? Für unseren persönlichen Lebenswandel heißt das, dass wir ganz und gar diese übernatürlichen Güter anstreben sollen. Darin sollen wir unsere ganze Kraft und Zeit investieren. Das Maß der natürlichen Güter sollen wir dem anpassen, denn sie sind für uns insofern erstrebenswert, als sie diese übernatürlichen Gaben begünstigen oder zumindest diesen nicht entgegen stehen. Das ist keine Spaßverderberei, sondern Jesus selbst hat es den Menschen damals in Kafarnaum und auch uns Christen heute gesagt.

Heute geht es sehr viel um das natürliche und übernatürliche Leben, die Güter dieser Welt und die Güter des ewigen Lebens. Die Prioritätensetzung ist klar: Wir sind in der Taufe zum ewigen Leben berufen und sollen deshalb die übernatürlichen Güter anstreben, die Gott uns geben möchte. Alles andere wird dann seinen rechtmäßigen Platz in unserem Leben einnehmen und geordnet sein. Lassen wir uns auf dem Weg in die Ewigkeit von Christus selbst anziehen, nähren, und stärken, damit wir unterwegs nicht vor Erschöpfung zusammenbrechen. Der Weg ist nicht immer leicht, doch wir dürfen nie der Versuchung erliegen wie damals die Israeliten – das langfristige ewige Glück gegen die kurzfristige Befriedigung auszutauschen, die uns aber das ewige Leben versagt.

Ihre Magstrauss

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