1 Thess 1,1-5.8b-10; Ps 149,1-2.3-4.5-6au. 9b; Mt 23,13-22
1 Thess 1
1 Paulus, Silvanus und Timotheus an die Kirche der Thessalonicher, die in Gott, dem Vater, und in Jesus Christus, dem Herrn, ist: Gnade sei mit euch und Friede!
2 Wir danken Gott für euch alle, sooft wir in unseren Gebeten an euch denken;
3 unablässig erinnern wir uns vor Gott, unserem Vater, an das Werk eures Glaubens, an die Mühe eurer Liebe und an die Standhaftigkeit eurer Hoffnung auf Jesus Christus, unseren Herrn.
4 Wir wissen, von Gott geliebte Brüder und Schwestern, dass ihr erwählt seid.
5 Denn unser Evangelium kam zu euch nicht im Wort allein, sondern auch mit Kraft und mit dem Heiligen Geist und mit voller Gewissheit; ihr wisst selbst, wie wir bei euch aufgetreten sind, um euch zu gewinnen.
8 Von euch aus ist das Wort des Herrn aber nicht nur nach Mazedonien und Achaia gedrungen, sondern überall ist euer Glaube an Gott bekannt geworden, sodass wir darüber nichts zu sagen brauchen.
9 Denn man erzählt sich überall, welche Aufnahme wir bei euch gefunden haben und wie ihr euch von den Götzen zu Gott bekehrt habt, um dem lebendigen und wahren Gott zu dienen
10 und seinen Sohn vom Himmel her zu erwarten, Jesus, den er von den Toten auferweckt hat und der uns dem kommenden Zorn entreißt.
Heute beginnt die Bahnlesung des ältesten Paulusbriefs, des ersten Thessalonicherbriefs. Wie immer besteht der Briefeingang zunächst aus einem Präskript, in dem Sender (es gibt neben Paulus die Mitabsender Silvanus und Timotheus) und Empfänger genannt werden. Es schließt mit einem kurzen Gruß.
In einigen Briefen umschreibt Paulus sich bzw. ergänzt er seine Person im Präskript um Erweiterungen, die seine Legitimation als Absender unterstreichen sollen. Immer wieder nennt er dabei seine apostolische Sendung von Christus höchstpersönlich. In diesem Brief ist es offensichtlich nicht notwendig, da die Adressaten ihn und seine Mitarbeiter kennen. So nennt er nur die Namen. Dafür werden die Thessalonicher umschrieben, was schon eine Botschaft darstellt: Sie sind in Gott, dem Vater, und in Jesus Christus, dem Herrn. Das spielt auf ihre innige Gemeinschaft mit Gott hin, auf ihre Mitgliedschaft der Familie Gottes durch Taufe und Firmung sowie die Eucharistie.
Der Gruß ist eine Formulierung, wie man sie bei Paulus oft antrifft. Gnade und Friede sind dabei gängige Ausdrücke. Er wünscht ihnen diese beiden Dinge, aber nicht von sich, sondern von Christus her. Denn dieser hat als Auferstandener zu seinen Aposteln gesagt: Meinen Frieden gebe ich euch. Nicht einen Frieden, den die Welt euch gibt, gebe ich euch. Das griechische Wort „eirene“ muss somit umfassend verstanden werden und als Übersetzung des hebräischen Schalom. Mit diesem ist nicht einfach ein politischer Frieden gemeint, sondern ein umfassendes Heil, das eine übernatürliche Gabe Gottes ist. Die Gnade ist, was dem Menschen eingegossen ist durch die Taufe.
Sodann beginnt das Proömium, das einleitende Gedanken beinhaltet und in üblicher Lobpreisform geschrieben ist. Wie so oft dankt Paulus Gott in diesem Abschnitt für die Adressaten und lobt diese: Sie bemühen sich in der Liebe und Standhaftigkeit. Sie sind wirklich eine hoffende Gemeinde, die vom Osterereignis erfüllt ist. Sodann sagt er zu ihnen: „Wir wissen, von Gott geliebte Brüder und Schwestern, dass ihr erwählt seid.“ Gott hat mit allen Menschen einen wunderbaren Plan. Und die Erwählung der Thessalonicher ist eine besondere, da die Früchte in der Gemeinde besonders groß sind. Als Paulus mit seinen Mitarbeitern zu den Thessalonichern kam, haben sie ihre Verkündigung nicht nur angenommen, sondern es hat sofort Wirkung gezeigt. Wenn die Rede von Kraft und Geist ist, denken wir sofort an Taufe und Firmung. Der Hl. Geist hat besonders stark in dieser Gemeinde gewirkt. Warum? Das hängt davon ab, wie weit die Menschen ihre Herzen öffnen. Und wer die Tore sperrangelweit aufreißt, zu dem kommt der Hl. Geist mit seiner ganzen Fülle.
Paulus lässt durchblicken, wie die Mission in der Stadt funktioniert hat. Die Thessalonicher sind dem Beispiel Pauli und seiner Mitarbeiter gefolgt. Sie haben deren Botschaft angenommen und trotz der Widerstände mit Freude akzeptiert. Paulus sagt an dieser Stelle, dass die Freude eine Frucht des Geistes ist.
Die erste Christengeneration der Stadt ist selbst zum Vorbild geworden, wohl vor allem wegen der Standhaftigkeit in der Bedrängnissituation, die es gegen die Christen schon sehr früh gab. Ihre Vorbildlichkeit verbreitet sich in Mazedonien und Achaia und schließlich überall. Wir sehen also, dass die Thessalonicher richtige Prominente geworden sind, da man von ihnen herumerzählt! Konkret spricht man über ihre Abkehr vom Götzendienst und von ihrer Gastfreundschaft für Paulus und seine Begleiter.
Die Thessalonicher leben wirklich in der Naherwartung und im Vertrauen auf den wiederkommenden Christus und sind dafür bekannt, dass sie ihr Herz ganz Christus verschrieben haben, es ihm gleichsam ganz geschenkt haben. Zugleich haben sie alles verbannt, was ihr Herz geteilt hat, all die Götzen, die die Liebe zu Gott verunreinigt hätten. Es kann nur einen Herrn geben und dieser möchte ihre ganze Liebe. Das haben sie erkannt und umgesetzt.
Ps 149
1 Halleluja! Singt dem HERRN ein neues Lied, sein Lob in der Versammlung der Frommen!
2 Israel soll sich freuen über seinen Schöpfer, die Kinder Zions sollen jubeln über ihren König.
3 Seinen Namen sollen sie loben mit Reigentanz, mit Trommel und Leier ihm spielen.
4 Denn der HERR hat an seinem Volk Gefallen, er krönt die Gebeugten mit Rettung.
5 In Herrlichkeit sollen die Frommen frohlocken, sie sollen jauchzen auf ihren Lagern,
6 Hochgesänge auf Gott in ihrer Kehle
9 Lichtglanz ist das all seinen Frommen. Halleluja!
Als Antwort auf die gläubig gewordenen Thessalonicher beten wir heute einen Lobpreispsalm mit dem Titel „Das neue Lied von der Königsherrschaft Gottes durch Israel“.
Halleluja ist ein Ausruf, der mit „Preist Jahwe“ übersetzt wird. Es handelt sich zu Anfang also wieder um eine typische Lobaufforderung. Diese Art von Lob steht zu Anfang dieses Psalms, weil er zu der Psalmengruppe des Schlusshallels gehört, bei dem am Anfang immer Halleluja steht.
Weil wieder eine Gruppe zum Lob aufgefordert wird und nicht eine Einzelperson, wirkt der Psalm sehr liturgisch. Dies wird uns auch durch die „Versammlung der Frommen“ deutlich. Mit Blick auf die Lesung sehen wir die Thessalonicher vor uns, die ihre Herzen ganz weit machen für das Wirken des Hl. Geistes, um alles in sich aufzunehmen, was Paulus und seine Begleiter erzählen. Diese Empfänglichkeit ist sehr vorbildlich und hat schon Maria auf vollkommene Weise gelebt. Die Mutter Gottes hat alle Geschehnisse, alle Worte und Taten Jesu, die ganzen Umstände immer in ihrem Herzen aufbewahrt und darüber nachgedacht. Der Grad ihrer Empfängnis war so hoch, dass Gott in ihr Fleisch angenommen hat. Und die Thessalonicher sind ebenfalls empfänglich, sodass Gott durch die Taufe in ihnen Wohnung nehmen möchte, die so zu seinem Tempel „eingeweiht“ werden.
„Israel soll sich freuen über seinen Schöpfer, die Kinder Zions sollen jubeln über ihren König.“ Israels Kinder wie Paulus und seine Mitarbeiter dürfen sich wirklich freuen über die Offenheit der Menschen auf der Missionsreise, über die Hinzufügung der Heiden zum Volk Gottes. Sie sollen Gott loben mit „Reigentanz und instrumentaler Begleitung.“ Psalm 149 vermittelt den Eindruck, dass die Juden sich für die gläubig gewordenen Heiden freuen sollen. Dies werden sie auch durch die Einbeziehung von Gottesfürchtigen und Proselyten umgesetzt haben. Doch es geht noch weiter: Die Gottesfürchtigen und die Juden verbindet nun die eine Taufe zur Vergebung der Sünden! Jesus Christus begründet den Neuen Bund, der nun nicht mehr auf biologischer Abstammung basiert, sondern auf der neuen Schöpfung.
„Jauchzen auf ihren Lagern“ zeigt uns, dass die Juden sich nicht nur am Tag, sondern auch in der Nacht freuen und Gott für diese große Barmherzigkeit zu jeder Zeit danken sollen. Immer sei ein Lobgesang in ihrer Kehle. Diese ist mehr als nur ein Teil des Körpers. Mit „Kehle“ ist viel mehr gemeint, denn ursprünglich ist auch die Nephesch als Kehle gedacht worden, durch die der Atem ein- und ausgeht. Deshalb lechzt auch die Seele im Psalmenkontext oft nach Wasser, als ob sie im Mund oder in der Kehle sitzen würde. Den Lobgesang in der Kehle zu haben, heißt also nicht nur die ständige Bereitschaft zum Singen, sondern auch den Lobpreis im „Herzen“, das heißt in der Seele. Dieser Lobpreis ist den Frommen „Lichtglanz“, das heißt Pracht und Schönheit, die sie schmückt. Der Psalm endet mit dem wiederholten Halleluja, für den er bekannt ist.
Mt 23
13 Weh euch, ihr Schriftgelehrten und Pharisäer, ihr Heuchler! Ihr verschließt den Menschen das Himmelreich. Denn ihr selbst geht nicht hinein und lasst die nicht hinein, die hineingehen wollen.
15 Weh euch, ihr Schriftgelehrten und Pharisäer, ihr Heuchler! Ihr zieht über Land und Meer, um einen einzigen Menschen für euren Glauben zu gewinnen; und wenn er gewonnen ist, dann macht ihr ihn zu einem Sohn der Hölle, doppelt so schlimm wie ihr selbst.
16 Weh euch, ihr seid blinde Führer! Ihr sagt: Wenn einer beim Tempel schwört, gilt es nicht, wenn er aber beim Gold des Tempels schwört, gilt es.
17 Ihr blinden Narren! Was ist wichtiger: das Gold oder der Tempel, der das Gold erst heilig macht?
18 Auch sagt ihr: Wenn einer beim Altar schwört, gilt es nicht, wenn er aber bei dem Opfer schwört, das auf dem Altar liegt, gilt es.
19 Ihr Blinden! Was ist wichtiger: das Opfer oder der Altar, der das Opfer erst heilig macht?
20 Wer beim Altar schwört, der schwört bei ihm und bei allem, was darauf liegt.
21 Und wer beim Tempel schwört, der schwört bei ihm und bei dem, der darin wohnt.
22 Und wer beim Himmel schwört, der schwört beim Thron Gottes und bei dem, der darauf sitzt.
Während Paulus in der Lesung nur Lob für die Thessalonicher hat, kritisiert Jesus seine Zuhörer im Evangelium scharf. Er ist im Streitgespräch mit den Pharisäern und Schriftgelehrten, die besonders von Verstocktheit geprägt sind. Doch der springende Punkt ist: Gott möchte auch diese Menschen retten. Er möchte, dass auch sie umkehren. Weil sie aber so verhärtet sind, muss man bei ihnen einen schärferen Ton anwenden. Was wir heute also ausschnitthaft hören, sind Weherufe gegen die Pharisäer und Schriftgelehrten als Appell zur Umkehr.
Jesus nimmt kein Blatt vor den Mund und wirft ihnen vor, dass sie sich doppelt schuldig machen: Einerseits wollen sie selbst nicht ins Himmelreich eingehen, das heißt nicht den Willen Gottes umsetzen, um dorthin zu gelangen. Andererseits sorgen sie dafür, dass auch andere Menschen nicht hineingehen können. Man muss bedenken, dass sie auf dem Lehrstuhl des Mose sitzen, sozusagen den Schlüssel zum Himmelreich, weil sie die Hl. Schriften auslegen. Von ihnen hängt also viel ab. Wenn sie die Schriften falsch auslegen, verwehren sie sich selbst das Himmelreich und bringen auch noch die Menschen davon ab, die ihren falschen Auslegungen aufsitzen. Jesus ist also auch deshalb so streng mit ihnen, weil sie eigentlich mehr verstehen sollten als alle zusammen. Sie sitzen schließlich an der Quelle. Wer aus Unwissenheit gegen die Gebote Gottes handelt, wird vor Gott nicht so streng zur Rechenschaft gezogen wie sie, die alles vor ihren Augen haben, den Schlüssel der Erkenntnis besitzen und doch gegen die Gebote Gottes handeln.
Die Pharisäer werden dafür kritisiert, dass sie einen unglaublichen Aufwand unternehmen, einen einzigen Menschen von ihrem Glauben zu überzeugen. Heißt das, dass Jesus doch gegen Mission ist? Widerspricht das nicht seinem eigenen Auftrag am Ende des Matthäusevangeliums? Hier geht es um eine andere Haltung und Absicht. Hier werden nicht Menschen mit der frohen Botschaft angesteckt, um gerettet zu werden, sondern es geht darum, dass die Pharisäer sich auf Menschen stürzen, um sie zu Fanatikern zu machen, die mindestens genauso an der Torah vorbeileben wie sie selbst. Sie machen aus Menschen Proselyten (zum Judentum übergetretene Heiden), die nicht in eine Beziehung zu Gott treten durch den Alten Bund, sondern die wie sie die Ritualgebote und das ganze menschliche Konstrukt um Gottes Gebote herum aufs Peinlichste genau einzuhalten versuchen, andere Menschen kontrollieren und alles um der Gebote selbst willen tun. Es geht nicht um Beziehung, sondern um Hochmut, nicht um Gottes Willen, sondern um menschlichen Perfektionismus.
Dass ihr Denken an Gottes Denken vorbeigeht, erkennen wir an Jesu nächstem Beispiel: Die Pharisäer sagen, dass das Schwören beim Tempel kein Gewicht habe, aber das Schwören auf das Gold des Tempels verpflichte. Diese Haarspalterei ist eine Sache (Jesus sagt ja in der Bergpredigt, dass man am besten gar nicht schwören, sondern lieber die Wahrheit sagen soll). Hinzukommt, dass die Pharisäer in ihrer Sicht gar nicht merken, wie absurd sie sind, denn der Tempel Gottes ist doch viel gewichtiger als das Gold, das sich darin befindet und erst durch den Tempel heilig wird. Ebenso verhält es sich mit Altar und Opfer: In ihrer Oberflächlichkeit merken sie nicht, dass die Unterscheidung von Schwören auf den Altar und auf das Opfer absurd ist: „Wer beim Altar schwört, der schwört bei ihm und bei allem, was darauf liegt.“ Ein Opfertier wird ja erst zum Opfertier durch den Altar, auf dem es dargebracht wird. Und ebenso verhält es sich mit dem Tempel, der alles heiligt, was darin ist.
Jesus führt ihre Gesetze ad absurdum, um zu zeigen, dass ihre Spitzfindigkeit nichts mehr mit Gottes Gebote zu tun hat. Bei Gott herrscht Logik und kein Widerspruch.
Am Ende führt Jesus eine Erweiterung an, die uns vielleicht überrascht, denn er spricht nun über Himmel und Gottesthron. Warum nun dieses Beispiel? Die Juden hatten die Angewohnheit, für den Gottesnamen Umschreibungen zu setzen. Die Umschreibung des Gottesnamens zu Jesu Zeiten betraf Begriffe wie „Herr“ (Adonaj), „Gott“ (Elohim) oder „der Name“ (Haschem). Im Kontext von Schwurformeln ersetzte man den Gottesnamen z.B. durch den Tempel oder durch den Himmel. Auf diese Weise erhoffte man sich eine Abschwächung des Schwurs, bei dem Gott als Zeuge gegen den Schwörenden angerufen wird. Was Jesus durch seinem Argumentationsgang also sagen möchte: Wenn das Gold des Altars durch den Schwur auf den Tempel und das Opfer durch den Schwur auf den Altar mitgemeint ist, dann ist Gott beim Schwur auf Gottesthron und Himmel mitgemeint. Diese Grauzonenstrategie der Pharisäer und Schriftgelehrten ist also Ausdruck von Heuchelei, hat nichts mit Liebe und Bundesbeziehung zu tun und verschließt vielen Menschen das Himmelreich.
Lob und Tadel der heutigen Lesungen sollen uns heute zum Nachdenken bringen. Wie ist es bei uns? Wo sind wir wie die Thessalonicher und wo sind wir wie die Pharisäer? Nutzen wir den heutigen Tag, um das Gute an uns zu fördern und das Sündhafte an uns auszumerzen! Gottes Gnade ist uns Beistand und Kraft im Wachstum in Heiligkeit. Nehmen wir sie in Anspruch!
Ihre Magstrauss