Dienstag der 2. Woche im Jahreskreis

1 Sam 16,1-13; Ps 89,20-21.22 u. 29.27-28; Mk 2, 23-28

1 Sam 16
1 Der HERR sagte zu Samuel: Wie lange willst du noch um Saul trauern? Ich habe ihn doch verworfen; er soll nicht mehr als König über Israel herrschen. Fülle dein Horn mit Öl und mach dich auf den Weg! Ich schicke dich zu dem Betlehemiter Isai; denn ich habe mir einen von seinen Söhnen als König ausersehen. 

2 Samuel erwiderte: Wie kann ich da hingehen? Saul wird es erfahren und mich umbringen. Der HERR sagte: Nimm ein junges Rind mit und sag: Ich bin gekommen, um dem HERRN ein Schlachtopfer darzubringen.
3 Lade Isai zum Opfer ein! Ich selbst werde dich dann erkennen lassen, was du tun sollst: Du sollst mir nur den salben, den ich dir nennen werde.
4 Samuel tat, was der HERR befohlen hatte. Als er nach Betlehem kam, gingen ihm die Ältesten der Stadt zitternd entgegen und fragten: Bedeutet dein Kommen Frieden? 
5 Er antwortete: Frieden. Ich bin gekommen, um dem HERRN ein Schlachtopfer darzubringen. Heiligt euch und kommt mit mir zum Opfer! Dann heiligte er Isai und seine Söhne und lud sie zum Opfer ein.
6 Als sie kamen und er den Eliab sah, dachte er: Gewiss steht nun vor dem HERRN sein Gesalbter. 
7 Der HERR aber sagte zu Samuel: Sieh nicht auf sein Aussehen und seine stattliche Gestalt, denn ich habe ihn verworfen; Gott sieht nämlich nicht auf das, worauf der Mensch sieht. Der Mensch sieht, was vor den Augen ist, der HERR aber sieht das Herz. 
8 Nun rief Isai den Abinadab und ließ ihn vor Samuel treten. Dieser sagte: Auch ihn hat der HERR nicht erwählt. 
9 Isai ließ Schima kommen. Samuel sagte: Auch ihn hat der HERR nicht erwählt. 
10 So ließ Isai sieben seiner Söhne vor Samuel treten, aber Samuel sagte zu Isai: Diese hat der HERR nicht erwählt. 
11 Und er fragte Isai: Sind das alle jungen Männer? Er antwortete: Der jüngste fehlt noch, aber der hütet gerade die Schafe. Samuel sagte zu Isai: Schick jemand hin und lass ihn holen; wir wollen uns nicht zum Mahl hinsetzen, bevor er hergekommen ist. 
12 Isai schickte also jemand hin und ließ ihn kommen. David war rötlich, hatte schöne Augen und eine schöne Gestalt. Da sagte der HERR: Auf, salbe ihn! Denn er ist es. 
13 Samuel nahm das Horn mit dem Öl und salbte David mitten unter seinen Brüdern. Und der Geist des HERRN war über David von diesem Tag an. Samuel aber brach auf und kehrte nach Rama zurück.

Heute hören wir davon, dass nun der König gesalbt wird, den Gott eigentlich für das Volk Israel auserwählt hat – David, den Sohn Isais aus dem Stamm Juda. Schon im Pentateuch, in den fünf Büchern Mose ist es angedeutet worden, dass der verheißene Herrscher aus dem Stamm Juda kommen würde. Nun ist die Zeit gekommen, die Gott für das Volk ausersehen hat.
Samuel schmerzt die Sache mit Saul offensichtlich länger als uns durch die Texte bisher vermittelt worden ist. Gott tröstet ihn über Saul hinweg, indem er ihn auf die Zukunft verweist. Er soll den verheißenen König salben, der in Betlehem wohnt. Gott sagt ihm aber nicht, welchen der Söhne Isais er auserwählt hat. Samuel hat Bedenken, weil Saul ja noch amtierender König ist und er durch die Salbung eines anderen seinen Zorn auf sich ziehen wird. Gott beschützt den Propheten aber und trägt ihm auf, er solle ein Schlachtopfer zum Vorwand nehmen. So zieht Samuel zu Isai und lädt diesen zum Opfer ein zusammen mit den Ältesten der Stadt.
Dann beginnt ein amüsantes Zwiegespräch zwischen Samuel und Gott, während er Isais Söhne sieht und überlegt, welchen von diesen Gott salben möchte. Gott erklärt Samuel dann, dass er nicht auf das Aussehen der Söhne achten soll. Gott sieht auf das Herz und entscheidet daran. Das ist ein wichtiges Wort auch für uns heute: Gott sieht auf das Herz des Menschen und richtet ihn danach am Ende seines Lebens. Was auch immer der Mensch nach außen hin vorgibt, selbst das Halten der Gebote, es stellt sein Gerechtsein vor Gott nicht sicher, wenn das Halten der Gebote nicht mit der rechten Absicht geschieht. Und umgekehrt ist nicht jeder Mensch, der nach außen hin für andere erkennbar etwas Böses tut, automatisch schlechter vor Gott als der Urteilende, der diese Sünde vielleicht nicht begeht. Gott allein sieht die Herzen der Menschen und ihm allein steht das Urteil zu. Vielleicht ist der offensichtliche Sünder echter und demütiger, reumütiger und bemühter, Gottes Willen zu tun als der versteckte Sünder, dessen Inneres ganz verdorben, unbußfertig und selbstgerecht ist. Wir sehen es ja nicht. Deshalb sagt Jesus: „Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet.“
Samuel hält ein regelrechtes Casting ab, bei dem er sieben Söhne begutachtet. Gott gibt ihm aber zu verstehen, dass keiner von ihnen der Erwählte ist. Der Gewollte hütet die Schafe. Er ist ein Hirte. Bei Gott gibt es keine Zufälle. Natürlich ist der beste Herrscher derjenige, der zuvor Schafe gehütet hat. Dieser Spross aus der Wurzel Isai, David, wird zum Typos Christi, der antitypisch dann erklären wird: „Ich bin der gute Hirte.“ Und die Fortsetzung dieses Hirtentums sehen wir bis heute in der Kirche, deren Hirten die Bischöfe sind, deren Helfer Pastoren genannt werden, das lateinische Wort für „Hirte“.
Samuel zögert nicht und salbt den Jungen vor den Augen seiner Brüder. Der Geist Gottes, der mit der Salbung gegeben wird, bleibt von da an auf David. Wir werden die nächsten Tage weiter von diesem Erwählten hören.

Ps 89
20 Einst hast du in einer Vision zu deinen Frommen gesprochen: Einem Helden habe ich Hilfe gewährt, einen jungen Mann aus dem Volk erhöht. 
21 Ich habe David, meinen Knecht, gefunden und ihn mit meinem heiligen Öl gesalbt. 
22 Fest wird meine Hand ihn halten und mein Arm ihn stärken. 
29 Auf ewig werde ich ihm meine Huld bewahren, mein Bund mit ihm ist verlässlich.
27 Er wird zu mir rufen: Mein Vater bist du, mein Gott, der Fels meiner Rettung. 
28 Ja, zum Erstgeborenen mache ich ihn, zum Höchsten unter den Königen der Erde.

Der Psalm reflektiert die heutige Lesung wunderbar. Wir müssen uns ja auch bewusst sein, dass die Psalmen von König David gedichtet worden sind. Er reflektiert sich und sein Leben in den Psalmen besonders intensiv.
Die Frommen, von denen hier in Vers 20 die Rede ist, können wir mit Blick auf die Lesung unter anderem auf Samuel beziehen. Diesem hat Gott eingegeben, dass er nun den echten Kandidaten gesalbt haben möchte. David bezeichnet sich selbst hier als „Held“, was aber kein Hochmutzeichen ist. Vielmehr bezieht er es zurück auf Gott, der ihn zum Helden gemacht hat. Er ist noch jung, wie er sich selbst hier nennt. Das hebräische Wort בָח֣וּר bachur bezeichnet dabei einen unverheirateten jungen Mann im heiratsfähigen Alter. Es ist nicht zufällig, dass Gott ihn in diesem Zustand beruft. Auch dies hat eine pädagogische Bedeutung, auch wenn ein Zölibat hier noch nicht gefordert wird. Gott beruft den Herrscher Israels so, dass dieser sich ganz an Gott bindet, ohne gleichzeitig an eine Frau gebunden zu sein. Das soll den Menschen als Zeichenhandlung dienen.
Jesus selbst wird sich dauerhaft „zum Eunuchen machen um des Himmelreiches willen“, d.h. zeitlebens enthaltsam bleiben. Darin ist er nicht nur die antitypische Entsprechung Davids, sondern überbietet diesen auch. Dass Davids Ehelosigkeit eine Rolle in der Gottesbeziehung spielt, sehen wir an seinem innigen, vertrauten Verhältnis zum Herrn. Davon werden wir die Tage noch aus dem ersten Samuelbuch hören, davon zeugen aber auch die Psalmen.
David wurde „gefunden“ und mit Öl gesalbt. Das wird uns in der Lesung heute berichtet. Erst musste Samuel seine ganzen Brüder prüfen, bis er darauf kam, dass der Richtige gar nicht anwesend ist.
Durch die Salbung ist David gestärkt und wird getragen von der Hand Gottes, wie es Vers 22 voraussagt (hier stehen Zukunftsformen).
„Auf ewig“ bleibt der Bund, den Gott mit David schließt. Auch wenn er Gott enttäuschen wird, bleibt Gott treu. Man könnte fragen: Warum wird David vergeben und Saul wird verworfen? Der Unterschied besteht darin, dass David seine Sünde direkt bereut und sich um Versöhnung mit Gott bemüht. Saul sieht seine Schuld gar nicht ein. So ist es auch bei uns: Mag die Sünde noch so schwerwiegend sein. Gott vergibt einfach alles, was wir von Herzen bereuen. Wir müssen seine Barmherzigkeit dafür aber annehmen. Wo wir sie ablehnen, stellen wir uns selbst in den Weg. Das wird Jesus dann „Sünde gegen den Hl. Geist“ nennen. Gott verwirft also eigentlich niemanden, sondern der Mensch verwirft sich selbst, indem er sich aufgibt. Wir müssen ohnehin berücksichtigen, dass Gott mit David einen Bund schließt, mit Saul nicht. Das ist auch ein gravierender Unterschied.
David ist so fromm, dass er ganz „fortschrittlich“ in seiner Gottesbeziehung ist. Darin ist er absoluter Typos Christi. Er nennt Gott nämlich seinen Vater, was sonst bezeichnend für Jesus sein wird. Dies ist mehr als nur wörtlich zu lesen. Das sehen wir sofort. Hier müssen wir schon Jesus selbst dahinter sehen, der Gott seinen Vater nennt, der der Erstgeborene ist.
Die Verheißung des Erstgeborenenrechts ist ein wichtiger Hinweis, den wir beachten müssen. Wir hören ja in der Lesung, dass David eigentlich der Jüngste ist. Nach jüdischem Recht hat er also nicht die Privilegien seines ältesten Bruders. Doch Gott verheißt ihm ein derartiges „Erstgeborenenrecht“, das über die biologische Dimension hinausgeht. Er wird zum Erstgeborenen der Könige Israels. Gott zählt Saul also nicht einmal in der Reihe der Könige auf. Er ist ganz ausgelöscht aus Gottes „Gedächtnis“. David wird zum Höchsten der Könige der Erde, weil er ein gerechter Herrscher, ein durch und durch frommer Jude und der Begründer der davidischen Dynastie ist. Auch hier dürfen wir schon mehr erkennen als nur die historische Figur Davids: Jesus wird der eigentliche „Höchste der Könige der Erde“ sein. Vor ihm werden die Weisen aus dem Morgenland in die Knie gehen und wie Paulus es im Philipperhymnus sagt, jedes Knie sich beugen, jeder Mund bekennen, dass er der Herr ist.

Mk 2
23 An einem Sabbat ging er durch die Kornfelder und unterwegs rissen seine Jünger Ähren ab. 
24 Da sagten die Pharisäer zu ihm: Sieh dir an, was sie tun! Das ist doch am Sabbat nicht erlaubt. 
25 Er antwortete: Habt ihr nie gelesen, was David getan hat, als er und seine Begleiter hungrig waren und nichts zu essen hatten, 
26 wie er zur Zeit des Hohepriesters Abjatar in das Haus Gottes ging und die Schaubrote aß, die außer den Priestern niemand essen darf, und auch seinen Begleitern davon gab? 
27 Und Jesus sagte zu ihnen: Der Sabbat wurde für den Menschen gemacht, nicht der Mensch für den Sabbat.
28 Deshalb ist der Menschensohn Herr auch über den Sabbat.

Auch im Evangelium gibt es einen Verweis auf König David und dessen inniges Verhältnis zu Gott. Die Pharisäer stören sich erneut an Jesu Verhalten bzw. an dem seiner Jünger: Sie wagen es, am Sabbat Ähren vom Feld zu pflücken und zu essen. Warum tun sie das überhaupt? Jesus ist mit seinen Jüngern unterwegs und da bekommt man eben Hunger. Sie müssen etwas essen, deshalb bedienen sie sich an den Ähren. Das hat auch nichts mit Stehlen zu tun, wie man jetzt vielleicht daraus schließen könnte. Laut Dtn 23,26 ist es erlaubt, mit der Hand Ähren vom Feld eines anderen zu pflücken. Jesus und seine Jünger sind stets unterwegs. Sie haben keinen festen Wohnsitz und führen ein anderes Leben als die anderen. Sie müssen irgendwann essen und somit erlaubt Jesus ihnen auch das Essen von den Ähren.
Als sie dafür von anderen kritisiert werden, verweist Jesus auf König David und seine Begleiter, die sogar die Schaubrote im Offenbarungszelt essen, die eigentlich nur für die Priester gedacht sind. Was Jesus durch diesen Verweis sagen möchte, ist: Es gibt Gebote nicht dafür, dass wir eingeschränkt werden. Sie sollen uns ja in die Freiheit führen. Wenn Jesus den Sinn von Geboten erklärt, hat das höchste Autorität. Er ist Gott und erklärt den Menschen höchstpersönlich, warum er die Gebote den Menschen überhaupt gegeben hat. Die Sabbatruhe ist nicht dafür da, dass man verhungert (auch nicht, dass jemand an einer Krankheit stirbt, wenn man ihn nicht heilt). Er ist dafür da, damit man mehr Zeit für das Gebet und die Beziehung mit Gott hat. Die Kritik der Menschen geht also an dem Sinn der Sabbatruhe vorbei. Seine Jünger werden ihre Gottesbeziehung nicht weniger verinnerlichen können, nur weil sie eine Mahlzeit zu sich genommen haben. Im Gegenteil: Sie folgen Jesus nach, durch den sie eine ganz innige Beziehung zum Herrn lernen. Aber auch heute sehen wir, dass die Menschen Jesus als Messias und Gott nicht erkennen. Sie sehen nicht, dass er schon längst mitten unter ihnen ist. Sie verstehen dadurch auch nicht, wenn Jesus sagt: Der Menschensohn ist Herr über den Sabbat. Gott ist höher als seine gegebene Torah.
Auch hier lernen wir, worum es eigentlich gehen sollte: um die Beziehung zu Gott. So wie König David ganz nah an Gottes Herz hing, sollen auch die Juden zur Zeit Jesu leben. Schließlich ist die Motivation für das Halten der Gebote Gottes die Liebe zu ihm. Den Kritikern Jesu geht es aber nicht um Beziehung, um Liebe oder sonst etwas. Ihnen geht es um das Halten der Gebote um der Gebote selbst willen. Sie sind so beschäftigt damit, in ihrer eigenen Selbstgerechtigkeit und der Buchstabentreue zu verbleiben, dass sie das Heil direkt vor ihren Augen nicht erkennen. Ja noch schlimmer – sie verwehren es auch noch jenen, die sie wie eine Torah-Polizei verurteilen. Sie lassen sich nicht belehren, auch nicht von Gott selbst. Aber Jesus sieht ihr Herz und gibt durch seine Erklärungen immer wieder die Chance, es zu verstehen. Er liebt auch die Pharisäer von ganzem Herzen und möchte ihnen helfen. Er sieht, dass die Pharisäer zwar kritisieren, aber selbst die absolut strikte Sabbatruhe nicht nutzen, um ihre Beziehung zum Herrn zu vertiefen.

Die Gebote Gottes sollen uns in die Freiheit führen, die wahre Freiheit(von der Sünde!) und nicht in die Anarchie. Und doch dürfen wir den Wald vor lauter Bäumen nicht übersehen. Besinnen wir uns immer wieder darauf, warum und wofür die Gebote Gottes gegeben sind – ihn zu lieben und den Nächsten zu lieben wie sich selbst. Wo die Liebe nicht mehr Antrieb ist, wird unser Verhalten unfruchtbar und unser Herz entfernt sich von Gott. Orientieren wir uns an Menschen wie König David, die mit so kindlichem Vertrauen und inniger Liebe für Gott gebrannt haben. Dann werden wir nicht nur die Gebote halten, sondern sie mit Liebe halten.

Ihre Magstrauss

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