Apg 16,1-10; Ps 100,2-3.4-5; Joh 15,18-21
Apg 16
1 Er kam auch nach Derbe und nach Lystra. Und siehe, dort lebte ein Jünger namens Timotheus, der Sohn einer gläubig gewordenen Jüdin und eines Griechen.
2 Er war Paulus von den Brüdern in Lystra und Ikonion empfohlen worden.
3 Paulus wollte ihn als Begleiter mitnehmen und ließ ihn mit Rücksicht auf die Juden, die in jenen Gegenden wohnten, beschneiden; denn alle wussten, dass sein Vater ein Grieche war.
4 Als sie nun durch die Städte zogen, überbrachten sie ihnen die von den Aposteln und den Ältesten in Jerusalem gefassten Beschlüsse und trugen ihnen auf, sich daran zu halten.
5 So wurden die Gemeinden im Glauben gestärkt und wuchsen von Tag zu Tag.
6 Weil ihnen aber vom Heiligen Geist verwehrt wurde, das Wort in der Provinz Asien zu verkünden, reisten sie durch Phrygien und das galatische Land.
7 Sie zogen an Mysien entlang und versuchten, Bithynien zu erreichen; doch auch das erlaubte ihnen der Geist Jesu nicht.
8 So durchwanderten sie Mysien und kamen nach Troas hinab.
9 Dort hatte Paulus in der Nacht eine Vision. Ein Mazedonier stand da und bat ihn: Komm herüber nach Mazedonien und hilf uns!
10 Auf diese Vision hin wollten wir sofort nach Mazedonien abfahren; denn wir kamen zu dem Schluss, dass uns Gott dazu berufen hatte, dort das Evangelium zu verkünden.
Die heutige Lesung berichtet von den Ereignissen der zweiten Missionsreise des Paulus. Am Ende des 15. Kapitels wird erzählt, wie Paulus Barnabas eine zweite Reise vorschlägt, um nach den Neubekehrten zu schauen. Barnabas möchte Johannes Markus mitnehmen, der letztes Mal mit auf die Insel Zypern gereist, dann jedoch nicht weiter mitgekommen ist. Paulus nimmt es ihm wohl immer noch übel, denn er weigert sich, ihn auf die zweite Reise mitzunehmen. Wir müssen bedenken, dass Johannes Markus ein Verwandter des Barnabas ist und dieser ihn nicht einfach links liegen lassen will. So kommt es zu einem Konflikt zwischen den beiden Missionaren und sie gehen getrennte Wege. Barnabas reist mit seinem Verwandten nach Zypern, wohingegen Paulus Silas mitnimmt. Zusammen reisen sie durch Syrien und Kilikien.
Heute hören wir dann davon, dass Paulus in die Städte von damals kommt. Dort lernt er Timotheus kennen, den Sohn einer Judenchristin und eines Griechen. Er nimmt ihn als Begleitung mit und lässt ihn zuvor beschneiden. Dies tut er aus Rücksicht vor den Juden, die seinen Vater kennen. Er tut es nicht, weil es heilsnotwendig wäre, sondern um keinen Anstoß zu erregen.
Als sie die jungen Gemeinden besuchen, klären sie sie auch über die neuen Beschlüsse des Apostelkonzils auf. Sie sollen die Jakobinischen Klauseln berücksichtigen, müssen aber weder beschnitten werden noch die gesamte Torah halten. Der Besuch der Missionare bringt nicht nur Glaubensvertiefung mit sich, sondern auch weitere Gläubige.
Auch jetzt ist es der Heilige Geist, der die Missionare leitet. Wir erfahren, dass dieser sie davon abhält, durch die Provinz Asia zu ziehen (Westküste Kleinasiens). Stattdessen wirken sie in Phrygien und Galatien, die an die Asia im Osten angrenzen. Selbst als sie nach Bithynien möchten und dafür an Mysien vorbeiziehen müssen (da liegt z.B. Pergamon), warnt sie der Heilige Geist davor. Stattdessen ziehen sie durch Mysien nach Troas. Eines Nachts erhält Paulus eine prophetische Eingebung durch einen Traum, in dem er einen Mazedonier ihn um Hilfe bitten sieht. Sofort bewertet Paulus diesen Traum als gottgegeben und sie planen die Abreise nach Mazedonien. In Vers 10 lesen wir einen Perspektivwechsel, denn der Autor bezieht sich in die Geschichte ein! Er sagt „wir kamen zu dem Schluss“. Das bedeutet, dass Lukas als Autor der Apostelgeschichte die ganze Zeit mitgezogen ist.
So endet der heutige Abschnitt. Die Missionare machen zu keinem Zeitpunkt einfach das, was sie möchten. Sie lassen sich vom Heiligen Geist leiten und sind gerade deshalb so fruchtbar in ihrem Dienst. Auch uns möchte der Geist Gottes in unserem Leben leiten. Wir müssen ihm dafür nur den Raum geben.
Ps 100
2 Dient dem HERRN mit Freude! Kommt vor sein Angesicht mit Jubel!
3 Erkennt: Der HERR allein ist Gott. Er hat uns gemacht, wir sind sein Eigentum, sein Volk und die Herde seiner Weide.
4 Kommt mit Dank durch seine Tore, mit Lobgesang in seine Höfe! Dankt ihm, preist seinen Namen! 5 Denn der HERR ist gut, ewig währt seine Huld und von Geschlecht zu Geschlecht seine Treue.
Als Antwort auf diesen Missionserfolg beten wir Psalm 100, der betitelt wird als „Lobgesang der Völker beim Einzug ins Heiligtum“.
„Dient dem HERRN mit Freude! Kommt vor sein Angesicht mit Jubel!“ Diese Worte beziehen sich nun auf die neubekehrten Heidenchristen, die durch die Mission des Paulus und Barnabas Christen geworden sind. Sie sind es, die zu einem freudigen Dienst aufgefordert werden. Der Wortsinn dieses Psalms ist zunächst auf die Heiden in alttestamentlicher Zeit zu beziehen, die zum Tempel kommen sollen („vor sein Angesicht“). Dort gibt es einen eigens für sie bestimmten Tempelhof. Mit Blick auf die Heidenchristen zur Zeit des Paulus müssen wir uns fragen, was dann mit „Angesicht Gottes“ gemeint sein könnte. Jesus hat der samaritischen Frau am Jakobsbrunnen schon angekündigt, dass in Zukunft weder der Tempel in Jerusalem noch die Kulthöhe auf dem Garizim die Anbetungsorte Gottes darstellen werden. Er hat angekündigt, dass er selbst der Ort der Anbetung darstellen wird und die rechte Weise der Anbetung im Geist und in der Wahrheit sein werde. Es wird keine örtliche Gebundenheit mehr geben, weil Jesus in jeder Heiligen Messe eucharistisch anwesend sein wird. Die Heidenchristen der Lesung treten also nun durch die Liturgie zum Angesicht Gottes, egal wo sie sich befinden – Lystra, Derbe, Ikonion, Jerusalem oder Antiochia.
„Erkennt: Der HERR allein ist Gott. Er hat uns gemacht, wir sind sein Eigentum, sein Volk und die Herde seiner Weide.“ Dass es nur diesen einen Gott gibt, wird den Heiden gegenüber natürlich deshalb betont, weil sie den Monotheismus erst einmal lernen müssen. Sie kommen aus einem polytheistischen Kontext (Vielgötterei). Dieser eine wahre Gott hat die Welt geschaffen, auch die Menschen. Deshalb gehören alle Menschen ihm. Auch die Heiden gehören zum auserwählten Volk. Das Hebräische gibt dies wieder mit dem Wort עַ֝מֹּ֗ו ammo. Es geht wirklich um das auserwählte Volk. Dies ist bemerkenswert im Kontext des Alten Testaments! Nicht nur das Volk Israel gehört zum Volk Gottes, sondern nun auch die Heiden! Hier wird etwas deutlich, was mit dem Neuen Bund wahr wird: Gottes Volk setzt sich nicht mehr durch biologische Abstammung zusammen, sondern durch Menschen aller Nationen, Völker, Stämme und Sprachen, die durch die Taufe zur neuen Schöpfung werden, eine geistliche Familie. Als solche ist das neue Volk Gottes Herde des guten Hirten. Dieses Bild greift Jesus dann auf, wenn er sich selbst als diesen guten Hirten offenbart und seine Jünger als seine Herde.
„Kommt mit Dank durch seine Tore“ ist wörtlich zunächst auf die Stadttore Jerusalems und des Tempelareals zu beziehen, durch die die Heiden in die Höfe des Tempels gelangen. Im weiteren Sinn meint es auch die Heidenchristen der jungen Gemeinden der Apostelgeschichte. Diese treten durch das Tor der Taufe hindurch in den Hof des Heiligtums Gottes, der in ihren Herzen Wohnung nimmt. Sie treten durch das Tor, wenn sie sich zur Eucharistie versammeln (wohl in Hausgemeinschaften). So ist es mit allen Menschen, die bis heute die Liturgie feiern. Die ganze Menschheit tritt durch das Tor des Todes ein in die Ewigkeit.
„Dankt ihm, preist seinen Namen!“ Dazu haben vor allem jene Neugetauften der Apostelgeschichte Anlass. Sie sind gerettet worden auf das ewige Leben hin. Dies veranlasst sie zu Lob und Dank.
Gott ist gut. Er hat das Heil jedes Menschen im Sinn. Er ist wirklich treu und verlässt seine Schäfchen nie. Deshalb können wir Menschen nicht anders, als zu jubeln über seine guten Taten an uns. Wir erkennen sie nicht immer und manchmal verdunkeln die Krisen unseres Lebens den dankbaren Blick auf das, was wir haben und was uns gelingt. Doch Gott ist immer der gleiche gute Gott, dem Ehre gebührt – gestern, heute und in Ewigkeit.
Joh 15
18 Wenn die Welt euch hasst, dann wisst, dass sie mich schon vor euch gehasst hat.
19 Wenn ihr von der Welt stammen würdet, würde die Welt euch als ihr Eigentum lieben. Aber weil ihr nicht von der Welt stammt, sondern weil ich euch aus der Welt erwählt habe, darum hasst euch die Welt.
20 Denkt an das Wort, das ich euch gesagt habe: Der Sklave ist nicht größer als sein Herr. Wenn sie mich verfolgt haben, werden sie auch euch verfolgen; wenn sie an meinem Wort festgehalten haben, werden sie auch an eurem Wort festhalten.
21 Doch dies alles werden sie euch um meines Namens willen antun; denn sie kennen den nicht, der mich gesandt hat.
Im Evangelium hören wir heute wieder einen Ausschnitt aus der zweiten Abschiedsrede. Gestern ging es vor allem um die Nächstenliebe aus der göttlichen Liebe heraus. Heute bereitet Jesus die Apostel auf die Widerstände vor, die sie erwarten.
Jesus spricht vom Hass durch die Welt. „Welt“ meint im Johannesevangelium immer die gefallene Schöpfung, nicht die Welt als Schöpfung Gottes. Was Gott gemacht hat, ist natürlich gut und nicht schändlich, sodass wir keine Weltfeindlichkeit daraus machen dürfen. Vielmehr meint es, was aus der Schöpfung Gottes geworden ist durch die Bosheit und Sünde der Menschen. Und diese hasst Gott. Dahinter steht der Satan, der Widersacher Gottes, der ihn ablehnt und auch die Menschen von Gott wegziehen möchte. Deshalb hasst die Welt auch Christus, das fleischgewordene Wort Gottes, das sie deshalb auch ans Kreuz schlagen. Und wer ihm nachfolgen will, wird ebenfalls gehasst werden aufgrund dieser Feindschaft auf geistlicher Ebene. Dieser geistliche Krieg steht eigentlich hinter den Konflikten zwischen den Menschen. Von diesem aus verstehen wir die Christenverfolgungen und innerkirchlichen Konflikte.
Wer getauft ist, stammt nicht mehr von der Welt, weil er oder sie nun zu der neuen Schöpfung gehört. Diese ist dabei auf die Ewigkeit hin ausgerichtet.
Auch die Apostel sind nicht von dieser Welt, zwar zu dem Zeitpunkt der zweiten Abschiedsrede noch nicht durch die Neuschöpfung im Heiligen Geist (dies erfolgt dann an Pfingsten), sondern aufgrund ihrer Erwählung durch Jesus Christus. Er greift hier vor, was mit ihnen passieren wird. Ihre Einstellungen sind aber schon eben jene der neuen Schöpfung. Sie leben schon auf die Ewigkeit hin, weil sie das Evangelium Jesu Christi angenommen haben.
Aufgrund dieser ganz anderen Prioritäten und Einstellungen sind sie der Welt fremd. Diese würde sie lieben und feiern, wenn sie noch in der Einstellung der Welt verharren würden. Das tun sie aber nicht und deshalb werden sie Verfolgung erleiden. Alle Apostel außer Johannes werden den Märtyrertod erleiden aus genau diesem Grund.
Ein anschauliches Beispiel für die Worte Jesu begegnet uns bei seiner Verurteilung: Dort steht er ganz zerschunden und verspottet als König der Juden mit Dornenkrone vor der Menschenmenge und neben ihm steht ein Schwerverbrecher, der als Zelot das Kommen des Gottesreiches mit Gewalt erzwingen wollte. Die Menschen feiern diesen anderen Messias (Bar-abbas, „Sohn des Vaters“) und fordern den Tod des wahren Messias, dessen Reich nicht von dieser Welt ist. Die Menschen feiern den, der in der weltlichen Logik lebt und wirkt. Sie hassen den, der mit göttlicher Weisheit die Welt verändert.
Schon bei der Fußwaschung erklärte Jesus seinen Aposteln, dass sie als seine Schüler nicht höher als er stehen können. Wenn er einen Sklavendienst verrichtet, sollen auch sie den Sklavendienst an anderen Menschen verrichten – freiwillig und aus Liebe. Dies greift er nun wieder auf, um sie auf die Anfeindungen vorzubereiten: Wenn er als ihr Rabbi schon auf solch schändliche Weise behandelt werden wird, dann wird es sie mindestens genauso treffen.
Aber dies wird nicht nur die negativen Reaktionen der Menschen betreffen: Ebenso werden jene, die das Wort Gottes durch den Messias selbst angenommen haben, es von seinen Aposteln akzeptieren, die in seinem Namen das Evangelium verkünden werden.
Zurück zu den Verfolgungen erklärt Jesus den Aposteln, dass die kommenden Verfolgungen, Bedrängnisse und Nachteile ihnen deshalb widerfahren werden, weil sie im Namen Jesu Christi auftreten werden, den sie zuerst gehasst haben. Und dies wiederum führt Jesus darauf zurück, dass die Feinde die Sendung des Sohnes vom Vater nicht erkannt haben. Hätten sie die Augen einmal richtig aufgemacht, wäre ihnen aufgegangen, dass Jesus im Namen des Vaters verkündet, nichts gegen dessen Willen gesagt und getan und somit die alttestamentlichen Verheißungen erfüllt hat.
Er ist der Sohn Gottes und hat nichts verkündet, was sich nicht mit den Worten Gottes in alttestamentlicher Zeit deckt.
Seine Gegner sind einfach blind und werden es auch sein, wenn sie den Aposteln vieles antun werden. Die Apostel sind gewarnt. Die Tragweite der Worte Jesu wird ihnen wohl nicht bewusst gewesen sein bis zu dem Moment, als sich dies dann bewahrheitet hat (wir denken an die Heilung des Gelähmten an der Schönen Pforte und die Verhaftung durch den Sanhedrin).
Die Worte Christi sind auch an uns gerichtet. Die Welt hasst die Christen, weil sie ganz andere Werte, eine ganz andere Ausrichtung, ganz andere Prioritäten aufweisen als die Gesellschaft. Das Christentum beugt sich nicht dem Zeitgeist (ich beziehe mich auf den unverfälschten Glauben und die konsequente Praxis, nicht auf die Scheinkatholiken, die die Lehre gar nicht mehr glauben). Es bietet die Stirn vor allem gegenüber totalitären Regimen wie dem Kommunismus und Nationalsozialismus. Wie viele Geistliche sind umgebracht worden für diese mutigen Kampfansagen! Wie viele Christen werden heute umgebracht, die mutig am Glauben festhalten, obwohl ihnen gedroht wird! Noch nie gab es so eine schlimme Christenverfolgung wie heutzutage. Das ist uns ein Zeichen dafür, dass die Welt immer gottloser wird. Die Diskrepanz wird immer größer und so auch die Gewalt.
Das ist etwas, das die Apostel annehmen müssen, doch es muss weder ihnen noch uns Angst einjagen. Jesus sagte, wenn wir die Zeichen der Endzeit sehen werden, sollen wir uns aufrichten und unsere Häupter erheben, weil die Erlösung naht (Lk 21,28). Und er steht uns bis zum Schluss bei mit allen Engeln und Heiligen, besonders mit seiner lieben Mutter, die auch unsere Mutter ist.
Ihre Magstrauss