Jer 26,11-16.24; Ps 69,15-16.30-31.33-34; Mt 14,1-12
Jer 26
11 Die Priester und Propheten sagten zu den Beamten und zum ganzen Volk: Dieser Mann hat den Tod verdient; denn er hat gegen diese Stadt geweissagt, wie ihr mit eigenen Ohren gehört habt.
12 Jeremia aber erwiderte allen Beamten und dem ganzen Volk: Der HERR hat mich gesandt, damit ich als Prophet gegen dieses Haus und diese Stadt alle Worte verkünde, die ihr gehört habt.
13 Nun also, bessert euer Verhalten und euer Tun und hört auf die Stimme des HERRN, eures Gottes, dass sich der HERR des Unheils gereut, das er euch angedroht hat!
14 Siehe, ich selbst bin in eurer Hand; macht mit mir, was ihr für gut und recht haltet!
15 Aber ihr sollt wissen: Wenn ihr mich tötet, bringt ihr unschuldiges Blut über euch, über diese Stadt und ihre Einwohner. Denn der HERR hat mich wirklich zu euch gesandt, damit ich euch alle diese Worte in die Ohren rufe.
16 Da sagten die Beamten und das ganze Volk zu den Priestern und Propheten: Dieser Mann hat den Tod nicht verdient; denn er hat zu uns im Namen des HERRN, unseres Gottes, geredet.
24 Ahikam jedoch, der Sohn Schafans, beschützte Jeremia, sodass man ihn nicht dem Volk auslieferte, das ihn töten wollte.
Heute hören wir aus dem Buch Jeremia die Fortsetzung der gestrigen Episode. Dort empörten sich die Propheten, Priester und Pilger im Vorhof des Tempels über die Gerichtsworte des Jeremia, vor allem weil er die Zerstörung der Stadt angekündigt hat wie in Schilo.
Die geistliche Elite des Tempels spricht also nun zum Volk verurteilende Worte über Jeremia: „Dieser Mann hat den Tod verdient; denn er hat gegen diese Stadt geweissagt, wie ihr mit eigenen Ohren gehört habt.“ Er sagt gewagte Worte, denn es ist ein vernichtendes Urteil Gottes. Deshalb nehmen sie Anstoß daran. Eigentlich sollten sie sich Gedanken machen, ob es nicht eintreffen könnte.
Jeremia lässt die Vorwürfe nicht auf sich sitzen, sondern verteidigt sich bzw. Gott: „Der HERR hat mich gesandt, damit ich als Prophet gegen dieses Haus und diese Stadt alle Worte verkünde, die ihr gehört habt.“ Er bekräftigt, dass diese harten Worte nicht seine eigenen sind, sondern Gottes Auftrag. Er hat sich das nicht gewählt, sondern sollte alles genau so wiedergeben. Und Gott spricht diese harten Worte nicht deshalb gegen sein Volk, weil er es zerstören will, sondern damit es wachgerüttelt wird. Er möchte, dass es noch rechtzeitig umkehrt. Deshalb sagt Jeremia: „Nun also, bessert euer Verhalten und euer Tun und hört auf die Stimme des HERRN, eures Gottes, dass sich der HERR des Unheils gereut, das er euch angedroht hat!“ Es liegt also durchaus in der Hand der Angesprochenen, die absolute Katastrophe noch abzuwenden.
Er verdeutlicht gegenüber den Anwesenden auch, dass sie sich durch die Tötung des Propheten zusätzliche Schuld aufladen würden. An sich ist das Töten eines Unschuldigen mit einer ganz großen Strafe Gottes verbunden. Dazu kommt, dass Jeremia das Sprachrohr Gottes ist. Wer ihn also umbringt, macht Gott selbst mundtot. Das ist absoluter Hochmut.
Seine Worte scheinen die Menschen zu überzeugen. Sie sagen zur religiösen Elite, dass Jeremia nicht sterben soll.
Die ganze Sache dringt zum König von Juda vor, was uns heute nicht verlesen wird. Jedenfalls schafft es Ahikam, der Sohn Schafans, Jeremia vor dem Tod zu bewahren. Gott selbst hält seine schützende Hand über seinen Knecht, der die schwierige Aufgabe treu umgesetzt hat, Juda eine harte Gerichtsbotschaft zu übermitteln.
Ps 69
15 Entreiß mich dem Sumpf, damit ich nicht versinke, damit ich meinen Hassern entkomme, den Tiefen des Wassers,
16 damit die Wasserflut mich nicht fortreißt,/ mich nicht verschlingt der Abgrund, der Brunnenschacht nicht über mir seinen Rachen schließt!
30 Ich aber bin elend und voller Schmerzen, doch deine Hilfe, Gott, wird mich erhöhen.
31 Ich will im Lied den Namen Gottes loben, ich will ihn mit Dank erheben.
33 Die Gebeugten haben es gesehen und sie freuen sich! Ihr, die ihr Gott sucht, euer Herz lebe auf!
34 Denn der HERR hört auf die Armen, seine Gefangenen verachtet er nicht.
Als Antwort auf die Episode Jeremias beten wir heute die Fortsetzung von Psalm 69. Den Klagepsalm beteten wir bereits gestern. Dabei ging es um Verse voller Klage. König David beklagt die Macht seiner Feinde vor Gott, was in Vers 14 in eine eindringliche Bitte mündet.
Heute geht es mit Vers 15 weiter, der ebenfalls eine Bitte beinhaltet: „Entreiß mich dem Sumpf, damit ich nicht versinke, damit ich meinen Hassern entkomme, den Tiefen des Wassers.“ König David bat um Entkommen aus der Mordgier Sauls und auch seines Sohnes Abschalom. Jeremia hat ebenfalls guten Grund, Gott ums Überleben anzuflehen, denn ihm trachten die Jerusalemer und Pilger des Tempels ebenfalls nach dem Leben. Beide sind unschuldig und haben einfach nur das getan, was Gottes Wille ist. Dafür sollen sie mit dem Leben bezahlen.
Der Tod wird hier mit Bildern wie der Wasserströmung, dem Brunnenschacht und dem Abgrund ausgedrückt.
Die Gerechten müssen für die Sache Gottes leiden, weil es leider Menschen gibt, die sich gegen Gott sträuben. Das gilt für alle Zeiten und so können auch wir heute beten: „Ich aber bin elend und voller Schmerzen, doch deine Hilfe, Gott, wird mich erhöhen.“
Ab Vers 31 vollzieht sich der für Klagepsalmen typische Stimmungsumschwung. Dabei schlägt der klagende und bittende Duktus in einen Lobpreis um, als ob Gott den Geplagten bereits erhört hat. So heißt es nun mit einer Selbstaufforderung zum Lob: „Ich will im Lied den Namen Gottes loben, ich will ihn mit Dank erheben.“ David ist so oft vor den Feinden bewahrt worden. Gott hat ihm so viele militärische Siege geschenkt und weder Saul noch Abschalom konnten ihm etwas antun. Er hatte wirklich allen Grund zum Lobpreis Gottes. Auch von Jeremia haben wir heute gehört, dass er vor dem Tod bewahrt wird.
Auch alle anderen Menschen, die man als „Gebeugte“ bezeichnen kann, sind voller Freude. Auch ihr Herz kann aufleben.
Sie können erleichtert sein, weil Gott ihre Bitten erhört. Arme und Gefangene sind alle, die in irgendeiner Form leiden müssen. „Armut“ ist nie einfach nur der finanzielle/materielle Mangel, sondern stets ein ganzheitlicher Mangel. Die soziale Komponente ist im Psalmenkontext z.B. sehr wichtig, sodass Einsamkeit und Ausschluss aus der Gesellschaft eine besonders drastische Form von Armut darstellt. Die Armen und Gefangenen sind in diesem Kontext jene, die politische Not erfahren. Jeremia ist arm, weil er für die Verkündigung des Wortes Gottes bedrängt und verfolgt wird.
Mt 14
1 Zu dieser Zeit hörte der Tetrarch Herodes, was man von Jesus erzählte.
2 Er sagte zu seinem Gefolge: Das ist Johannes der Täufer. Er ist von den Toten auferweckt worden; deshalb wirken solche Kräfte in ihm.
3 Herodes hatte nämlich Johannes festnehmen und in Ketten ins Gefängnis werfen lassen wegen der Herodias, der Frau seines Bruders Philippus.
4 Denn Johannes hatte zu ihm gesagt: Es ist dir nicht erlaubt, sie zur Frau zu haben.
5 Dieser wollte ihn töten lassen, fürchtete sich aber vor dem Volk; denn man hielt Johannes für einen Propheten.
6 Als aber der Geburtstag des Herodes war, tanzte die Tochter der Herodias vor ihnen. Und sie gefiel Herodes,
7 sodass er mit einem Eid zusagte, ihr zu geben, was immer sie sich wünschte.
8 Sie aber, angestiftet von ihrer Mutter, sagte: Gib mir hier auf einer Schale den Kopf Johannes’ des Täufers!
9 Und der König, der traurig wurde wegen der Eide und wegen der Gäste, befahl, den Kopf zu bringen.
10 Und er schickte und ließ Johannes im Gefängnis enthaupten.
11 Man brachte seinen Kopf auf einer Schale und gab ihn dem Mädchen und sie brachte ihn ihrer Mutter.
12 Und seine Jünger kamen, holten den Leichnam und begruben ihn. Dann gingen sie und berichteten es Jesus.
Heute hören wir von einem wirklich bemitleidenswerten Menschen, König Herodes. Er ist deshalb so bemitleidenswert, weil er trotz seiner Königsherrschaft ein Sklave ist, nämlich ein Sklave seiner eigenen Sünden. Wir hören auch von Johannes dem Täufer, der eine ähnlich unbeliebte Botschaft verkündet wie Jeremia und so wie er dafür bedroht wird. Im Gegensatz zum Propheten des Alten Testaments wird er aber in der heutigen Episode dafür umgebracht.
Der König Herodes hört von Jesu Machttaten und von den Gerüchten, er sei der auferstandene Täufer, den er hatte hinrichten lassen.
Jesus wird dabei unterschiedlich bewertet. Die einen setzen ihn mit Johannes den Täufer in Beziehung, wiederum andere sehen in Jesus einen Propheten wie jene aus dem Alten Testament.
Dann wird rückblickend erzählt, wie Johannes der Täufer umgekommen ist.
Herodes wurde Opfer einer Intrige seiner Frau. Eigentlich mochte er den Täufer, auch wenn seine Worte ihn beunruhigten. Das können wir ganz einfach erklären: Johannes rührte Herodes‘ Gewissen an, deshalb wurde dieser immer unruhig. Tief in seinem Innern wusste Herodes nämlich, dass er große Sünden begangen hat. Es ist wie mit dem Gewissen der Juden im Tempel zur Zeit des Jeremia, die ihn wegen ihres schlechten Gewissens mundtot machen möchten.
Herodias konnte dem Täufer nicht verzeihen, dass dieser deren Ehebruch mit Herodes öffentlich angeprangert hat. Sie war nämlich eigentlich die Frau seines Bruders Philippus. Herodes beging also Ehebruch mit ihr, denn Philippus lebte zu der Zeit noch. Die Tochter der Herodias war dabei eine gemeinsame Tochter mit Philippus. Herodias konnte ihre Tötungsabsichten nie durchsetzen, weil Herodes sie daran hinderte. Er respektierte den Täufer sehr, hatte sogar Angst. Das heißt er wusste, dass er einen Gottesmann nicht umbringen durfte. Das ist ja auch in der Lesung der Grund, warum Jeremia nicht umgebracht werden soll.
Herodias sah ihre Chance nun am Geburtstag des Königs, als dieser viele Gäste einlud. Sie ließ ihre Tochter vor der Geburtstagsgesellschaft tanzen und verführte so den König. Es muss viel Alkohol geflossen sein, dass Herodes so leicht zu verführen war. Er ließ sich zu einem leichtsinnigen Schwur vor allen hochrangigen Anwesenden verleiten, dem Mädchen alles zu geben, was sie sich wünschte. Sie ließ die Mutter wählen und diese nutzte die Chance, nach dem Kopf des Täufers zu verlangen. So kam Herodes in ein Dilemma. Einerseits wollte er den Täufer nicht töten, andererseits wollte er vor seinen Gästen nicht das Gesicht verlieren. Er war gottesfürchtig, aber die Menschenfurcht war größer. Er tat, was er versprochen, und ließ den Täufer umbringen.
Herodias hat bekommen, was sie wollte. Herodes hat sich schwer versündigt. Johannes der Täufer musste sein Leben hingeben für die Gebote Gottes, genauer gesagt für das sechste Gebot.
Die Johannesjünger bestatteten Johannes den Täufer in einem Grab.
Wir lernen sehr viel vom heutigen Evangelium. Der Mensch ist ein zwiegespaltenes Wesen aufgrund der Erbsünde. Einerseits ist die Liebe zu Gott noch da, andererseits überdeckt die Sünde diese Liebe oft. So ist die Selbstliebe manchmal stärker als die Gottesliebe. Der Mensch entscheidet sich gegen Gott. Herodes ist eine arme Seele, weil er trotz Erkenntnis seiner Sünden nicht davon ablässt. Gott gibt ihm die Chance, umzukehren. Er rüttelt Herodes durch den Täufer regelrecht wach. Es trifft Herodes auch, denn er gerät in Verlegenheit. Doch er hat kein Rückgrat. Seine Schwäche ist die Manipulierbarkeit durch Frauen und die Menschenfurcht. Er lässt sich hinreißen zu bösen Taten durch schöne Frauen. Er möchte zudem vor anderen Menschen gut dastehen, vor allem politisch relevanten Menschen. Auch wenn er als Jude den Glauben kennt und versteht, was die Gebote Gottes sind, kann sich dieser kleine Glauben nicht durchsetzen gegenüber seiner großen Schwachpunkte.
Wir sehen an Herodes als Gegenbild zu David, warum es so weit gekommen ist. Gott hat ihm genauso wie König David die Chance zur Umkehr gegeben. Beide sind dem Ehebruch verfallen. Aber Herodes hat diese Chance nicht genutzt. Er hätte seine Sünde bekennen, sein Leben ändern und das Unrecht wiedergutmachen können wie es David getan hat. Doch ihm war es wichtiger, vor den Menschen gut dazustehen. Er hat im Dilemma die falsche Entscheidung getroffen. So hat er aber das Kostbarste aufs Spiel gesetzt – sein Seelenheil. David ist über alle anderen erhöht und mit großer Macht ausgestattet worden, eben weil er sich selbst gedemütigt hat vor Gott. Seine Gottesbeziehung war ihm immer wichtiger als sein Ansehen als König. Das ist der entscheidende Unterschied zwischen den beiden Königen.
Wir lernen heute erneut, dass die Sünde immer Unschuldige mit ins Verderben reißt. Johannes der Täufer hat nichts Unrechtes getan, sondern die Sünde klar benannt. Jeremia hat ebenfalls einfach den Willen Gottes gehorsam umgesetzt und wird dafür mit dem Tod bedroht. Aufgrund der Feigheit und Begierde des Herodes sowie der Sturheit und Manipulation der Herodias musste Johannes seinen Kopf hinhalten. Auch die Tochter ist in eine Intrige hineingezogen worden und hat sich so an einem Mord mitschuldig gemacht.
Auch heute halten Menschen ihren Kopf dafür hin, dass sie gerade das sechste Gebot verteidigen. Wie sehr werden jene Geistliche von den Medien zerrissen, die den Geboten Gottes treu bleiben möchten, damit aber den gesellschaftlichen Konventionen die Stirn bieten. Wie viele Heilige wurden dafür hingerichtet, dass sie die Unauflöslichkeit der Ehe und die Monogamie verteidigt haben! Und es waren mehrere Heilige, die gerade Königen dieses Unrecht ins Gesicht gesagt haben. Neben Johannes dem Täufer hat auch Thomas Morus so sein Leben verloren, weil er König Henrys ehebrecherisches Verhalten nicht unterstützen wollte. Er wurde genauso wie Johannes der Täufer enthauptet. Und Jeremia hat im Grunde ebenfalls die „Monogamie“ verkündet im Sinne der Treue Israels zu Gott, dem es ja am Sinai einen regelrechten Ehebund eingegangen ist. Das ehebrecherische Verhalten Israels ist Schuld an den harten Gerichtsworten, die Gott durch Jeremia seiner Braut sagen lässt.
Wir sollen treu sein, nicht nur dem Ehepartner gegenüber, sondern auch Gott. Als Abbilder Gottes gibt es auch keinen anderen Weg. Schließlich ist Gott der Treue schlechthin.
Ihre Magstrauss