Montag der 32. Woche im Jahreskreis

Tit 1,1-9; Ps 24,1-2.3-4.5-6; Lk 17,1-6

Tit 1
1 Paulus, Knecht Gottes und Apostel Jesu Christi, gemäß dem Glauben der Auserwählten Gottes und der Erkenntnis der Wahrheit, die der Frömmigkeit entspricht,
2 in der Hoffnung auf das ewige Leben, das Gott, der nicht lügt, schon vor ewigen Zeiten verheißen hat.
3 Zur vorherbestimmten Zeit aber hat er sein Wort offenbart durch die Verkündigung, mit der ich durch den Auftrag Gottes, unseres Retters, betraut worden bin.
4 An Titus, sein rechtmäßiges Kind, aufgrund des gemeinsamen Glaubens: Gnade und Friede von Gott, dem Vater, und Christus Jesus, unserem Retter.
5 Ich habe dich in Kreta deswegen zurückgelassen, damit du das, was noch zu tun ist, zu Ende führst und in den einzelnen Städten Älteste einsetzt, wie ich dir aufgetragen habe,
6 wenn einer unbescholten und Mann einer einzigen Frau ist, mit gläubigen Kindern, die nicht unter dem Vorwurf der Liederlichkeit stehen oder ungehorsam sind.
7 Denn der Bischof muss unbescholten sein als Haushalter Gottes, nicht überheblich und jähzornig, kein Trinker, nicht gewalttätig, nicht habgierig,
8 sondern gastfreundlich, das Gute liebend; besonnen, gerecht, fromm und beherrscht,
9 einer, der sich an das zuverlässige Wort hält, das der Lehre entspricht, damit er in der Lage ist, in der gesunden Lehre zu unterweisen und die Widersprechenden zu überführen.

Heute hören wir den Beginn des Titusbriefs. Titus ist so wie Timotheus ein Mitarbeiter des Paulus, der auf Kreta die Christengemeinden mit aufbauen soll. Es geht darum, Älteste einzusetzen. Anscheinend ist auch er vom Weihegrad ein Bischof so wie Timotheus, sodass er sie auch weihen soll. Er gilt auch als erster Bischof von Kreta. Der Titusbrief gehört so wie der Timotheusbrief zu den Pastoralbriefen.
Zu Beginn hören wir das Präskript des Briefes, die Einleitung mit Angaben zum Sender und Empfänger sowie den Gruß. Dabei handelt es sich ganz im paulinischen Sinne um ein recht ausgedehntes Präskript, bei dem Sender und Empfänger viele theologische Zusätze erhalten. Sehr oft markiert Paulus in diesen Briefen schon zu Beginn die wesentliche Botschaft, die er vermitteln möchte. Dies tut er vor allem in den Briefen, die an Menschen gerichtet sind, die ihn noch nicht so gut kennen. Da Titus mit Paulus vertraut ist, können wir vermuten, dass er den Brief auch anderen vorlesen soll, insbesondere den Mitarbeitern, die mit ihm zusammen geeignete Weihekandidaten suchen sollen. Paulus nennt sich Apostel Jesu Christi. Das ist sehr wichtig, um seine Autorität hervorzuheben. Als solcher steht ihm zu, diesen Pastoralbrief zu verfassen.
Er fasst ein regelrechtes Glaubensbekenntnis zusammen, wenn er ausführt, dass er auftritt gemäß dem Glauben der Auserwählten. Er bringt Stichworte ein wie die Erkenntnis der Wahrheit und die Frömmigkeit. Schließlich geht er auch ein auf das ewige Leben, das so kennzeichnend für die Christen ist. Er sagt in diesen kurzen Zeilen auch, dass Gott dies alles so erdacht hat von Anfang an, also einen Heilsplan hat.
Das Wort, das Gott offenbart hat, prägt diesen Heilsplan, denn Gott hat auf diese Weise sein Vorhaben immer wieder mit den Menschen geteilt. Er hat das aber auf intensivste Weise getan durch das fleischgewordene Wort, Jesus Christus. Und dieser selbst hat als Auferstandener Paulus beauftragt, sein Geoffenbartes treu und unverfälscht zu verkünden.
Der Empfänger des Briefs ist Titus, den Paulus umschreibt als sein „rechtmäßiges Kind“. Paulus war ehelos und hatte keine leiblichen Kinder. Der Begriff γνήσιος gnesios bezeichnet ein eheliches Kind oder einen Menschen, der zum eigenen Geschlecht gehört. Paulus will durch diese Umschreibung also ausdrücken, dass Titus ganz mit ihm eines Geistes ist, gleichsam zur Familie Gottes gehört. Paulus sagt selbst, dass dies der Fall ist durch den gemeinsamen Glauben, den sie teilen. Er ist sein geistlicher Sohn wie Timotheus, um den er sich ebenfalls gekümmert hat. Auf diese Weise verleiht Paulus auch seinem Mitarbeiter eine Autorität, die die Menschen auf Kreta zur Kenntnis nehmen sollen, wenn Titus beim Aufbau der Gemeinden helfen soll.
Im paulinischen Gruß werden die üblichen Begriffe „Gnade“ und „Friede“ gewählt.
Im Folgenden erklärt Paulus, dass Titus die vornehmliches Aufgabe hat, in den Gemeinden Kretas Älteste einzusetzen. Dafür möchte Paulus ihm einen Katalog mit Kriterien vorgeben, damit Titus unter den Weihekandidaten die richtigen auswählt.
Die Weihekandidaten müssen unbescholten sein, sonst wird man an ihnen Anstoß nehmen. Ganz wichtig ist, dass sie Mann einer Frau sind. Das heißt nicht, dass sie zur Ehe verpflichtet sein sollen, sondern dass sie nur mit einer Frau verheiratet sein sollen. Dies wiederum heißt nicht, dass sie monogam sein sollen, sondern kein zweites Mal verheiratet, nachdem die erste Frau verstorben ist. Diese Stelle ist von den Kirchenvätern als Digamieverbot ausgelegt worden, wie auch an verschiedenen Synoden der frühen Kirche zu erkennen ist. Ein zweites Mal verheiratet zu sein, so die Denkweise der frühen Christen, beweise, dass der Anwärter nicht enthaltsam leben könne.
Er soll seine Kinder gläubig erzogen haben und auch diese sollen vorbildlich sein. Wer den Ruf hat, eine problematische Familie zu haben, kann keine Vorbildfunktion einnehmen. Immer wieder geht es nicht nur um Voraussetzungen für den Weihebewerber, sondern um die Außenwirkung. Das öffentliche Ärgernis und der Anstoß sollen vermieden werden.
Alarmsignale sollen für Titus sein, wenn ein Anwärter jähzornig und liederlich ist. Liederlichkeit ist gleichbedeutend mit Nachlässigkeit oder Unordentlichkeit.
Der Weihebewerber soll auch kein Alkoholproblem haben, darf nicht gewalttätig oder habgierig sein, sondern stattdessen gastfreundlich, nach dem Guten strebend, besonnen, gerecht und fromm sein. Er muss eine gute Selbstbeherrschung haben und seinem Wort treu sein.
Ganz wichtig ist, dass er die Wahrheit predigt. Er soll auch nicht Wasser predigen und Wein saufen, sondern das Verkündete selbst leben. Nur so kann er authentisches Vorbild sein, andere katechetisch gut unterweisen und Irrlehren überführen. Wer nicht tief genug eintaucht in die zu verkündende Lehre, kann sie nur schwer unterscheiden von den sich eingeschlichenen Irrlehren.
Es ist eine große Aufgabe, Ältester oder Bischof einer Gemeinde zu sein. Deshalb soll Titus nicht den erstbesten für diese Aufgabe auswählen. Die Pastoralbriefe erinnern uns auch heute wieder daran, dass wir bei der Wahl der Weihekandidaten nach wie vor wählerisch sein müssen, auch in Zeiten des zurückgehenden Priestertums.

Ps 24
1 Ein Psalm Davids. Dem HERRN gehört die Erde und was sie erfüllt, der Erdkreis und seine Bewohner.
2 Denn er hat ihn auf Meere gegründet, ihn über Strömen befestigt.
3 Wer darf hinaufziehn zum Berg des HERRN, wer darf stehn an seiner heiligen Stätte?
4 Der unschuldige Hände hat und ein reines Herz, der seine Seele nicht an Nichtiges hängt und keinen trügerischen Eid geschworen hat.
5 Er wird Segen empfangen vom HERRN und Gerechtigkeit vom Gott seines Heils.
6 Das ist das Geschlecht, das nach ihm fragt, die dein Angesicht suchen, Jakob.

Als Antwort beten wir den liturgischen Psalm 24, der im Wechselgesang zwischen Gläubigen und Priestern im Tempel von Jerusalem gebetet worden ist. In den ersten Versen wird die Universalherrschaft Gottes thematisiert: „Dem HERRN gehört die Erde und was sie erfüllt, der Erdkreis und seine Bewohner.“ Nicht nur der Planet ist Gottes Eigentum, sondern auch die Lebewesen auf der Erde. Alles gehört ihm, weil er alles geschaffen hat, „denn er hat ihn auf Meere gegründet, ihn über Strömen befestigt.“ Wir müssen bei diesen Worten bedenken, wie das Weltbild der Menschen damals aussah: Man glaubte, dass die Erde von Wasser umschlossen war, sodass unter der Erde sowie über dem Himmel Wasser vermutet worden ist. Man glaubte, dass die Erde auf Pfeilern über dem Urmeer errichtet worden sei. Das steckt hinter der Formulierung, dass der Erdkreis auf Meere gegründet sei.
„Wer darf hinaufziehn zum Berg des HERRN, wer darf stehn an seiner heiligen Stätte?“ ist eine Frage der Gläubigen, die sie an die Priester richten.
Daraufhin antworten die Priester: „Der unschuldige Hände hat und ein reines Herz, der seine Seele nicht an Nichtiges hängt“. Das ist eine sehr fortgeschrittene Antwort, da die Herzensreinheit zu jener Zeit oft ignoriert oder einfach noch nicht begriffen wird. Viele Propheten sprechen das Thema an und kritisieren die unreinen Opfer der Menschen aufgrund der fehlenden Aufrichtigkeit. Sie beuten die Schwachen aus und führen ein unmoralisches Leben, bringen aber zugleich Opfer dar in der Erwartung, dass Gott sie erhört. König David, der diesen Psalm gedichtet hat, versteht diesen Aspekt sehr gut und möchte deshalb, dass die Gläubigen die Herzensreinheit in der Liturgie ansprechen. Diese Herzensreinheit soll Titus bei den Weihebewerbern suchen, denn für den Herrn ist das beste gerade gut genug.
Im zweiten Satzteil geht es um die Unabhängigkeit von Nichtigkeiten. Gemeint sind Güter, die vergänglich sind und die einen nicht näher zu Gott bringen. Götzen werden oft als Nichtigkeiten bezeichnet, doch das hebräische Wort ist an der Stelle nicht wie hier שָׁוְא shaw sondern אֱלִיל elil. Auch das Schwören eines Meineids macht den Menschen kultunfähig. Wer sich dagegen von alledem fernhält, „wird Segen empfangen vom HERRN und Gerechtigkeit vom Gott seines Heils.“ Wer also die Gebote Gottes hält, ist gerecht.
Und zum Ende hin sprechen die Priester im Grunde Gott selbst an mit verheißungsvollen Worten für die Gläubigen: Jakob trifft darauf zu. Es ist wahrlich ein Geschlecht, dass nach Gott fragt und somit würdig ist, zu seinem heiligen Tempel zu kommen. Wir müssen uns das hebräische Verb genauer anschauen: Das Verb an dieser Stelle ist דֹּרְשֹׁו darschu, was wir als ein sehnsuchtsvolles Fragen verstehen. Es kann auch mit „verlangen“ übersetzt werden. Es ist eine Sehnsucht nach Gott, die nur jener Mensch besitzen kann, dessen Herz an Gott hängt. Auch die zweite Verbform ist in diesem Duktus zu betrachten: מְבַקְשֵׁ֨י m’waqschej ist eine Suche nach dem Angesicht Gottes aus Sehnsucht nach ihm. Wer sehnsüchtig nach Gott sucht, ist auch geeignet für den Dienst am Altar. Wer nicht selbst ganz von der liebenden Sehnsucht nach Gott erfüllt ist, kann diese nicht bei den anderen Christen entfachen. Der Herr braucht bis heute Multiplikatoren seiner Gnade auf die erhabenste Weise – die Geweihten. Beten wir um heilige Priester!

Lk 17
1 Er sagte zu seinen Jüngern: Es ist unvermeidlich, dass Ärgernisse kommen. Aber wehe dem, durch den sie kommen!

2 Es wäre besser für ihn, man würde ihn mit einem Mühlstein um den Hals ins Meer werfen, als dass er für einen von diesen Kleinen zum Ärgernis wird.
3 Seht euch vor! Wenn dein Bruder sündigt, weise ihn zurecht; und wenn er umkehrt, vergib ihm!
4 Und wenn er sich siebenmal am Tag gegen dich versündigt und siebenmal wieder zu dir kommt und sagt: Ich will umkehren!, so sollst du ihm vergeben.
5 Die Apostel baten den Herrn: Stärke unseren Glauben!
6 Der Herr erwiderte: Wenn ihr Glauben hättet wie ein Senfkorn, würdet ihr zu diesem Maulbeerbaum sagen: Entwurzle dich und verpflanz dich ins Meer! und er würde euch gehorchen.

Im Evangelium warnt Jesus heute davor, anderen ein Ärgernis zu geben, Anstoß zu erregen. Er spricht ja zu seinen Jüngern und diese müssen in allem, was sie tun, besonders aufpassen. Sie sollen sich besonderes um Vollkommenheit bemühen, um niemandem ein Ärgernis zu sein. Wie groß ist die Versuchung, wenn man Vollmacht von Gott erhält, diese zu missbrauchen, die Menschen, die einem Glauben schenken und in ihrer Schwäche sich an einen wenden, in die Irre zu führen! Wo viel Licht ist, ist auch viel Dunkel. Wer mit besonders vielen Gaben ausgestattet wird, hat eine besonders große Verantwortung vor Gott. Wir merken, wie Jesu Worte absolut zusammengehen mit dem, was im Titusbrief als Kriterienkatalog für Weihebewerber zusammengefasst ist.
Je mehr Verantwortung man hat, desto mehr muss man ein reines Gewissen haben und darf sich nichts zuschulden kommen lassen. Wie wichtig ist es also vor allem für die besonders Bevollmächtigten, die Geweihten als Nachfolger der Apostel! Wenn Menschen nicht gefestigt sind (auch diese sind die „Kleinen“), werden sie aufgrund des schlechten Beispiels eines Geistlichen die Kirche verlassen. Wie oft sehen wir das heutzutage!
Wer den Kleinen, den Kindern, aber auch den Unmündigen in jeglicher Hinsicht, ja auch den Demütigen und Knechten Gottes, Anstoß gibt, wird sehr schwer bestraft. Das hat eine große Tragweite und allein für diese Aussage müsste man einen ganzen Vortrag halten. Wer Kinder verdirbt, sie missbraucht, die unschuldigen Seelen zerstört, die Gutmütigen ausnutzt, wer mit dem eigenen Verhalten Anstoß erregt, wird eine ganz schwere Strafe erhalten. Die Kleinen stehen nämlich unter dem besonderen Schutz Gottes.
Bei allem, was geschieht, sollen wir stets vergebungsbereit sein, und zwar vollkommen. Die Siebenzahl ist Ausdruck dieser Vollkommenheit und Fülle. Immer wieder sollen wir einander verzeihen, denn auch der Vater vergibt uns immer wieder. Wenn jemand uns um Vergebung bittet, sollen wir sie ihm nicht vorenthalten. Wenn jemand sündigt, sollen wir einander zurechtweisen. Das soll natürlich auf Augenhöhe geschehen, aber es muss kommen.
Die Jünger bitten den Herrn um Glauben. Warum tun sie das überhaupt? Glaube ist ein Geschenk, eine Gabe, die von Gott kommt. Sie ist eine göttliche Tugend, die uns in der Taufe ins Herz eingegossen wird. Wo es uns an Glauben fehlt, dürfen wir zusammen mit den Jüngern beten: Herr, stärke meinen Glauben! Oder um es mit einer anderen biblischen Aussage zu sagen: Herr ich glaube, hilf meinem Unglauben.
Jesus sagt, dass wir mit einem starken Glauben gleichsam Berge versetzen können, oder wie hier ausgedrückt einen Maulbeerbaum ins Meer pflanzen können. Jesus sagt den Jüngern nicht deshalb zu, dass ihr Glaube winzig klein ist, um sie zu beleidigen. Gott hält uns immer wieder in Liebe einen Spiegel vor, auch wenn es wehtut. Nur so können wir realisieren, wo wir wirklich stehen. Nur so können wir unser Leben ändern. Denken wir darüber nach, wie groß unser Glaube ist. Ich selbst schäme mich sehr, wenn ich höre, dass die Jünger, die immer mit Jesus unterwegs sind, nicht mal einen senfkorngroßen Glauben besitzen. Wie wenig ist es dann erst bei mir….und doch dürfen wir demütig zu ihm kommen und mit den Jüngern gemeinsam um die Stärkung unseres Glaubens bitten. Das ist auch bitter nötig, denn wie sollen wir sonst lebendige Glaubenszeugen sein, die keinen Anstoß erregen? Wir sind alle auf dem Weg. Es ist kein Heiliger vom Himmel gefallen. Gott sei Lob und Dank, dass wir diesen Weg nicht aus eigener Kraft beschreiten müssen!

Ihre Magstrauss


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