3 Joh 5-8; Ps 112,1-2.3-4.5-6; Lk 18,1-8
3 Joh
5 Geliebter, du handelst treu in allem, was du an den Brüdern tust, und sogar an fremden.
6 Sie haben vor der Gemeinde für deine Liebe Zeugnis abgelegt. Du wirst gut daran tun, wenn du sie für ihre Reise so ausrüstest, wie es Gottes würdig ist.
7 Denn für seinen Namen sind sie ausgezogen und haben von den Heiden nichts angenommen.
8 Darum sind wir verpflichtet, solche Männer aufzunehmen, damit auch wir zu Mitarbeitern für die Wahrheit werden.
Die heutige Lesung stellt einen Abschnitt aus dem dritten Johannesbrief dar. Dieser ist gerichtet an den „geliebten Gaius“, womöglich eine Vertrauensperson, genauer gesagt die eine Vertrauensperson, die Johannes in der angesprochenen Gemeinde noch bleibt. Hinter diesem Brief steht offenbar ein Konflikt, der mit einem gewissen Diotrephes zusammenhängt. Dieser nimmt Missionare nicht auf, die im Sinne des Johannes predigen. Diese Missionare verkünden also eigentlich das unverfälschte Evangelium, doch womöglich hängt dieser genannte Gemeindevorsteher einer Irrlehre an, womöglich jener Lehre, die schon im zweiten Johannesbrief angedeutet wird – dem Doketismus.
Vielmehr empfiehlt Johannes einen anderen Mann als Gemeindevorsteher – er hat die Autorität, eine solche Empfehlung auszusprechen. Als Namen nennt er Demetrius.
Gaius der Vertrauensmann gehört zu jenen, die das Evangelium treu befolgen, die die Liebe konkret leben. Er liebt „sogar“ die Fremden, was neu ist im Gegensatz zum Bundesbuch in Exodus. Dort werden nämlich Vorschriften gesammelt, die zu einer Solidarität unter Stammesgenossen aufrufen.
Jene, die die Liebe des Gaius erfahren haben, bekannten es öffentlich vor der Gemeinde, haben also für ihn gesprochen. Hier muss man anmerken, dass diese „Brüder“, denen er einen Dienst erwiesen hat, in diesem Kontext wohl Missionare meint, die von Gemeinde zu Gemeinde reisen. Deshalb sprechen sie auch positiv vor der Gemeinde über Gaius. Johannes trägt ihm auf, diese Brüder für die Reise gut auszustatten, „wie es Gottes würdig ist.“ Hier muss man auf die Bedeutung von Gastfreundschaft zu sprechen kommen. Jesus sagt in den Evangelien, dass wer diesen „Brüdern“, den Missionaren auch nur einen Becher mit Wasser reicht, tut an Gott einen besonderen Dienst. Missionare aufzunehmen ist also ein ganz großer Dienst vor Gott, der den Gastgeber dafür reich belohnt. Jesus sagt, dass wer einen Propheten als Propheten aufnimmt, den Lohn eines Propheten erhält (Mt 10,41). Es ist gleichsam ein Gottesdienst, den der Gastgeber dadurch darbringt. Es ist schon im Alten Israel eine besondere Aufgabe, einen Propheten aufzunehmen. Denn durch die Versorgung jener, die ihre ganze Lebenszeit und Energie in die Mission und Verkündigung stecken und dadurch keine Zeit für ihr eigenes Wohl haben, wirkt man indirekt an der Verkündigung mit. Wer den aufnimmt, der von Christus gesandt ist, nimmt Christus auf und den, der Christus gesandt hat, nämlich den Vater (Mt 10,40).
Auch hier im Johannesbrief argumentiert der Sender die Versorgung der Missionare damit, dass diese ja nicht für sich selbst sorgen. Sie verlangen für das Evangelium Jesu Christi kein Gehalt von jenen, denen sie es verkünden. Hier ist die Rede von den Heiden, so können wir uns denken, dass es hier vor allem um Heidenmission ging. Und auch hier argumentiert Johannes damit, dass die Gastgeber selbst „zu Mitarbeitern für die Wahrheit werden“, wenn sie sich um die Gäste kümmern.
Es ist also eine überaus ehrenvolle Aufgabe mit einem hohen Lohn, wenn Gemeinden Missionare aufnehmen. Auch wenn es in dem dritten Johannesbrief um eine bestimmte Situation geht, weist er über sich hinaus in alle Zeiten, in denen es um Gastfreundschaft und Unterstützung von Missionsarbeit geht. Jeder wirkt so auf seine eigene Weise an der Evangelisierung heutiger Zeit mit.
Ps 112
1 Halleluja! Selig der Mann, der den HERRN fürchtet und sich herzlich freut an seinen Geboten.
2 Seine Nachkommen werden mächtig im Land, das Geschlecht der Redlichen wird gesegnet.
3 Wohlstand und Reichtum füllen sein Haus, seine Gerechtigkeit hat Bestand für immer.
4 Im Finstern erstrahlt er als Licht den Redlichen: Gnädig und barmherzig ist der Gerechte.
5 Glücklich ein Mann, der gnädig ist und leiht ohne Zinsen, der nach dem Recht das Seine ordnet.
6 Niemals gerät er ins Wanken; ewig denkt man an den Gerechten.
Heute beten wir einen Makarismus, eine Seligpreisung des Gottesfürchtigen im Psalm.
Selig zu preisen ist jener, der gottesfürchtig ist und an Gottes Geboten Gefallen hat. Im Hebräischen steht dort wörtlich „und die Gebote sehr wünscht“. Das Wünschen steht hier im Partizip und betont die anhaltende Sehnsucht nach Gottes Geboten, also ein Leben lang.
Wer so eingestellt ist, hat Segen von Gott. Dies wird anhand der typischen Segensindizien ausgedrückt: zahlreiche Nachkommen (Vers 2), Wohlstand und Reichtum (Vers 3), bestehende Gerechtigkeit (Vers 3).
Für die Gerechten, also für die anderen Gottesfürchtigen, strahlt er als Licht in der Finsternis, denn es ist ein Hoffnungsschimmer in der dunklen Nacht. Die anderen realisieren, dass sie mit ihrer Nachfolge Gottes nicht allein sind (das ist, was hier mit „Redlichen“ gemeint ist). Ein gemeinschaftlich erlebter Glaube hat es viel einfacher als ein einsam gelebter Glaube. Wir schauen zurück auf Gaius, der seinen Gemeindemitgliedern so ein Licht werden soll, indem er unbeirrt festhält am Willen Gottes und nicht abweisend handelt wie die anderen.
Und der nächste Satz ist nicht widersprüchlich, sondern beschreibt, wie auch Gott vom Wesen her ist: „Gnädig und barmherzig ist der Gerechte.“ Der Mensch muss so sein, weil er Abbild Gottes ist, der zugleich der Gerechte und der Barmherzige ist. Es handelt sich um zwei Seiten derselben Medaille. Der Hl. Thomas von Aquin brachte es auf den Punkt, als er formulierte: „Gerechtigkeit ohne Barmherzigkeit ist Grausamkeit; Barmherzigkeit ohne Gerechtigkeit ist die Mutter der Auflösung.“ Beides muss gegeben sein, sonst schafft man sich selbst ab und entfernt sich von Gott. Dieser ist beides und so muss es auch der Mensch als sein Abbild sein.
Diese Barmherzigkeit zeigt sich konkret z.B. an dem Verleih ohne Zinsen (Vers 5). So zu sein macht glücklich, weil man dann der Habgier nicht so schnell verfällt, die einen beherrschen und einschränken kann. Vor Gott ist so ein Mensch gut (dort steht טֹֽוב tov, „gut“), also gerecht.
Der Psalm ist ein Zeugnis dafür, wie jemand gottesfürchtig ist – nicht nur durch „Herr, Herr“-Bekenntnis, sondern gerade auch durch barmherziges Handeln.
Wenn es dann im letzten Vers heißt „ewig denkt man an den Gerechten“, ist das auch ein Ausdruck von Segen. Das Vergessen des Namens durch die nachfolgenden Generationen ist nämlich ein Fluch und Zeichen des Todes. Dass man dagegen im Namen weiterbesteht, ist Zeichen des Wohlwollens Gottes.
Lk 18
1 Jesus sagte ihnen durch ein Gleichnis, dass sie allezeit beten und darin nicht nachlassen sollten:
2 In einer Stadt lebte ein Richter, der Gott nicht fürchtete und auf keinen Menschen Rücksicht nahm.
3 In der gleichen Stadt lebte auch eine Witwe, die immer wieder zu ihm kam und sagte: Verschaff mir Recht gegen meinen Widersacher!
4 Und er wollte lange Zeit nicht. Dann aber sagte er sich: Ich fürchte zwar Gott nicht und nehme auch auf keinen Menschen Rücksicht;
5 weil mich diese Witwe aber nicht in Ruhe lässt, will ich ihr Recht verschaffen. Sonst kommt sie am Ende noch und schlägt mich ins Gesicht.
6 Der Herr aber sprach: Hört, was der ungerechte Richter sagt!
7 Sollte Gott seinen Auserwählten, die Tag und Nacht zu ihm schreien, nicht zu ihrem Recht verhelfen, sondern bei ihnen zögern?
8 Ich sage euch: Er wird ihnen unverzüglich ihr Recht verschaffen. Wird jedoch der Menschensohn, wenn er kommt, den Glauben auf der Erde finden?
Im Evangelium hören wir heute wieder ein Gleichnis. Jesus geht es darum, das unablässige Gebet zu erklären. Ein Richter lebt in einer Stadt, der keine Gottesfurcht hat (also das Negativbeispiel des Menschen, wie ihn der Psalm beschreibt!) und rücksichtslos rechtspricht. In Israel gab es noch keine Sozialversorgung, wie wir sie heute kennen. Witwen und Waisen gehörten dabei zu besonders nachteilhaften Personengruppen. Sie verdienten nichts und wurden noch von den Höherstehenden ausgebeutet. So kommt also eine Witwe jener Stadt immer wieder zu diesem Richter und drängt ihn dazu, ihr zu ihrem Recht zu verhelfen. Das lässt ihn aber kalt, denn wir erinnern uns – er ist rücksichtslos. Sie lässt aber nicht nach und kommt immer wieder. Irgendwann gibt er nach, aber nicht aufgrund von Mitleid, sondern aus Angst, eine Ohrfeige zu bekommen. Er will endlich seine Ruhe und verhilft ihr endlich zu ihrem Recht.
Dieses Gleichnis erinnert uns an ein anderes, bei dem es um einen Nachbarn oder Freund geht, der mitten in der Nacht um Zutaten bittet. Es ist dasselbe Prinzip: Die gebetene Person gibt nach, weil der Bittsteller so unnachgiebig ist.
Wie auch bei dem anderen Gleichnis führt Jesus das auf Gottes Gebetserhörung zurück: „Sollte Gott seinen Auserwählten, die Tag und Nacht zu ihm schreien, nicht zu ihrem Recht verhelfen, sondern bei ihnen zögern?“ Der Richter ist ein „ungerechter Richter“. Das sagt Jesus unverblümt in Vers 6. Wenn schon so ein ungerechter Mann einer Witwe gibt, was sie braucht, umso wie viel mehr wird Gott das immerwährende Bitten seiner Geschöpfe erhören, er, der der gute Gott ist! Beim anderen Gleichnis sagt Jesus in ähnlicher Weise: „Wenn nun ihr, die ihr böse seid, euren Kindern gute Gaben zu geben wisst, wie viel mehr wird der Vater im Himmel den Heiligen Geist denen geben, die ihn bitten (Lk 11,13).“
Während es in Lk 11 noch um den Hl. Geist und seine Gaben geht, ist hier das Thema die Gerechtigkeit, die sich durchsetzt. Schließlich ist der größere Kontext das Ende der Welt und das Thema das Endgericht.
Jesus lädt auch uns heute dazu ein, immer wieder den Vater zu bitten und nicht nachzulassen. Er wird das Gebet erhören. Dabei ist zu sagen, dass er es natürlich so erhört, wie es seinem heiligen Willen entspricht. Bei Gott gibt es kein „Nein“, aber es gibt ein „Später“, ein „Ja“ und ein „anders, als du denkst“. Vertrauen auch wir heutige Christen darauf, dass unser Gebet bei Gott nie unerhört bleibt! Vertrauen wir darauf, dass Gott für Gerechtigkeit sorgen wird, denn er sieht alles. Er wird auch heute jene erlösen von ihrem Unrecht, besonders die vielen ungehörten Stimmen, die nie die Chance erhalten, geboren zu werden! Gott lässt das nicht ewig mit sich machen. Er wird auch heute jedem seiner geliebten Kinder zu ihrem Recht verhelfen.
Damit dieses Verschaffen von Recht in unserem Fall nichts Bedrohliches, sondern etwas Erlösendes sein wird, müssen wir aber entsprechend leben. Haben wir Glauben? Sind wir wach und im Stand der Gnade, wenn Christus wiederkommt? Oder haben wir selbst uns etwas zuschulden kommen lassen? Wird uns der Herr dann vorhalten, dass wir abweisend waren statt gastfreundlich wie Diotrephes, ungerecht wie der Richter im Gleichnis oder waren wir gottesfürchtig wie die im Psalm beschriebene Person?
Gehen wir auch heute wieder in uns und kehren wir um, denn auch heute schenkt uns der Herr die Chance, von vorne zu beginnen.
Ihre Magstrauss