Offb 20,1-4.11 – 21,2; Ps 84,3.4.5-6au. 8a; Lk 21,29-33
Offb 20-21
1 Dann sah ich einen Engel vom Himmel herabsteigen; auf seiner Hand trug er den Schlüssel zum Abgrund und eine schwere Kette.
2 Er überwältigte den Drachen, die alte Schlange – das ist der Teufel oder der Satan – , und er fesselte ihn für tausend Jahre.
3 Er warf ihn in den Abgrund, verschloss diesen und drückte ein Siegel darauf, damit der Drache die Völker nicht mehr verführen konnte, bis die tausend Jahre vollendet sind. Danach muss er für kurze Zeit freigelassen werden.
4 Dann sah ich Throne; und denen, die darauf Platz nahmen, wurde das Gericht übertragen. Ich sah die Seelen aller, die enthauptet worden waren um des Zeugnisses für Jesus und des Wortes Gottes willen. Sie hatten das Tier und sein Standbild nicht angebetet und sie hatten das Kennzeichen nicht auf ihrer Stirn und auf ihrer Hand anbringen lassen. Sie gelangten zum Leben und zur Herrschaft mit Christus für tausend Jahre.
11 Dann sah ich einen großen weißen Thron und den, der auf ihm saß; vor seinem Anblick flohen Erde und Himmel und es gab keinen Platz mehr für sie.
12 Ich sah die Toten vor dem Thron stehen, die Großen und die Kleinen. Und Bücher wurden aufgeschlagen; und ein anderes Buch, das Buch des Lebens, wurde geöffnet. Die Toten wurden gerichtet, nach dem, was in den Büchern aufgeschrieben war, nach ihren Taten.
13 Und das Meer gab die Toten heraus, die in ihm waren; und der Tod und die Unterwelt gaben ihre Toten heraus, die in ihnen waren. Sie wurden gerichtet, jeder nach seinen Taten.
14 Der Tod und die Unterwelt aber wurden in den Feuersee geworfen. Das ist der zweite Tod: der Feuersee.
15 Wer nicht im Buch des Lebens verzeichnet war, wurde in den Feuersee geworfen.
1 Dann sah ich einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Erde sind vergangen, auch das Meer ist nicht mehr.
2 Ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott her aus dem Himmel herabkommen; sie war bereit wie eine Braut, die sich für ihren Mann geschmückt hat.
In der heutigen Lesung wird auf verdichtete Weise das beschriin letzter Zeit an Gerichts- und Heilsankündigungen der alttestamentlichen Prophetie in den Lesungen zu hören war: Gericht und Heil sind zwei Seiten einer Medaille Gottes. Das eine geht nicht ohne das andere. In das Himmelreich gelangen wirklich nur die Heiligen, weshalb das Gericht vorausgehen muss. In der Lesung schaut Johannes nun visionär diese beiden wichtigen Komponenten. Immer wieder sieht er ja durch die verschiedenen Visionen Gerichtstaten Gottes an der Welt sowie die Rückwärtsentwicklung der Schöpfung. Hier nun kommt es zur ultimativen Abrechnung, dem Endgericht.
Ein Engel steigt vom Himmel herab, der in seinen Händen „den Schlüssel zum Abgrund und eine schwere Kette“ trägt. Das sind die Accessoires Gottes, die zur Verurteilung jener notwendig sind, die ihn zeitlebens abgelehnt haben. Gott ist schließlich Herr auch über die Hölle. Hier wird der Begriff „Abgrund“ verwendet, im Griechischen steht ἄβυσσος abyssos. Schon in Offb 11 wird dieser Abgrund beschrieben, nämlich als Ursprungsort des Tieres. Wir verstehen, dass mit diesem Ort die Hölle gemeint ist. Also ist auch hier damit nicht nur allgemein die Totenwelt gemeint (denn wenn das Fegefeuer auch einbezogen würde, bräuchte man keinen Schlüssel. Dort kommt man ja wieder heraus).
Dann wird der Satan gefesselt für tausend Jahre und dort hineingeworfen, bevor der Abgrund verriegelt und sogar versiegelt wird. Ihm werden die Hände gebunden, damit er die Völker nicht mehr verführen kann. Erst kurz vor knapp wird er wieder herausgelassen. Was hier beschrieben wird, ist die Fesselung des Bösen aufgrund der Erlösung Jesu Christi. Durch seine Auferstehung ist die Macht des Bösen, dem bis dahin die Erde gehört hat, gebannt worden. Er hat nicht mehr die Macht über die Menschen in dem Sinne, dass er sie noch nach dem Tod beherrscht und sie von Gott abgeschnitten sind. Das war ja der Fall bei den Gerechten des Alten Testaments. Selbst wenn sie sich noch so gerecht verhalten haben, konnten sie Gott nicht schauen. Nun ist er gefesselt, doch wir merken: Ein wenig Spielraum ist ihm ja dennoch gegeben bzw. seinem Heer von Dämonen. Die Menschen werden auch nach dem Erlösungswirken Jesu Christi zum Bösen verführt. Doch Gottes Gnade ist größer und wo aufrichtige Reue vorherrscht, wird den Menschen vergeben. Sie können dennoch Gott schauen, selbst nach einer Zeit der Läuterung. Der Böse hat keine Macht mehr über sie.
Die Tausendzahl müssen wir wieder symbolisch verstehen. Sie meint keine wörtlichen tausend Jahre, was zur Irrlehre des Chiliasmus geführt hat. Es wird kein Zwischenreich geben, sondern diese tausend Jahre beziehen sich auf die Zeit der Kirche, in der Christus lebt und wirkt. Wir müssen sie ekklesiologisch verstehen! Und die Zeit der Kirche ist lang, deshalb die Symbolzahl. Kurz vor Schluss wird der Satan freigelassen, dann wird er noch einmal heftig wüten. Es wird besonders für die Kirche eine schlimme Zeit der Bedrängnis. Doch auch diese Zeit wird begrenzt sein.
Denn dann wird das Gericht Gottes kommen. Dabei wird Gott die Hilfe seiner Assistenten in Anspruch nehmen: Jene, die getötet worden sind für den Glauben an Christus (das ist mit Enthauptung gemeint), werden am Gericht ihrer Mörder teilnehmen. Ihre Throne stehen bereit. Sie haben das Tier und sein Standbild nicht angebetet. Sie haben dem Satan und seinem Reich nicht gehuldigt in den Ausformungen und Instrumentalisierungen dieser Welt, egal ob in politischer, wirtschaftlicher, kultureller oder religiöser Form. All diese Elemente der Gesellschaft sind letztendlich nur sichtbare Ausläufer des eigentlichen Drahtziehers auf geistlicher Ebene, dem Satan. Zuvor war die Rede davon, dass die Menschheit sich auf die Stirn und die Hand ein Zeichen machen sollte, doch diese treuen Zeugen, die Märtyrer, haben es nicht mitgemacht. Sie sind ja besiegelt auf ihrer Stirn mit dem Namen des Vaters und des Sohnes. Sie sind getauft und dadurch bereits besiegelt mit dem Zeichen Gottes. Wie könnten sie zugleich das Zeichen des Satan an sich zulassen? Besiegelung heißt ja, dass man als Eigentum markiert wird. Wer ganz Gott gehört, kann nicht zugleich dem Satan gehören.
Dann schaut Johannes noch einmal den Gottesthron. Diesmal erstrahlt er nicht in allen Farben des Regenbogens, sondern ist einfach weiß, das heißt er strahlt sehr hell. Die Herrlichkeit Gottes versetzt die Weltbevölkerung in Angst. Sie fliehen sogar seinen Anblick. Es ist nur so: Wenn das Gericht kommt, gibt es kein Entrinnen mehr. Keine Seele kann sich dann noch vor Gott verstecken.
Alle Menschen werden nun zum Weltgericht versammelt. Die Reihenfolge hat uns bereits Paulus in 1 Kor 15 vermittelt: Zuerst werden jene gerichtet, die bereits verstorben sind. Jeder Mensch hat ja schon sein individuelles Gericht gehabt. Doch nun wird man noch einmal vor den Thron Gottes gerufen. Dabei werden jene, die bereits ins Himmelreich eingehen konnten, sowie jene, die durch das Feuer hindurch schon einen Platz im Himmel in Aussicht haben, nicht plötzlich etwas anderes hören. Es ist nur so, dass bei diesem Weltgericht alle gemeinsam nochmal vor Gottes Thron stehen werden und das ganze vereint mit ihren Leibern!
Dass es so ist, sehen wir an der Totenwelt, die ihre Seelen preisgibt. Sie werden zuerst gerichtet, dann alle anderen, und zwar nach ihren Taten. Es werden Bücher aufgeschlagen, die Johannes sieht wie im Danielbuch. Diese Bücher beinhalten die Taten des Menschen. Je nachdem, was dort verzeichnet ist, danach wird man gerichtet. Es wird mithilfe dieser Metapher des Buches auch oft gesagt, dass wenn wir eine Sünde gebeichtet haben, Gott diese Sünde aus dem Buch streicht. Diese wird gleichsam aus Gottes Gedächtnis gestrichen. Dafür werden wir nicht mehr belangt.
Wir erfahren, dass der Tod und die Unterwelt zerstört werden. Es wird keiner mehr sterben. Er ist in den Feuersee geworfen, der ewig ist und als der zweite Tod bezeichnet wird. Auch die Unterwelt wird dort hineingeworfen. Was ist aber damit gemeint? Es ist damit dasselbe gemeint wie im Glaubensbekenntnis: alles, was nicht Himmel und nicht Hölle ist – das Fegefeuer sowie die Vorhölle. Das heißt, dass wer noch im Feuer geläutert werden sollte, jetzt sofort ins Himmelreich kann. Denn das Fegefeuer fällt weg. Es gibt nur noch den Himmel und die Hölle. Der Feuersee ist Umschreibung der ewigen Gottferne. Er ist der zweite Tod, der endgültig ist. Der erste Tod ist dagegen die Verzögerung ins Himmelreich durch die Läuterung des Fegefeuers. Es gibt in der Johannesoffenbarung auch zwei Auferstehungen – die erste meint das sofortige Kommen ins Himmelreich, die zweite Auferstehung meint das Kommen in den Himmel nach der Läuterung.
Dann ist noch die Rede von einem weiteren Buch, dem Buch des Lebens. Es ist wie die „Gästeliste“ oder das „Bürgerverzeichnis“ des Himmels. Dort stehen nicht die Taten des Menschen, sondern ihre Namen verzeichnet. Wer auf der Liste steht, darf ins Himmelreich eingehen. Wer nicht draufsteht, muss in den Feuersee. So wird das Gericht abgehalten, damit für den Himmel nur jene zugelassen werden, die wirklich heilig sind.
Und dann wird das ewige Heil kommen. Das vorausgehende notwendige Gericht hat die Weichen gestellt für die ewige Seligkeit. Nun sieht Johannes, wie Gott einen neuen Himmel und eine neue Erde schafft. Die neue verklärte Schöpfung kann kommen, nachdem nichts Böses mehr vorhanden ist. Er sieht daraufhin das himmlische Jerusalem von oben herabkommen. Sie ist bereit wie eine Braut, die sich für ihren Mann geschmückt hat. Die Brautmotivik macht uns klar: Hier kommt nun die Hochzeit des Lammes. Die Braut ist bereit. Das wunderbare Festmahl kann kommen. Christus hat schon auf Erden diese Hochzeit angekündigt. Gott hat so eine lange Zeit um seine Braut geworben. Sie sind durch dick und dünn gegangen, haben so viele Aufs und Abs erlebt. Nun ist es soweit. Die Hochzeit kann stattfinden.
Ps 84
3 Meine Seele verzehrt sich in Sehnsucht nach den Höfen des HERRN. Mein Herz und mein Fleisch, sie jubeln dem lebendigen Gott entgegen.
4 Auch der Sperling fand ein Haus und die Schwalbe ein Nest, wohin sie ihre Jungen gelegt hat – deine Altäre, HERR der Heerscharen, mein Gott und mein König.
5 Selig, die wohnen in deinem Haus, die dich allezeit loben.
6 Selig die Menschen, die Kraft finden in dir,
8 sie schreiten dahin mit wachsender Kraft.
Der heutige Psalm ist dem Tempel in Jerusalem gewidmet. Gleich zu Beginn wird uns dies durch die „Höfe des Herrn“ verdeutlicht. Es meint die verschiedenen Bereiche des Tempelgeländes. Der ganze Beter verzehrt sich in Sehnsucht nach dem Tempel. Er jubelt mit seiner ganzen Existenz („mein Herz und mein Fleisch“). Über diesen Wortsinn hinaus erkennen wir aber die geistliche Reichweite dieser Sehnsucht und auch der gesamten Widmung des Psalms: Es geht um Gottes Gegenwart auch in Jesus Christus, also um die messianische Sehnsucht, sowie um die Gegenwart Gottes im Allerheiligsten Sakrament. Moralisch gesehen geht es um die Sehnsucht nach Gottes Wohnung im Herzen des Menschen und den Stand der Gnade. Die Sehnsucht nach Gottes Gegenwart nimmt in unserer Zeit zu, die immer gottloser wird. Dadurch steigt die Sehnsucht nach der Wiederkunft Christi am Ende der Zeiten, der alles gut machen wird. Am Ende des Kirchenjahres haben wir also diese anagogische Lesart besonders stark vor Augen.
Der Beter vergleicht seine Freude über den Tempel und seine damit verbundenen Heimatgefühle mit Sperling und Schwalbe, die ein Nest gebaut und ihre Jungen hineingelegt haben. Dabei ist die Anrede HERR der Heerscharen (Jahwe Zebaot) eine kultische Bezeichnung für Gott. Auch wir bezeichnen ihn so, wenn wir das Sanctus singen. Es ist ein liturgischer Titel auch bei den Christen. Die wahre Heimat des Christen ist das Himmelreich, das himmlische Jerusalem, in dem Gott inmitten seiner Kinder gegenwärtig ist und wo es keinen Tempel im ursprünglichen Sinne mehr benötigt.
„Selig, die wohnen in deinem Haus, die dich allezeit loben“ führt uns ebenfalls über den Buchstabensinn hinaus. Wir preisen jene selig, die ewig das Sanctus im Himmel singen. Nicht umsonst kündigt der Priester in der Präfation das Sanctus z.B. mit den Worten an: „Darum preisen wir dich mit allen Engeln und Heiligen und singen vereint mit ihnen das Lob deiner Herrlichkeit.“ Jene sind es, die wirklich selig sind und im Hause Gottes wohnen und ihn allezeit preisen. Neben dieser anagogischen Lesart können wir es schon allegorisch-ekklesiologisch verstehen, also auf die Kirche beziehen. Sie ist das Haus Gottes auf Erden, der Antitypos des Tempels. Hier wohnt Christus in der Eucharistie. Die Kirche ist die Gemeinschaft der Gläubigen, die Gott allezeit preisen. Hier wird ein Funke der eschatologischen Freude schon sakramental vorweggenommen.
Der Beter des Psalms bevorzugt diese Zeit im Tempel gegenüber vielen Tagen vom Tempel entfernt. Die Wallfahrtszeiten sind sein Höhepunkt. Er freut sich schon darüber, wenn er „an der Schwelle“ stehen darf, solange er nicht in den „Zelten der Frevler“ verbringen muss. Es ist wiederum anagogisch weiterzudenken: Selbst wenn wir an der Schwelle zum Himmelreich stehen, ist es besser, als in der ewigen Verdammnis zu verbringen. Selbst wenn wir noch geläutert werden müssen, aber schon mit einem Fuß im Himmelreich sind, haben wir Trost. Denn wir sind uns sicher, dass wir danach bei Gott sein dürfen. Das hat Johannes im heutigen Abschnitt der Offenbarung ja schauen dürfen. Es ist wie mit den Höfen des Tempels. Es muss zunächst die Reinigung erfolgen, damit wir weiter vordringen können. Der irdische Tempel ist wirklich nach dem Vorbild der Ewigkeit gebaut worden!
„Sie schreiten dahin mit wachsender Kraft“. Wer von Gottes Liebe berührt wird, wer ganz mit ihr erfüllt ist, geht nicht mehr als alter Mensch zurück. Wenn wir Gott begegnen, verwandelt er uns in seiner Gegenwart. Das gilt schon für die Juden, die bei ihren Wallfahrtsfesten neu gestärkt und im Glauben vertieft vom Tempel in Jerusalem nach Hause zurückkehren. Das gilt umso mehr für jene, die neugeboren werden im Hl. Geist bei der Taufe! Denn sie werden zu neuen Menschen, die das ewige Leben erlangen. Und wenn sie auf Gottes Wegen gehen, erhalten sie diesen neuen Zustand aufrecht. Und wenn sie den Herrn in der Kommunion empfangen, dann werden sie nach und nach ihm gleichgestaltet. Die Kirche wird immer mehr zum Leib Christi, je mehr sie Eucharistie feiert. Der einzelne Gläubige wird immer mehr zum Leib Christi, je öfter er ihn empfängt. Und mithilfe der Sakramente und Sakramentalien wird er innerlich gekräftigt und ausgerüstet mit allem, was er für den Weg des Lebens bis in die Ewigkeit benötigt. Sie wachsen in der Kraft, in der Gnade und in der Heiligkeit.
Lk 21
29 Und er sagte ihnen ein Gleichnis: Seht euch den Feigenbaum und die anderen Bäume an:
30 Sobald ihr merkt, dass sie Blätter treiben, erkennt ihr, dass der Sommer nahe ist.
31 So erkennt auch ihr, wenn ihr das geschehen seht, dass das Reich Gottes nahe ist.
32 Amen, ich sage euch: Diese Generation wird nicht vergehen, bis alles geschieht.
33 Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen.
Heute hören wir wieder einen Ausschnitt aus der Endzeitrede Jesu, die er ausgehend von der Rede über die Zerstörung des Tempels und der Stadt Jerusalem hält. Er hat seine Jünger ja bereits zur Wachsamkeit aufgefordert, weil sie nicht wissen, wann das Ende der Zeiten kommt. Doch ganz so plötzlich wird es nicht hereinbrechen. Jesus erklärt heute, dass es Vorzeichen gibt, anhand derer die Jünger sich auf das Ende der Zeiten einstellen können. Er erklärt dies anhand eines Gleichnisses:
Sie sollen den Feigenbaum und andere Bäume betrachten. Das ist typisch für die Weisheitstradition: wichtige Dinge, vor allem ethischer Art, anhand von Naturphänomenen zu erklären.
Wenn man an dem Feigenbaum die Knospen sieht, weiß der Mensch, dass der Sommer bald kommt. So gibt es Anzeichen dafür, dass das Gottesreich bald kommt.
Warum aber der Feigenbaum? Das Besondere ist, dass die meisten Bäume im Hl. Land das ganze Jahr hindurch Blätter tragen. Der Feigenbaum aber verliert sein Laub. Deshalb kann man an ihm ablesen, wenn sich also neue Blätter bilden. Es ist auch besonders, dass die Zeitspanne zwischen Sommer und Winter sehr kurz ist. So kann Jesus wirklich sagen, dass der Sommer sehr nahe bevorsteht, sobald man Blätteransatz am Feigenbaum erkennt. Mithilfe dieser Baumart kann Jesus die absolute Naherwartung des Gottesreiches also am besten umschreiben.
Jesus tut hier aber nichts absolut Neues. Die Messung der Jahreszeiten durch den Zustand des Feigenbaums kommt aus der rabbinischen Tradition. Seine Jünger kennen diesen Vergleich also bereits.
Jesus schließt ganz feierlich mit einem Amen-Wort: „Diese Generation wird nicht vergehen, bis alles geschieht.“ Was ist mit „Generation“ gemeint? Wir sehen ja, dass diese Angesprochenen bereits seit mehreren Jahrtausenden tot sind. Das griechische Wort γενεὰ genea hat verschiedene Bedeutungen und muss nicht ausschließlich mit „Generation“ übersetzt werden. Es kann auch eine ganze Familie oder Gemeinschaft meinen, ja sogar eine Art von etwas. Man kann es auch temporal verstehen und gerade hier im apokalyptischen Kontext ergibt es Sinn, mit genea ein bestimmtes Zeitalter zu begreifen. Dieses Zeitalter wird also nicht vergehen, bis das alles geschieht. Welches Zeitalter gemeint ist, haben wir in der Johannesoffenbarung gehört. Es geht um die Zeit der Kirche, des angebrochenen Gottesreiches, in dem Christus wirkt – die tausend Jahre bis zum ultimativen Ende. In diese Zeit hinein wird also das Ende der Zeiten hineinfallen. Das meint Jesus mit der Aussage.
Und dann werden Himmel und Erde vergehen. Das ist eine Vorstellung, die für die Jünger auch nicht neu ist. Es gibt bei den Juden diese apokalyptische Vorstellung, dass alles einmal zuende ist, Gott plötzlich in die Geschichte eingreift, alles in ein apokalyptisches Chaos stürzt, bevor Gott etwas Neues entstehen lässt. Auch wenn diese heftigen Veränderungen auf die Menschheit zukommen: Gottes Wort bleibt ein und dasselbe. Was Christus gesagt hat, ist die ewige Wahrheit. Diese steht fest für alle Zeiten und daran lässt sich nicht rütteln. Was Jesus vor allem versprochen hat, wird er treu halten: die Aussicht auf das ewige Leben für jene, die bis zum Schluss standhaft geblieben sind.
Um es mit Jesu Worten aus der johanneischen Abschiedsrede zu sagen: „Euer Herz lasse sich nicht beunruhigen. Glaubt an Gott und glaubt an mich.“ Das möchte Christus auch uns heute sagen angesichts der immer stärker werdenden Stürme der Endzeit. Das alles kann um uns herum toben, so viel es will: Wenn wir Christus fest in unserem Herzen haben, in inniger Gemeinschaft mit Gott bleiben, dann werden uns die Stürme nichts anhaben, auch dann nicht, wenn man uns unser Leben in seinem Namen nehmen wird. Im Gegenteil: Dann werden wir zu Assistenten im Gericht Gottes und werden jene mitrichten, die an uns schuldig geworden sind.
Heute hören wir sehr viel über die letzten Dinge und die unmittelbar vorausgehenden Bedrängnisse der Endzeit. Der Satan wird sich noch einmal so richtig austoben, bevor er auf ewig verbannt wird. Das muss geschehen, aber selbst da müssen wir keine Angst haben. Vielmehr sollen wir uns bereit machen, denn die Erlösung ist nahe.
Ihre Magstrauss