Heute gedenken wir der Enthauptung des Johannes, der mutig für die Gebote Gottes in die Bresche sprang. Johannes der Täufer, der Sohn von Zacharias und Elisabet, wurde sechs Monate vor dem Erlöser geboren. Er wurde wahrscheinlich in der kleinen, ländlichen jüdischen Stadt Ein Karem geboren, die im Hügelland westlich von Jerusalem liegt. Das umliegende Land wurde für Landwirtschaft und Viehzucht genutzt und war von einem Dorfzentrum und einem Wasserbrunnen umgeben. Einzigartig ist, dass Johannes bei seiner Geburt mit der Anwesenheit sowohl des Sohnes Gottes als auch der Mutter Gottes gesegnet war. Wir lesen ja im Lukasevangelium, dass die bereits schwangere Gottesmutter drei Monate bei ihrer Verwandten Elisabet blieb, um ihr bei der Geburt beizustehen. Viele katholische Theologen, darunter auch der hl. Thomas von Aquin, glauben, dass Johannes zwar in Erbsünde gezeugt wurde, dass er aber unmittelbar nach der Begrüßung seiner Mutter Elisabeth durch die Jungfrau Maria, einige Monate vor seiner Geburt, im Mutterleib geheiligt wurde. „Als Elisabeth den Gruß Marias hörte, hüpfte das Kind in ihrem Schoß…“ (Lk 1,41). Dieses Hüpfen im Mutterleib wurde als die Heiligung des Johannes durch die Gnade vor seiner Geburt gedeutet. Jesus wird später über Johannes sagen: „Amen, ich sage euch: Unter denen, die von Frauen geboren sind, ist keiner größer gewesen als Johannes der Täufer“ (Mt 11,11). Über die Kindheit des Johannes ist nicht viel bekannt, außer dem, was in der Bibel steht: „Und das Kind wuchs heran und wurde stark im Geist und blieb in der Wüste bis zu dem Tag, an dem er Israel offenbart wurde“ (Lk 1,80). Obwohl er von seinen Eltern in ihrer Heimatstadt fromm im jüdischen Glauben erzogen wurde, ging Johannes schließlich in die Wüste östlich seiner Heimatstadt, um als Einsiedler zu leben, zu beten, Buße zu tun und sich auf seine Mission vorzubereiten. Die erste Aufgabe des Johannes war es, als Vorläufer des Herrn zu dienen. Als letzter der alttestamentlichen Propheten und als erster der neutestamentlichen Propheten schlägt er die Brücke zu Christus. Johannes hatte den Auftrag, Jesus „im Geist und in der Kraft Elija“ vorauszugehen, „um die Herzen der Väter den Kindern zuzuwenden und die Ungehorsamen zur Einsicht der Gerechten zu bringen, um ein Volk zu bereiten, das für den Herrn bereit ist“ (Lk 1,17). Irgendwann zwischen den Jahren 27-29 erhielt Johannes in der judäischen Wüste eine Eingebung von Gott und begann, Jünger zu sammeln, die er lehrte, zur Umkehr aufrief und mit Wasser taufte. Johannes predigte heftig, brandmarkte einige als „Schlangenbrut“ und forderte Beweise für ihre Bekehrung. Er rief Zöllner, Soldaten, religiöse Führer, einfache Bürger und sogar Herodes zur Umkehr auf. Viele folgten ihm. Das Leben des Johannes erreichte seinen irdischen Höhepunkt, als er Jesus, den Sohn Gottes, in der Wüste auf sich zukommen sah, während er ihn taufte. Johannes rief sofort aus: „Seht, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt wegnimmt. Er ist der, von dem ich gesagt habe: Nach mir kommt ein Mensch, der mir voraus ist, weil er schon vor mir da war. Ich kannte ihn nicht, aber ich kam und taufte mit Wasser, damit er Israel bekannt würde… Nun habe ich gesehen und bezeugt, dass er der Sohn Gottes ist“ (Joh 1,29-31.34). Johannes taufte Jesus, woraufhin der Heilige Geist sichtbar auf Jesus herabkam und die Stimme des Vaters donnerte: „Dies ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe“ (Mt 3,17). Damit begann das Leben des Johannes in den Hintergrund zu treten: „Er muss zunehmen, ich muss abnehmen“ (Joh 3,30).
Der heutige Gedenktag ist einer der ältesten kirchlichen Feste, das Gedenken an die Enthauptung Johannes‘ des Täufers. So wie Johannes Jesus bei seiner Geburt, seiner Predigt und seiner Taufe vorausging, so ging er auch Jesus im Tod voraus, indem er als Vorläufer dessen starb, der sein Leben am Kreuz opferbereit hingeben würde. Der Tod des Johannes war die Folge seiner mutigen Verkündigung der Wahrheit. Sein Aufruf zur Umkehr richtete sich an alle, auch an Herodes Antipas, den Tetrarchen. Johannes wurde höchstwahrscheinlich in einer von Herodes Antipas‘ Vater, Herodes dem Großen, errichteten Festung namens Machaerus nordwestlich des Toten Meeres im heutigen Jordanien gefangen gehalten. Alternativ könnte er auch im Herodium, einem anderen Palast unter Herodes‘ Kontrolle südlich von Jerusalem, gefangen gehalten worden sein. Zwei der Evangelien erzählen die Geschichte von Johannes‘ Tod: Mt 14,1-12 und Mk 6,14-29. Johannes‘ Kritik an Herodes war spezifisch. Er verurteilte die unrechtmäßige Heirat des Herodes mit der Frau seines Bruders, Herodias. Obwohl Herodes Johannes und seine Jünger wegen seiner Popularität und der Kraft seiner Worte zu fürchten schien, beschloss er, Herodias‘ Hass auf Johannes zu besänftigen, weil er sie und Herodes verurteilt hatte. An Herodes‘ Geburtstag führte die Tochter der Herodias, die traditionell Salome genannt wurde, einen Tanz für Herodes und seine Gäste auf, der ihm so gut gefiel, dass er ihr alles versprach, was sie von ihm verlangte, bis hin zur Hälfte seines Königreichs. Ihre Mutter sah ihre Chance auf Rache und überredete ihre Tochter, den Kopf von Johannes dem Täufer auf einem Tablett zu fordern. In seiner Schwäche willigte Herodes ein. Nach dem Tod Johannes‘ berichtet die Bibel, dass „seine Jünger kamen, den Leichnam wegnahmen und ihn begruben; und sie gingen hin und sagten es Jesus“ (Mt 14,12). Die Nachricht veranlasste Jesus, sich allein in einem Boot an einen verlassenen Ort zurückzuziehen, um zu beten. Jesus trauerte nicht nur mit den Menschen über den Tod seines Vetters, sondern er wurde auch mit der Realität seines eigenen Schicksals konfrontiert. So war seine Zeit des Gebets eine Zeit, in der er seine Treue zu dem Auftrag, zu dem er gesandt wurde, nämlich sein Leben für die Rettung der Seelen hinzugeben, vollkommen erneuerte. Traditionell wird angenommen, dass der Leichnam des Johannes in der Stadt Sebaste nördlich von Jerusalem beigesetzt wurde. Im Laufe der Jahrhunderte haben sich verschiedene Traditionen darüber entwickelt, was mit seinem Kopf geschah. Einige besagen, dass Herodias ihn in einem Misthaufen vergrub, um ihn vor seinen Anhängern zu verstecken. Später wurde er entdeckt und auf dem Ölberg begraben und befindet sich heute in der Kirche San Silvestro in Capite, Rom, Italien. Diese und viele andere Überlieferungen lassen sich nicht bestätigen.
Leider habe ich keine Auslegung für den 21. Dienstag im Jahreskreis, weshalb ich Ihnen zumindest die Auslegung des Eigentexts hier einfügen möchte:
Mk 6
17 Herodes hatte nämlich Johannes festnehmen und ins Gefängnis werfen lassen. Schuld daran war Herodias, die Frau seines Bruders Philippus, die er geheiratet hatte.
18 Denn Johannes hatte zu Herodes gesagt: Es ist dir nicht erlaubt, die Frau deines Bruders zur Frau zu haben.
19 Herodias verzieh ihm das nicht und wollte ihn töten lassen. Sie konnte es aber nicht durchsetzen,
20 denn Herodes fürchtete sich vor Johannes, weil er wusste, dass dieser ein gerechter und heiliger Mann war. Darum schützte er ihn. Wenn er ihm zuhörte, geriet er in große Verlegenheit und doch hörte er ihm gern zu.
21 Eines Tages ergab sich für Herodias eine günstige Gelegenheit. An seinem Geburtstag lud Herodes seine Hofbeamten und Offiziere zusammen mit den vornehmsten Bürgern von Galiläa zu einem Festmahl ein.
22 Da kam die Tochter der Herodias und tanzte und sie gefiel dem Herodes und seinen Gästen so sehr, dass der König zu dem Mädchen sagte: Verlange von mir, was du willst; ich werde es dir geben.
23 Er schwor ihr sogar: Was du auch von mir verlangst, ich will es dir geben, und wenn es die Hälfte meines Reiches wäre.
24 Sie ging hinaus und fragte ihre Mutter: Was soll ich verlangen? Herodias antwortete: Den Kopf Johannes’ des Täufers.
25 Da lief das Mädchen zum König hinein und verlangte: Ich will, dass du mir sofort auf einer Schale den Kopf Johannes’ des Täufers bringen lässt.
26 Da wurde der König sehr traurig, aber wegen der Eide und der Gäste wollte er ihren Wunsch nicht ablehnen.
27 Deshalb befahl er einem Scharfrichter, sofort ins Gefängnis zu gehen und den Kopf des Täufers herzubringen. Der Scharfrichter ging und enthauptete Johannes.
28 Dann brachte er den Kopf auf einer Schale, gab ihn dem Mädchen und das Mädchen gab ihn seiner Mutter.
29 Als die Jünger des Johannes das hörten, kamen sie, holten seinen Leichnam und legten ihn in ein Grab.
Johannes der Täufer hat Gott stets vertraut und war mit einer inneren Freude erfüllt. Er durfte Gottes Sohn taufen und darf mit ihm verwandt sein! Er weiß genau, dass alles Gute von Gott kommt und er nichts zu fürchten braucht, auch nicht im Moment seines Todes. Deshalb glauben wir, dass er bei Gott ist und die ewige Freude erleben darf, die seine unendliche Gegenwart beschert.
Johannes hat keine Angst, den Mund aufzumachen. Wo die Sünde ist, da nennt er sie auch deutlich beim Namen. Er kritisiert, dass Herodes die Frau seines noch lebenden Bruders Philippus zur Frau genommen hat. Das ist Ehebruch und zutiefst verwerflich in Gottes Augen. Das hat nichts mit Leviratsehe zu tun, welcher nach der Bruder eines Verstorbenen dessen Frau heiraten muss (Gen 38; Dtn 25,5-10; Rut 1-4), denn Philippus lebt noch. Weil Johannes der Täufer Ehebruch als Ehebruch angeprangert hat, musste er ins Gefängnis.
Und dort beeindruckt er Herodes immer wieder, weil dieser Johannes eigentlich mag. Zwar machen dessen Worte ihn immer unruhig, aber er hört ihm trotzdem gerne zu. Die Unruhe entsteht dadurch, dass sein Gewissen sich meldet. Es ist also etwas Heilsames, ein Umkehrruf Gottes an Herodes. Doch seine Schwäche sind die Frauen und das fehlende Rückgrat in der Öffentlichkeit. Er möchte den Menschen gefallen und das wird dem Täufer in der heutigen Erzählung zum Verhängnis.
Herodias kann dem Täufer nicht verzeihen, dass dieser deren Ehebruch mit Herodes öffentlich angeprangert hat. Sie konnte bisher ihre Tötungsabsichten nie durchsetzen, weil Herodes sie daran hinderte. Er respektierte den Täufer sehr, hatte sogar Angst. Das heißt er wusste, dass er einen Gottesmann nicht umbringen durfte.
Herodias sah ihre Chance nun am Geburtstag des Königs, als dieser viele Gäste einlud. Sie ließ ihre Tochter vor der Geburtstagsgesellschaft tanzen und verführte so den König. Es muss viel Alkohol geflossen sein, dass Herodes so leicht zu verführen war. Er ließ sich zu einem leichtsinnigen Schwur vor allen hochrangigen Anwesenden verleiten, dem Mädchen alles zu geben, was sie sich wünschte. Sie ließ die Mutter wählen und diese nutzte die Chance, nach dem Kopf des Täufers zu verlangen. So kam Herodes in ein Dilemma. Einerseits wollte er den Täufer nicht töten, andererseits wollte er vor seinen Gästen nicht das Gesicht verlieren. Er war gottesfürchtig, aber die Menschenfurcht war größer. Er tat, was er versprochen, und ließ den Täufer umbringen. Herodias hat bekommen, was sie wollte. Herodes hat sich schwer versündigt. Johannes der Täufer musste sein Leben hingeben für die Gebote Gottes, genauer gesagt für das sechste Gebot.
Die Johannesjünger bestatteten Johannes den Täufer in einem Grab.
Wir lernen sehr viel vom heutigen Evangelium. Der Mensch ist ein zwiegespaltenes Wesen aufgrund der Erbsünde. Einerseits ist die Liebe zu Gott noch da, andererseits überdeckt die Sünde diese Liebe oft. So ist die Selbstliebe manchmal stärker als die Gottesliebe. Der Mensch entscheidet sich gegen Gott. Herodes ist eine arme Seele, weil er trotz Erkenntnis seiner Sünden nicht davon ablässt. Gott gibt ihm die Chance, umzukehren. Er rüttelt Herodes durch den Täufer regelrecht wach. Es trifft Herodes auch, denn er gerät in Verlegenheit. Doch er hat kein Rückgrat. Seine Schwäche ist die Manipulierbarkeit durch Frauen und die Menschenfurcht. Er lässt sich hinreißen zu bösen Taten durch schöne Frauen. Er möchte zudem vor anderen Menschen gut dastehen, vor allem politisch relevanten Menschen. Auch wenn er als Jude den Glauben kennt und versteht, was die Gebote Gottes sind, kann sich dieser kleine Glauben nicht durchsetzen gegenüber seiner großen Schwachpunkte.
Wir erkennen in der Familie des Herodes noch einen weiteren Aspekt wieder, der auch in heutigen Familien ein großes Übel darstellt: Intrigen zwischen den Familienmitgliedern. Herodias ist die Personifikation der Folgen der Erbsünde. Wie sie sich verhält, ist in Gen 3 angekündigt worden. Die Frau wird Verlangen nach ihrem Mann haben. Sie wird versuchen, ihn um den Finger zu wickeln, da sie auf andere Weise nicht über ihn herrschen kann. Physisch ist sie ihm unterlegen. Im Falle der hier beschriebenen Familie ist es sogar noch so, dass der Mann über sie herrscht als König. Die Tochter ist ebenfalls nur ein Schachzug der Mutter, sodass diejenige, die in dieser Familie das Sagen hat, Herodias ist. Die ganzen Umstände und Beziehungen zeigen, dass die Familie nicht so ist, wie Gott sie möchte. Somit wird Herodes‘ Familie zum Gegenbild der Heiligen Familie. Dort ist es Josef, der die Entscheidungen trifft, aber diese vom Willen Gottes abhängig macht. Weil seine Gottesfurcht stärker als alles üble Gerede der Menschen ist, kann seine Frau Maria ihm ganz und gar vertrauen. Bei ihnen ist nichts manipulativ oder intrigant. Sie kommunizieren zudem richtig. Sie nutzen Jesus nicht als Instrument einer Intrige. Es gibt keine zwei Parteien innerhalb der Familie Jesu, sodass dieser von einer Partei vereinnahmt und dann gegen die andere Partei aufgehetzt wird. Diese Familie hat eine Einheit abbildhaft wie die Einheit der Dreifaltigkeit. Wir Menschen sollen in den Familien nicht die Schwächen der Mitglieder für unsere eigenen Interessen ausnutzen. Ganz tragisch ist es auch, die eigenen Kinder gegen das andere Elternteil aufzuhetzen. Das zerstört die Seele der Kinder, die gleichermaßen Mutter und Vater brauchen, deren eigene Partnersuche, geschlechtliche Identität und Sicht auf das andere Geschlecht vom Beispiel der Beziehung der Eltern zueinander geprägt werden.
Wir lernen heute erneut, dass die Sünde immer Unschuldige mit ins Verderben reißt. Johannes der Täufer hat nichts Unrechtes getan, sondern die Sünde klar benannt. Aufgrund der Feigheit und Begierde des Herodes sowie der Sturheit und Manipulation der Herodias musste Johannes seinen Kopf hinhalten. Auch die Tochter ist in eine Intrige hineingezogen worden und hat sich so an einem Mord mitschuldig gemacht.
Auch heute halten Menschen ihren Kopf dafür hin, dass sie gerade das sechste Gebot verteidigen. Wie sehr werden jene Geistliche von den Medien zerrissen, die den Geboten Gottes treu bleiben möchten, damit aber den gesellschaftlichen Konventionen die Stirn bieten. Wie viele Heilige wurden dafür hingerichtet, dass sie die Unauflöslichkeit der Ehe und die Monogamie verteidigt haben! Und es waren mehrere Heilige, die gerade Königen dieses Unrecht ins Gesicht gesagt haben. Neben Johannes dem Täufer hat auch Thomas Morus so sein Leben verloren, weil er König Henrys VIII ehebrecherisches Verhalten nicht unterstützen wollte. Er wurde genauso wie Johannes der Täufer enthauptet.
Bitten wir heute den Hl. Johannes, der als Scharnier zwischen dem Alten und Neuen Bund steht, um seine Fürsprache, dass auch wir das nötige Rückgrat haben und uns in jeder Situation zu Christus bekennen. Nur so werden auch wir in die ewige Herrlichkeit Gottes eingehen und die ewige Freude erlangen, die ihm nun zuteil wird.
Ihre Magstrauss
