Dienstag der 29. Woche im Jahreskreis

Eph 2,12-22; Ps 85,9-10.11-12.13-14; Lk 12,35-38

Eph 2
12 Zu jener Zeit wart ihr von Christus getrennt, der Gemeinde Israels fremd und von dem Bund der Verheißung ausgeschlossen; ihr hattet keine Hoffnung und lebtet ohne Gott in der Welt.

13 Jetzt aber seid ihr, die ihr einst in der Ferne wart, in Christus Jesus, nämlich durch sein Blut, in die Nähe gekommen.
14 Denn er ist unser Friede. Er vereinigte die beiden Teile und riss die trennende Wand der Feindschaft in seinem Fleisch nieder.
15 Er hob das Gesetz mit seinen Geboten und Forderungen auf, um die zwei in sich zu einem neuen Menschen zu machen. Er stiftete Frieden
16 und versöhnte die beiden durch das Kreuz mit Gott in einem einzigen Leib. Er hat in seiner Person die Feindschaft getötet.
17 Er kam und verkündete den Frieden: euch, den Fernen, und Frieden den Nahen.
18 Denn durch ihn haben wir beide in dem einen Geist Zugang zum Vater.
19 Ihr seid also jetzt nicht mehr Fremde und ohne Bürgerrecht, sondern Mitbürger der Heiligen und Hausgenossen Gottes.
20 Ihr seid auf das Fundament der Apostel und Propheten gebaut; der Eckstein ist Christus Jesus selbst.
21 In ihm wird der ganze Bau zusammengehalten und wächst zu einem heiligen Tempel im Herrn.
22 Durch ihn werdet auch ihr zu einer Wohnung Gottes im Geist miterbaut.

Als Lesung hören wir heute wieder einen Abschnitt aus dem Epheserbrief. Es geht um die Versöhnung von Juden und Heiden in Christus. Dies geschieht in der Taufe, die hier den größeren Argumentationskontext darstellt.
Als die Epheser noch keine Christen waren, waren sie „von Christus getrennt, der Gemeinde Israels fremd und von dem Bund der Verheißung ausgeschlossen“, denn sie waren ja Heiden. Die Judenchristen standen wenigstens in einem Bundesverhältnis mit ein und demselben Gott, bevor sie den Neuen Bund eingegangen sind. Die Heiden waren ganz ohne Hoffnung, da sie keine vorausgehende Beziehung zu diesem Gott hatten.
Sie waren „in der Ferne“, was nicht geographisch zu verstehen ist, sondern im Sinne einer Beziehung. Wie heilsam muss es gerade für die Heiden gewesen sein, als sie durch die Taufe, „in Christus Jesus, nämlich durch sein Blut“ das erste Mal in Beziehung mit Gott treten konnten! Endlich haben sie einen Frieden geschenkt bekommen, den die Welt nicht geben kann. Durch diesen Neuen Bund ist auch die Trennwand zwischen Juden und Heiden eingerissen, denn Christus ist für alle Menschen gestorben. Durch die Erlösungstat Jesu Christi ist „das Gesetz mit seinen Geboten und Forderungen“ aufgehoben worden. Das müssen wir unbedingt richtig verstehen, denn Paulus selbst hat natürlich die Zehn Gebote weiterhin gehalten etc. Was er meint, ist erstens die Torah, wie sie die Pharisäer und Schriftgelehrten verstanden haben, nicht wie Christus sie erfüllt hat. Zweitens bezieht er sich auf die Funktion der Rechtfertigung, denn einige Verse zuvor (wir haben es gestern gehört) hat er von der Gnade Gottes als Wirkung für die Rechtfertigung gesprochen (Vers 8 „Denn aus Gnade seid ihr durch den Glauben gerettet, nicht aus eigener Kraft – Gott hat es geschenkt“). In DIESEM Punkt hat Christus die Torah, die Paulus immer als „Gesetz“ bezeichnet aufgehoben – als Voraussetzung für die Rechtfertigung. Nach der Taufe muss man sie natürlich immer noch halten – aber in erfüllter Form, wie Christus es erklärt hat, und ohne die menschliche Verkomplizierung, die ursprünglich gar nicht gegeben war.
Christus hat bewirkt, dass beide – Juden und Heiden – „zu einem neuen Menschen“ gemacht wurden. Das bezieht sich auf die neue geistliche Schöpfung. Die gefallene Natur ist versöhnt und erneuert worden. In dieser neuen Familie Gottes herrscht der Friede Christi, der im sichtbaren Teil der Kirche auf Erden stets angegriffen wird vom Widersacher Gottes.
Juden und Heiden sind am Kreuz miteinander versöhnt und die Feindschaft getötet worden. Jesus kam als Auferstandener, um nicht nur den Juden den Frieden zu verkünden, sondern auch den Fernen, wie es Paulus hier sagt, also jene, die als Heiden zum Christentum gekommen sind.
Es ist der eine Hl. Geist, der beide Arten von Christen mit dem Vater vereint. Nun gibt es keinen Unterschied mehr dank der Taufe auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Hl. Geistes. Die Volkszugehörigkeit entscheidet nicht mehr über die Rechtfertigung vor Gott, sondern der Glaube an Gott. Das verteidigt Paulus mit seinem ganzen Leben und trägt schwere Konflikte mit radikalen Judenchristen aus, die behaupten, dass sie als Judenchristen einen Vorteil gegenüber der Heidenchristen besäßen. Ihre Beschneidung und ihr Torahgehorsam hat sie aber nicht erlöst. Wir hörten in den letzten Monaten immer wieder davon im Römer- und Galaterbrief.
Durch die Taufe sind die Angesprochenen „jetzt nicht mehr Fremde und ohne Bürgerrecht, sondern Mitbürger der Heiligen und Hausgenossen Gottes.“ Das heißt, dass sie nun der Gemeinschaft der Heiligen angehören, die ihren sichtbaren Teil auf Erden besitzt, ein unsichtbarer Teil aber kann sich schon „Hausgenosse Gottes“ nennen. Sie sind schon bei Gott. Sie haben sein Reich geerbt und das Erbe nach dem Tod bezogen. Sie sind Erben, weil sie durch die Taufe zu Kindern Gottes geworden sind und zu seiner Familie gehören. Ihr „Bürgerrecht“ ist kein irdisches mehr, sondern ein viel kostbareres: Es geht schließlich um das Bürgerrecht im Himmel, das nie vergeht. Und dieses erhalten sie schon bei der Taufe auf Erden, auch wenn es erst nach dem Tod zum Einsatz kommt. Die Getauften sind auch keine „Fremden“ im Himmelreich im Sinne von Ausländern. Vielmehr handelt es sich um ihre Heimat, in die sie nach dem Tod zurückkehren. Sakramental und ekklesiologisch wird dieses Heimatgefühl durch das Leben in der Kirche bereits spürbar.
Die Getauften werden dabei nicht ins Vakuum hineingetauft. Sie treffen hier auf das apostolische Fundament. Es ist wie ein Gebäude, dessen Eckstein Christus selbst ist, während die Apostel und Propheten das Fundament darstellen. Das ganze Gebäude wird von Christus zusammengehalten und befindet sich im Wachstum. Das können wir so verstehen, dass immer mehr Menschen der Kirche zugesellt werden. Die „lebendigen Steine“ werden immer zahlreicher, die Stockwerke immer höher. So wächst der Tempel des Herrn und im Herrn. Es ist sein Bau, deshalb „des“ Herrn. Zugleich ist er es, der alles zusammenhält, mit einem anderen Bild ausgedrückt, dessen Leib die Kirche ist. In dieser Hinsicht ist es der Tempel „im“ Herrn.
Christus ist es, der uns „zu einer Wohnung Gottes im Geist miterbaut.“ Das heißt, dass der Mensch „Kirche“ nicht selbst macht. Christus ist der Baumeister und sein Geist ist es, der alles belebt. Wir können uns als Menschen nicht einbilden, dass wir das selbst errichtet haben. Dann ist der Bau zum Einsturz vorprogrammiert.

Ps 85
9 Ich will hören, was Gott redet: Frieden verkündet der HERR seinem Volk und seinen Frommen, sie sollen sich nicht zur Torheit wenden.

10 Fürwahr, sein Heil ist denen nahe, die ihn fürchten, seine Herrlichkeit wohne in unserm Land.
11 Es begegnen einander Huld und Treue; Gerechtigkeit und Friede küssen sich.
12 Treue sprosst aus der Erde hervor; Gerechtigkeit blickt vom Himmel hernieder.
13 Ja, der HERR gibt Gutes und unser Land gibt seinen Ertrag.
14 Gerechtigkeit geht vor ihm her und bahnt den Weg seiner Schritte.

Als Antwort beten wir Psalm 85, der für die jüdische Liturgie bestimmt war. Es geht in diesen Versen um die Bitte um Gerechtigkeit.
„Ich will hören, was Gott redet“ ist ein Ausdruck der Bereitschaft des Beters. Gottes Willen anzuhören und nicht verstockt zu sein, ist eine wichtige Zusage an Gott. Es ist ein: „Rede HERR, dein Diener hört“ in Psalmensprache. Die Selbstaufforderung ist als Psalmenanfang ja häufig belegt. Gott verkündet seinem Volk den Frieden, das ist so eine große Verheißung, dass ihre Ablehnung eine einzige Torheit darstellt, einen absoluten Leichtsinn. Wer einen gesunden Menschenverstand besitzt, kann nur so reagieren. Wie kann man einen großen Schatz links liegen lassen und stattdessen im Kuhfladen herumstochern? Dieser Friede, der Schalom, ist Gottes Gabe, die hier noch als Gabe an das auserwählte Volk Israel verstanden wird. Bei Paulus weitet sich aber der Blick auf alle Menschen, die den Frieden Gottes in ihren Herzen willkommen heißen.
Im Folgenden hören wir von Heilsverheißungen: Huld und Treue begegnen einander. Das Begriffspaar wird üblicherweise auf Gott bezogen. Sie sind seine Eigenschaften. Ebenso kommen „Gerechtigkeit und Friede“ von Gott. Wenn hier bildlich-poetisch gesagt wird, dass sie sich küssen, meint das ihre Verbindung. Ich habe schon öfter erklärt, dass dem umfassenden Heil eine Gerichtsvollstreckung vorausgeht. Beides gehört zusammen. Gericht und Heil sind zwei Seiten einer Medaille. Der Friede des Gottesreiches kommt, nachdem alles Böse vernichtet und gerichtet worden ist. Es hat im Reich Gottes keinen Platz. Gottes Gerechtigkeit ist nicht als etwas Böses und Angsterfüllendes anzusehen, sondern als Erlösung von den Ungerechtigkeiten dieser Welt. Bedrohlich ist es nur für jene, die bis zum Schluss Gott abgelehnt haben. Diese erhalten dann ihre finale Abrechnung.
„Treue sprosst aus der Erde hervor“ ist eine wunderbare poetische Formulierung, die verdeutlicht: Egal, wie sehr nun alles in Trümmern liegt und zerstört ist – Gott ist dennoch treu und hält fest an dem Bund, den er mit seiner Braut geschlossen hat. Die Treue sprosst aus der Erde hervor, denn die Wurzeln sind trotz der Verwüstung intakt geblieben. Auch wenn die Bäume abgehauen worden sind (was ein Gerichtsbild ist, das auch Johannes der Täufer aufgreifen wird), wächst aufgrund der gebliebenen Wurzel ein neuer Baum hervor.
„Gerechtigkeit blickt vom Himmel hernieder“ ist wie bereits oben beschrieben keine bedrohliche Aussage, sondern ein tröstlicher Satz. Gott ist der Zustand auf Erden nicht egal. Er kümmert sich um seine Schöpfung und greift ein, wo Ungerechtigkeit herrscht. Er blickt vom Himmel herab, der sein „Wohnort“ ist, das heißt trotz seiner Existenz in der Ewigkeit sieht er alles, was im Diesseits geschieht. Das ist eine Aussage gegen deistische Konzepte.
Was von Gott kommt, ist immer gut. Auch das Gericht ist etwas Gutes, weil ohne es das umfassende Heil nicht kommen kann. Er gibt Gutes auch schon im Diesseits, indem er zum Beispiel für eine gute Ernte sorgt. Das ist Ausdruck seines Segens für die Menschen.
„Gerechtigkeit geht vor ihm her und bahnt den Weg seiner Schritte.“ Wie mehrfach gesagt kann Gott erst unter den Menschen wohnen im Himmlischen Jerusalem, wenn seine Gerechtigkeit alles Böse vernichtet, die gefallene Schöpfung komplett auf Null gebracht und eine neue Schöpfung hervorgebracht hat. Weil Gott der Gute ist, kann nichts Böses in seiner Gegenwart bestehen.
Für uns bedeutet diese Aussage ganz konkret: Der ganze Zustand in unserer Welt muss erst immer schlimmer werden, weil es wie die Geburtswehen ist, die dem Glück des geborenen Kindes vorausgehen. Diese werden auch immer stärker, bis das Kind endlich kommt. Es ist für uns in dieser Welt also sehr schmerzhaft und wird immer schlimmer, aber wir wissen, dass mit zunehmender Drastik das Kommen unseres Herrn immer näherrückt. Und sein Erbe, der Hl. Geist, trägt uns in diesen letzten Tagen hindurch. Darum wird es auch im Evangelium gehen:

Lk 12
35 Eure Hüften sollen gegürtet sein und eure Lampen brennen!

36 Seid wie Menschen, die auf ihren Herrn warten, der von einer Hochzeit zurückkehrt, damit sie ihm sogleich öffnen, wenn er kommt und anklopft!
37 Selig die Knechte, die der Herr wach findet, wenn er kommt! Amen, ich sage euch: Er wird sich gürten, sie am Tisch Platz nehmen lassen und sie der Reihe nach bedienen.
38 Und kommt er erst in der zweiten oder dritten Nachtwache und findet sie wach – selig sind sie.

Im Evangelium hören wir heute einen endzeitlichen Abschnitt. Jesus bringt ein Gleichnis an, das das Ende der Welt umschreibt und vor allem die Wachsamkeit aufgrund des unbekannten Datums verdeutlicht.
Zu Beginn bringt er zwei wichtige Bilder an: Seine Jünger sollen stets gegürtete Hüften und brennende Lampen haben. Gegürtet sein bedeutet einerseits, in den Krieg zu ziehen, zum Krieg gerüstet zu sein, andererseits bereit zur Reise zu sein, wie die Israeliten in der Nacht vor dem Exodus. Sie sollen also stets in dem Bewusstsein leben, dass sie geistlichen Anfechtungen ausgesetzt sind, durch die der Satan sie von Gott wegführen will. Zudem sollen sie stets bereit sein, als pilgerndes Gottesvolk unterwegs in die Ewigkeit zu sein. Das heißt auch, dass sie immer genug Reiseproviant dabei haben sollen, um unterwegs nicht zu verhungern und zu verdursten. Das sind die Heilsmittel der Kirche, die Eucharistie, das Himmelsbrot, und der Hl. Geist, das lebendige Wasser.
Sodann führt Jesus das Bild der Hochzeit an, das er sehr oft verwendet: Diese letzten Tage vor dem Ende der Welt sind wie das Warten von Menschen auf ihren Hausherrn, der von einer Hochzeit irgendwann zurückkehrt. Sie sollen wachsam sein und nicht einschlafen, um ihm aufmachen zu können. Es ist Christus selbst, der wiederkommen wird – aber dann der Bräutigam selbst ist! Mit ihm wird die Hochzeit erst losgehen. Und in der Johannesoffenbarung klopft er tatsächlich an und wartet auf Einlass. Das Ende der Welt ist nahe!
Und wenn die Knechte wach sind, wenn der Herr wiederkommt, dann können sie sich selig preisen. Wodurch können sie denn im schlafenden Zustand sein? Der Weltrausch ist es, der sie trunken macht, die „Begierden des Fleisches“, wie es Paulus gestern formuliert hat, bringen den Menschen von seiner Wachsamkeit und Nüchternheit ab. Wenn wir der Welt folgen, dann verlieren wir diese Wachsamkeit, diesen Blick auf die Welt mit Gottes Augen. Wir fragen dann nicht mehr danach, was Gottes Wille ist, wir erkennen die Angriffe des Bösen, die Versuchungen des Teufels nicht mehr, sondern erliegen ihnen. Wer bis zum Schluss wachsam ist, ist kritisch gegenüber der antichristlichen Entwicklungen unserer Zeit, schwimmt gegen den Strom der Sünde und Weltlichkeit, bleibt standhaft, auch wenn er alleine dasteht. Es ist schmerzhaft und wird immer schlimmer, je weiter die Welt sich von Gott entfernt, aber wer bis zur Wiederkunft Christi durchhält, wird mit der Ewigkeit des Himmels belohnt! Deshalb preist Jesus diese Knechte selig.
Es wird ein Festmahl sein, bei dem Jesus selbst sich gürten und die Gäste nacheinander bedienen wird und das auf ewig! Das vorübergehende Leid der letzten Tage wird vergessen sein.
Und wenn es auch so sein sollte, dass der Hausherr erst nach längerer Zeit wiederkommen sollte, was die zweite oder dritte Nachtwache meint: Die Knechte sollen solange wach bleiben.
Für uns bedeutet das also konkret, dass wir Gottes Willen zu jeder Zeit und in jeder Situation vor Augen haben sollen, ihn treu erfüllen sollen und uns stets mit ganzer Kraft bemühen sollen. Der Geist Gottes, der in uns wohnt, stattet uns dabei immer mit seiner Gnade aus, damit wir wach bleiben.

Ihre Magstrauss

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