Samstag der 30. Woche im Jahreskreis

Phil 1,18b-26; Ps 42,2-3a.3bu. 5; Lk 14,1.7-11

Phil 1
18 Auf jede Weise, ob vorgetäuscht oder in Wahrheit, wird Christus verkündet und darüber freue ich mich. Doch ich werde mich auch weiterhin freuen;

19 denn ich weiß: Das wird zu meiner Rettung führen durch euer Gebet und durch die Hilfe des Geistes Jesu Christi.
20 Denn ich erwarte und hoffe, dass ich in keiner Hinsicht beschämt werde, dass vielmehr Christus in aller Öffentlichkeit – wie immer, so auch jetzt – verherrlicht werden wird in meinem Leibe, ob ich lebe oder sterbe.
21 Denn für mich ist Christus das Leben und Sterben Gewinn.
22 Wenn ich aber weiterleben soll, bedeutet das für mich fruchtbares Wirken. Was soll ich wählen? Ich weiß es nicht.
23 Bedrängt werde ich von beiden Seiten: Ich habe das Verlangen, aufzubrechen und bei Christus zu sein – um wie viel besser wäre das!
24 Aber euretwegen ist es notwendiger, dass ich am Leben bleibe.
25 Im Vertrauen darauf weiß ich, dass ich bleiben und bei euch allen verbleiben werde, um euch im Glauben zu fördern und zu erfreuen,
26 damit ihr euch in Christus Jesus umso mehr meiner rühmen könnt, wenn ich wieder zu euch komme.

In der Lesung hören wir heute wieder aus dem Philipperbrief. Wie gestern erwähnt ist es der persönlichste Brief des Paulus. Direkt im Anschluss an das Proömium, das in lobpreisender Weise geschrieben ist, erfolgt der heutige Abschnitt, in dem es um die Verkündigung des Evangeliums durch Paulus geht, der trotz oder gerade wegen seines Gefängnisaufenthaltes so erfolgreich dabei war und ist. Auf diesen Umwegen möchte Gott seine große Gnade vielen Menschen zuteilwerden. In den vorausgehenden Versen erklärt er zum Beispiel, dass durch seine Gefangennahme viele andere Christen ermutigt worden sind, tapferer und kühner für das Evangelium einzustehen. Er unterscheidet dabei, dass es durchaus auch Verkünder des Evangeliums gibt, die aus unlauterer Absicht verkünden, nämlich aus Neid und Streitsucht (Vers 15), aber eben auch jene, die aus Liebe zu Christus sein Wort in die Welt hinaustragen. Daran schließt der heutige Abschnitt an.
Wie auch immer jemand Christus verkündet – er wird verkündet und das ist ein Grund zur Freude. Und wenn er auch im Gefängnis sitzt, verliert er den inneren Frieden nicht. Er ist davon überzeugt, dass durch die Fürbitte der „Heiligen“ (gemeint sind die getauften Christen in den Gemeinden) und den Geist Gottes er aus der Gefangenschaft gerettet werde.
Paulus lebt in der Erwartung, dass Christus in seinem Leibe verherrlicht werde, tot oder lebendig. Er sitzt im Gefängnis. In seinem Leiden ist er Christus sehr nahe. Gott nahe sind auch wir ganz besonders im Leiden. Denn Christus hat alles durchgemacht, was wir Menschen durchmachen. Er hat alles gesühnt und so können wir unser gesamtes Leiden mit seinem vereinen. So wird er gleichsam verherrlicht in unserem eigenen Leiden.
Christus ist der Jackpot für Paulus. Und selbst wenn er für den Glauben sterben sollte – die Vollstreckung des Urteils in Rom ist ja ungewiss – ist das kein Verlust, sondern Gewinn für ihn. Er weiß, dass ihm der Kranz des ewigen Lebens geschenkt wird, wenn er sein Leben für Christus hingibt. Und wenn er dennoch freigelassen werden sollte, dann würde er weiter fruchtbar wirken. Das hat er in seinem Leben durch die vielen Missionsreisen und die gesamte Heidenmission getan. Er weiß nicht, was passieren wird, aber er überlässt es der Vorsehung Gottes. Seine Einstellung ist: „Ich habe nichts zu verlieren. Wo auch immer ich hinkomme, habe ich Christus und er ist mein Hauptgewinn.“
Er fühlt sich dennoch von beidem bedrängt, das heißt mal hat er die Sehnsucht, weiter zu missionieren, manchmal aber hat er die Sehnsucht, „aufzubrechen und bei Christus zu sein“. Den Gemeinden zuliebe sollte er aber noch weiterleben und missionieren.
Was auch immer mit ihm geschieht: Die Philipper sollen dem Evangelium Jesu Christi gemäß leben.
Paulus zeigt uns, wie es aussieht, das eigene Leben ganz in Gottes Hände zu übergeben. Kommt es so oder anders – alles soll man als den Willen Gottes annehmen.

Ps 42
2 Wie der Hirsch lechzt nach frischem Wasser, so lechzt meine Seele, nach dir, Gott.

3 Meine Seele dürstet nach Gott, nach dem lebendigen Gott. Wann darf ich kommen und erscheinen vor Gottes Angesicht?
5 Ich denke daran und schütte vor mir meine Seele aus: Ich will in einer Schar einherziehn. Ich will in ihr zum Haus Gottes schreiten, im Schall von Jubel und Dank in festlich wogender Menge.

Der Psalm reflektiert das lebendige Wasser des Hl. Geistes, der die Liebesglut Gottes ist. Er ist es, den unsere Seele so sehnlichst erwartet und der sie tränkt. Wie ein Hirsch nach frischem Wasser lechzt, so dürstet die Seele des Menschen nach Gott. Wir sind Abbild Gottes und sehnen uns immer nach unserem Schöpfer. Wir sind dazu geschaffen, ganz mit ihm in einer Liebesgemeinschaft zu sein. Und deshalb sucht der Mensch Gott immer bewusst oder unbewusst in seinem Leben. Und auch Gott wirbt lebenslänglich nach dem Menschen, er ruft und er zieht ihn. Paulus hat immer nach dem Geist Gottes in seinem Leben gelechzt wie ein Hirsch. Ohne diesen von Christus versprochenen Beistand hätte er die ganzen Strapazen nie ausgehalten. Ohne diesen Geist Gottes hätte er den inneren Frieden nicht so behalten, den wir in der Lesung bezeugt haben. Wir sind wirklich ganz auf den Hl. Geist, das lebendige Wasser, angewiesen, wenn wir Christus nachfolgen wollen.
„Meine Seele dürstet nach Gott, nach dem lebendigen Gott.“ Das ist eine absolute Entsprechung zum lebendigen Wasser, das wir trinken sollen. „Wann darf ich kommen und erscheinen vor Gottes Angesicht?“ – das ist besonders schmerzhaft zu beten bzw. sehr aktuell, wenn wir an die ganze Corona-Zeit denken. Gottes Angesicht schauen zu dürfen, ist eine Sehnsucht, die der Mensch immer hat, auch wenn er es nicht merkt. Es kann moralisch auf den Stand der Gnade bezogen werden. Wir beziehen es auf die Wiederkunft Christi, dessen Angesicht wir angesichts der immer schlimmer werdenden Welt ersehnen. Wir beziehen es auf die Sehnsucht nach der Eucharistie, in der wir das Angesicht Gottes verborgen schauen dürfen durch den Schleier des Sakraments.
Die Seele vor sich auszuschütten, ist ein Ausdruck der Überwältigung. In der früheren Übersetzung hieß es: „Mein Herz geht mir über, wenn ich daran denke“. Es geht um überwältigende Emotionen. Zuvor ist die schmerzliche Sehnsucht nach Gottes Gegenwart thematisiert worden und im heute nicht verlesenen Vers 4 geht es um die Tränen als tägliches Brot. Überwältigend ist also die Sehnsucht, die nicht enden will und deshalb will der Beter seine Seele ganz ausschütten. Denn er denkt an die Zeiten der Pilgerfeste zurück, als dies noch möglich war. Wir können uns zurzeit wirklich gut damit identifizieren, da auch wir an die unbeschwerten Zeiten des kirchlichen Lebens denken, an die großen Feste im Kirchenjahr, die vollen Bänke, den schallenden Gesang. Man muss Vers 5 im Originaltext lesen, da die Übersetzung an der Stelle etwas verwirrend ist. Sie wird hier als Selbstaufforderung übersetzt. Im Hebräischen wird durch Partizipialformen verdeutlicht, dass es eine anhaltende oder wiederkehrende Tätigkeit ist, deren Zeitform aber nicht festgelegt ist. Es kann also entweder im Präsens übersetzt werden oder rückwirkend in der Vergangenheit betrachtet werden.
Wie auch immer es gemeint ist: Die Sehnsucht ist da, wenn es zurzeit nicht möglich ist oder die Zeit nicht gekommen ist. Wir sehen zum Beispiel auch den sehnsuchtsvollen Paulus in Gefangenschaft vor uns. Wie sehr sehnt er sich danach, noch weiter das Evangelium Jesu Christi zu verkünden! Wie sehr sehnt er sich nach den Gottesdiensten in den verschiedenen Gemeinden, nach den Pfingstereignissen, den wunderbaren Bekehrungen und den schönen Gemeinschaften mit Gleichgesinnten. Ihm geht bestimmt das Herz über, wenn er daran zurückdenkt. Und doch weiß er, dass alles so ist, wie Gott es will. Er verliert seinen inneren Frieden nicht.

Lk 14
1 Und es geschah: Jesus kam an einem Sabbat in das Haus eines führenden Pharisäers zum Essen. Da beobachtete man ihn genau.
7 Als er bemerkte, wie sich die Gäste die Ehrenplätze aussuchten, erzählte er ihnen ein Gleichnis. Er sagte zu ihnen:

8 Wenn du von jemandem zu einer Hochzeit eingeladen bist, nimm nicht den Ehrenplatz ein! Denn es könnte ein anderer von ihm eingeladen sein, der vornehmer ist als du,
9 und dann würde der Gastgeber, der dich und ihn eingeladen hat, kommen und zu dir sagen: Mach diesem hier Platz! Du aber wärst beschämt und müsstest den untersten Platz einnehmen.
10 Vielmehr, wenn du eingeladen bist, geh hin und nimm den untersten Platz ein, damit dein Gastgeber zu dir kommt und sagt: Mein Freund, rück weiter hinauf! Das wird für dich eine Ehre sein vor allen anderen Gästen.
11 Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, und wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden.

Heute hören wir im Evangelium wieder von einer Episode im Haus eines Pharisäers. Jesus ist eingeladen worden und mal wieder wird er ganz genau beobachtet. Man merkt also auch hier wieder, dass die Einladungen anscheinend öfter aus unlauteren Absichten gemacht worden sind…
Jesus fällt auf, wie die eintreffenden Gäste sich die Ehrenplätze aussuchen. Dies nimmt er zum Anlass, ein Gleichnis zu erzählen:
Wenn man zu einer Hochzeit eingeladen wird, sollte man nicht automatisch den Ehrenplatz einnehmen. Denn es kann ja sein, dass ein anderer Gast kommt, der noch vornehmer ist, und man ihm den Platz geben muss. Das wird eine große Demütigung und man muss den untersten Platz einnehmen. Wenn man eingeladen wird, soll man dagegen sofort den untersten Platz einnehmen. Denn dann wird der Gastgeber kommen und ihm einen höheren Platz zuweisen. Das wird dann eine Ehre vor den anderen Gästen darstellen. Jesus erzählt dies, um die Haltung dahinter herauszustellen, mit der er seine Wort auch abschließt: „Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, und wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden.“ Es geht um Demut und Hochmut. Die Gäste des Pharisäers kommen mit einer sehr hochmütigen Haltung daher, denn sie gehen davon aus, die verehrtesten Gäste zu sein. Der Pharisäer wird sie vielleicht nicht „degradieren“, aber mit ihrer allgemeinen Haltung wird Gott selbst ihnen irgendwann den richtigen Platz zuweisen. Das wird für sie eine große Demütigung werden. Hochmut kommt vor dem Fall.
Wer dagegen mit einer demütigen Haltung durchs Leben geht, sich nicht besser als die anderen hält, wird von Gott erhöht werden – und das schon in diesem Leben durch unverhoffte Ereignisse, Segen, Gebetserhörungen. Umso mehr wird dieser Mensch dann im Gottesreich erhöht werden! Beim himmlischen Hochzeitsmahl wird dieser Mensch dann sehr weit aufrücken dürfen.
Es geht Jesus also nicht nur um die Platzwahl der eingeladenen Gäste, sondern um ihre allgemeine Haltung. Er spricht diese Worte auch zu uns heute. Halten wir uns für besonders wichtig? Gehen wir in uns und erforschen unser Gewissen, wo in uns noch ein narzisstischer Fleck zu sehen ist. Mithilfe der Gnade Gottes werden wir auch diese Elemente nach und nach ablegen, bis wir demütig werden wie Christus. Er ist ganz erniedrigt worden im Kreuzestod. Aber genau deshalb ist er über alle anderen erhöht worden. Was Jesus hier den Gästen erklärt, hat er selbst ganz umgesetzt.
Paulus ist sehr demütig gewesen, er hat sich stets als den geringsten der Apostel verstanden, weil er die Christen zuerst verfolgt hat. Das hat er nie vergessen und Gott stets um dessen Gnade gebeten. Er hat zeitlebens verstanden, dass er ganz auf ihn angewiesen ist. Auch König David war so ein Mensch. Er hat als König der zwölf Stämme eben jene Haltung eingenommen, die Christus hier erklärt: Er hat sich automatisch auf den letzten Platz gesetzt.

Gebe der Herr uns die Gnade, auch so demütig zu sein, das heißt frei von dem Drang, unbedingt die besten Plätze zu erhalten, möglichst gut dazustehen in unserer Gesellschaft. Mit dieser inneren Freiheit kann auch der Friede Christi einziehen, der Paulus in der römischen Gefangenschaft vor der Verzweiflung bewahrt hat.

Ihre Magstrauss

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