Mal 3,1-4.23-24; Ps 25,4-5.8-10.14; Lk 1,57-66
Mal 3
1 Seht, ich sende meinen Boten; er soll den Weg für mich bahnen. Dann kommt plötzlich zu seinem Tempel der Herr, den ihr sucht, und der Bote des Bundes, den ihr herbeiwünscht. Seht, er kommt!, spricht der HERR der Heerscharen.
2 Doch wer erträgt den Tag, an dem er kommt? Wer kann bestehen, wenn er erscheint? Denn er ist wie das Feuer des Schmelzers und wie die Lauge der Walker.
3 Er setzt sich, um das Silber zu schmelzen und zu reinigen: Er reinigt die Söhne Levis, er läutert sie wie Gold und Silber. Dann werden sie dem HERRN die richtigen Opfer darbringen.
4 Und dem HERRN wird das Opfer Judas und Jerusalems angenehm sein wie in den Tagen der Vorzeit, wie in längst vergangenen Jahren.
23 Bevor aber der Tag des HERRN kommt, der große und furchtbare Tag, seht, da sende ich zu euch den Propheten Elija.
24 Er wird das Herz der Väter wieder den Söhnen zuwenden und das Herz der Söhne ihren Vätern, damit ich nicht komme und das Land schlage mit Bann.
Die Verheißung des Propheten Maleachi (auf deutsch „mein Bote“), das den Abschluss des AT bildet, weist auf den unmittelbaren Vorläufer Jesu hin – Johannes den Täufer. Er ist es, der den Weg für den Messias bahnt.
Wenn wir lesen „dann kommt plötzlich“, ist das für uns mehrdeutig zu verstehen und legt zugrunde, was Jesus später sagen wird: Sein Kommen ist unerwartet – auch gerade zeitlich. Keiner weiß, wann er wirklich kommt. Und dies beziehen wir nicht nur auf das erste Kommen des Messias bei seiner Menschwerdung. Wir lesen hier besonders das zweite Kommen Jesu, über das er selbst sagte, dass wir den Zeitpunkt nicht kennen. Aus diesem Grund müssen wir jederzeit dafür bereit sein.
Interessant ist auch die Rede vom plötzlichen Kommen in den Tempel. Dies lesen wir mehrdimensional: Gott kommt in seinen Tempel, d.h. seine Herrlichkeit wohnt wieder im Tempel, der nach der Zerstörung durch die Babylonier wieder aufgebaut wird unter Aufsicht des Statthalters Serubabbel, der Enkel Jojachins von Juda. Wir denken aber auch einen Tag vor Heiligabend an das Kommen Gottes in den Tempel durch seine Menschwerdung im Mutterleib Mariens. Sie ist somit der Tempel, in dem Gott Wohnung nimmt! Wir lesen es weiter als eucharistischen Einzug Gottes in jeder Hl. Messe und im Allerheiligsten in jeder Kirche. Gott wird auch Wohnung nehmen am Ende der Zeiten, wenn das himmlische Jerusalem von oben her auf die neue Schöpfung herabkommt. Dann wird Gott „in ihrer Mitte wohnen“ (Offb 21,3).
Der „Bote des Bundes“ könnte einerseits auf Johannes den Täufer verweisen, der sozusagen zwischen den Bünden steht. Andererseits denken wir ganz im wörtlichen Sinn des Wortes מַלְאַךְ mal’ach an einen Engel, der als Bote fungiert. Uns geht auf, dass hier der Erzengel Gabriel angedeutet wird! Dieser Engel eröffnet dem Tempel des Messias, der Jungfrau von Nazaret, den Heilsplan Gottes, dem sie voller Glauben zustimmt. Daraufhin kann Gottes Herrlichkeit in ihr Wohnung nehmen.
Wenn Gott vor allem zum zweiten Mal kommt, d.h. bei der Wiederkunft Christi, wird es ein universales Gericht geben. Er wird in seiner ganzen Herrlichkeit, in dem Feuer seiner Liebe kommen und überall, wo an uns „brennbares Material“ ist, wird es verbrennen. Deshalb wird hier die rhetorische Frage gestellt: „Wer kann bestehen, wenn er erscheint?“
Sein brennendes Feuer wird mit vertrauten Bildern verglichen, mit denen die ersten Adressaten dieser Prophetie etwas anfangen konnten: Mit dem Walken und Schmelzen. Diese Bilder verdeutlichen, dass Gott mit seinem Feuer nicht zerstören will, sondern einen anderen Zustand des Ausgangsmaterials erreichen will. Deshalb heißt es auch im Anschluss, dass Gott die Stämme reinigen und läutern will. Hätte das Gold oder Silber, mit dem die Stämme verglichen werden, Gefühle, würde es in dem Prozess Schmerzen erleiden. Aber am Ende ist es edel und rein. Das ist auch die Funktion der Gerichtsrede des Täufers und später des Messias. Sie sagen Dinge, die nicht allen passen. Es tut weh, aber es ist ein seelischer Reinigungsprozess. Gott möchte aus uns reines Gold oder um ein anderes Bild zu nennen – geschliffene Diamanten aus einem Stück Kohle machen. Bis dahin ist es manchmal ein schmerzhafter Prozess. Das betrifft auch unser eigenes Leben. Gott lässt manchmal Dinge zu, die wir nicht verstehen und unter denen wir leiden. Aber wenn wir sie durchgehalten haben, werden wir gestärkt und gereinigt daraus hervorgehen. Dasselbe muss die Kirche als die Braut Christi immer wieder durchlaufen. Als mystischer Leib ist sie heilig und doch gibt es in ihr immer wieder schwarze Schafe. Die Braut muss bereit für ihren Mann geschmückt sein, wenn die Hochzeit des Lammes kommt. Deshalb lässt Gott auch hier zu, dass es immer wieder zu schmerzhaften Situationen kommt. Diese haben aber ihre Reinigung und Läuterung zum Ziel, weshalb wir nicht verzweifeln müssen. Am Ende unseres Lebens und am Ende der Zeiten werden wir vor Gottes Angesicht stehen. Wir werden diesem brennenden Feuer ausgeliefert sein, das in uns dort Feuer fängt, was noch nicht reines Gold ist. Das wird uns dann schmerzen und das nennt die Kirche Fegefeuer. Im himmlischen Jerusalem kann nur reines Gold bestehen, weil Gott, der wie brennendes Feuer ist, nämlich die Liebe, hier wohnt. Deshalb werden wir auch dort noch leiden, bis wir ganz in seiner Liebe leben können. Aber auch dort können wir gewiss sein, dass wir bei ihm sein werden.
Und wenn wir gereinigt sind wie hier durch den Stamm Levi ausgesagt, dann werden wir Gott die richtigen Opfer darbringen. Das ist wiederum mehrfach zu verstehen: Der Stamm Levi, der Priesterstamm, muss kultisch rein sein, um Gott Opfer darbringen zu können. Die Kirche sieht das Sakrament der Versöhnung vor, damit wir moralisch rein sind für das Messopfer und den Empfang der Kommunion. Wir müssen rein sein auch am Ende unseres Lebens, damit wir an der himmlischen Liturgie teilnehmen können, also im Himmel sein können. Dann wird Gott dieses Opfer gefallen – interessant, wie hier nun der Stamm Juda genannt wird. Aus diesem geht nämlich Jesus hervor, der das endgültige Opfer für alle Zeiten vollbringen wird!
Wenn dann die Rede von Elija unmittelbar vor dem großen und furchtbaren Tag ist, haben wir hier erneut einen Code, der auf Johannes den Täufer verweist. Er ist der wiederkehrende Elija. Gemeint ist, dass er in derselben Kraft auftritt wie der Prophet des AT.
Johannes hat wirklich die Menschen zur Versöhnung gebracht („das Herz der Väter wieder den Söhnen“ zugewandt und umgekehrt). Er hat die Menschen zur Buße und Umkehr aufgerufen, damit sie gereinigt würden in ihrem Herzen und dem Kommen des Herrn entgegen gehen konnten. Er hat viele vor dem Bann Gottes bewahrt – das heißt vor der Hölle.
Ps 25
4 Zeige mir, HERR, deine Wege, lehre mich deine Pfade!
5 Führe mich in deiner Treue und lehre mich; denn du bist der Gott meines Heils. Auf dich hoffe ich den ganzen Tag.
8 Der HERR ist gut und redlich, darum weist er Sünder auf den rechten Weg.
9 Die Armen leitet er nach seinem Recht, die Armen lehrt er seinen Weg.
10 Alle Pfade des HERRN sind Huld und Treue denen, die seinen Bund und seine Zeugnisse wahren.
Der kurze Ausschnitt aus dem Psalm heute ist eine Bitte um die rechte (moralische) Unterweisung und um Erkenntnis des Heilsplans Gottes.
Die Bitten des Psalms sind für uns alle eine wunderbare Vorlage: Wenn wir von unserer Seite aus unsere eigene Läuterung unterstützen und weitere Verunreinigungen vermeiden möchten, dann müssen wir aktiv darum bitten, dass Gott uns seinen Willen zeigt. Denn das Tun seines Willens ist der richtige Weg zu unserem möglichst unverfälschten „Goldmaterial.“
Gott zeigt uns seinen Willen und führt die vom Weg abgekommenen Sünder wieder zurück. Er möchte, dass keines seiner Kinder verloren geht. Uns geht es gut, wenn wir auf seinem Weg bleiben.
„Auf dich hoffe ich den ganzen Tag“ ist wiederum eine Andeutung messianischer Hoffnung, ebenso die Bemerkung „Gott meines Heils“ (אֱלֹהֵי יִשְׁעִי elohej jisch’i). Für das Heil Gottes wird wie immer dieselbe hebräische Wurzel gewählt wie im Namen Jesu.
Auf Gott hofft das unterdrückte Volk Israel insbesondere in Zeiten der Bedrängnis. Je schlimmer die Zeiten, desto stärker ist die messianische Hoffnung. Auf Gott hoffen auch wir den ganzen Tag und vor allem in Zeiten der Versuchung. Die Kirche hofft auf den Herrn den ganzen Tag insbesondere heutzutage, da die Christenverfolgungen einen Höhepunkt erreichen. Die ganze Welt hofft auf Erlösung von all den Leiden, dem Unrecht, dem Bösen.
Lk 1
57 Für Elisabet aber erfüllte sich die Zeit, dass sie gebären sollte, und sie brachte einen Sohn zur Welt.
58 Ihre Nachbarn und Verwandten hörten, welch großes Erbarmen der Herr ihr erwiesen hatte, und freuten sich mit ihr.
59 Und es geschah: Am achten Tag kamen sie zur Beschneidung des Kindes und sie wollten ihm den Namen seines Vaters Zacharias geben.
60 Seine Mutter aber widersprach und sagte: Nein, sondern er soll Johannes heißen.
61 Sie antworteten ihr: Es gibt doch niemanden in deiner Verwandtschaft, der so heißt.
62 Da fragten sie seinen Vater durch Zeichen, welchen Namen das Kind haben solle.
63 Er verlangte ein Schreibtäfelchen und schrieb darauf: Johannes ist sein Name. Und alle staunten.
64 Im gleichen Augenblick konnte er Mund und Zunge wieder gebrauchen und er redete und pries Gott.
65 Und alle ihre Nachbarn gerieten in Furcht und man sprach von all diesen Dingen im ganzen Bergland von Judäa.
66 Alle, die davon hörten, nahmen es sich zu Herzen und sagten: Was wird wohl aus diesem Kind werden? Denn die Hand des Herrn war mit ihm.
Wir haben in den letzten Wochen die Vorgeschichten der Geburten Johannes‘ des Täufers und Jesu gehört. Heute ist es soweit. Johannes wird geboren. Wie vom Erzengel Gabriel angekündigt bringt der Sohn insbesondere Elisabet große Freude und viele freuen sich zusammen mit ihr. Dies wird so explizit genannt, weil sie lange keine Kinder bekommen konnte. Im Judentum war mit Kinderreichtum der Segen Gottes verbunden. Kinderlosigkeit wurde dagegen als Fluch und Gottesferne verstanden. Dass Elisabet so unerwartet Mutter geworden und auch noch einen Sohn geboren hat (durch den das Blut der Familie weitergegeben wird), wird als Erbarmen Gottes interpretiert.
Nach jüdischem Gesetz wird das Kind am achten Tag beschnitten und benannt. Es wird wie so oft erwartet, dass das Kind nach dem Vater benannt wird, doch dieser setzt den Willen Gottes um, der ihm einen anderen Namen sagen ließ: Der Junge soll Johannes heißen, obwohl kein anderer in der Verwandtschaft so heißt. Warum soll das Kind so heißen? Der Name bedeutet „Gott ist gnädig“. Gott hat sich Zacharias und Elisabet barmherzig angenommen und diese Aussage wird auch zum Programm der Bußpredigt des Täufers. Weil Gott eben barmherzig ist, gibt er uns die Chance, umzukehren. Und diese Umkehr bildet den Kern seiner Verkündigung.
Zacharias kann in dem Moment wieder sprechen, als er Gottes Willen gehorsam annimmt. Während Maria beim Engelsbesuch von Anfang an den Willen angenommen hat, wird dies in Zacharias‘ Fall verspätet nachgeholt. Dass er zuvor mit Stummheit geschlagen worden war, ist nicht einfach eine sadistische Strafe Gottes, der von ihm Kadavergehorsam gefordert hatte. Gott wollte an diesem Priester seine Herrlichkeit erweisen und dies als Zeichen für die Umstehenden erwirken lassen. Wir lesen, dass sein Zeichenhandeln eine nachhaltige Wirkung erzielt hat. Die Menschen reden im ganzen Bergland von Judäa davon.
Gott hat die Menschen auch schon auf den Täufer vorbereitet. Sie sind schon Zeugen des wundersamen Anfangs des Kindes geworden. Umso besser werden sie seine Verkündigung einige Jahrzehnte später verstehen.
Was Maleachi mit der Läuterung der Söhne Levis angedeutet hat, ist uns durch das Evangelium deutlich geworden: An Zacharias war nicht alles gold, sodass Gott ihn läutern musste. Er schlug den Mann mit Stummheit, damit er seine Lektion lernte.
Nutzen wir die letzten Stunden vor Weihnachten, um von uns aus zu tun, was wir zur Reinigung unserer Seele tun können. Richten wir uns aus auf das Kommen des Jesuskindes, damit es in unseren Herzen Platz findet.
Ihre Magstrauss