1 Joh 1,5-2,2; Ps 124,2-5.7-8; Mt 2,13-18
1 Joh 1-2
5 Das ist die Botschaft, die wir von ihm gehört haben und euch verkünden: Gott ist Licht und keine Finsternis ist in ihm.
6 Wenn wir sagen, dass wir Gemeinschaft mit ihm haben und doch in der Finsternis wandeln, lügen wir und tun nicht die Wahrheit.
7 Wenn wir im Licht wandeln, wie er im Licht ist, haben wir Gemeinschaft miteinander und das Blut seines Sohnes Jesus reinigt uns von aller Sünde.
8 Wenn wir sagen, dass wir keine Sünde haben, führen wir uns selbst in die Irre und die Wahrheit ist nicht in uns.
9 Wenn wir unsere Sünden bekennen, ist er treu und gerecht; er vergibt uns die Sünden und reinigt uns von allem Unrecht.
10 Wenn wir sagen, dass wir nicht gesündigt haben, machen wir ihn zum Lügner und sein Wort ist nicht in uns.
1 Meine Kinder, ich schreibe euch dies, damit ihr nicht sündigt. Wenn aber einer sündigt, haben wir einen Beistand beim Vater: Jesus Christus, den Gerechten.
2 Er ist die Sühne für unsere Sünden, aber nicht nur für unsere Sünden, sondern auch für die der ganzen Welt.
In den johanneischen Schriften wird im Kontext von Gott oft die Lichtmetaphorik verwendet. Gott ist Licht und keine Finsternis ist in ihm. Mit dem Gegensatz „Licht“ – „Finsternis“ drückt Johannes aus, dass Gott nur Liebe ist. Nichts Böses ist in ihm.
Die Konsequenz davon ist auch auf uns Menschen zu beziehen: Wir können nicht Gemeinschaft mit dem Licht haben und selber in uns Finsternis haben. Das heißt, dass wir nicht zugleich in Todsünde leben (Finsternis) und im Stand der Gnade sein können (Gemeinschaft mit ihm). Wer das behauptet, belügt sich selbst.
Wir können nur Gemeinschaft haben, wenn wir „im Licht wandeln“ wie Gott. Das Wandeln ist ein Ausdruck für den Lebenswandel und somit ein moralischer Begriff. Wenn wir uns mit ganzer Kraft bemühen, auf dem Weg Gottes zu bleiben, d.h. seine Gebote halten, dann wandeln wir im Licht und Jesus reinigt uns von unseren Sünden. Dass überhaupt von Sünde die Rede ist, macht die ganze Rede so realistisch. Niemand sagt, dass wir ohne Sünde sind, nur weil wir uns bemühen, im Licht zu wandeln. Wir fallen trotzdem. Wenn wir aber aufstehen, d.h. umkehren und weitergehen, dann zeigen wir unsere Aufrichtigkeit und Gott vergibt uns unsere Sünden.
Diese Aufrichtigkeit zeigen wir vor allem daran, dass wir unsere Sünden bekennen (ὁμολογέω homologeo). Wir sollen das nicht einfach nur bereuen, was Gott sowieso schon von uns weiß, er sieht ja alles. Gott möchte auch, dass wir die Dinge beim Namen nennen. Das sollen wir nicht deshalb, weil er es unbedingt braucht, sondern weil wir es unbedingt brauchen.
Wer behauptet, ohne Sünde zu sein, lügt. Jeder Mensch ist gefährdet, zu fallen. Wir sind zwar von der Erbsünde erlöst, aber die Folgen der Erbsünde sind noch da. Wir haben immer noch die Neigung dazu, Böses zu tun. Wir sündigen weiter. Gottes Wort (also Jesus) ist nicht in uns, wenn wir behaupten, ohne Sünde zu sein.
Johannes schreibt diese Worte, um zur Ablegung der Sünde aufzurufen. Aber auch für jene, die es dennoch tun, hat er eine zuversichtliche Botschaft: Wir haben einen Beistand beim Vater, Jesus Christus. Er ist es ja, der durch sein Kreuzesopfer die Vergebung der Sünden ermöglicht hat. Er ist gestorben zur Sühne für unsere Sünden und die der ganzen Welt, wie wir auch im Barmherzigkeitsrosenkranz beten. Interessant ist dabei, dass der Begriff παράκλητος parakletos verwendet wird. Diese Umschreibung wird ja sonst für den Hl. Geist gebraucht. Aber auch im wortwörtlichen Sinn ist Jesus unser Beistand, gerade wo wir schuldig geworden sind.
Diese Worte sind sehr tröstlich, weil wir selbst in Schuld und Sünde nicht verzweifeln müssen. Wenn es uns von Herzen leidtut und wir umkehren, dann wird uns Gott die Sünden vergeben. Es ist bemerkenswert, wie die Worte des Johannes das Sakrament der Beichte erklärt: Wir sollen unsere Sünden bereuen, wir sollen sie bekennen, unsere Schuld muss gesühnt werden, wofür Jesus ja gestorben ist. Unsere Aufrichtigkeit soll sich dadurch zeigen, dass wir uns bemühen, nicht mehr zu sündigen. Und wir sollen in uns gehen, um zu erkennen, wo wir uns selbst belügen. Die heutige Lesung ist eine richtige Beichtparänese, die Johannes mit Deutlichkeit formuliert, aber auch mit Liebe.
Ps 124
2 wäre es nicht der HERR gewesen, der da war für uns, als sich gegen uns Menschen erhoben,
3 dann hätten sie uns lebendig verschlungen, als gegen uns ihr Zorn entbrannte,
4 dann hätten die Wasser uns weggespült, hätte sich über uns ein Wildbach ergossen,
5 dann hätten sich über uns ergossen die wilden und wogenden Wasser.
7 Unsre Seele ist wie ein Vogel dem Netz des Jägers entkommen; das Netz ist zerrissen und wir sind frei.
8 Unsere Hilfe ist im Namen des HERRN, der Himmel und Erde erschaffen hat.
Heute danken wir mit dem Psalm Gott, der uns aus der Gefahr rettet. Diese Rettung betrifft wiederum nicht das irdische Leben, sondern das ewige. Wir werden davon gleich im Evangelium hören und wir lasen bereits in der Lesung davon, was wir von uns aus tun können, damit unsere Seele gerettet wird.
Der Herr ist es, der das Volk Israel gerettet hat von den Feinden, die es sonst lebendig verschlungen hätten. Es ist politisch zu verstehen als Rettung aus dem babylonischen Exil.
Es bezieht sich auch auf die Menschheit, die ohne die Erlösung Jesu Christi das ewige Leben nicht gehabt hätte. Es bezieht sich auch auf die Kirche, durch die die Erlösung den Menschen angeboten wird in der Taufe. Das bezieht sich auf die Möglichkeit zur Beichte, um Versöhnung zu erlangen und so in den Stand der Gnade zurückkehren zu können. Das bezieht sich auch auf das Ende des Lebens, wenn wir vom ewigen Kampf erlöst sein werden und nicht mehr leiden müssen (im besten Fall).
In diesem Psalm wird die Wassermetapher nicht wie sonst als lebendiges Wasser und Bild für den Hl. Geist verwendet, sondern als lebensbedrohlicher Faktor. Wenn wir auch gerade über Sünde und ewiges Leben sprechen, macht das Bild absolut Sinn und erinnert an die Sintflut, die auch die Konsequenz der Sünde war.
Wir, die wir erlöst sind, können wirklich sagen, dass wir frei sind. Frei von dem unausweichlichen Schicksal der Hölle. Dort kommt nur hinein, wer es auch will. Wenn wir getauft sind und uns immer um unsere Berufung bemühen, müssen wir dieses letzte Los nicht fürchten.
„Unsere Hilfe ist im Namen des HERRN, der Himmel und Erde geschaffen hat“. Diese Hilfe (hebr. עֵזֶר ezer) kann man in Analogie zum Beistand aus dem ersten Johannesbrief verstehen. Gott, der Vater, der alles geschaffen hat, ist unser Beistand! Somit schließt sich der Kreis der Trinität: Der Paraklet, wie es im Griechischen heißt, ist nicht nur der Hl. Geist, wie Jesus ankündigen wird (Johannesevangelium), sondern auch Jesus selbst (erster Johannesbrief) und auch der Vater (Psalm 124).
Mt 2
13 Als die Sterndeuter wieder gegangen waren, siehe, da erschien dem Josef im Traum ein Engel des Herrn und sagte: Steh auf, nimm das Kind und seine Mutter und flieh nach Ägypten; dort bleibe, bis ich dir etwas anderes auftrage; denn Herodes wird das Kind suchen, um es zu töten.
14 Da stand Josef auf und floh in der Nacht mit dem Kind und dessen Mutter nach Ägypten.
15 Dort blieb er bis zum Tod des Herodes. Denn es sollte sich erfüllen, was der Herr durch den Propheten gesagt hat: Aus Ägypten habe ich meinen Sohn gerufen.
16 Als Herodes merkte, dass ihn die Sterndeuter getäuscht hatten, wurde er sehr zornig und er sandte aus und ließ in Betlehem und der ganzen Umgebung alle Knaben bis zum Alter von zwei Jahren töten, genau der Zeit entsprechend, die er von den Sterndeutern erfahren hatte.
17 Damals erfüllte sich, was durch den Propheten Jeremia gesagt worden ist:
18 Ein Geschrei war in Rama zu hören, lautes Weinen und Klagen: Rahel weinte um ihre Kinder und wollte sich nicht trösten lassen, denn sie waren nicht mehr.
Heute lesen wir die drastische Episode der Wahnvorstellungen des Herodes: Dieser König ist in seinem letzten Lebensabschnitt immer paranoider geworden. Er verdächtigte alles und jeden, irgendwie einen Komplott gegen ihn zu schmieden. Er ließ so viele umbringen, sogar seine eigenen Familienmitglieder (unter anderem drei seiner Söhne!). Er beauftragte viele Spione, die in der ganzen Stadt nach möglichen Revolten Ausschau halten sollten, und verkleidete sich sogar selbst als Bürger, um sich dahingehend umzuschauen.
Und dieser paranoide Herrscher reagiert im heutigen Evangelium natürlich dementsprechend, als die Sterndeuter aus dem Osten zu ihm kommen und von einem neuen Herrscher sprechen. Er hat ihnen aufgetragen, ihm Bescheid zu geben, wenn sie das Kind gefunden haben. Diese spüren aber die Gefahr und ziehen auf einem anderen Weg zurück in ihre Heimat. Dies ist die „Vorgeschichte“ des heutigen Evangeliums.
Josef, der sich ganz dem Willen Gottes öffnet und alles dafür tut, seine Familie zu beschützen, wird im Traum vor Herodes gewarnt, der Jesus umbringen will. Also flieht Josef nach Ägypten – ganz wie sein Namensvetter aus dem AT nach Ägypten gelangte. Gott hat auch dies zugelassen, „damit sich die Schrift erfülle“ und die Juden zum Glauben an Jesus kommen. Wir Christen glauben, dass Jesu ganzes Leben schon eine einzige Sühne ist, die mit dem Leiden und Kreuzestod ihren Höhepunkt erreicht. Deshalb ergibt es absolut Sinn, dass Jesus auch nach Ägypten fliehen musste wie das auserwählte Volk. Seine schwierige frühe Kindheit ist ein Akt, den er später erklären wird: Er kommt, um aus der Knechtschaft zu befreien, so wie das Volk Israel aus Ägypten befreit worden ist. Er befreit nun aber aus der Sklaverei der Sünde! Auch dies lehrt Gott die Juden durch die Flucht der Hl. Familie. Er bereitet sein auserwähltes Volk darauf vor. Das ist typisch göttliche Pädagogik.
Herodes reagiert wie zu erwarten auf die Täuschung der Sterndeuter. Er lässt in seiner Rage alle Jungen bis zum zweiten Lebensjahr umbringen. Diese armen, unschuldigen Kinder haben nichts Böses getan und mussten ihr Leben lassen wegen eines verrückt gewordenen Menschen! Was muss der Himmel geweint haben über diese große Schandtat! So weint der ganze Himmel über jedes getötete Kind bis heute. Wie viele unschuldige Kinder müssen ihr Leben lassen, bevor sie geboren werden? DAS ist der schlimmste Genozid aller Zeiten!
Ein Merkmal von Geschichte ist, dass sie sich wiederholt. Die Menschheit hat es nun mal an sich, aus vergangenen Zeiten nicht zu lernen. Deshalb passieren dieselben Dinge immer wieder neu, nur unter einem anderen Namen und unter anderen historischen Umständen. Dies sagt auch Matthäus, wenn er auf Jeremias Prophezeiung in Jer 31 verweist. Rahel wird dann als Personifikation Israels. Bei Jeremia geht es noch um die Juden, die vor dem babylonischen Exil stehen. Dies wird jetzt typologisch auf die unschuldigen Kinder in Bethlehem übertragen. Es wiederholt sich auch der Knabenmord von Ägypten. Die erstgeborenen Söhne der Israeliten werden in den Nil geworfen und ein einziges bestimmtes Kind überlebt. Mose. Jesus wird typologisch mit ihm in Verbindung gebracht. Auch das ist absolut wichtig und eine Lektion Gottes für die vor allem judenchristlichen Adressaten des Matthäusevangeliums!
Nach heutigem Stand stirbt Herodes der Große 4 n.Chr. So lange bleibt die Heilige Familie in Ägypten und kann dann wieder zurückkehren.
An dem heutigen Evangelium erkennen wir, wie Sünde funktioniert: Sie zieht immer Unschuldige mit hinein und bleibt nie auf den Sünder beschränkt. Sie ist wie ein hochansteckendes Virus, das um sich treibt. Man kann niemanden in Quarantäne stecken und ist den Konsequenzen der Sünde auch als Unschuldiger ausgeliefert. Und doch können wir auf den HERRN schauen. Er ist immer – ich wiederhole – immer größer und mächtiger als die Sünde und ihre schlagenden Wellen. Seine Gnade siegt über den Satan und sein Unwesen. Immer.
Ihr unschuldigen Kinder, bittet für uns!
Bittet für alle heutzutage gefährdeten Kinder, die in den Sog der Sünde unschuldig mit hineingezogen werden und ihre größten Opfer sind.
Bittet für alle Frauen, die über eine Abtreibung nachdenken,
bittet für alle Familien, die zerrüttet sind und in denen das Leben wie die Hölle ist wegen Missbrauch, Gewalt und Verwahrlosung.
Bittet für alle Kinder auf der ganzen Welt.
Gott, steh und allen bei!
Ihre Magstrauss