Hebr 11,1-2.8-19; Lk 1,68-69.70-71.72-73.74-75; Mk 4,35-41
Hebr 11
1 Glaube aber ist: Grundlage dessen, was man erhofft, ein Zutagetreten von Tatsachen, die man nicht sieht.
2 Aufgrund dieses Glaubens haben die Alten ein gutes Zeugnis erhalten.
8 Aufgrund des Glaubens gehorchte Abraham dem Ruf, wegzuziehen in ein Land, das er zum Erbe erhalten sollte; und er zog weg, ohne zu wissen, wohin er kommen würde.
9 Aufgrund des Glaubens siedelte er im verheißenen Land wie in der Fremde und wohnte mit Isaak und Jakob, den Miterben derselben Verheißung, in Zelten;
10 denn er erwartete die Stadt mit den festen Grundmauern, die Gott selbst geplant und gebaut hat.
11 Aufgrund des Glaubens empfing selbst Sara, die unfruchtbar war, die Kraft, trotz ihres Alters noch Mutter zu werden; denn sie hielt den für treu, der die Verheißung gegeben hatte.
12 So stammen denn auch von einem einzigen Menschen, dessen Kraft bereits erstorben war, viele ab: zahlreich wie die Sterne am Himmel und der Sand am Meeresstrand, den man nicht zählen kann.
13 Im Glauben sind diese alle gestorben und haben die Verheißungen nicht erlangt, sondern sie nur von fern geschaut und gegrüßt und sie haben bekannt, dass sie Fremde und Gäste auf Erden sind.
14 Und die, die solches sagen, geben zu erkennen, dass sie eine Heimat suchen.
15 Hätten sie dabei an die Heimat gedacht, aus der sie weggezogen waren, so wäre ihnen Zeit geblieben zurückzukehren;
16 nun aber streben sie nach einer besseren Heimat, nämlich der himmlischen. Darum schämt sich Gott ihrer nicht, er schämt sich nicht, ihr Gott genannt zu werden; denn er hat ihnen eine Stadt bereitet.
17 Aufgrund des Glaubens hat Abraham den Isaak hingegeben, als er auf die Probe gestellt wurde; er gab den einzigen Sohn dahin, er, der die Verheißungen empfangen hatte
18 und zu dem gesagt worden war: Durch Isaak wirst du Nachkommen haben.
19 Er war überzeugt, dass Gott sogar die Macht hat, von den Toten zu erwecken; darum erhielt er Isaak auch zurück. Das ist ein Sinnbild.
Im heutigen Abschnitt aus dem Hebräerbrief geht es um das Glaubenszeugnis vergangener Generationen. Uns wird also vor Augen geführt, dass der Alte Bund kein Zeugnis für Unglauben und ebenfalls gottgewollt ist.
Zunächst einmal hören wir eine ganz bekannte Definition für „Glauben“, die sehr weit verbreitet ist: „Grundlage dessen, was man erhofft, ein Zutagetreten von Tatsachen, die man nicht sieht.“ In der alten Einheitsübersetzung ist es ein wenig schöner formuliert: „Überzeugtsein von dem, was man nicht sieht.“ Das Wort ἔλεγχος elengchos ist sehr vielseitig und kann deshalb sehr unterschiedlich übersetzt werden. Glaube ist dabei zutiefst praktisch, das heißt auf das konkrete Tun ausgerichtet. Denn das „Überzeugtsein“ von Dingen bezieht sich auf πραγμά pragma.
So verwundert es uns auch nicht, dass die daraufhin beschriebenen Glaubenszeugnisse der Alten Verhaltensweisen aufzählen: Der Glaube, wie er zu Anfang definiert worden ist, stellt den Kern des Verhaltens Abrahams dar. Ohne diesen Glauben hätte er nicht sein Leben aufgegeben, um in ein fernes Land zu ziehen. Schließlich hat er dabei auf den gehört, den er nicht sieht, auf den unsichtbaren Gott.
Auch das Leben in diesem fremden Land und das Warten auf feste Stadtmauern ist auf diesen Glauben zurückzuführen. Dass Abraham und seine Nachkommen ein Leben in Vorläufigkeit führten, ist auf das Vertrauen zurückzuführen, dass Gott sein Versprechen einlösen wird, ihnen eine feste Stadt zu verleihen.
Auch Sara hat Gott geglaubt, dass er seine Verheißung wahr machen werde, dass ihr im hohen Alter noch ein Kind geschenkt würde. Deshalb hat sich die Verheißung auch erfüllt. So ist Gottes Verheißung an Abraham, Vater vieler Völker zu werden, in Erfüllung gegangen. Der Argumentationsgang des Hebräerbriefes ist nun, herauszustellen, dass auch wenn diese Dinge sich erfüllt haben, die eigentliche Verheißung der gesamten Heilsgeschichte ausgeblieben ist bzw. nur von Weitem geschaut worden ist – die Erlösung und Versöhnung der gefallenen Menschheit mit Gott. Sie sind ja doch gestorben – das bezieht sich nicht nur auf den biologischen Tod, sondern dahinter steckt die Überzeugung, dass sie nach dem Tod Gott nicht schauen durften trotz ihrer Gerechtigkeit. Auch wenn das Volk Israel das Verheißene Land auf Erden empfangen hat, so ist ihnen doch das eigentlich Verheißene Land nicht gegeben worden – das Himmelreich. Diese lange Wanderung war mit ihnen noch nicht abgeschlossen. Das „Zelten“ ging noch weiter, bis Gott Mensch wurde, um sein Zelt aufzuschlagen unter den Menschen.
Und doch ist das ja bereits ein Glaubenszeugnis, das sie hinterlassen haben. Abraham hätte gleich beim ersten Problem zurück in seine Heimat gehen können. Stattdessen Strebt Abraham nun nach einer besseren Heimat. Damit ist das Himmelreich gemeint. Dahinter steht die Überzeugung, dass Jesus Christus mit seinem Erlösungswirken die Gerechten des Alten Testaments in die himmlische Heimat geführt hat. Die Stadt, die Gott auch ihnen bereitet, ist das himmlische Jerusalem.
Ein besonders starkes Glaubenszeugnis stellt Abrahams Opfer dar: Er war bereit, seinen einzigen Sohn zu opfern, auf den er so lange gewartet hatte. Er war bereit, es zu tun, obwohl es allem widersprach, was Gott verheißen hat, nämlich dass durch diesen Sohn Abraham Vater vieler Völker werden würde. Gegen den Verstand hat Abraham Gott blind vertraut. Und weil Gott dennoch seine Versprechen hält und Abraham davon überzeugt war, ist hier die einzige Erklärung, dass Abraham an die Macht Gottes glaubte, Tote auferstehen zu lassen.
Am Schluss wird als Bemerkung angefügt, dass es sich dabei um ein Sinnbild handelt. Die ganze Glaubensprobe stellt ein einziges Sinnbild dar. So wie Abraham bereit ist, Isaak zu opfern, so ist der Vater bereit, seinen einzigen Sohn Jesus Christus zu opfern – in derselben Region, denn Morija entspricht dem Bergland von Judäa mit Zion als Höhe, auf der die Hauptstadt Jerusalem erbaut ist. So wie Isaak das Holz für das Opfer auf den Berg trägt, auf dem er selbst geopfert werden würde, so trug der Herr Jesus Christus sein Opferholz zum Golgota, um darauf festgenagelt und gekreuzigt zu werden. Und so wie Abraham offensichtlich an die Totenerweckung glaubte, so ist Jesus Christus, der neue Isaak wirklich von den Toten auferstanden!
Lk 1
68 Gepriesen sei der Herr, der Gott Israels! / Denn er hat sein Volk besucht und ihm Erlösung geschaffen;
69 er hat uns einen starken Retter erweckt / im Hause seines Knechtes David.
70 So hat er verheißen von alters her / durch den Mund seiner heiligen Propheten.
71 Er hat uns errettet vor unseren Feinden / und aus der Hand aller, die uns hassen;
72 er hat das Erbarmen mit den Vätern an uns vollendet / und an seinen heiligen Bund gedacht,
73 an den Eid, den er unserm Vater Abraham geschworen hat;
74 er hat uns geschenkt, dass wir, aus Feindeshand befreit, / ihm furchtlos dienen
75 in Heiligkeit und Gerechtigkeit vor seinem Angesicht all unsre Tage.
Heute beten wir als Antwort auf die Lesung keinen Psalm, sondern den Lobpreis des Zacharias, als sein Sohn Johannes geboren wurde und er von seiner Stummheit befreit worden ist. Er betet diese Worte ganz erfüllt vom Heiligen Geist.
Es ist ein Gebet nach jüdischem Gebetsformular. Es wird mit einer üblichen Benediktionsformel eingeleitet („gepriesen sei der Herr, der Gott Israels“). Sodann fasst er die gesamte Heilsgeschichte Gottes mit dem Volk Israel zusammen, den Alten Bund, der mit Johannes den Täufer enden wird. Er wird als letzter Prophet dieses Bundes auftreten und zugleich auf den Neuen Bund verweisen. Als Scharnier zwischen den Bünden wird er eine entscheidende Funktion einnehmen. Auch Zacharias bleibt nicht einfach bei den Ereignissen des Alten Bundes stehen, sondern führt sie auf den Höhepunkt der Heilsgeschichte zusammen – der Erlöser ist unterwegs, geboren zu werden!
Die Erlösung, von der hier die Rede ist, meint mehr als das, was die Israeliten unter dem Begriff verstanden haben: Eine umfassende Erlösung, eine Versöhnung mit Gott, dessen Herrlichkeit die Menschen endlich wieder schauen dürfen. Es geht um einen umfassenden Frieden, den die Welt nicht geben kann, nicht um einen politischen Frieden, eine Befreiung aus der Knechtschaft eines fremden Volkes wie in dieser Zeit der Römer.
Es kann nicht so verstanden werden, dass Zacharias von seinem eigenen Sohn spricht, wenn er betet: „Er hat uns einen starken Retter erweckt im Hause seines Knechtes David.“ Denn Johannes ist in den Stamm Levi geboren. Vielmehr geht es um den Retter Jesus Christus, dessen Ankunft ja sechs Monate später erfolgen wird. Dieser ist wirklich Davidide und Retter. Johannes ist ein besonderes Kind und wird große Dinge tun, aber zugleich wird er sich als nicht einmal würdig bezeichnen, die Sandalen des Messias auszuziehen.
Gott steht in den Startlöchern. Er ist bereit, in diese Welt geboren zu werden, um sein Volk von den Feinden zu retten, um das zu erfüllen, was er durch die Propheten verheißen hat. Er kommt, um sein Erbarmen zu zeigen – auf eine Weise, wie es die Väter zuvor nicht erlebt haben. Und doch schließt sich der Kreis, denn Gott kommt zu den Juden, den Nachfahren des Vaters Abraham, mit dem Gott einen Bund geschlossen hat.
Gott kommt, uns zu erlösen, um aus dem Sklavenvolk ein freies Volk zu machen, das geheiligt ist und ihm dient bis in Ewigkeit. Gottes Heilsplan, alle Menschen zu erlösen und sie in seine himmlische Gemeinschaft aufzunehmen, stand von Anfang an fest. Mit Jesus Christus erfüllt sich dies nun!
Und wenn wir die Begeisterung des Zacharias so erleben, berührt es uns umso mehr, dass wir diese Worte mit ihm zusammen beten dürfen, und zwar als Erlöste! Wir schauen schon rückblickend darauf und dürfen voll Dankbarkeit sein, dass der Herr uns schon zu Erben gemacht hat.
Mk 4
35 Am Abend dieses Tages sagte er zu ihnen: Wir wollen ans andere Ufer hinüberfahren.
36 Sie schickten die Leute fort und fuhren mit ihm in dem Boot, in dem er saß, weg; und andere Boote begleiteten ihn.
37 Plötzlich erhob sich ein heftiger Wirbelsturm und die Wellen schlugen in das Boot, sodass es sich mit Wasser zu füllen begann.
38 Er aber lag hinten im Boot auf einem Kissen und schlief. Sie weckten ihn und riefen: Meister, kümmert es dich nicht, dass wir zugrunde gehen?
39 Da stand er auf, drohte dem Wind und sagte zu dem See: Schweig, sei still! Und der Wind legte sich und es trat völlige Stille ein.
40 Er sagte zu ihnen: Warum habt ihr solche Angst? Habt ihr noch keinen Glauben?
41 Da ergriff sie große Furcht und sie sagten zueinander: Wer ist denn dieser, dass ihm sogar der Wind und das Meer gehorchen?
Nachdem Jesus jetzt mehrere Gleichnisse erzählt hat (wir hörten davon die letzten Tage), fährt er nun mit seinen Jüngern in einem Boot zum anderen Ufer des Sees Genesaret. Vor einigen Wochen haben wir über die Fahrt von einem Ufer zum anderen vierfach nachgedacht. Dann war dieses Boot als die Kirche zu betrachten, die auf dem See der Endzeit durch allerlei Stürme hindurch auf die Ewigkeit zusteuert. Es ist auch das Boot unseres Lebens, in dem wir durch die Stürme unseres Alltags hindurch auf das ewige Leben zusteuern, ebenso die gesamte Menschheitsgeschichte, die sich auf die Endzeit zubewegt, auf den Tag des Jüngsten Gerichts zu.
Entscheidend ist, dass Jesus mit im Boot ist. So kann das Boot nicht kentern, weder als Kirche Christi betrachtet, die die Mächte der Finsternis nicht überwältigen werden, noch als unser eigenes Leben betrachtet, in denen die Versuchungen des Teufels uns mit Jesu Beistand nichts anhaben können. Auch mit Blick auf das Ende der Zeiten und dem Gericht Gottes wird uns ein gutes Gerichtsurteil erwarten, wenn Jesus im Boot ist.
Und wenn die schweren Stürme kommen, vergessen wir manchmal, dass er da ist. Dann werden wir panisch, weil Wasser ins Boot läuft. Dann schreien wir zu Gott, dass er uns helfe und rütteln am schlafenden Jesus. Wir verstehen dann nicht, warum Gott so gelassen bleibt, obwohl die Situation so dramatisch erscheint. Das ist sowohl im kirchlichen Leben als auch im alltäglichen Leben des Einzelnen so. Wir haben den Eindruck, dass wenn ein Schisma droht, wenn Angriffe von innen und außen kommen, die Kirche untergehen wird. Dabei vergessen wir, dass dies nicht passieren kann. Jesus hat es uns versprochen und er wird uns auch helfen. Das ist auch so, wenn wir schlimmen Versuchungen ausgesetzt sind oder schwierige Probleme im Leben bekommen. Dann haben wir schnell den Eindruck, dass alles den Bach hinuntergeht. Wir schöpfen wie wild eimerweise das hineinlaufende Wasser aus und reagieren hektisch, unüberlegt. Genau dies möchte der Teufel auch, er will uns verrückt machen, dass wir die Orientierung verlieren. Dabei müssen wir dann erst recht ruhig bleiben, uns besinnen und uns an Christus wenden. Wenn wir Versuchungen ausgesetzt sind, sollen wir beten, Kontakt zu Gott suchen. Er wird sie vertreiben. Er muss nur ein Wort sagen und alles wird verwandelt werden. Wir sollen auf Gott vertrauen und seinen Worten glauben, wenn er sagt: Es wird euch nichts passieren. Wie oft machen wir die Erfahrung, dass wir uns vornehmen, unsere Beziehung zu Gott zu vertiefen und ihn besser kennen lernen zu wollen. Dann kommen tausend Ablenkungsmanöver durch die alltäglichen Sorgen, Probleme und Zwischenfälle. Wir werden davon so abgelenkt, dass wir weder die Zeit noch die Kraft, noch den Gedanken übrig haben, unser ursprüngliches Vorhaben in die Tat umzusetzen. Es sind die typischen Schachzüge des Teufels, uns von Gott wegzuziehen. Wenn im Alltag so viele Probleme auftauchen und uns wieder aufzuzehren versuchen, seien wir uns dann bewusst, wer eigentlich dahintersteckt. Zeigen wir es ihm dann so richtig, indem wir uns dann gerade an Gott klammern, uns dann gerade mehr Zeit zum Beten nehmen und vor allem noch mehr die Sakramente in Anspruch nehmen, häufiger beichten, häufiger die Kommunion empfangen. Dann tun wir dadurch genau das, was die Jünger Jesu auch tun – mit dem Wasserschöpfen aufhören und Jesus wecken. Mit seiner Hilfe wird uns alles gelingen.
Das, was sich in stürmischen Zeiten bewährt, ist der Glaube, um den es im Hebräerbrief ging. Wenn wir dann an dem festhalten, was wir eigentlich nicht sehen – Gott und seine Verheißung von Anfang an – werden wir nicht enttäuscht werden. Zacharias jubelt schon, bevor Christus geboren wird, weil er Glauben hat. Das war nicht von Anfang an so, denn aufgrund seiner Zweifel an der Botschaft des Engels ist er mit Stummheit geschlagen worden. Aber besser spät als nie. Wie sieht es bei uns aus? Handeln wir ausgehend von einem tiefen Glauben? Wir können nicht verlieren, wenn wir diesen Weg wählen. Abraham zog los, ohne zu wissen, wohin. Wohin ziehen wir?
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Ein Kommentar zu „Samstag der 3. Woche im Jahreskreis“