Donnerstag der 4. Woche im Jahreskreis

Hebr 12,18-19.21-24; Ps 48,2-3b.3c-4.9.10-11; Mk 6,7-13

Hebr 12
18 Denn ihr seid nicht zu einem sichtbaren, lodernden Feuer hinzugetreten, zu dunklen Wolken, zu Finsternis und Sturmwind,
19 zum Klang der Posaunen und zum Schall der Worte, bei denen die Hörer flehten, diese Stimme solle nicht weiter zu ihnen reden;
21 Ja, so furchtbar war die Erscheinung, dass Mose rief: Ich bin voll Angst und Schrecken.
22 Ihr seid vielmehr zum Berg Zion hinzugetreten, zur Stadt des lebendigen Gottes, dem himmlischen Jerusalem, zu Tausenden von Engeln, zu einer festlichen Versammlung
23 und zur Gemeinschaft der Erstgeborenen, die im Himmel verzeichnet sind, und zu Gott, dem Richter aller, und zu den Geistern der schon vollendeten Gerechten,
24 zum Mittler eines neuen Bundes, Jesus, und zum Blut der Besprengung, das mächtiger ruft als das Blut Abels.

In der Lesung hören wir von der Besonderheit der Berufung zum Neuen Bund. Dabei werden wieder einige Beispiele aus dem Alten Testament herangeführt, um zu zeigen, was für ein Privileg es ist, zu diesem neuen Volk Gottes zu gehören:
Die Christen, die durch die Taufe den Neuen Bund mit Gott eingegangen sind und die hier angesprochen werden, sind nicht vor Gott in seinen mächtigen Theophaniezeichen getreteten wie damals die Israeliten. Sie haben Gott nicht geschaut wie eine Wolken- oder Feuersäule, haben nicht Blitz und Donner auf dem Sinai oder auf dem Tempel herabkommen sehen, haben den Posaunenschall nicht gehört, der das Kommen Gottes begleitet, haben Gottes Angesicht nicht geschaut, von dem Mose so voller Angst und Schrecken war. Vielmehr sind sie hinzugetreten zum neuen heiligen Berg, den Zion. Ganz wie Jesaja es angekündigt hat in Jes 2: „Weisung wird ausgehen vom Zion.“ Die fleischgewordene Torah ist auf dem Zion, in Jerusalem zur Vollendung gekommen, als Jesus Christus sich am Kreuz dahingegeben hat. Vom Zion aus ist die Erlösung ausgegangen. Vom Zion aus ist die Kirche zur oikumene, zur Weltgemeinschaft geworden.
Und dieses Zion wird hier im Hebräerbrief nicht wörtlich verstanden, sondern anagogisch: Es geht um das himmlische Jerusalem, das Himmelreich, zu dem die Christen treten, um gemeinsam mit den Engelscharen und verstorbenen Heiligen himmlische Liturgie zu feiern. Die „Gemeinschaft der Erstgeborenen“ meint eben jene, die den adressierten Christen vorausgegangen sind. Die festliche Versammlung bezieht sich auf die Liturgie. Was wir im Hebräerbrief also betrachten, ist ein liturgischer Grundgedanke, wie wir ihn auch in früheren Kapiteln des Hebräerbriefes und in der umfangreichen Kirchenväterliteratur wiederfinden: Die irdische Liturgie ist Abbild der himmlischen. Wenn wir auf Erden zur festlichen Versammlung hinzutreten, treten wir gleichsam vor den himmlischen Thron, um den alle Engel und Heiligen versammelt sind. In der Liturgie berühren sich Himmel und Erde.
Diese Art von Gottesdienst ist so einzigartig und so wunderbar, dass es den Christen mit Dankbarkeit erfüllen muss. Wie groß ist dieses Privileg, wenn wir es vergleichen mit den Israeliten, die Gott nicht so nahe kommen konnten, ohne in Angst und Schrecken versetzt zu werden. Sie hatten nicht das Privileg, dass Gott Mensch wurde und durch sein Opfer gänzlich zum Mittler zwischen Gott und Menschheit wurde. Dass wir diese Verbindung von Himmel und Erde genießen dürfen, haben wir Christus zu verdanken. Es geht hier im Hebräerbrief nicht darum, sich über den Alten Bund zu erheben, sondern dankbar zu sein. Angesichts der der Verhältnisse im Alten Bund soll man als Christ nichts selbstverständlich nehmen. Das vergossene Blut des Opfers Jesu Christi ist unvergleichlich wirksamer als das vergossene Blut Abels. Sein Opfer wird immer wieder als reines Opfer bezeichnet. Umso wirksamer ist das Opfer Jesu Christi, der von sich aus wirklich sagen kann, er ist das wahre Paschalamm, ein makelloses Opfer, das dargebracht worden ist zur Sühne für alle Zeiten und alle Menschen!
Vergessen auch wir heute nicht, was für eine überreiche Gnade uns zuteilwird, dass wir vor den Herrn treten dürfen als einfache Menschen! Wir dürfen mit eigenen Augen schauen, was dort am Altar vergegenwärtigt wird: Wir haben die Ehre, hineingenommen zu werden in das Geschehen, bei dem Golgota in unsere Kirchen geholt wird – das Kreuzesopfer und das letzte Abendmahl zugleich. Wir dürfen ihn sogar in uns aufnehmen, der das Opfer für alle Zeiten dargebracht hat, um ein Teil von ihm zu werden. Wir treten zum Altar und zugleich zum himmlischen Gottesthron. Wir singen das dreimalige Heilig zusammen mit allen Engeln und Heiligen. Der Himmel öffnet sich in dem Moment und wir sind vereint mit unseren Lieben, die uns vorausgegangen sind! Das ist die größte Gnade, die wir empfangen können! Nehmen wir dieses Geschenk immer dankbar an und bleiben wir uns immer bewusst, dass das überhaupt nicht selbstverständlich ist!

Ps 48
2 Groß ist der HERR und hoch zu loben in der Stadt unseres Gottes.

3 Sein heiliger Berg ragt herrlich empor; er ist die Freude der ganzen Erde. Der Berg Zion liegt weit im Norden; er ist die Stadt des großen Königs.
4 Gott ist in ihren Palästen, als sichere Burg erwiesen.

9 Wie wir es gehört, so haben wir es gesehen in der Stadt des HERRN der Heerscharen, der Stadt unsres Gottes. Gott macht sie fest auf ewig.
10 Wir haben, Gott, deine Huld bedacht inmitten deines Tempels.
11 Wie dein Name, Gott, so reicht dein Ruhm bis an die Enden der Erde; deine Rechte ist voll von Gerechtigkeit.

Als Antwort beten wir Ps 48, das zu den Zionsliedern gehört. Dabei handelt es sich um Preislieder, die die Stadt Gottes loben und die Ohnmacht ihrer Feinde gegenüber Gottes Allmacht beschreiben.
So ist Vers 2 von dem Lobpreis Gottes geprägt. Er ist „hoch zu loben“ in Jerusalem. Die Stadt wird immer wieder als Stadt Gottes bezeichnet, was vor allem mit dem Tempel zusammenhängt. Dort wohnt seine Herrlichkeit auf besondere Weise. Auf die heutige Lesung bezogen sehen wir das himmlische Jerusalem vor uns, Gottes Gegenwart, die im Himmel hoch zu loben ist.
Der heilige Berg in Vers 3 bezieht sich auf den Zion, auf dem die Stadt und der Tempel erbaut sind. Zion ist „die Freude der ganzen Erde“. Das müssen wir ebenfalls auf Gottes Gegenwart im Tempel zurückführen. Von hier aus geht nämlich das Heil aus, das sich auf die ganze Erde ausbreitet. Wir denken an die Aussage Jesu selbst: „Das Heil kommt von den Juden“. Es ist aber ein universales Heil, denn er hat uns erlöst von all unseren Sünden. Auf dem Zion ist er dargebracht worden als ultimatives Sühneopfer. Die erwirkte Gnade ist aber übergegangen auf die ganze Welt, bis zu den „Inseln“, bis an die „Enden der Erde“. Freude ist so nicht nur eine übernatürliche Gnade Gottes, sondern wird auch zum Zeichen der angebrochenen Endzeit. In Fülle erfahren wir die Freude aber in der unverborgenen Anschauung Gottes, wenn wir ganz bei ihm im Himmelreich sind.
Die Rede vom Gottesberg im hohen Norden stellt einen theologischen Code dar, keine reale geographische Aussage. Zion liegt ja eigentlich im Süden des Landes. In jener Zeit gibt es bei den umliegenden Völkern die Vorstellung eines mythischen Gottesberges, den man im Norden suchen muss. Hier wird diese Vorstellung auf Zion und den einzig wahren Gott übertragen. Der Code sagt also den Betern: Nicht irgendein mythischer Berg ist der Gottesberg, sondern der Zion, auf dem Gott so wunderbare Zeichen wirkt und real gegenwärtig ist. Auf die Kirche bezogen müsste man schlussfolgern: Egal, wo Christus dargebracht wird, das heißt sein einmaliges Opfer vergegenwärtigt wird in der Hl. Messe, da ist der Hl. Berg und die Gegenwart Gottes. Und der Gottesberg im hohen Norden ist anagogisch zu begreifen als Ort der Anbetung Gottes im Himmelreich.
Gott wohnt hier und er ist die eigentliche sichere Burg. Kein menschlicher Palast kann das Volk so sicher beschützen wie er. Er gibt Geborgenheit, Trost und Freude. Wo Gott ist, da ist Zuhause.
Er gibt Sicherheit und deshalb macht er die Stadt fest auf ewig. Dies ist vor allem zu beziehen auf das himmlische Jerusalem, deren Grundfeste nie zerstört werden. Dies wird aber schon mit der Kirche antizipiert, deren Grundfeste von Christus selbst erbaut sind. Er hat Simon zum Petrus gemacht, auf dem er seine Kirche bauen will. Zugleich hat er versprochen, dass die Mächte der Finsternis sie nicht überwältigen werden. Gott löst wirklich sein Versprechen ein, die Stadt auf ewig fest zu machen, das Jerusalem, das die Kirche Jesu Christi ist.
„Wir haben, Gott, deine Huld bedacht inmitten deines Tempels“ – die Israeliten haben dies wirklich getan, vor allem durch die sehr frommen Könige wie David, Salomo oder Hiskija. Sie haben wahrlich Gottes Huld bedacht und diesen voller Vertrauen um Schutz und Sieg angefleht. Und Gott hat sie nicht enttäuscht.
Wie Gottes Name ist auch sein Ruhm universal. „Bis an die Enden der Erde“ wird Gott bereits jetzt schon gerühmt. Auf der ganzen Welt sind Menschen zum Glauben an ihn gekommen und preisen ihn mit ihrem ganzen Leben. Und am Ende der Zeiten, wenn er seine ganze Herrlichkeit offenbaren wird, wird sein Ruhm ganz unverhüllt bis an die Enden der Erde offenbart werden.

Mk 6
7 Er rief die Zwölf zu sich und sandte sie aus, jeweils zwei zusammen. Er gab ihnen Vollmacht über die unreinen Geister

8 und er gebot ihnen, außer einem Wanderstab nichts auf den Weg mitzunehmen, kein Brot, keine Vorratstasche, kein Geld im Gürtel, 
9 kein zweites Hemd und an den Füßen nur Sandalen. 
10 Und er sagte zu ihnen: Bleibt in dem Haus, in dem ihr einkehrt, bis ihr den Ort wieder verlasst!
11 Wenn man euch aber in einem Ort nicht aufnimmt und euch nicht hören will, dann geht weiter und schüttelt den Staub von euren Füßen, ihnen zum Zeugnis. 
12 Und sie zogen aus und verkündeten die Umkehr. 
13 Sie trieben viele Dämonen aus und salbten viele Kranke mit Öl und heilten sie.

Heute sendet Jesus seinen Zwölferkreis zu zweit hinaus, weil die Evangelisierung so schneller vorangehen kann. Er tut es aber nicht nur aus pragmatischen Gründen. Das ist nie der Hauptgrund im Falle Jesu. Er möchte seine Jünger dafür sensibilisieren, dass sie nach seinem Tod, seiner Auferstehung und Himmelfahrt, nach der Geistsendung auf diese Weise das Reich Gottes bis an die Enden der Erde bringen sollen und dabei in seiner Vollmacht all die Heilstaten des Messias weiterführen werden. Es handelt sich also sozusagen um eine „Generalprobe“, die vorübergehend ist.
Jesus bevollmächtigt sie noch nicht zu allem, was dann später noch folgen wird, z.B. kommt die Sündenvergebung erst nach seiner Auferstehung. Er bevollmächtigt sie aber jetzt schon zum Exorzismus, was im Markusevangelium besonders hervorgehoben wird.
Wenn Jesus in Vers 8 seine Apostel dazu aufruft, nur einen Wanderstab mitzunehmen, möchte er damit vermitteln: Ihr sollt ganz auf die Vorsehung Gottes vertrauen. Euch soll es zuerst um das Reich Gottes gehen, alles Andere wird euch dazugegeben. Sie sollen deshalb kein Brot, keine Vorratstasche oder Geld mitnehmen. Sie sollen darauf vertrauen, dass Gott ihnen das alles durch andere Menschen geben wird. Dadurch vollziehen seine Apostel für die Menschen eine prophetische Zeichenhandlung. So wie Jesus alles, was er verkündet, auch an seinem Leben verdeutlicht, so sollen seine Nachfolger ebenfalls an ihrer Lebensführung das Verkündete lebendig werden lassen. So können die Menschen an ihrer Person das Gesagte ablesen und werden es als authentisch annehmen.
Sie sollen zudem in dem Haus bleiben, in das sie einkehren. Das soll heißen, dass sie nicht schauen sollen, wo es angenehmer ist. Sie sollen dankbar annehmen, was ihnen angeboten wird.
Wenn man sie an dem Ort aber nicht annimmt, also ihre Botschaft nicht annimmt, sollen sie diesen Ort verlassen und selbst den Staub abschütteln. Sie sollen nicht mehr zurückschauen oder sich an den Ort gebunden fühlen. Wenn man sie nicht möchte, sollen sie stattdessen dorthin gehen, wo das Evangelium angenommen wird. Dieses Abschütteln des Staubs hat noch eine andere Bedeutung, die uns heutzutage nicht mehr so vor Augen steht. Es war nämlich eine Geste der Gerichtsankündigung. Damit wird also ausgesagt: Ihr sollt das Richten Gott überlassen, der mit ihnen tun wird, wie er es für richtig hält. Ihr sollt nicht verurteilen, sondern es Gott überlassen. Nehmt den Segen mit zu jenen, die ihn annehmen.
Die Apostel ziehen umher, verkünden die Umkehr so wie Jesus und tun, wozu Jesus sie bevollmächtigt hat – exorzieren und salben. Diese Salbung ist ein Beleg für die sakramentale Krankensalbung. Dass es nicht die Krankenheilung als Charisma, als Gnadengabe meint, von der dann Paulus sprechen wird, sehen wir daran, dass es nur die Bevollmächtigten tun, die Apostel. Wir sehen es auch an der Verbindung der Heilung mit Salbung. Wenn ein Getaufter und Gefirmter, egal ob Laie oder Kleriker, die Gabe der Krankenheilung von Gott geschenkt bekommt, führt er oder sie diese nicht in Verbindung mit einer Salbung aus. Das ist Bestandteil eines Sakraments. Auch der Exorzismus ist ein besonders wirksamer, weil er eine Bevollmächtigung Christi ist. Deshalb gilt bis heute, dass die Befugten zum offiziellen Exorzismus (davon zu unterscheiden sind Befreiungsgebete, die jeder beten darf) die geweihten Bischöfe oder von ihnen bestellte Stellvertreter sind. Die Bischöfe sind nämlich die Nachfolger der Apostel.
Später werden wir davon hören, wie die Apostel zu Jesus zurückkehren und voller Freude und Aufregung davon berichten, was sie im Namen Jesu alles getan haben. Das war nur eine Probe, später werden sie es dauerhaft tun und auch bis heute tun es ihre Nachfolger, die Bischöfe. Wir sehen also, dass die Sakramente und Sakramentalien der Kirche biblisch belegt und apostolischen Ursprungs sind.

Heute hören wir von der überreichen Gnade, die mit dem Neuen Bund einhergeht. Wir hören in den verschiedenen Lesungen davon, dass Gottes Herrlichkeit über den ganzen Erdkreis verbreitet wird. Als Getaufte sind wir gesandt, wir sind Jünger Jesu Christi, auch wenn wir nicht die besondere Bevollmächtigung erhalten wie die Apostel. Dennoch haben auch wir die Aufgabe, mit unserem ganzen Leben missionarisch zu wirken, die Liebe Gottes zu den Menschen zu bringen und diese zum Glauben an Christus zu führen. Vergessen wir nie, dass wir Hochprivilegierte sind! Das soll uns nicht hochmütig machen, sondern die Gnadenhaftigkeit unseres erlösten Daseins stets vor Augen führen. Das alles hätten wir uns auch nach 1000 Jahren Lebenszeit nicht verdienen können. Gott ist so gnädig und barmherzig. Lassen wir uns jeden Tag neu davon berühren.

Ihre Magstrauss

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