Ijob 7,1-4.6-7; Ps 147,1-2.3-4.5-6; 1 Kor 9,16-19.22-23; Mk 1,29-39
Ijob 7
1 Ist nicht Kriegsdienst des Menschen Leben auf der Erde? Sind nicht seine Tage die eines Tagelöhners?
2 Wie ein Knecht ist er, der nach Schatten lechzt, wie ein Tagelöhner, der auf seinen Lohn wartet.
3 So wurden Monde voll Enttäuschung mein Erbe und Nächte voller Mühsal teilte man mir zu.
4 Lege ich mich nieder, sage ich: Wann darf ich aufstehn? Wird es Abend, bin ich gesättigt mit Unrast, bis es dämmert.
6 Schneller als das Weberschiffchen eilen meine Tage, sie gehen zu Ende, ohne Hoffnung.
7 Denk daran, dass mein Leben nur ein Hauch ist! Nie mehr schaut mein Auge Glück.
Heute hören wir als erste Lesung einen Ausschnitt aus dem Buch Ijob. Dabei handelt es sich um ein Kapitel, das dem sogenannten Dialogteil entnommen ist. Es geht um verschiedene Dialoge, die Ijob mit seinen Freunden austrägt und in denen die Frage nach seinem Leiden unterschiedlich betrachtet wird. Im Grunde ist es ein einziges Ringen mit der Theodizee-Frage. Ijob sieht sich der anhaltenden Versuchung ausgesetzt, eine zu vorschnelle Erklärung für seinen Zustand zu bereiten. Es ist auch insgesamt eine Infragestellung des sogenannten Tun-Ergehen-Zusammenhangs. All die vielen Dialoge können nicht darüber hinwegtäuschen, dass es für Ijobs Situation schlichtweg keine Erklärung gibt. Er muss es ohne Klärung hinnehmen. Und vor allem – er fällt auf die Versuchungen des Teufels nicht hinein und hadert weder mit Gott, noch beschimpft er ihn aufgrund seines Leidens. Diese Dialogpassagen sind so aufgebaut, dass ein Freund zunächst eine Erklärung oder einen gleichsam philosophischen Ansatz anbringt, bevor Ijob es aufgreift und im Zuge eines ausführlichen Dialogs weisheitlicher Art zurückweist. Aus einer solchen weisheitlichen Antwort, die an das Buch Kohelet erinnert, hören wir heute einen Abschnitt.
Ijob betrachtet das irdische Dasein und umschreibt es als Kriegsdienst sowie Dienst eines Tagelöhners. Das sind nicht einfach Bilder der Verbitterung, sondern wir müssen hier eine sehr scharfe Beobachtungsgabe herausstellen: Es ist ein einziger geistlicher Kampf, den wir auf Erden begehen. Die Versuchungen, denen Ijob durch seine Freunde ausgesetzt ist und denen er durch seine ausführlichen Antworten zurückzuweisen versucht, erkennt er als solche Kämpfe an. Der Böse ist es, der hinter den Erklärungsversuchen und Aufforderungen steckt, Gott aufzugeben.
Auch das Bild des Tagelöhners ist nicht einfach abzutun als Selbstmitleid eines Geplagten. Vielmehr spricht hier ein Mensch, der von Tag zu Tag lebt, der sich am Existenzminimum seiner Kräfte und seines Gottvertrauens befindet und nur das Heute in den Blick nimmt – um nicht gänzlich zu verzweifeln. So ist es auch mit dem Tagelöhner, der einer Tätigkeit nachgeht und dem am Ende des Tages ein Lohn ausgezahlt wird. Welcher Tätigkeit er am nächsten Tag nachgehen wird und ob er überhaupt einen Tageslohn erhalten wird, daran wagt er heute noch nicht zu denken.
Ijob sieht seine eigene Armut und sein Angewiesensein auf Gott. Er sehnt sich nach Erquickung wie ein Knecht nach Schatten, wenn er in der prallen Sonne arbeiten muss. Er ist ganz abhängig von Gottes Güte wie der Tagelöhner von seinem Tageslohn.
Er greift viele Bilder auf, die uns an das Buch Kohelet erinnern. Das Leben als Hauch ist beispielsweise eine Entsprechung zu den einleitenden Worten Kohelets.
„Monde voll Enttäuschung“ bezieht sich auf Monate. Zugeteilt wurden Ijob Nächte voller Mühsal. Diese etwas umständliche passivische Wendung ist ein passivum divinum, eine Formulierung, die etwas Gottgegebenes umschreibt. Letztendlich begreift Ijob diese schwere Lebensphase als gottgewollt. Er ringt mit sich, auch diese Zeit als Gottes Willen anzunehmen, er, der in guten Zeiten voller Glaubenseifer gebrannt hat. Nun ist es ein Lernprozess, auch zu glauben, wenn es schwierig wird.
Es fällt ihm nicht leicht – deshalb spricht er von Unrast, „bis es dämmert“, also Schlaflosigkeit. Er geht sogar davon aus, dass sein Leben dauerhaft so weitergehen wird, ohne dass es wieder gute Zeiten geben wird. Er sieht wirklich kein Licht am Ende des Tunnels. Und wenn er seinen Zustand auch so bildreich und ausführlich beschreibt, treibt ihn diese Bestandsaufnahme nicht in die Verbitterung. Er ringt mit sich, doch er verzweifelt nicht. Das macht Ijob zu einem ganz realistischen Vorbild. Wir alle machen schwere Zeiten durch und der Glaube an den Herrn bewährt sich gerade in jenen Zeiten. Was machen wir daraus? Geben wir Gott sofort auf, wenn wir schwere Leidenssituationen durchleben? Machen wir ihn dafür verantwortlich? Uns ist der Beistand geschenkt, der Hl. Geist, durch den wir innerlich am Leben erhalten werden. Möge dieser uns stets mit der inneren Flamme unerschütterlicher Hoffnung aufrecht erhalten, damit auch wir nach unserem persönlichen Ringen mit einem gestärkten Glauben hervorgehen wie Ijob!
Ps 147
1 Halleluja! Ja, gut ist es, unserem Gott zu singen und zu spielen, ja, schön und geziemend ist Lobgesang.
2 Der HERR baut Jerusalem auf, er sammelt die Versprengten Israels.
3 Er heilt, die gebrochenen Herzens sind, er verbindet ihre Wunden.
4 Er bestimmt die Zahl der Sterne und ruft sie alle mit Namen.
5 Groß ist unser Herr und gewaltig an Kraft, seine Einsicht ist ohne Grenzen.
6 Der HERR hilft auf den Gebeugten, er drückt die Frevler zu Boden.
Der Psalm ist ein einziger Lobpreis an Gott. Er besagt, dass das Lob Gottes angemessen ist – unabhängig davon, wie es dem Preisenden geht. Die Gründe für das Lob werden aufgezählt. Gott baut Jerusalem auf und sammelt die Versprengten Israels. Das meint historisch-wörtlich zunächst den Aufbau der Stadt nach dem Exil und die Rückkehr derer, die vertrieben worden sind. Dies meint aber auch die Kirche, die von Christus aufgebaut wird. Lesen wir diesen Psalm allegorisch, geht uns neu auf, dass die Kirche Werk Gottes ist. Wir machen unsere Kirche nicht selbst, sondern Christus baut sie auf nach seinem Willen (Mt 16 nämlich auf jenem Felsen, den er dafür ausgesucht hat). Er sammelt die Versprengten – das bezieht sich nicht mehr aus das Volk Israel im wörtlichen Sinn, sondern auf jene, die ihn annehmen – Juden und Heiden gleichermaßen! Er sammelt sie durch seine Verkündigung und die Kirche führt dies weiter in seiner Nachfolge. Er baut auch moralisch betrachtet den Tempel des Hl. Geistes im Menschen und zieht ihn zu sich zurück, wenn er sich durch ein gottloses Leben von IHM entfernt. Er tut dies durch das Gewissen und durch Situationen, in denen er dem Menschen die Chance zur Umkehr gibt. Und wie kommt der Sünder, der durch die Sünde im Exil gelandet ist, zurück? Durch das Sakrament der Beichte. Am Ende der Zeiten wird Gott die Versprengten zu sich ins himmlische Jerusalem holen, nachdem er einen neuen Himmel und eine neue Erde geschaffen hat, nachdem das himmlische Jerusalem sich in ihrer Mitte etabliert hat. Dann werden die Rückkehrer keinen neuen Tempel bauen müssen, denn Gott selbst wird in ihrer Mitte wohnen.
Wir haben diese ausstehende Verheißung schon ansatzhaft mit Jesu Kommen auf die Erde erfahren und feiern sie sakramental in der Kirche weiter. Jesus hat geheilt, körperlich und seelisch. Er hat so viele Menschen getröstet und ihre vielfältigen Wunden geheilt. Denken wir nur an die blutflüssige Frau. Er hat nicht nur ihre Krankheit geheilt, sondern dafür gesorgt, dass sie auch in der Gemeinschaft nicht mehr ausgeschlossen wird. Ebenso verhält es sich mit den Aussätzigen, die ausgegrenzt worden sind. Er ist nicht zu den Mächtigen gegangen und diente diesen, sondern er widmete sich den Verpönten, Ausgegrenzten, Elenden und Armen. Er nahm auch kein Blatt vor dem Mund, wenn er den Mächtigen begegnete, insbesondere der Tempelelite. Die Menschen haben seine Taten verstanden und deshalb Gott die Ehre gegeben. Wir feiern die Sakramente und sehen dieselben Heilstaten auch heute: Menschen erfahren innere Heilung in der Beichte und der Eucharistie. Sie erfahren auch noch körperliche Heilung! Wie viel habe ich schon gesehen…Die Menschen kehren um und ihr chaotisches Leben ordnet sich wieder nach und nach. Ihnen wird ein ganz neues Leben geschenkt. Gott ist so gut und verdient unser ewiges Lob!
All diese Ausführungen stehen nicht im Widerspruch zu Ijob, der aufgrund einer extremen Leidenssituation gegen die Versuchungen ankämpft, sich selbst die Schuld zu geben (Tun-Ergehen-Zusammenhang), Gott die Schuld zu geben, eine vorschnelle Erklärung zu finden, sich selbst und Gottes Beziehung aufzugeben. Vielmehr ist auch er dazu berufen, Gott die Ehre zu geben in seiner Situation. Und so wie Christus später all die Wunden innerer und äußerer Art heilt, so möchte Gott auch Ijob Heilung und Trost spenden. Dies wird er auch tun, wenn die Zeit der Bewährung und Erprobung zuende sind.
1 Kor 9
16 Wenn ich nämlich das Evangelium verkünde, gebührt mir deswegen kein Ruhm; denn ein Zwang liegt auf mir. Weh mir, wenn ich das Evangelium nicht verkünde!
17 Wäre es mein freier Entschluss, so erhielte ich Lohn. Wenn es mir aber nicht freisteht, so ist es ein Dienst, der mir anvertraut wurde.
18 Was ist nun mein Lohn? Dass ich unentgeltlich verkünde und so das Evangelium bringe und keinen Gebrauch von meinem Anrecht aus dem Evangelium mache.
19 Obwohl ich also von niemandem abhängig bin, habe ich mich für alle zum Sklaven gemacht, um möglichst viele zu gewinnen.
22 Allen bin ich alles geworden, um auf jeden Fall einige zu retten.
23 Alles aber tue ich um des Evangeliums willen, um an seiner Verheißung teilzuhaben.
Heute hören wir einen wunderbaren Ausschnitt aus dem Korintherbrief, in dem Paulus sein Brennen für das Evangelium herausstellt. Dass er es verkündet, ist nicht sein Verdienst oder verdient irgendein Lob. Er tut es unter „Zwang“, es meint das Brennen in seinem Herzen, das ihn dazu bringt, es in die Welt hinauszutragen. Er kann es nicht zurückhalten, weshalb er sagt: „Weh mir, wenn ich das Evangelium nicht verkünde!“ Wir denken an Jeremia, der aufgrund der Botschaft Gottes viel zu erleiden hat und doch nicht schweigen kann. Auch er hat ein solches Brennen in sich, das ihn dazu bewegt, weiter zu verkünden. Dieser „Zwang“ des Paulus ist aber rhetorisch zu verstehen. Kein Mensch setzt ihn unter Druck oder bedroht ihn, sodass er die Verkündigung fortsetzt. Das griechische Wort ἀνάγκη anangke heißt nicht nur „Zwang“, sondern auch „Notwendigkeit“ oder „natürliches Bedürfnis“. Und das Brennen des Herzens wird hier wie ein körperliches Phänomen umschrieben, aufgrund dessen Paulus evangelisieren muss. Dies können wir auf den Geplagten der ersten Lesung zurückbeziehen. Auch dieser kann nicht anders, als an Gott festzuhalten, obwohl er in seinem Namen so viel erleiden muss. Er bleibt dran, statt alles aufzugeben.
Weil Paulus aufgrund dieses Drangs verkünden muss, erwartet er auch keinen Lohn dafür. Gott hat sein Herz entzündet, er hat ihn beauftragt. Die Evangelisierung ist ein Dienst, der ihm anvertraut wurde. Sein Lohn besteht darin, dass er unentgeltlich verkündet. Wir erinnern uns daran, dass Jesus zu seinen Aposteln sagte: „Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben.“ In diese Richtung müssen wir nun auch Pauli Wirken verstehen. Dass er evangelisiert, ist ein Sklavendienst. Jesus hat zu seinen Aposteln gesagt, dass wer von ihnen herrschen will, der Diener aller sein muss. Er hat ihnen nicht umsonst am selben Abend die Füße gewaschen – ein typischer Sklavendienst -, als er das Sakrament der Weihe gestiftet hat. Paulus ist ebenfalls zu so einem Diener aller geworden und gibt sich ganz für die Menschen hin, damit so viele wie möglich gerettet werden. Er verdeutlicht, dass die Absicht seines Wirkens die Teilhabe an der Verheißung darstellt. Er möchte ebenfalls gerettet werden. Sein Ziel ist das ewige Heil.
Paulus ist uns Vorbild in seiner absoluten Selbsthingabe. Er ist den Menschen alles geworden, damit wenigstens ein paar gerettet werden. Natürlich ist der Anspruch, dass alle Menschen gerettet werden, doch dies hängt von ihrem freien Willen ab. Er kann nicht gegen den Willen der Menschen evangelisieren. Wer die Botschaft Jesu Christi nicht annimmt, dessen Entscheidung ist zu respektieren. Können auch wir alles geben, um teilzuhaben an der Verheißung Jesu Christi an uns? Trauen wir uns, ihm alles zu schenken, um noch mehr zurückzubekommen?
Mk 1
29 Sie verließen sogleich die Synagoge und gingen zusammen mit Jakobus und Johannes in das Haus des Simon und Andreas.
30 Die Schwiegermutter des Simon lag mit Fieber im Bett. Sie sprachen sogleich mit Jesus über sie
31 und er ging zu ihr, fasste sie an der Hand und richtete sie auf. Da wich das Fieber von ihr und sie diente ihnen.
32 Am Abend, als die Sonne untergegangen war, brachte man alle Kranken und Besessenen zu Jesus.
33 Die ganze Stadt war vor der Haustür versammelt
34 und er heilte viele, die an allen möglichen Krankheiten litten, und trieb viele Dämonen aus. Und er verbot den Dämonen zu sagen, dass sie wussten, wer er war.
35 In aller Frühe, als es noch dunkel war, stand er auf und ging an einen einsamen Ort, um zu beten.
36 Simon und seine Begleiter eilten ihm nach,
37 und als sie ihn fanden, sagten sie zu ihm: Alle suchen dich.
38 Er antwortete: Lasst uns anderswohin gehen, in die benachbarten Dörfer, damit ich auch dort verkünde; denn dazu bin ich gekommen.
39 Und er zog durch ganz Galiläa, verkündete in ihren Synagogen und trieb die Dämonen aus.
Direkt im Anschluss an den letztes Mal gehörten Exorzismus Jesu geht dieser mit seinen Jüngern zu Petrus und seinem Bruder nach Hause. Das ganze findet ja in Kafarnaum statt.
Dort tut Jesus nun ein weiteres Wunder, denn er heilt die kranke Schwiegermutter des Petrus. Wir stellen uns vor, wie die fünf Männer bei Petrus zuhause erscheinen und die Schwiegermutter sie eigentlich bewirten muss.
Jesus tut etwas, was wir öfter lesen: Er fasst sie bei der Hand und richtet sie auf. Das ist natürlich zunächst aus praktischen Gründen eine notwendige Geste. Jesus heilt sie, sodass sie nicht mehr niederliegen muss. Er hilft ihr also auf. Gleichzeitig lesen wir dahinter etwas viel Tieferes, genauso bei der Erweckung des toten Mädchens an anderer Stelle: Jesus erfüllt Jes 41 durch diese scheinbar banale Geste und jeder fromme Jude müsste es wie Schuppen vor den Augen fallen: „Denn ich bin der HERR, dein Gott, der deine rechte Hand ergreift und der zu dir sagt: Fürchte dich nicht, ich habe dir geholfen.“ Durch die Erfüllung der jesajanischen Verheißung muss der fromme Jude aber auch anerkennen, dass Jesus „der HERR“ ist, dass sie eins sind! Das Fieber verschwindet und die Schwiegermutter kann die Gäste bedienen. Auch das ist uns eine ganz große Lehre:
Gott heilt nicht, damit wir ein bequemeres Leben führen können. Gott lässt gerade körperliche Heilung zu, damit wir durch die gewonnene Gesundheit IHM besser dienen können. Er tut dies, wenn er einen besonderen Auftrag für den Menschen hat. Darum geht es in erster Linie: um die genesene Person zu berufen und um ihren Glauben zu stärken bzw. den Glauben der Umstehenden. So ist es auch bei Ijob. Er lässt zu, dass der Mann ganz in die Knie gezwungen wird, damit er lernt, sich ganz von Gott abhängig zu machen. Er tut es, um seinen Glauben zu stärken. Und weil dieser die Prüfung besteht, wird ihm auch Heilung geschenkt. Er bekommt sehr viel Segen und zugleich eine neue Berufung. Das Leben ist noch nicht zuende entgegen des Eindrucks, den Ijob von seinem Leben hat.
Zurück zu Jesus: Übrigens findet diese Heilung an einem Sabbat statt. Das ist eigentlich ein Grund zur Anklage, aber erstens steht Jesus als Messias über dem Sabbat, zweitens können wir davon ausgehen, dass die Schwiegermutter des Petrus in Lebensgefahr schwebt, wo die Heilung an einem Sabbat ausnahmsweise erlaubt ist.
Die ganzen Menschenmassen, die nach Sonnenuntergang zum Haus des Petrus kommen, halten sich an die jüdischen Gesetze, denn ab dem Sonnenuntergang ist in jüdischer Zählung der neue Tag angebrochen. Jesus heilt die Kranken und treibt die Dämonen aus, als es also nicht mehr Sabbat ist!
Am nächsten Tag tut Jesus, was er immer nach ausführlichen Heilungen und Verkündigungen tut – allein mit seinem Vater sein. Er füllt sich neu mit der Liebe des Vaters auf. Das ist für die Jünger Jesu eine große Lehre. Sie sollen sehen, wie sie es später selbst tun sollen – vielen Menschen die Liebe Gottes schenken, aber dann in der Zweisamkeit mit Gott wieder auftanken – und zwar nicht körperlich, sondern seelisch. Sie müssen das erst einmal lernen. Deshalb reagieren sie hektisch (sie „eilen ihm nach“) und wollen ihn zurück zu den Menschen bringen, die nach ihm suchen.
Jesus sagt ihnen aber deutlich, dass er sich nicht von den Bewohnern Kafarnaums festnageln lässt. Er ist für alle Menschen gekommen, muss überall das Evangelium verkünden und vor allem: Er kann sich nicht von einzelnen Menschen binden lassen. Das ist die Lebensweise von Geistlichen. Sie gehören keinen Einzelpersonen, sondern sie sind ungebunden. Deshalb sind sie ja auch zölibatär, um sich ganz und gar nur an einen zu binden – an Gott. Es ist natürlich gut für einen Geistlichen, bestimmte Bezugspersonen zu haben, die einen stützen und helfen, aber auch an sie soll er sich nicht binden, vor allem nicht emotional. Ein Priester ist der Vater der ganzen Gemeinschaft der Christen, die eine einzige Familie ist. Jesus zeigt ihnen dadurch noch etwas Anderes: In erster Linie muss der Geistliche ganz und gar in Gott sein. Die Zwiesprache im Gebet, das komplette Versunkensein in der Liebe Gottes, die Kontemplation muss der Ausgangspunkt jedes priesterlichen Dienstes sein. Dann ist es wirklich ein gnadenhaftes Tun, das die Menschen näher zu Gott bringt.
Und so zieht Jesus durch ganz Galiläa, lehrt in den Synagogen – d.h. er legt dort vor allem die Schrift neu aus. Es wird auch explizit gesagt, dass er Dämonen austreibt. Das ist ein wichtiger großer Dienst, den Jesus ausübt. Es ist eine messianische Heilstat, die die Herrschaft Gottes gegenüber dem Reich des Teufels signalisiert. Anhand der Exorzismen sieht man zudem am eindrücklichsten, wie Jesu Befreiung aus der Sklaverei zu verstehen ist. Er will in erster Linie unsere Seele retten, deshalb ist der Exorzismus im Markusevangelium auch das erste Wunder, das überliefert wird. Erst danach kommt die erste körperliche Heilung an der Schwiegermutter des Petrus.
Heute hören wir viele verschiedene Lesungen, die uns lehren, wie wir uns in jeglicher Situation an Gott klammern sollen, um aus seiner Liebe heraus fruchtbar zu sein: ob in der tiefsten Leidenssituation wie bei Ijob oder in der höchsten Freudensituation wie bei David im Psalm. Gott möchte uns ganz reich machen mit seiner Gnade, nicht damit wir uns eine Schatzkammer bauen können, deren Schätze nur für uns sind, sondern damit wir sie ganz verschenken und als Sklaven in seinen Dienst treten. Christus zeigt uns, wie wir ganz im Vater sein müssen und bei aller Liebe, die wir austeilen, zuerst von der Liebe Gottes erfüllt sein müssen. Sonst brennen wir uns sehr schnell aus, denn die menschliche Liebe ist begrenzt. Gott verleiht uns alles, was wir brauchen – in Leiden und in Freuden, in Dienst und im Annehmen von Hilfe. Möge diese innige Gottesgemeinschaft auch in allen unseren Lebenssituationen heute nie abbrechen, damit wir die Kämpfe durchstehen bis zum ewigen Freudenmahl des Himmels!
Ihre Magstrauss