Gen 2,4b-9.15-17; Ps 104,1-2.27-28.29b-30; Mk 7,14-23
Gen 2
4 Zur Zeit, als Gott, der HERR, Erde und Himmel machte,
5 gab es auf der Erde noch keine Feldsträucher und wuchsen noch keine Feldpflanzen, denn Gott, der HERR, hatte es auf die Erde noch nicht regnen lassen und es gab noch keinen Menschen, der den Erdboden bearbeitete,
6 aber Feuchtigkeit stieg aus der Erde auf und tränkte die ganze Fläche des Erdbodens.
7 Da formte Gott, der HERR, den Menschen, Staub vom Erdboden, und blies in seine Nase den Lebensatem. So wurde der Mensch zu einem lebendigen Wesen.
8 Dann pflanzte Gott, der HERR, in Eden, im Osten, einen Garten und setzte dorthin den Menschen, den er geformt hatte.
9 Gott, der HERR, ließ aus dem Erdboden allerlei Bäume wachsen, begehrenswert anzusehen und köstlich zu essen, in der Mitte des Gartens aber den Baum des Lebens und den Baum der Erkenntnis von Gut und Böse.
15 Gott, der HERR, nahm den Menschen und gab ihm seinen Wohnsitz im Garten von Eden, damit er ihn bearbeite und hüte.
16 Dann gebot Gott, der HERR, dem Menschen: Von allen Bäumen des Gartens darfst du essen,
17 doch vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse darfst du nicht essen; denn am Tag, da du davon isst, wirst du sterben.
In der Lesung hören wir heute wieder einen Ausschnitt aus dem Buch Genesis. Gestern ging es um die Erschaffung des Menschen, der beauftragt worden ist mit der Sorge um die ganze Schöpfung. Das Sieben-Tage-Werk endete mit dem Ruhetag Gottes, der zum Fundament des Sabbatgebotes wird. Heute kommen wir zum sogenannten zweiten Schöpfungsbericht, wie in der Forschung immer gesagt wird. Es handelt sich um eine andere Perspektive auf das Schöpfungswirken Gottes, denn es geht speziell um den Menschen.
So wird uns berichtet, dass aufgrund des noch nicht ergangenen Niederschlags die Schöpfung noch nicht aufblüht und der Mensch den Acker noch nicht bearbeiten kann. So wird überhaupt erst einmal die Erschaffung des Menschen beschrieben. Dabei wird er aus dem Boden der Erde geformt, als Feuchtigkeit aus der Erde aufsteigt. Das ist sehr tiefsinnig, denn „Adam“, was das hebräische Wort für Mensch darstellt, kommt von „Adamah“, was auf Deutsch „Erde, Erdboden“ heißt. Der Mensch ist also ganz verbunden mit der Erde, aus der er stammt. Das ist eine ganz tiefe Wahrheit. Der erste Mensch stammt von dieser Welt. Er ist ganz dieser Welt verhaftet. Der zweite Adam, Jesus Christus, ist nicht von dieser Welt. Er kommt aus der Ewigkeit, um in die Ewigkeit zurückzukehren und den Beginn der neuen Schöpfung zu markieren, die nicht von dieser Welt ist.
Auch wenn Adam ganz von der Erde ist, ist er nicht einfach tot. Denn zugleich wird ihm der Lebensatem durch die Nase eingegeben. Die hebräische Bezeichnung ist נִשְׁמַ֣ת חַיִּ֑ים nischmat chajim. נְשָׁמָה n’schama kann mit „Seele“ übersetzt werden, aber auch mit „Atem“. In dem zeitlichen Kontext, in dem der Begriff gebraucht wird, wird zwischen beidem noch keine richtige Unterscheidung vorgenommen. Was wir aber annehmen können, ist mehr als nur die Lebendigmachung des Menschen, der zuvor nur ein Haufen Erde ist. Womöglich dürfen wir schon davon ausgehen, dass hier die ewige Seele in den Menschen gegeben wird, vor allem vor dem Hintergrund des ersten Schöpfungsberichts, der den Menschen als eine besondere Schöpfung herausstellt. Jedenfalls wird dieser Vorgang zu einem Typos, wenn wir an den zweiten Adam denken, der durch den Geist Gottes auferweckt wird am Ostertag. Gottes Geist macht lebendig, weil Gott ein Gott des Lebens ist. Dies ist erst der Beginn, denn auch die Kirche ist in einem neuen Schöpfungsvorgang dieser Art entstanden. Am Pfingsttag gab Gott seinen Geist in die Gemeinschaft der Gläubigen, die bis zu jenem Tag geduldig im Gebet verharrt haben. Der Atem Gottes bewirkte die spektakulären Manifestationen wie Brausen, Sprachengebet und Feuerzungen. Wir denken darüber hinaus an die Taufe jedes Christen, durch den der Mensch, der von dieser Welt stammt, zu einer neuen Schöpfung neugeboren wird. Der Geist Gottes gibt gleichsam den Odem des ewigen Lebens in den Menschen, sodass er auf ewig lebt trotz biologischem Tod. Auch dieser ist nur vorübergehend, nämlich bis der Herr wiederkommt und den Tod endgültig zerstört.
Gott legt einen Garten an, in den er den Menschen setzt. Dieser wird lokalisiert „in Eden, im Osten“. Ob und wo genau man diesen Ort auf der Erde festmacht, ebenso die Frage, ob gemäß diesem Schöpfungsbericht Adam schon ein Geschlecht hat, ist unerheblich. Wichtig ist, dass Gott dem Menschen einen Lebensraum verleiht, in dem er gemeinsam mit den vielen Bäumen und anderen Pflanzen „blüht“. Er kann sich entfalten und zugleich mitwirken an der Systematisierung der Schöpfung. Dies wird uns heute nicht berichtet, aber die Benennung der Tiere ist ein solcher Systematisierungsakt.
Gott schenkt dem Menschen viele Früchte zum Essen. In der Mitte des Gartens steht aber ein Baum, von dem er nicht essen soll. Genau genommen sind es zwei Bäume, von denen hier die Rede ist: der Baum der Erkenntnis von Gut und Böse und der Baum des Lebens. Dies erkennen wir später, wenn es heißt, dass der Mensch den Garten verlassen muss, bevor er auch noch vom anderen Baum isst.
Der Mensch soll den Garten bearbeiten, kultivieren. Das kann der Mensch, weil er Abbild Gottes ist. Ihm werden alle Früchte des Gartens gegeben, aber von dem Baum der Erkenntnis von Gut und Böse soll er nicht essen, sonst wird er sterben.
Gott lügt nicht. Der Mensch stirbt wirklich dadurch, dass es zu diesem ersten Sündenfall kam. Der Tod kam in die gesamte Schöpfung. Dass alles verwelkt, dass Tiere und schließlich auch Menschen sterben müssen, liegt an dem Zerfall der gesamten Schöpfung, die ursprünglich anders gedacht war. Der größte Tod ist aber der Bruch zwischen Gott und Mensch. Ein tiefer Graben hat sich zwischen beiden aufgetan, die zuvor ganz innig miteinander verbunden waren. Deshalb liegt es ja im Heilsplan Gottes, dass Jesus Christus für uns gestorben ist, der neue Adam. Wenn wir von den Früchten dieses neuen Baumes essen – dem Holz des Kreuzes – wird uns das ewige Leben zurückgeschenkt. Die verbotene Frucht hat alles zerstört, die Frucht der Eucharistie schenkt alles zurück.
Ps 104
1 Preise den HERRN, meine Seele! HERR, mein Gott, überaus groß bist du! Du bist mit Hoheit und Pracht bekleidet.
2 Du hüllst dich in Licht wie in einen Mantel, du spannst den Himmel aus gleich einem Zelt
27 Auf dich warten sie alle, dass du ihnen ihre Speise gibst zur rechten Zeit.
28 Gibst du ihnen, dann sammeln sie ein, öffnest du deine Hand, werden sie gesättigt mit Gutem.
29 Verbirgst du dein Angesicht, sind sie verstört, nimmst du ihnen den Atem, so schwinden sie hin und kehren zurück zum Staub.
30 Du sendest deinen Geist aus: Sie werden erschaffen und du erneuerst das Angesicht der Erde.
Als Antwort beten wir Ps 104, den wir am Montag bereits gebetet haben. Dieser Psalm, insbesondere die heute verwendeten Verse, werden am Pfingsttag gebetet. Das ist kein Zufall. Zuvor haben wir die Typologie zwischen dem Schöpfungsvorgang des ersten Menschen und der Schöpfung der Kirche nachgedacht. Aufgund dieser Tat können wir also nicht umhin, zusammen mit den Aposteln die großen Taten Gottes zu verkünden. So preisen wir den Schöpfer, der nicht nur die alte, sondern auch die neue Schöpfung hervorgebracht hat.
„Preise den Herrn meine Seele“ ist eine psalmentypische Selbstaufforderung zum Lob. Gott ist wirklich groß, denn ihm haben wir das gesamte Dasein zu verdanken.
Gott hüllt sich in einen Mantel, weil seine Bekleidung einerseits seine Herrlichkeit ist, andererseits bildhaft den Himmel und die Himmelskörper umschreibt. Sie sind ja Licht für Tag und Nacht. Seine „Bekleidung“ ist reines Licht, weil seine Herrlichkeit aus purer Gnade besteht.
Gott ist nicht nur der Schöpfer, sondern auch der Erhalter seiner Schöpfung. Im Gegensatz zu deistischen Konzepten ist Gott kein Uhrmachergott, der sich nach seiner Erschaffung zurückzieht, um die Schöpfung sich selbst zu überlassen. Vielmehr hegt und pflegt er alles wie einen Garten. Was Adam in der Schöpfung tut, das ist abbildhaft Gottes Tun mit der gesamten Schöpfung. Dieser kümmert sich um seine Geschöpfe, er nährt sie mit der Speise „zur rechten Zeit.“ Wir denken an die verschiedenen Ressourcen, die er uns durch die Natur zur Verfügung stellt, das Trinkwasser etc. Wir Menschen sind ganz angewiesen auf eine gute Ernte, auf sauberes Trinkwasser, auf Rohstoffe. Es entbrennen ganze Kriege um diese elementaren Dinge, weil wir sie unbedingt brauchen. Deshalb ist es so wichtig, dass wir den Segen Gottes haben, der uns alles geben kann. Deshalb dürfen nichts als selbstverständlich voraussetzen, was er uns schenkt, sondern sollen in allem dankbar sein.
Noch viel mehr geht es um eine Speise, die uns das ewige Leben schenkt – die Speise des Himmels, die Eucharistie. Ohne den Leib Christi und das lebendige Wasser des Hl. Geistes verkümmert unsere Seele. Auch auf diese Gaben sind wir ganz angewiesen. Danken wir ihm auch gerade für diese Dinge und nehmen wir sie nicht für selbstverständlich.
Die Gewalten der Schöpfung sind groß und überwältigend. Und doch ist Gott noch größer als diese! Die Gewalten sind ganz abhängig von Gott. Sie vergehen ohne Gottes Versorgung. Was kann die Schöpfung ausrichten ohne den Atem – das heißt ohne Sauerstoff? Um wie viel mehr ist unsere ewige Seele von dem Atem Gottes abhängig, damit sie nicht in Ewigkeit vergeht! Wie groß muss Gott sein im Gegensatz zu diesen überwältigenden Wellen und Wassern und dem Wunder der ewigen Seele? Vers 29 lehrt uns ganz elementar: Gott ist der Herr über Leben und Tod. Wenn er uns Leben schenkt, dürfen wir uns freuen. Wenn er Leben nimmt, müssen wir es in seine Hände zurückgeben. Wir dürfen nicht Gott spielen und über Leben und Tod entscheiden. Das steht uns nicht zu. Gott hat uns vielmehr die Sorge um alles Lebendige anvertraut, damit wir uns darum kümmern bis zur von Gott festgelegten Zeit des Todes. Die Rückkehr zum Staub ist für uns Andeutung dessen, was in der zweiten Schöpfungserzählung berichtet worden ist. Der Mensch ist vom Staub genommen und kehrt zum Staub zurück.
Dann beten wir den Vers, der in der Liturgie sehr häufig aufgegriffen wird: Du sendest deinen Geist aus: „Sie werden erschaffen und du erneuerst das Angesicht der Erde.“ Der Geist erneuert die Erde. Das wird hier zur Verheißung für die Zukunft, doch an Pfingsten ist es zur Realität geworden! Er ist gekommen und hat die Apostel erneuert zu einer neuen Schöpfung! Nichts wird mehr für sie so sein wie zuvor. Vor allem ist es eine feierliche und spektakuläre Einsetzung der Anwesenden zu Erben des Reiches Gottes! Der Geist erneuert den Mensch, der ganz von der Erde stammt, wenn er in der Taufe eine neue Geburt schenkt.
Weil Gott nicht nur schafft, sondern auch erneuern kann, müssen wir ganz und gar den Geist Gottes für unsere heutige Zeit erbitten, dass er das Angesicht der Erde erneuere, nicht wir Menschen aus eigener Kraft. Das werden wir nie erreichen. Das kann nur der Herr. Und in besonderem Maße gilt das auch für die Reformen der Kirche. Der Hl. Geist muss der Erneuerer sein und wir müssen uns ganz in seinen Dienst stellen. Wenn wir unsere eigenen Ideen durch irgendwelche Gremiensitzungen durchziehen, und das heißt konkret z.B. die Veränderung der Gebote Gottes als vermeintlicher Reformakt, dann ist da nicht der Hl. Geist im Spiel. Beten wir um echte Reform, damit es zu einem neuen Pfingsten kommt!
Mk 7
14 Dann rief er die Leute wieder zu sich und sagte: Hört mir alle zu und begreift, was ich sage!
15 Nichts, was von außen in den Menschen hineinkommt, kann ihn unrein machen, sondern was aus dem Menschen herauskommt, das macht ihn unrein.
16 Wenn einer Ohren hat zum Hören, so höre er.
17 Er verließ die Menge und ging in ein Haus. Da fragten ihn seine Jünger nach dem Sinn dieses rätselhaften Wortes.
18 Er antwortete ihnen: Begreift auch ihr nicht? Versteht ihr nicht, dass das, was von außen in den Menschen hineinkommt, ihn nicht unrein machen kann?
19 Denn es gelangt ja nicht in sein Herz, sondern in den Magen und wird wieder ausgeschieden. Damit erklärte Jesus alle Speisen für rein.
20 Weiter sagte er: Was aus dem Menschen herauskommt, das macht ihn unrein.
21 Denn von innen, aus dem Herzen der Menschen, kommen die bösen Gedanken, Unzucht, Diebstahl, Mord,
22 Ehebruch, Habgier, Bosheit, Hinterlist, Ausschweifung, Neid, Lästerung, Hochmut und Unvernunft.
23 All dieses Böse kommt von innen und macht den Menschen unrein.
Was wir in der Lesung und im Psalm bedacht haben, verdichtet sich nun im Evangelium. Es schließt sich direkt an Jesu Kritik der Pharisäer und Schriftgelehrten von gestern an. Dort ging es um ihre Betonung der äußeren Handlungen und der Überbietung göttlicher Gebote durch menschliche Ergänzungen, ohne eine entsprechende Herzenshaltung aufzuweisen. Heute vertieft Jesus seine Ausführungen und erklärt, was die eigentliche Reinheit oder Unreinheit ist:
Jesus ist es sehr wichtig, seine folgenden Worte den Menschen einzuprägen. Deshalb sagt er mit Nachdruck: „Hört mir alle zu und begreift, was ich sage“. Einige Verse später heißt es auch „wenn einer Ohren hat zum Hören, so höre er.“ Er möchte, dass die Menschen das nun Gesagte wirklich beherzigen, nicht einfach überhören.
Und dann kehrt er die Reihenfolge der pharisäischen Denkweise um: Nicht was von außen in den Menschen kommt, macht ihn unrein, sondern was von innen nach außen kommt. Nicht das von außen durch das Verdauungssystem in den Menschen kommende Essen z.B. macht den Menschen unrein – gemeint ist immer die kultische Reinheit oder Unreinheit! Jesus meint auch nicht, dass das von innen nach außen kommende Physische wie Exkremente, Ausfluss oder sonstiges, was im Buch Levitikus so detailliert beschrieben wird, unrein macht. Es geht nicht um den Verdauungsweg, sondern den Weg vom Herzen bis hin zum äußerlich erkennbaren Verhalten. Dies ist aber selbst seinen Jüngern zunächst nicht klar. Und Jesus tadelt sie wie damals, als sie das Gleichnis vom Sämann nicht verstanden haben. Er erklärt es ihnen und dadurch auch uns Hörern: Er entkräftet die Speisegebote der Juden, denn es ist die Zeit gekommen, dass die Menschheit dies begreifen kann. Nicht auf der Ebene des Verdauungstraktes wird entschieden, ob ein Mensch für den Gottesdienst rein ist oder wie wir sagen würden „im Stand der Gnade“ ist, sondern auf der Ebene des Herzens bzw. der moralischen Ebene. Man kann den Jüngern nicht übel nehmen, dass sie ihn nicht sofort verstehen, denn sie sind mit den Speisegeboten großgeworden. Das ist ein elementarer Bestandteil ihres jüdischen Glaubens. Jesus steht als Gott über der geschriebenen Torah, weil er nun ihre Erfüllung und Personifizierung ist. Er kann die Gebote neu auslegen mit der allerhöchsten Autorität.
Jesus führt weiter aus, was er mit dieser moralischen Ebene meint: Aus dem Inneren, aus der Seele, was biblisch oft mit „Herz“ umschrieben wird, kommen die bösen Gedanken, die einen zur Sünde verleiten wollen. Er zählt einen Sündenkatalog auf, um anhand der Beispiele den Jüngern zu verdeutlichen, was er meint. Und diese Gedanken sind es, die den Menschen unrein machen.
Wir müssen das richtig verstehen. Der Böse versucht uns dadurch, dass er uns solche Gedanken eingibt. Aber die Gedanken an sich sind noch nicht das Verwerfliche. Selbst Jesus ist ständig versucht worden. Das Entscheidende ist, was wir mit diesen Gedanken machen. Wenn wir sie zulassen und sie weiterdenken, sodass sie sich in unserer Seele breit machen können, dann wird unser Herz immer voller davon. Schließlich werden wir das zur Sprache bringen, es wird unsere Worte erfüllen, denn wie gesagt: Wovon das Herz voll ist, davon spricht der Mund. Und was wir erst einmal laut ausgesprochen haben, werden wir auch eines Tages umsetzen. Das ist der Weg der Sünde. Und diese schneidet uns von Gott ab. Sie ist es, durch die wir uns aus dem Stand der Gnade hinauskatapultieren. Wenn wir den aufkommenden Gedanken aber einen Riegel vorschieben, wo wir sie ablegen und als Versuchung entlarven, wo wir gerade in Zeiten der Versuchung beten, da haben wir eben nicht gesündigt. Wir tun es dann Jesus gleich, der in der Wüste vom Satan versucht worden ist.
All das erklärt Jesus in dem Kontext der Begegnung mit den Pharisäern am Tisch. Was bringt es ihnen, dass sie äußerlich ein Verhalten vorspielen, das nicht aus dem Inneren, aus ihrem Herzen entspringt? Wenn sie rein sein wollen, müssen sie nicht die Hände waschen, sondern ihre Herzen. Wenn sie würdig vor Gott im Kult hinzutreten wollen, müssen sie reinen Herzens sein, frei von bösen Absichten, von sündhaften Gedanken, unabhängig davon, ob sie diese auch umgesetzt haben oder nicht. Mit Groll und Rachegedanken im Herzen sind sie kultisch nicht rein, auch wenn sie ihre Hände gewaschen haben. Wenn sie verbittert gegen jemanden sind und doch alle kultischen Handlungen korrekt ausführen, ist es kein Opfer, das dem Herrn gefällt. Gott braucht keinen Korban, keine Weihe, und wenn es auch die Weihe des gesamten Besitzes ist, wenn sie aus Habgier oder Bequemlichkeit vollzogen wird (damit man den Eltern nichts mehr zu geben braucht). Jesus konkretisiert dies z.B. in der Bergpredigt, indem er erklärt: 23 „Wenn du deine Opfergabe zum Altar bringst und dir dabei einfällt, dass dein Bruder etwas gegen dich hat, 24 so lass deine Gabe dort vor dem Altar liegen; geh und versöhne dich zuerst mit deinem Bruder, dann komm und opfere deine Gabe!“ Wenn etwas noch auf dem Herzen liegt, was noch nicht ausgesöhnt ist, selbst wenn man nicht der Schuldige ist, muss es vor der Opferung bereinigt werden. Dann kann man mit reinem Gewissen vor Gott treten und ist kultisch bereit. Dann ist nämlich auch das Herz ganz bei Gott.
Das ist auch in unserer Liturgie der Fall. Zuerst sollen wir uns mit Gott und unserem Nächsten versöhnen (Beichte) und können erst dann die Kommunion empfangen. Und auch die liturgischen Handlungen zeigen es uns auf: Am Anfang der Messe bitten wir Gott um Verzeihung und bekennen unsere Sündhaftigkeit. Wir geben uns direkt vor dem Kommunionempfang den Friedensgruß, auch wenn diese Geste nicht in erster Linie eine Versöhnung zwischen den Menschen darstellen soll (es geht eher darum, den österlichen Frieden Christi weiterzugeben. Deshalb soll man ja auch nicht quer durch die Kirche laufen und jedem die Hand geben, sondern nur dem Nebenmann). Und der Priester wäscht während der Gabenbereitung seine Hände – nicht zur Reinigung, sondern als äußeres Zeichen des inneren Kerns: Er betet nämlich dabei die Worte des Psalms 51 „Herr, wasch ab meine Schuld, von meinen Sünden mach mich rein“. Er bittet Gott als Vorsteher der Messe um Vergebung, damit sein Opfer, das er dann in Leib und Blut Christi wandelt (nicht er, sondern Christus durch ihn!), ein reines Opfer sei. So söhnt er sich mit Gott aus, bevor er die Gaben opfert. Er wäscht die Hände ja direkt vor dem Beginn des Hochgebets.
Und wenn wir unser ganzes Leben so damit verbracht haben, diesen versöhnten Zustand beizubehalten, wird uns Gott als reine Opfergabe annehmen, wenn wir nach dem Tod vor ihm stehen. Dann wird er uns einen Platz zuweisen in seinem Reich.
Heute haben wir von Innigkeit mit Gott, von der Verbundenheit mit dem Geber des Lebens und seiner Erneuerung des Menschen sowie von Reinheit des Herzens gehört. Der Tod kommt als Konsequenz der Abkehr von Gott. Diese Abkehr beginnt im Innersten des Menschen. Schließlich ist dieses Innere, was Gott uns eingegeben hat und was uns erst zu lebendigen Wesen macht. Wenn wir dieses Innere, das wir Seele nennen, zerstören, zerstören wir das Leben selbst. Kommen wir zurück zum Herrn, indem wir uns bekehren und neu anfangen. So werden wir mit dem Empfang des Beichtsakraments neu belebt. Dann dürfen wir es uns so vorstellen, als hauche Gott uns den Geist Gottes neu ein wie im Garten Eden, wie am Pfingsttag und vor allem wie bei unserer eigenen Taufe.
Ihre Magstrauss