Ex 12,37-42; Ps 136,1 u. 23-24.10-12.13-15; Mt 12,14-21
Ex 12
37 Die Israeliten brachen von Ramses nach Sukkot auf. Es waren an die sechshunderttausend Mann zu Fuß, nicht gerechnet die Kinder.
38 Auch ein großer Haufen anderer Leute zog mit, dazu Schafe, Ziegen und Rinder, eine sehr große Menge Vieh.
39 Aus dem Teig, den sie aus Ägypten mitgebracht hatten, backten sie ungesäuerte Brotfladen; denn der Teig war nicht durchsäuert, weil sie aus Ägypten verjagt worden waren und nicht einmal Zeit hatten, für Reiseverpflegung zu sorgen.
40 Der Aufenthalt der Israeliten in Ägypten dauerte vierhundertdreißig Jahre.
41 Nach Ablauf der vierhundertdreißig Jahre, genau an jenem Tag, zogen alle Scharen des HERRN aus dem Land Ägypten fort.
42 Eine Nacht des Wachens war es für den HERRN, als er sie aus dem Land Ägypten herausführte. Als eine Nacht des Wachens für den HERRN gilt sie den Israeliten in allen Generationen.
Gestern hörten wir von dem Ereignis, das das Pessachfest begründet. Heute wird das von Gott Gebotene umgesetzt. Die Israeliten brechen als riesige Menschenmenge auf, allein mit 600.000 Männern, darüber hinaus noch Frauen und Kinder. Hinzu kommt eine beachtliche Menge an Vieh. Man muss sich vorstellen, was für ein Anblick sich in dieser Nacht bietet! So eine riesige Karawane braucht sehr lang, um den Ort Ramses zu verlassen.
Da die Israeliten sich beeilen müssen, führen sie ungesäuerten Teig mit sich, den sie zu Brotfladen verarbeiten. Davon ausgehend entwickelt sich die Praxis, ungesäuerte Brote statt gesäuerte Brote beim Sedermahl einzunehmen. Das Fest der ungesäuerten Brote hat seinen Ursprung in diesem Ereignis.
Insgesamt sind die Israeliten 430 Jahre in Ägypten, angefangen mit Josef, der von seinen Brüdern dahin verkauft wird. Wie Gott dem Jakob versprochen hat, wird es erst zu einem Aufenthalt in einem anderen Land kommen, bevor das Volk das verheißene Land bewohnen darf. Es ist bemerkenswert, dass Israel nach Sukkot zieht (die Bezeichnung kommt von dem Ereignis, das hier beschrieben wird, denn Sukkot bedeutet „Laubhütten“, in denen die Israeliten in dieser Zeit gewohnt haben). Es ist das Land, das bei der Einteilung des Hl. Landes Gad zufällt. Es ist das Land am Jabbok, wo Jakob mit dem Engel gerungen hat. Wie Gott versprochen hat, wird nun das Volk, das von Jakob und seinen Vorfahren abstammt, in diese Gegend kommen, weil Gott es als Gabe seinem Bundesvolk schenkt.
Es ist eine „Nacht des Wachens“. Zunächst bezieht es sich auf Gott, der in dieser Nacht über das Volk gewacht hat, der nicht schlief, sondern die zwölf Stämme sicher aus Ägypten herausführte. Weil Gott gewacht hat, tun es nun die Israeliten, indem sie Pessach feiern, das ja mit dem Sederabend am Vortag beginnt. Es ist ein dankbares Zurückgeben an Gott, dass er seinem Volk dieses Heil zuteilwerden ließ.
Das ist auch das Prinzip der Vigil in der katholischen Liturgie: Wir halten vor allem dann eine Vigil ab, wenn sich heilsgeschichtlich entscheidende Momente zutragen bzw. wir solcher gedenken. So sind Osternacht, Pfingstvigil und Christmette die wichtigsten Momente im gesamten Kirchenjahr. Wir wachen, weil Gott „nicht schläft“: Er wird Mensch in Jesus Christus, er ersteht von den Toten, der Hl. Geist wird auf die Apostel herabgesandt.
Gott ist treu und das Versprechen, Israel zu befreien, setzt er durch Mose um.
Ps 136
1 Dankt dem HERRN, denn er ist gut, denn seine Huld währt ewig!
23 Der unser gedachte in unserer Erniedrigung, denn seine Huld währt ewig,
24 und uns unseren Feinden entriss, denn seine Huld währt ewig.
10 Ihm, der die Ägypter schlug in ihrer Erstgeburt, denn seine Huld währt ewig,
11 und der Israel herausführte aus ihrer Mitte, denn seine Huld währt ewig,
12 mit starker Hand und ausgestrecktem Arm, denn seine Huld währt ewig.
13 Ihm, der das Rote Meer zerschnitt in zwei Teile, denn seine Huld währt ewig,
14 und Israel hindurchziehen ließ in seiner Mitte, denn seine Huld währt ewig,
15 und den Pharao und sein Heer schüttelte ins Rote Meer, denn seine Huld währt ewig.
Als Antwort beten wir Ps 136, der zusammen mit Ps 135 das große Hallel bildet, das man zum Pessachfest gebetet hat. Es stellt eine Danklitanei dar, bei der ein Vorbeter Gottes Taten als Schöpfer, Herr der Geschichte und Bewahrer des Lebens preist und die Gemeinde mit „denn seine Huld währt ewig“ antwortet.
Wir können absolut einstimmen in dieses Dankgebet, weil wir als Erlöste unser ganzes Leben als Antwort auf das Heil Gottes gestalten.
Gott hat der Israeliten gedacht in ihrer Erniedrigung, als sie wie Sklaven behandelt wurden. Auch uns rettet Gott immer wieder aus unserer Erniedrigung, die wir als seine Geschöpfe eigentlich Respekt und Achtung verdient haben. Besonders hat uns der Böse niedergedrückt und versklavt, indem wir zu Sklaven unserer Sünde wurden. Doch die Befreiung von dieser Knechtschaft durch die Taufe sind wir nicht nur vom Joch des Anklägers, des Bösen, befreit worden, sondern auch geheiligt worden. Uns ist die königliche und priesterliche Würde geschenkt worden!
Gott ist wirklich Herr über Leben und Tod. Die Warnungen schlugen die Ägypter in den Wind, allen voran der Pharao. So bekamen sie es mit voller Wucht zu spüren aufgrund des Todes der Erstgeborenen. Uns wird bewusst, dass wirklich das Unrecht auf uns zurückfällt, das wir anderen antun. Der Tod der israelitischen Knaben fiel letztendlich auf die Ägypter zurück, obwohl sie es hätten abwenden können.
Heute hörten wir davon, wie Gott die Israeliten aus der Mitte Ägyptens herausführte – eine unglaubliche Menschenmasse! Dies geschah durch seine starke Hand und seinen ausgestreckten Arm.
Was uns in den Bahnlesungen noch bevorsteht, ist die Teilung des Roten Meeres, von dem zum Schluss berichtet wird: Was für den Menschen unmöglich und aussichtslos erscheint, ist für Gott möglich. Er lässt Wege entstehen, wo vermeintliche Sackgassen sind. Das tröstet uns ungemein, denn wenn Gott schon das Rote Meer teilen kann, dann ist es ihm auch möglich, unsere ganz individuellen Probleme zu lösen.
Mt 12
14 Die Pharisäer aber gingen hinaus und fassten den Beschluss, Jesus umzubringen.
15 Als Jesus das erfuhr, ging er von dort weg. Viele folgten ihm nach und er heilte sie alle.
16 Er gebot ihnen, dass sie ihn nicht bekannt machen sollten,
17 damit erfüllt werde, was durch den Propheten Jesaja gesagt worden ist:
18 Siehe, mein Knecht, den ich erwählt habe, mein Geliebter, an dem ich Gefallen gefunden habe. Ich werde meinen Geist auf ihn legen und er wird den Völkern das Recht verkünden.
19 Er wird nicht streiten und nicht schreien und man wird seine Stimme nicht auf den Straßen hören.
20 Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen und den glimmenden Docht nicht auslöschen, bis er dem Recht zum Sieg verholfen hat.
21 Und auf seinen Namen werden die Völker ihre Hoffnung setzen.
Die Pharisäer sind sehr wütend über die mehrfachen Übertretungen des Sabbatgebotes durch Jesus. Zuerst pflücken Jesu Jünger Ähren von einem Kornfeld ab, dann heilt Jesus einen Mann in der Synagoge. Das ist zuviel für sie. Zu sehr fürchten sie die Strafe Gottes wie damals beim Babylonischen Exil. Sie verstehen gar nicht, dass Gott selbst ihnen hier gebietet, dass er es besser weiß als sie. So fassen die Pharisäer den Beschluss, Jesus zu töten.
Er kann jedoch noch nicht umgebracht werden, denn er hat das Werk des Vaters noch nicht vollbracht. Seine Zeit ist noch nicht gekommen und so handelt er klug – indem er von dort weggeht. Doch egal, wo Jesus hinkommt, die Menschen folgen ihm. Er heilt alle, die zu ihm kommen. Er offenbart mit seinem ganzen Wesen wirklich die Barmherzigkeit Gottes.
Er tut es auch, damit die Menschen vor dem Hintergrund der Hl. Schriften begreifen, wer er ist. Was er tut, ist die Erfüllung des Jesajawortes aus Jes 42,1. Er verkündet nicht nur den Juden, sondern auch den Nichtjuden. Gerade jene in den heidnischen Städten hören das Evangelium mit offenem Herzen. Vor einigen Tagen nahm er solche Städte als Glaubensvorbild für die jüdischen Städte Betsaida, Chorazin und Kafarnaum. Er ist wirklich der geliebte Knecht bzw. Sohn, der allen das Recht verkündet, denn Gott möchte einen Bund mit allen Völkern schließen.
Jesus streitet und schreit nicht. Seine Art, das Reich Gottes zu verkündigen, ist ganz und gar unpolitisch. Sein Reich ist nicht von dieser Welt, so können die Waffen, mit denen er dafür kämpft, auch nur spirituelle Waffen sein. Jesu Worte sind so kraftvoll, dass er auf den Straßen nicht schreien muss wie ein Revolutionär, ein Zelot, ein Aufrührer.
Er schaut beim Sünder auf das Bisschen Glut, das noch übrig ist, und auf das Stück des Rohrs, das noch nicht ganz abgerissen ist. Er tritt bei dem, der auf dem Boden liegt, nicht nach. Vielmehr gibt er mit höchster Sensibilität jedem Menschen eine Chance zur Umkehr. Er ist gekommen, um zu retten. Er tut alles und vergießt sein eigenes Blut, damit das Rohr nicht ganz abknickt, der Docht nicht ganz ausgeht und der Mensch zum Glauben an Gott kommt.
Weil sein Name Rettung bedeutet – „Jahwe ist Heil“ -, setzen alle Völker ihre Hoffnung auf ihn zu allen Zeiten. Alle Menschen kommen zu ihm und erhoffen sich von ihm das Heil für ihr Leben, auch wenn sie noch nicht ganz begriffen haben, wer er ist.
Gott ist wirklich ein Gott des Lebens, der Schöpfer, der Herr der Geschichte, der Befreier und Heiland. Egal, ob wir von den Erfahrungen der Menschen zu Jesu Zeiten hören oder von denen in der Zeit des Mose: Für Gott ist alles möglich und am Ende setzt sich sein Heilsplan durch.
Ihre Magstrauss