1 Thess 4,9-11; Ps 98,1.7-8.9; Mt 25,14-30
1 Thess 4
9 Über die Bruderliebe brauche ich euch nicht zu schreiben; Gott selbst hat euch schon gelehrt, einander zu lieben;
10 und danach handelt ihr auch an allen, die zu uns gehören in ganz Mazedonien. Wir ermahnen euch aber, Brüder und Schwestern, darin noch vollkommener zu werden.
11 Setzt eure Ehre darein, ruhig zu leben, euch um die eigenen Aufgaben zu kümmern und mit euren Händen zu arbeiten, wie wir euch aufgetragen haben.
Bereits gestern hörten wir einen paränetischen Ausschnitt aus dem ersten Thessalonicherbrief, bei dem Paulus die bereits sehr fortgeschrittenen Christen dazu ermutigt, noch weiter in Heiligkeit zu wachsen. Es wurden einige Beispiele genannt, in denen die Thessalonicher noch besser werden sollen. Heute setzt sich dies fort:
Er lobt die Adressaten sehr in dem Aspekt der Bruderliebe. Sie haben diese schon so vervollkommnet, dass sie nicht nur die Mitglieder der eigenen Gemeinde lieben, sondern auch darüber hinaus in ganz Mazedonien. Die Wendung „die zu uns gehören“ ist vor allem auf die gemeinsame Taufe zu beziehen, weshalb die Christen dazugehören. Darüber hinaus könnte es aber auch die Liebe zu den Mitarbeitern des Paulus umschreiben. Es gibt kein „genug lieben“. Liebe kennt keine Grenzen und muss jeden Tag aufs Neue angegangen werden. Wenn wir wirklich lieben, dann üben wir uns täglich mehr darin ein.
Die Thessalonicher sollen sich um ihre eigenen Aufgaben kümmern und mit eigenen Händen arbeiten. Einige Kapitel zuvor hat Paulus beschrieben, wie seine Mitarbeiter und er sich stets darum bemüht haben, für ihren eigenen Unterhalt aufzukommen und nicht auf der Tasche der Gemeindemitglieder zu liegen. Er möchte nie jemandem zur Last fallen und stattdessen Tag und Nacht für die Evangelisierung der Welt wirken. Die Thessalonicher sollen diese Haltung übernehmen. Sie sollen sich bemühen, selbst für sich zu sorgen und nicht andere arbeiten zu lassen.
Ps 98
1 Ein Psalm. Singt dem HERRN ein neues Lied, denn er hat wunderbare Taten vollbracht! Geholfen hat ihm seine Rechte und sein heiliger Arm.
7 Es brause das Meer und seine Fülle, der Erdkreis und seine Bewohner.
8 In die Hände klatschen sollen die Ströme, die Berge sollen jubeln im Chor
9 vor dem HERRN, denn er kommt, um die Erde zu richten. Er richtet den Erdkreis in Gerechtigkeit, die Völker so, wie es recht ist.
Heute beten wir Psalm 98. Es geht um den Lobpreis der wunderbaren Taten Gottes. Ich habe schon oft auf die Rechte und seinen heiligen Arm hingewiesen und dessen messianische Dimension hervorgehoben: Jesus ist Gottes Rechte und sein heiliger Arm, er ist sozusagen die „Exekutionsgewalt“ seines Vaters. Der Hl. Ignatius hat den Sohn und den Geist als die Hände Gottes bezeichnet.
Die ganze Schöpfung wird zum Lobpreis aufgefordert (das Meer, der Erdkreis, die Ströme, die Berge). Als Begründung dafür wird das Kommen Gottes genannt, mit dem er das Gericht in Gerechtigkeit vollzieht. Interessant ist, dass das Verb בָּא ba entweder als Vergangenheit oder als Gegenwart übersetzt werden kann. Gott hat schon zuvor Gericht gebracht (nämlich immer dann, wenn das Volk ihm untreu geworden und Götzen nachgelaufen ist). Dann wurde Israel von Fremdherrschern unterdrückt oder erlitt schlimme Plagen. Das wird im Nachhinein auch immer erkannt und als Gerichtshandeln Gottes gedeutet.
Gott ist aber auch gegenwärtig im Kommen. Er kommt als Messias, um Gericht zu halten und die Menschen, die unter Ungerechtigkeit leiden, zu befreien. Zuvor hat Gott von der Ewigkeit aus gewirkt, ohne selbst in die Welt einzugehen. Wir Christen erwarten das zweite Kommen des Messias am Ende der Zeiten. Im Glaubensbekenntnis beten wir „von dort wird er kommen zu richten die Lebenden und die Toten.“ Das ist auch für uns nicht bedrohlich, die die Gerechtigkeit und den Frieden Gottes in einer Welt der absoluten Bedrängnis und Dunkelheit ersehnen.
Insgesamt wird auch hier im Psalm das Gericht Gottes positiv dargestellt und sogar ersehnt. Oft hören wir Vorurteile gegenüber dem Alten Testament, die ein strenges und furchteinflößendes Gottesbild behaupten. Das können wir am heutigen Beispiel getrost ablehnen.
Mt 25
14 Es ist wie mit einem Mann, der auf Reisen ging. Er rief seine Diener und vertraute ihnen sein Vermögen an.
15 Dem einen gab er fünf Talente Silbergeld, einem anderen zwei, wieder einem anderen eines, jedem nach seinen Fähigkeiten. Dann reiste er ab. Sofort
16 ging der Diener, der die fünf Talente erhalten hatte hin, wirtschaftete mit ihnen und gewann noch fünf weitere dazu.
17 Ebenso gewann der, der zwei erhalten hatte, noch zwei weitere dazu.
18 Der aber, der das eine Talent erhalten hatte, ging und grub ein Loch in die Erde und versteckte das Geld seines Herrn.
19 Nach langer Zeit kehrte der Herr jener Diener zurück und hielt Abrechnung mit ihnen.
20 Da kam der, der die fünf Talente erhalten hatte, brachte fünf weitere und sagte: Herr, fünf Talente hast du mir gegeben; sieh her, ich habe noch fünf dazugewonnen.
21 Sein Herr sagte zu ihm: Sehr gut, du tüchtiger und treuer Diener. Über Weniges warst du treu, über Vieles werde ich dich setzen. Komm, nimm teil am Freudenfest deines Herrn!
22 Dann kam der Diener, der zwei Talente erhalten hatte, und sagte: Herr, du hast mir zwei Talente gegeben; sieh her, ich habe noch zwei dazugewonnen.
23 Sein Herr sagte zu ihm: Sehr gut, du tüchtiger und treuer Diener. Über Weniges warst du treu, über Vieles werde ich dich setzen. Komm, nimm teil am Freudenfest deines Herrn!
24 Es kam aber auch der Diener, der das eine Talent erhalten hatte, und sagte: Herr, ich wusste, dass du ein strenger Mensch bist; du erntest, wo du nicht gesät hast, und sammelst, wo du nicht ausgestreut hast;
25 weil ich Angst hatte, habe ich dein Geld in der Erde versteckt. Sieh her, hier hast du das Deine.
26 Sein Herr antwortete und sprach zu ihm: Du bist ein schlechter und fauler Diener! Du hast gewusst, dass ich ernte, wo ich nicht gesät habe, und sammle, wo ich nicht ausgestreut habe.
27 Du hättest mein Geld auf die Bank bringen müssen, dann hätte ich es bei meiner Rückkehr mit Zinsen zurückerhalten.
28 Nehmt ihm also das Talent weg und gebt es dem, der die zehn Talente hat!
29 Denn wer hat, dem wird gegeben werden und er wird im Überfluss haben; wer aber nicht hat, dem wird auch noch weggenommen, was er hat.
30 Werft den nichtsnutzigen Diener hinaus in die äußerste Finsternis! Dort wird Heulen und Zähneknirschen sein.
Auch im Evangelium geht es um das Ende der Zeiten. Wir hören wie die letzten Tage einen Ausschnitt aus der großen Endzeitrede Jesu.
Das Ende der Zeiten ist wie bei folgendem Szenario: Ein Mann geht auf Reisen und vertraut währenddessen seinen Dienern das gesamte Vermögen an. Dabei verteilt er das Geld unterschiedlich, je nachdem wie viel er den einzelnen Dienern zutraut. Es sind seine Bediensteten und er kennt sie gut genug, diese Aufteilung vorzunehmen. So bekommt der eine fünf, der zweite zwei und der dritte ein Talent. Während die ersten beiden mit den Talenten so umgehen, dass sie den Betrag vermehren, ja verdoppeln, vergräbt der dritte das eine ihm anvertraute Talent, weil er Angst vor der Strenge des verreisten Hausherrn hat.
Dann kommt der Herr wieder und ist in Begriff ein Freudenfest zu feiern. Die Diener kommen nun mit den ihnen anvertrauten Talenten zu ihm und geben darüber Rechenschaft. Die ersten beiden zeigen das vermehrte Vermögen und der Herr ist zufrieden. Er sagt ihnen zu, am Fest teilnehmen zu dürfen. Weil sie ihm im Kleinen treu geblieben sind, wird er es ihnen im Großen nun zurückzahlen beim Freudenfest. Es wird gesagt, dass er die beiden „über Vieles“ setzen wird. Sie werden also sozusagen befördert, steigen auf in ihrem Rang, sodass viele unter ihnen sein werden. Sie haben sich schließlich bewährt.
Dann kommt der dritte Diener mit dem wieder ausgegrabenen Talent zum Herrn und dieser ist verärgert. Warum eigentlich? Weil das Talent nicht vermehrt worden ist? Wir müssen uns vor Augen führen, wie viel das eigentlich ist: Ein Talent meint weniger eine Münzeinheit als vielmehr eine Maßeinheit für Gewicht. Zur Zeit Jesu entspricht ein Talent 26 kg. Hier im Gleichnis lesen wird von insgesamt 8 Talenten Silbergeld. Das entspricht 8 mal 6000 Drachmen, also 48 000 Drachmen. Eine Drachme als griechische Währung wurde unter Kaiser Augustus dem Wert eines Denars gleichgesetzt, was wiederum einem Tageslohn entsprach! Der Herr ist also sehr reich. Wird es ihn also nun in den Ruin treiben, wenn er nun diese 6000 Drachmen nicht mindestens verdoppelt hat? 6000 Drachmen mehr oder weniger bei diesem Vermögen spielt für ihn wohl weniger eine Rolle, vor allem wenn die ersten beiden Sklaven bereits 42 000 Drachmen Gewinn erzielt haben bzw. 7 Talente. Das ist es nicht, was den Herrn so sehr verärgert. Ihn ärgert die irrationale Angst und die vertane Chance des Dieners. Er hat nicht gehorcht und das ihm Anvertraute gewissenhaft verwaltet. Ihm stand schließlich ein Platz beim Freudenfest in Aussicht, doch er hat es im Grunde ausgeschlagen. Das ist ein Zeichen von Undankbarkeit und Davonlaufen von der Verantwortung, die ihm übertragen worden ist. Er war seinem Herrn nicht mal im Allerkleinsten treu. Wie kann dieser ihm also im Großen etwas anvertrauen wie einen Posten im Himmelreich? Hier geht es um das Freudenfest im Himmelreich, um das Ende der Zeiten und Christus ist der Herr, der wiederkommen wird als verherrlichter Menschensohn. Sein einziges Talent wird ihm weggenommen und dem mit den meisten Talenten gegeben. Das ist die Logik des Reiches Gottes.
„Denn wer hat, dem wird gegeben werden und er wird im Überfluss haben; wer aber nicht hat, dem wird auch noch weggenommen, was er hat.“ Wer hat, ist vor allem der Mensch, der Verantwortung und den Willen hat, der etwas vorzuweisen hat. Gott gibt am Anfang jedem etwas. Es kommt darauf an, was man daraus macht. Und wer nicht einmal den Willen hat, aus dem Geschenkten etwas zu tun und dem Geber damit Ehre zu erweisen, dem wird diese Gabe entzogen.
Bevor Christus „auf Reisen geht“, also zum Vater heimkehrt, hat er seinen Dienern, den Aposteln sein gesamtes Vermögen gegeben, den Gnadenschatz, die geistlichen Vollmachten, ja sogar die Schlüssel des Himmels! Er wird wiederkommen in Herrlichkeit und bis dahin ist es an ihnen, diese Schätze zu vermehren, das heißt die Gnade zu vermehren. Das betrifft nicht nur jene, die die Vollmachten Christi empfangen haben, sondern uns alle, die wir in der Taufe die heiligmachende Gnade empfangen haben. Das ist nicht das Ende. Wir können uns darauf nicht ausruhen, denn es ist erst der Beginn des Weges bis hin zur Rückkehr Christi – moralisch gesehen an unserem Lebensende. Dann wird er uns fragen, was wir aus dieser Taufgnade gemacht haben. Werden wir sie vermehrt haben zur Ehre Gottes? Oder werden wir sie vergraben haben im Dreck, um zurückzukehren zum alten Leben in Sünde?
Gott gibt jedem Menschen Talente – wir können die Maßeinheit auch auf unsere persönlichen Begabungen beziehen. Jedem teilt er zu nach seinem wunderbaren Heilsplan, jedem das er tragen kann. Denn auch Begabungen sind eine Bürde, die man tragen muss, denn mit ihr ist die Verantwortung verbunden, sie zur Ehre Gottes einzusetzen, sie richtig zu verwalten. Wer wenig hat, muss weniger verwalten. Das heißt natürlich nicht, dass die Bürde größer ist als die Dankbarkeit! Natürlich dürfen wir uns freuen, je mehr Gaben uns Gott geschenkt hat!
Und wenn wir dann vor Gott treten, unseren Hausherrn, wird er uns fragen, was wir aus unseren Talenten gemacht haben: Werden wir sie ihm zur Ehre eingesetzt haben oder um uns selbst zu rühmen? Werden wir die Talente verkümmert haben, ohne aus dem Potenzial etwas zu machen? Wir müssen nicht so weit, also bis zum Lebensende denken. Denn Gott fragt uns jeden Tag durch unser Gewissen. Erforschen wir es und fragen uns jeden Abend: Was habe ich heute aus den natürlichen Begabungen und den übernatürlichen Gnaden gemacht, die mir Gott geschenkt hat? Habe ich heute am Reich Gottes mitgewirkt oder es schleifen lassen? Habe ich mit den Talenten angegeben? Wenn ja, dann kehren wir um, denn Gott wird uns diese Talente schneller wegnehmen, als wir denken.
Wir können dieses Gleichnis auch sakramental auslegen: Uns ist die Taufgnade geschenkt und wir müssen sie gut verwalten, also im Stand der Gnade bleiben, sonst können wir Christus nicht empfangen beim sakramentalen Freudenfest der Eucharistie. Denn in jeder Hl. Messe kommt der Hausherr zurück und fragt nach seinen Dienern. Wenn wir nicht im Stand der Gnade sind, dürfen wir nicht zum Tisch des Herrn treten. Das hat schon Paulus erklärt.
Unser Leben muss ein gewissenhafter „Verwaltungsakt“, gleichsam ein „Geschäft“ mit den Talenten sein. Doch nicht Habgier soll den Antrieb dafür darstellen, sondern allein der Eifer um das wachsende Reich Gottes mit seiner Gnade hier auf Erden. Meine Großmutter hat in ihrem Dialekt gerne gesagt, dass Christen nur in einem Fall „allmeinig“ sein sollen (also „habgierig“), nämlich wenn es um die Gnade Gottes geht. Es soll auch nicht aus Angst vor dem wiederkehrenden Christus geschehen, sondern in Vorfreude auf das kommende Freudenfest, zu dem der Herr uns einladen will. Und das betrifft wie gesagt schon die Hl. Messe. Die Vorfreude auf die Vereinigung mit dem Herrn soll uns dazu motivieren, nach den Geboten zu leben, in der Liebe Gottes zu bleiben und nicht zu sündigen. Es ist die Vorfreude auf den Geliebten.
Ihre Magstrauss