1 Thess 4,13-18; Ps 96,1 u. 3.4-5.11-12.13; Lk 4,16-30
1 Thess 4
13 Brüder und Schwestern, wir wollen euch über die Entschlafenen nicht in Unkenntnis lassen, damit ihr nicht trauert wie die anderen, die keine Hoffnung haben.
14 Denn wenn wir glauben, dass Jesus gestorben und auferstanden ist, so wird Gott die Entschlafenen durch Jesus in die Gemeinschaft mit ihm führen.
15 Denn dies sagen wir euch nach einem Wort des Herrn: Wir, die Lebenden, die noch übrig sind bei der Ankunft des Herrn, werden den Entschlafenen nichts voraushaben.
16 Denn der Herr selbst wird vom Himmel herabkommen, wenn der Befehl ergeht, der Erzengel ruft und die Posaune Gottes erschallt. Zuerst werden die in Christus Verstorbenen auferstehen;
17 dann werden wir, die Lebenden, die noch übrig sind, zugleich mit ihnen auf den Wolken in die Luft entrückt zur Begegnung mit dem Herrn. Dann werden wir immer beim Herrn sein.
18 Tröstet also einander mit diesen Worten!
In der heutigen Lesung aus dem ersten Thessalonicherbrief erklärt Paulus eine wichtige Sache: In den ersten Christengenerationen ging man davon aus, dass die Wiederkunft Christi sehr bald geschehen werde, also noch in der Lebenszeit der ersten Christen. Doch es blieb aus und die ersten Christen starben. Es entstanden also nun Fragen und Ängste, denn was würde aus diesen bereits Verstorbenen werden, wenn Christus wiederkommt? Deshalb thematisiert Paulus dies in dem Brief:
Die Christen sollen nicht trauern wie jene, die keine Hoffnung haben. Er sagt nicht, dass man überhaupt nicht trauern soll über den Verlust eines Menschen, sondern dass man daran nicht verzweifeln soll. Denn auch wenn wir traurig sind, dass unsere geliebten Menschen von uns gegangen sind, so hoffen wir dank Jesu Tod und Auferstehung, dass es nur eine vorübergehende Trennung ist. Wir hoffen darauf, dass wir uns in der Ewigkeit wiedersehen. Deshalb sagen wir nicht „auf nimmer Wiedersehen“ zu unseren Verstorbenen, sondern „bis bald“. Diese Hoffnung können wir als Getaufte haben, weil wir österliche Menschen sind.
Paulus argumentiert in Vers 14 mit dem Osterereignis, das den Anfang dessen markiert, dem auch wir folgen werden.
„So wird Gott die Entschlafenen durch Jesus in die Gemeinschaft mit ihm führen.“ Paulus benutzt hier die Zukunftsform, auch im Griechischen (ἄξει axei). Das können wir entweder so verstehen, dass es nach dem biologischen Tod geschieht und davon ausgehend als zukünftig zu verstehen ist, oder Paulus meint damit schon die leibliche Auferstehung, die erst am Ende der Zeiten allen Menschen zuteilwird. Diese zweite Möglichkeit ist ziemlich wahrscheinlich, weil er an vielen Stellen das Thema Auferstehung mit der leiblichen Auferstehung in Verbindung bringt. Was wir also jetzt schon erleben – die Auferstehung der Seele – ist noch nicht der Endpunkt. Diesen Ausführungen ist wahrscheinlich die Frage nach dem Ende der Zeiten vorausgegangen, deshalb bezieht sich Paulus bei seiner Antwort im 1 Thess auch auf die leibliche Auferstehung am Ende der Zeiten.
Der Kern seiner Erklärung ist in Vers 15 zu lesen: „Wir, die Lebenden, die noch übrig sind bei der Ankunft des Herrn, werden den Entschlafenen nichts voraushaben.“ Dies ist ja die Sorge der Thessalonicher wegen der bereits verstorbenen Gemeindemitglieder. Paulus erklärt, dass beide – die bereits Verstorbenen sowie die noch Lebenden – gleichermaßen mit Leib und Seele in die Ewigkeit eingehen werden. Zuerst werden am Ende der Zeiten, wenn der Menschensohn wiederkommt und seine Engel ihm bei der Sammlung aller Menschen zum Weltgericht helfen werden, die Verstorbenen auferstehen. Was damit gemeint ist, lesen wir in vielen Bibelstellen darüber hinaus. Sogar im Matthäusevangelium wird berichtet, dass im Moment des Kreuzestodes Christi sich die Gräber geöffnet haben und die Verstorbenen herausgetreten sind, allerdings erst nach der Auferstehung Jesu Christi. Diese ersten „Mitauferstandenen“ sollten den Menschen als Zeichen dienen, dass Christus wirklich der Messias ist, der den Tod besiegt und die Auferstehung aller gebracht hat.
Die Verstorbenen werden also zuerst auferstehen und es wird eine leibliche Auferstehung sein. Ihre Seelen sind ja nicht zusammen mit ihrem verwesten Leib im Grab geblieben. Der Mehrwert dieser Auferstehung besteht in der Auferstehung des Leibes.
Dann werden die noch Lebenden mit Leib und Seele in die Ewigkeit eingehen.
Paulus sagt, dass die Lebenden auf den Wolken in die Luft entrückt werden. Diese Formulierung ist ganz bewusst so gewählt, denn die Christen wissen, wie Jesus auf diese Weise in den Himmel aufgefahren ist. Die Christen werden ihm also auf demselben Weg folgen. „Auf den Wolken“ meint dabei mehr als nur die Ansammlung kondensierenden Wasserdampfes. Es ist ein Code und Theophaniezeichen Gottes. Die Wolke erscheint immer da, wo Gott ist. Dieser nimmt den Menschen also in die Ewigkeit auf. Das wird durch dieses Zeichen ausgedrückt. Wir gehen also direkt in die Arme des Vaters, in seine Begegnung, in die ewige Gemeinschaft mit ihm, wenn wir im Stand der Gnade sterben.
Diese tröstenden Worte sollen die Thessalonicher einander immer wieder zusagen, damit sie nicht verzagen über den Tod ihrer Gemeindemitglieder, bevor Christus wiederkommt.
Ps 96
1 Singt dem HERRN ein neues Lied, singt dem HERRN, alle Lande,
2 singt dem HERRN, preist seinen Namen! Verkündet sein Heil von Tag zu Tag!
3 Erzählt bei den Nationen von seiner Herrlichkeit, bei allen Völkern von seinen Wundern!
4 Denn groß ist der HERR und hoch zu loben, mehr zu fürchten als alle Götter.
5 Denn alle Götter der Völker sind Nichtse, aber der HERR ist es, der den Himmel gemacht hat.
11 Der Himmel freue sich, die Erde frohlocke, es brause das Meer und seine Fülle.
12 Es jauchze die Flur und was auf ihr wächst. Jubeln sollen alle Bäume des Waldes
13 vor dem HERRN, denn er kommt, denn er kommt, um die Erde zu richten. Er richtet den Erdkreis in Gerechtigkeit und die Völker nach seiner Treue.
Der heutige Psalm ist „ein neues Lied“, was heute wieder einen messianischen Psalm kennzeichnet. Es handelt sich um einen Lobespsalm, der das Heil Gottes thematisiert. Es ist derselbe Psalm wie in der Christmette, wenn wir die Leibwerdung Gottes feiern. Die Aufforderung in Vers 3 erinnert an Jesu Missionsauftrag von Mt 28. Gott soll verkündet werden in der ganzen Welt („die Nationen“ meint immer die Heiden im AT und NT). Das größte Wunder, das Gott getan hat, ist seine eigene Menschwerdung in einer Jungfrau und seine Auferstehung von den Toten. Es ist so groß, weil dadurch Gott das universale Heil für die ganze Welt ermöglicht hat. Die ganze Schöpfung hat deshalb Grund zum Lobpreis, denn auch sie litt unter der Erbsünde der Menschen und hat nun die Aussicht auf die leibliche Auferstehung.
Gott ist mehr zu fürchten als alle Götter. Diese Aussage ist einerseits im poetischen Kontext zu betrachten, andererseits im Kontext eines monolatrischen Gottesverständnisses des Komponisten David. Zu jener Zeit begriffen die Menschen, dass Gott der einzig anzubetende Gott ist, ohne dass die Existenz anderer Götter ausgeschlossen wurde. Dies ist den Israeliten vor allem im Babylonischen Exil klargeworden. Wenn wir aber Vers 5 lesen, realisieren wir, dass König David vielleicht doch schon seiner Zeit voraus ist. Er erläutert nämlich, dass die anderen Götter Nichtse sind. Dieser Begriff wird für Götzen verwendet. Ist ihm bereits klar, dass diese Götzen nicht real sind? Sie wirken ja nicht wie der einzig wahre Gott, der alles geschaffen hat.
Der Gott des Lebens ist der wahre Gott. Deshalb ruft David in psalmentypischer Weise die Schöpfung dazu auf, Gott zu loben. Dass dabei die drei Bereich Himmel – Erde – Meer angesprochen werden, ist ganz klassisch. Es drückt die Aufteilung der Welt in vertikaler und horizontaler Weise aus. Himmel und Erde (manchmal wird noch „unter der Erde“ hinzugezählt) umschreibt die vertikale Strukturierung der Schöpfung, Erde und Meer die Aufteilung in Gewässer und Festland, also die horizontale Strukturierung der Welt.
Auch die darin vorkommenden Lebewesen sollen Gott loben. Diesmal werden nicht die Tiere oder Menschen genannt, sondern die Bäume des Waldes. Das ist im bildlichen Kontext ebenfalls eine klassische Figur. Der Baum wird nämlich sehr oft zum Sinnbild des Menschen und steht nicht nur für die Pflanzenwelt. Die Bewegung eines Baumes wird zudem für die Windstärke herangezogen. Bäume sind also ein universales Bild.
Schon mit dem ersten Kommen hat Gott Gericht gebracht. Jesus hat sehr oft Gerichtsreden gehalten und bestimmten Personen Gerichtsworte gewidmet. Ganz prominent sind seine Weherufe im Anschluss an die Seligpreisungen und jene gegen die Pharisäer und Schriftgelehrten, die wir zuletzt gehört haben. An Jesus haben sich schon von Anfang an die Geister geschieden und viele haben sich schon zu seinen Lebzeiten gegen ihn entschieden. Sie haben sich selbst gerichtet in seinem Angesicht. Umso mehr frohlockt die Schöpfung, wenn das Gottesgericht kommt. Gericht ist nie als Drohung zu verstehen. Gericht ist immer Erlösung und Barmherzigkeit für jene, die Gott lieben und seine Gebote halten. Gericht ist Erlösung von der Ungerechtigkeit jener, die die Gerechten unterdrücken und die Unschuldigen leiden lassen. Paulus sagt an anderer Stelle immer wieder, dass die ganze Schöpfung seufzt und auf Erlösung wartet. Wenn Gottes Gericht kommt, wird keiner sich diesem entziehen können. Gott wird die Völker richten und den ganzen Erdkreis. Wir alle müssen uns im Angesicht seiner brennenden Liebe verantworten.
Lk 4
16 So kam er auch nach Nazaret, wo er aufgewachsen war, und ging, wie gewohnt, am Sabbat in die Synagoge. Als er aufstand, um vorzulesen,
17 reichte man ihm die Buchrolle des Propheten Jesaja. Er öffnete sie und fand die Stelle, wo geschrieben steht:
18 Der Geist des Herrn ruht auf mir; denn er hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine frohe Botschaft bringe; damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde und den Blinden das Augenlicht; damit ich die Zerschlagenen in Freiheit setze
19 und ein Gnadenjahr des Herrn ausrufe.
20 Dann schloss er die Buchrolle, gab sie dem Synagogendiener und setzte sich. Die Augen aller in der Synagoge waren auf ihn gerichtet.
21 Da begann er, ihnen darzulegen: Heute hat sich das Schriftwort, das ihr eben gehört habt, erfüllt.
22 Alle stimmten ihm zu; sie staunten über die Worte der Gnade, die aus seinem Mund hervorgingen, und sagten: Ist das nicht Josefs Sohn?
23 Da entgegnete er ihnen: Sicher werdet ihr mir das Sprichwort vorhalten: Arzt, heile dich selbst! Wenn du in Kafarnaum so große Dinge getan hast, wie wir gehört haben, dann tu sie auch hier in deiner Heimat!
24 Und er setzte hinzu: Amen, ich sage euch: Kein Prophet wird in seiner Heimat anerkannt.
25 Wahrhaftig, das sage ich euch: In Israel gab es viele Witwen in den Tagen des Elija, als der Himmel für drei Jahre und sechs Monate verschlossen war und eine große Hungersnot über das ganze Land kam.
26 Aber zu keiner von ihnen wurde Elija gesandt, nur zu einer Witwe in Sarepta bei Sidon.
27 Und viele Aussätzige gab es in Israel zur Zeit des Propheten Elischa. Aber keiner von ihnen wurde geheilt, nur der Syrer Naaman.
28 Als die Leute in der Synagoge das hörten, gerieten sie alle in Wut.
29 Sie sprangen auf und trieben Jesus zur Stadt hinaus; sie brachten ihn an den Abhang des Berges, auf dem ihre Stadt erbaut war, und wollten ihn hinabstürzen.
30 Er aber schritt mitten durch sie hindurch und ging weg.
Jesus ist ganz erfüllt vom Hl. Geist. Er lehrt die Juden heute mit göttlicher Vollmacht und erklärt, dass die Verheißungen der Hl. Schriften sich in ihm erfüllen. In der heutigen Episode soll er aus der Hl. Schrift vorlesen und diese auslegen. Es gibt im Judentum eine Leseordnung und wir sehen einmal mehr, wie die Vorsehung Gottes alles so fügt. Jesus ist ausgerechnet dann dran, wenn Jesaja verlesen wird, der die prägnanteste Messiaserwartung beinhaltet. Jesus liest Worte vor, die eins zu eins auf ihn zutreffen. Ihm ist klar, dass er sich selbst in Gefahr bringt, wenn er die folgenden Worte spricht, und doch sagt er sie: „Heute hat sich das Schriftwort (…) erfüllt.“ Das ist für jüdische Ohren, die Jesus als Gott nicht erkennen, absolut blasphemisch. Jesus bezeichnet sich als Gesalbten, was auf hebräisch Messias heißt. Zuerst sind die Anwesenden erstaunt und stimmen ihm zu. Sie werden von den vielen Wundertaten und der brennenden Verkündigung Jesu gehört haben. Sie werden von Blindenheilungen und von der frohen Botschaft Jesu Christi erfahren haben. Ihnen wird aufgefallen sein, welch Segen von diesem Menschen ausgeht. Und doch hält diese Anerkennung nicht lange an. Sie sind erstaunt, wie jemand, den sie als einfachen Sohn eines Zimmermanns ihrer Stadt kannten, plötzlich so redet. Jesus sagt daraufhin, weil er ihre Herzen kennt, dass ein Prophet in seiner Heimatstadt nicht anerkannt wird, eben aus jenem Grund: Die Leute haben ihn von klein auf aufwachsen gesehen und respektieren ihn deswegen nicht.
Auch wir werden vor die Entscheidung gestellt: Nehmen wir Jesus als den Messias an und beweisen dabei unsere Liebe zu Gott? Dieser Zusammenhang ist uns heute ja im Paulusbrief sowie im Psalm erklärt worden. Nehmen wir den Christus an oder wollen auch wir ihn ablehnen? Wann tun wir das denn konkret? Jedesmal, wenn wir Gottes Gebote eben nicht halten, dann lehnen wir auch Christus ab, der für unsere Sünden gestorben ist.
Wo Ablehnung herrscht, kann Gott nicht wirken. Das betrifft auch die Kirche heute. Wo die Menschen selbst und aus eigener Kraft etwas bewirken wollen, lassen sie dem Geist Gottes keinen Raum. Wenn sie ihn ablehnen, zieht er sich zurück, denn der freie Wille ist Gott heilig. So ist es auch bis zum Schluss. Wer den Hl. Geist ablehnt und so auch die vergebende Barmherzigkeit Gottes, richtet sich selbst für die Hölle. Denn der Geist Gottes ist es, durch den uns vergeben wird. Jesus sagt zu seinen Jüngern als Auferstandener: „Empfangt den Hl. Geist. Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben und wem ihr die Vergebung verweigert, dem ist sie verweigert.“
Diese allzu menschliche Haltung, die Jesus hier anspricht, gilt zu jeder Zeit. So verweist er auf die Witwe von Sarepta und den Syrer Naaman. Dieser nimmt es auch zuerst nicht an, lässt sich dann aber eines besseren belehren und so wird er doch geheilt. Zur Zeit der Propheten Elija und Elischa bleiben viele Heilungen aus, weil die Menschen nicht mit Glauben zu ihnen kamen und diese nicht anerkannten. Heilungen Gottes sind keine Automatismen. Wer innerlich gar nicht glaubt, dass Gott sie heilen kann, wird auch nicht geheilt. Wer nicht wenigstens ein wenig sein Herz dafür öffnet, an dem wird Gott auch nicht handeln können. Keiner wird gegen seinen eigenen Willen geheilt. Das gilt bis heute.
Jesus hat diese ganzen Worte nicht gesprochen, um irgendwen zu provozieren, sondern es stellt eine Lektion für die Menschen dar. Er sagt es, um sie wachzurütteln, damit sie ihn annehmen. Stattdessen werden sie wütend und wollen ihn umbringen. Jesus hat keine Angst und geht ganz gelassen durch die Menge hindurch weg von den Nazarenern. Sie haben die Zeit der Gnade nicht erkannt. Gott kritisiert die Menschen nicht, um sie fertig zu machen oder weil ihm das gefällt. Er tut es, um die Menschen zur Besinnung zu führen. Er weiß, was ihnen wirklich fehlt, er kann ihnen das lebendige Wasser aber nur zu trinken geben, wenn sie den Mund aufmachen und zu trinken beginnen.
In den heutigen Lesungen hören wir davon, wie die Auferstehung am Ende der Zeiten sein wird, dass Gottesgericht eine Erlösung für die gesamte Schöpfung darstellt, etwas Positives und Ersehnenswertes ist und das Gerichtsurteil wesentlich von unserer eigenen Entscheidung abhängt. Schon in diesem Leben zeichnen wir selbst die Linien dadurch, dass wir Gott unser Herz öffnen oder es vor ihm verschließen. Was wollen wir heute tun?
Ihre Magstrauss