Kol 1,9-14; Ps 98,2-3b.3c-4.5-6; Lk 5,1-11
Kol 1
9 Daher hören wir seit dem Tag, an dem wir davon erfahren haben, nicht auf, für euch zu beten und zu bitten, dass ihr mit der Erkenntnis seines Willens in aller Weisheit und geistlichen Einsicht erfüllt werdet.
10 Denn ihr sollt ein Leben führen, das des Herrn würdig ist und in allem sein Gefallen findet. Ihr sollt Frucht bringen in jeder Art von guten Werken und wachsen in der Erkenntnis Gottes.
11 Er gebe euch in der Macht seiner Herrlichkeit viel Kraft, damit ihr in allem Geduld und Ausdauer habt.
12 Dankt dem Vater mit Freude! Er hat euch fähig gemacht, Anteil zu haben am Los der Heiligen, die im Licht sind.
13 Er hat uns der Macht der Finsternis entrissen und aufgenommen in das Reich seines geliebten Sohnes.
14 Durch ihn haben wir die Erlösung, die Vergebung der Sünden.
Gestern begannen wir die Bahnlesung des Kolosserbriefs und betrachteten eingehend das Präskript, denn in diesem ersten Abschnitt wurde schon viel Theologisches zum Ender und Empfänger des Briefs vorweggenommen. Heute beschäftigen wir uns noch ein wenig mehr mit dem Proömium, der preisenden Einleitungsworte des Paulus. Gestern schon hörten wir, dass er Gott dankt für den Glauben der Kolosser und dass sich ihr Glaube sowie ihre Liebestaten herumgesprochen haben.
Seitdem Paulus und seine Mitarbeiter von den Früchten in Kolossä gehört haben, halten sie unablässig Fürbitte bei Gott, dass sie mit aller Weisheit und Einsicht, das heißt mit den Gaben des Hl. Geistes, erfüllt werden mögen.
Gestern ging es viel um den Glauben, den sie angenommen haben. Ich habe erklärt, dass es mit der Taufe zusammenhängt, die man als Zeichen dieses Glaubens empfangen hat. Mit der Taufe ist der Mensch ganz vor Gott gerecht geworden. Aber das ist nicht das Ende. Deshalb bittet Paulus Gott jetzt umso mehr unablässig für die Kolosser. Für sie beginnt nun der eigentliche Kampf, denn der Böse lässt nicht nach, alle Register zu ziehen und sein gesamtes Arsenal aufzufahren, um die für Christus Gewonnenen ins Verderben laufen zu lassen. Die Anfechtungen, die geistigen Angriffe kommen nun umso mehr. Deshalb brauchen die Kolosser die Gaben des Hl. Geistes. Für sie beginnt ja jetzt das Leben nach den Geboten Gottes. Sie sollen ja leben, wie es „des Herrn würdig ist“. Der Same ist in der Taufe in sie hineingelegt. Nun liegt es an ihnen, daraus etwas erwachsen zu lassen. Und diese Früchte sind gute Werke und die Zunahme an göttlicher Erkenntnis. Auch hier merken wir, dass Paulus keinesfalls dafür einsteht, dass gute Werke überflüssig sind. Das ist ein falsches Verständnis des Völkerapostels. Er möchte in seinen Briefen aber herausstellen, dass gute Werke uns nicht erlösen. Zuerst kommt die Gnade Gottes, die uns gerecht macht in der Taufe. Damit beschenkt können und müssen wir dann aber gute Werke vollbringen. Alle seine paränetischen Aussagen würden sonst ja überhaupt keinen Sinn ergeben.
Paulus bittet den Herrn um Ausdauer und Geduld für die Kolosser, denn er weiß von seinem eigenen geistlichen Leben, wie wichtig diese Dinge sind. Ohne Ausdauer kann man nicht lange gegen den Strom schwimmen. Die Widerstände sind für den Christen damals sehr groß. Und wie schnell verliert der Mensch die Geduld mit sich selbst! Wie schnell neigt der Mensch zur Resignation, wenn er merkt, dass er immer dieselben Sünden tut und immer dasselbe in die Beichte bringt!
Bei allem ruft Paulus die Kolosser zu einer dankbaren Haltung auf und zu einer immerwährenden Freude. Auch wenn es schwer ist, ein christliches Leben zu führen, so können wir uns doch voller Vorfreude in diese Aufgabe stürzen, denn wir haben als Getaufte ja schon Anteil am ewigen Leben. Wir sind bereits mit einem Bein in der Ewigkeit. Wenn wir wieder versucht sind, zu resignieren und zu klagen, dann erinnern wir uns auch heutzutage daran, dass wir Erlöste sind, Kinder Gottes, beschenkt mit dem Pfand des Hl. Geistes, Teil der Neuen Schöpfung! Wir sind der Finsternis entrissen und dürfen in der österlichen Hoffnung leben, die uns Christus ermöglicht hat.
Das soll unser Leben prägen und unseren Blick immer wieder auf die Ewigkeit richten. Damit wir unsere wahre Identität nie vergessen und unsere Berufung nicht aus den Augen verlieren, müssen wir uns das immer wieder vor allem in der Hl. Messe sagen lassen, wenn wir Christus in eucharistischer Gestalt empfangen und er in uns eingeht.
Ps 98
2 Der HERR hat sein Heil bekannt gemacht und sein gerechtes Wirken enthüllt vor den Augen der Völker.
3 Er gedachte seiner Huld und seiner Treue zum Haus Israel. Alle Enden der Erde sahen das Heil unsres Gottes.
4 Jauchzet dem HERRN, alle Lande, freut euch, jubelt und singt!
5 Spielt dem HERRN auf der Leier, auf der Leier zu lautem Gesang!
6 Mit Trompeten und lautem Widderhorn jauchzt vor dem HERRN, dem König!
Als Antwort beten wir Psalm 98, der betitelt ist als „Neues Lied auf den Schöpfer und Richter“. Gott ist beides, Schöpfer und Richter. Er uns aus Liebe geschaffen und wird in Liebe richten, denn nichts Unheiliges findet Raum in seinem Reich. In der Taufe sind wir der Gemeinschaft mit Christus zugehörig geworden, aber wir müssen uns bewähren. Christus hat das noch ausstehende Ende der Zeiten angekündigt, bei dem es zum Weltgericht kommen wird.
Gott hat viel Heil erwirkt und seinen Plan immer wieder kundgetan, da er ein sich offenbarender Gott ist. Er hat dies auch vor den Augen der Völker getan, also der nichtjüdischen Menschen, die dadurch seine Größe bezeugt haben. Mit Jesus Christus hat diese Offenbarung, das heißt seine Selbstmitteilung, einen Höhepunkt erreicht. So kann man wortwörtlich sagen: Gott hat sein Heil (יְשׁוּעָתֹ֑ו jeschuato), seinen Jesus, der Welt bekannt gemacht. Dieser ist „seine Rechte“ und „sein heiliger Arm“. Der Hl. Ignatius von Lyon hat den Sohn und den Geist als die Hände Gottes bezeichnet. Durch Christus hat Gott die Heilstaten vollbracht – sowohl die Schöpfung (deshalb nennen wir Jesus auch den Schöpfungsmittler) als auch die Erlösung.
„Alle Enden der Erde sahen das Heil“. Die ganze Welt sah die Heilstaten Gottes. Das betrifft die Israeliten, die aus Ägypten herausgeführt worden sind, was bei den nichtjüdischen Völkern für Anerkennung gesorgt hat. Das betrifft umso mehr das ganze Erlösungsgeschehen Jesu Christi, das für eine weltweite Evangelisierung und flächendeckende Gemeindegründungen gesorgt hat. Es begann mit dem Hauptmann am Kreuz („wahrlich, dieser war Gottes Sohn“) und ging weiter bis an die damaligen „Enden der Erde“. Und es geht bis an die heutigen Enden!
Deshalb ist auch der Anfang des Psalms so signalhaft für christliche Ohren. Es ist ein „neues Lied“, das auf den Messias hinweist und über die Rettungsaktionen Gottes an seinem auserwählten Volk hinausgeht. Ganz konkret können wir hier an das babylonische Exil denken, das neben dem Exodusgeschehen bei den Nichtjuden für Anerkennung gesorgt hat.
Vor den Augen der Völker ( הַ֝גֹּויִ֗ם hagojim, die nichtjüdischen Völker!) hat Gott schon Gericht gewirkt, indem er das unterdrückte Volk aus der Knechtschaft der Babylonier befreit hat. Er hat auch vor den Heiden die Erlösung erwirkt (die Römer staunten nicht schlecht, als das Grab leer war, und der Hauptmann kam unter dem Kreuz zum Glauben). Gott wirkt Wunder auch heute noch vor den Augen der Nichtgläubigen und benutzt uns dafür. Wir sind heute seine Hände in dieser Welt, die anderen Menschen zum Glauben an Christus verhelfen. Er tut das auch in der Taufe. Dann werden wir aus der Knechtschaft der Erbsünde, aus dem Exil der Paradieslosigkeit befreit. Am Ende der Zeiten, wenn Jesus als verherrlichter Menschensohn zurückkehrt, wird Gottes Gericht universal und für alle offenbar durchgesetzt werden. Dann wird es aber zu spät für die Umkehr sein.
Gott bleibt seinem Volk treu, auch jetzt noch. Gott bleibt auch uns treu, die wir ihm durch jede Sünde immer wieder untreu werden. So ist Gott. Er starb für uns, ohne sein Opfer davon abhängig zu machen, ob wir seine Liebe zurückgeben oder nicht.
Seine Erlösungstat ist ein Grund zur Freude. Unsere Existenz, vor allem auf die Ewigkeit hin, haben wir allein Gott zu verdanken. Diese ist uns durch die Taufe geschenkt. Dadurch sind wir als Kinder Gottes neugeboren und als Erben eingesetzt worden. Das ist jeden Tag den Lobpreis Gottes wert, auch schon hier auf Erden! Dankt dem Vater mit Freude – Pauli Worte liegen ganz auf der Linie der alttestamentlichen Tradition! Im Himmel wird es unsere ewige Beschäftigung sein.
Zum Ende des heutigen Abschnitts erfolgt ein Lobpreisaufruf, der typisch für Psalmen ist. Es ist eine Aufforderung zur instrumentalen Begleitung auf den gängigen Instrumenten (so die Leier, die König David meisterhaft beherrscht hat). Auch Trompeten und Widderhörner sollen eingesetzt werden zum Lobpreis Gottes. Für ihn ist der festlichste Lobpreis des Menschen gerade gut genug für den Herrn, dem wahren König – schreibt König David.
Lk 5
1 Es geschah aber: Als die Volksmenge Jesus bedrängte und das Wort Gottes hören wollte, da stand er am See Gennesaret
2 und sah zwei Boote am See liegen. Die Fischer waren aus ihnen ausgestiegen und wuschen ihre Netze.
3 Jesus stieg in eines der Boote, das dem Simon gehörte, und bat ihn, ein Stück weit vom Land wegzufahren. Dann setzte er sich und lehrte das Volk vom Boot aus.
4 Als er seine Rede beendet hatte, sagte er zu Simon: Fahr hinaus, wo es tief ist, und werft eure Netze zum Fang aus!
5 Simon antwortete ihm: Meister, wir haben die ganze Nacht gearbeitet und nichts gefangen. Doch auf dein Wort hin werde ich die Netze auswerfen.
6 Das taten sie und sie fingen eine große Menge Fische; ihre Netze aber drohten zu reißen.
7 Und sie gaben ihren Gefährten im anderen Boot ein Zeichen, sie sollten kommen und ihnen helfen. Sie kamen und füllten beide Boote, sodass sie fast versanken.
8 Als Simon Petrus das sah, fiel er Jesus zu Füßen und sagte: Geh weg von mir; denn ich bin ein sündiger Mensch, Herr!
9 Denn Schrecken hatte ihn und alle seine Begleiter ergriffen über den Fang der Fische, den sie gemacht hatten;
10 ebenso auch Jakobus und Johannes, die Söhne des Zebedäus, die mit Simon zusammenarbeiteten. Da sagte Jesus zu Simon: Fürchte dich nicht! Von jetzt an wirst du Menschen fangen.
11 Und sie zogen die Boote an Land, verließen alles und folgten ihm nach.
Im heutigen Evangelium hören wir eine Berufungsgeschichte. Jesu Existenz führt die Menschen immer zur Entscheidung. Und so beginnt die Nachfolge seiner Apostel mit einer Entscheidung für Christus.
Jesus steht am See Gennesaret, weil die Menschenmenge Jesus hören möchte. Da erblickt er zwei Boote am Ufer und Fischer, die ihre Netze waschen. Kurzerhand steigt Jesus in das Boot des Simon (dem späteren Petrus) und lehrt von dort aus die Menschenmenge. Es ist kein Zufall, denn er wird diese Fischer als seine Apostel auswählen. Sie sollen so wie er vom Boot aus nicht mehr Fischernetze auswerfen, sondern das Wort Gottes ausstreuen, um nicht mehr Fische, sondern Menschen für das Reich Gottes zu „fangen“. Fischer sind wie Hirten sehr einfache Berufe, die von Menschen mit geringem Bildungsgrad ausgeübt worden sind. Das schließt jedoch nicht die religiöse Bildung ein, welche in der Regel sorgfältig vonstatten geht. So wie einfache Hirten die ersten Zeugen der Geburt Christi darstellten, so sind es jetzt einfache Fischer, die zur Nachfolge Christi berufen werden. Gottes Pädagogik ist so überragend, dass er auch hier eine ganz bestimmte Berufsgruppe auserwählt hat: Schon im Buch Ezechiel wird der Tempel mit dem lebendigen Wasser verheißen, welches viele Fische und gesundes Meer zur Folge haben wird und die Fischer von „En-Gedi bis En-Eglajim“ viele Fische fangen werden (Ez 47,9-10). Ebenso werden Simon, Andreas, Johannes und Jakobus sich bereit machen, aufgrund des lebendigen Wassers, dem Heiligen Geist, viele „Fische“ zu fangen.
Bevor Jesus aber irgendetwas zu den Fischern sagt, fordert er Simon auf, mit dem Boot auf den See hinauszufahren. Das ist keine willkürliche Sache, sondern Jesus möchte den anwesenden Fischern nun erklären, was es heißt, Menschen zu „fangen“, das heißt für das Reich Gottes zu gewinnen. So fordert Jesus die Apostel dazu auf, die Netze auszuwerfen – mitten am Tag. Manchmal verlangt Gott Dinge von uns, die in unseren Augen sinnlos oder banal erscheinen, weil wir den tieferen Sinn dahinter nicht erkennen. So möchte Jesus ihnen zeigen, dass mit seiner Hilfe alles möglich ist. Sie haben in der letzten Nacht nämlich nichts gefangen. Sobald sie nun aber gehorsam Jesu Worte befolgen und die Netze auswerfen, fangen sie so viele Fische, dass die Netze fast reißen und sie nur gemeinsam die Beute an Land ziehen können. Petrus erkennt, dass Jesus kein gewöhnlicher Mensch ist, sondern Gott. Deshalb sagt er zu ihm: „Geh weg von mir, ich bin ein Sünder.“ Er fühlt sich in seiner Gegenwart plötzlich ganz klein und bedürftig.
Alle Fischer sind ergriffen von dem, was passiert ist. Jesus ruft sie zur Nachfolge auf und sie lassen alles zurück, um ihm nachzufolgen.
Bis heute beruft er Menschen mit diesen Worten. Er möchte bis heute Menschenfischer für sein Reich haben, denn die „Arbeit“ ist nie abgeschlossen. Das meint zuallererst besondere Einzelpersonen wie Petrus usw. Wir sprechen hier von geistlicher Berufung, in besonderer Weise das übliche Leben zurückzulassen, sogar die biologische Familie zu verlassen, um einer größeren Berufung nachzugehen. Es meint in erster Linie diejenigen, die sich für das Weltpriestertum oder für ein Ordensleben entscheiden.
Darüber hinaus ruft Gott jeden einzelnen Menschen bei seinem Namen. Er ruft nach uns, damit wir zu ihm kommen und ihn zurücklieben, ihn, der uns zuerst geliebt hat. Jeder Mensch, ob er will oder nicht, wird von Gott angezogen und ersehnt ihn in der Tiefe seines Herzens, weil er Abbild Gottes ist. Diese Sehnsucht treibt ihn so lange, bis er das ewige Heil in Christus gefunden hat und sich taufen lässt. Der Geist, das lebendige Wasser, führt die Menschen zu Jesus. Und auch uns ruft der Herr mitten ins Leben hinein, damit wir uns im Hier und Jetzt ändern.
Wir sind bereits Erlöste durch unsere Taufe und auch durch die Firmung. Begreifen wir, dass das aber kein Zielpunkt, sondern ein Anfangspunkt ist. Begreifen wir, dass wir uns nicht bequem zurücklehnen können, weil wir automatisch in den Himmel kommen, sondern nehmen wir uns in Acht, versuchen wir in allem, Gott zu gefallen, und danken wir ihm mit Freude. Von der Vorfreude auf das Himmelreich geprägt können wir die schlimmste Dunkelheit aushalten, den größten Sturm, um bei dem Bild des Evangeliums zu bleiben, die schlimmste Niederlage. Auch wir sollen in unserem Lebensumfeld Menschenfischer sein, auch wenn wir keine geistliche Berufung haben.
Ihre Magstrauss