1 Tim 6,13-16; Ps 100,2-3.4-5; Lk 8,4-15
1 Tim 6
13 Ich gebiete dir bei Gott, von dem alles Leben kommt, und bei Christus Jesus, der vor Pontius Pilatus das gute Bekenntnis abgelegt hat und als Zeuge dafür eingetreten ist:
14 Erfülle deinen Auftrag rein und ohne Tadel, bis zum Erscheinen Jesu Christi, unseres Herrn,
15 das zur vorherbestimmten Zeit herbeiführen wird der selige und einzige Herrscher, der König der Könige und Herr der Herren,
16 der allein die Unsterblichkeit besitzt, der in unzugänglichem Licht wohnt, den kein Mensch gesehen hat noch je zu sehen vermag: Ihm gebührt Ehre und ewige Macht. Amen.
In der heutigen Lesung aus dem ersten Timotheusbrief hören wir noch weitere Mahnungen, die Paulus für Timotheus bereithält. Gestern sagte er, dass Timotheus den Menschen ein Vorbild sein soll.
Auch im heutigen Ausschnitt sagt er ihm, dass er tadellos sein und seine Berufung leben soll. Das ist so wichtig, dass Paulus dafür sogar eine Art Eid formuliert. Das ist nämlich nicht, was Paulus von sich aus von Timotheus erwartet, sondern es ist dessen gottgegebener Auftrag.
Er soll bis zur Wiederkunft Christi die Aufgaben als Geweihter erfüllen, die Sakramente spenden, die Gemeinde weiter aufbauen und leiten. Er soll sich von Herzen bemühen und tadellos sein. Die geweihten Amtsträger haben eine große Verantwortung. Von ihnen erwartet Gott noch mehr als von den anderen. Er ist noch viel strenger mit denen, die er mit seinen geistlichen Vollmachten ausgestattet hat.
Die Wiederkunft Christi hat einen ganz bestimmten Zeitpunkt, den Gott entscheidet, doch welcher das ist, weiß keiner. Wir können das Datum nicht berechnen und Gott hat es uns auch nicht offenbart. Jesus hat jedoch gesagt, dass wir es an den Vorzeichen erkennen werden, dass dieser Zeitpunkt herannaht.
Die Verse 15 und 16 sind hymnisch formuliert. Diese Art von Abschnitt, der wie ein pathetisches Gebet wirkt und mit einem Amen abgeschlossen wird, nennt sich Bekenntnisformel. Christus wird bekannt mithilfe von vielen theologischen Bekenntnissen als Anrufe: Jesus wird als der „selige und einzige Herrscher“ bezeichnet. Es gibt nur diesen einen. Zum Vater gibt es nur einen einzigen Weg und das ist Christus. Keiner ist vom Vater gesalbt außer er. Vor ihm werden sich niederknien und bekennen „Jesus Christus ist der Herr“, vor keinem sonst. Die Herrscher dieser Welt werden ihre Kronen vor ihm ablegen, weil er der „König der Könige und Herr der Herren“ ist. Jesus allein besitzt Unsterblichkeit, es muss eine Unsterblichkeit meinen, die unsere übersteigt, denn schon die Kirchenväter schreiben über diese Stelle – wenn allein Jesus unsterblich ist, was ist dann unsere Seele? Die ist doch auch unsterblich? Christus ist derjenige, der ganz mit Leib und Seele bei Gott ist. Das erwartet uns erst noch, nämlich wenn das Weltende kommt. Christus hat zudem die Unsterblichkeit auf die Weise, dass diese nicht zerstörbar ist. Er ist Gott und Gott ist ein Gott des Lebens. Er ist ohne Sünde, denn die Sünde kann unsere unsterbliche Seele sterben lassen, wie es Augustinus sagt. Der seelische Tod ist die ewige Abgeschnittenheit von Gott. Das berührt Jesus nicht. Er ist ohne Sünde und hat deshalb die Unsterblichkeit in einem vollkommenen Maß. Er wohnt in „unzugänglichem Licht“. Er ist ganz beim Vater, nicht einfach nur in dessen Gegenwart, sondern ihm zur Rechten sitzend. Von dort ist bisher noch kein Mensch wieder zurückgekehrt, um zu erzählen, wie es ist – nur Jesus. Deshalb ist er ja der beste Exeget des Vaters. Aber was heißt es, dass kein Mensch es je zu sehen vermag? Im ersten Johannesbrief heißt es ja, dass wir alle ihn sehen werden, wie er ist? Das bezieht sich nicht auf die Zukunft, wenn wir sterben und vor ihm stehen, sondern jetzt in dem lebenden Zustand. Würden wir Gott jetzt so schauen, wie er ist, würden wir auf der Stelle sterben, weil sein „unzugängliches Licht“ zu viel für uns ist. Deshalb vermögen wir ihn gar nicht zu schauen. Das gilt auch für Christus. Wir haben ihn im entäußerten Zustand gesehen. Er hat seine Gottheit verborgen. Aber nun ist er beim Vater in Macht und Herrlichkeit. So haben wir ihn noch nicht gesehen und können ihn auch nicht sehen, weil seine Herrlichkeit uns überwältigt, solange wir hier auf Erden leben.
Dieser pathetische Abschnitt endet mit einer ganz knappen Doxologie, die mit einem Amen abgeschlossen wird. Christus werden Ehre (griechisch doxa, deshalb Doxologie) und ewige Macht zuerkannt.
Ps 100
2 Dient dem HERRN mit Freude! Kommt vor sein Angesicht mit Jubel!
3 Erkennt: Der HERR allein ist Gott. Er hat uns gemacht, wir sind sein Eigentum, sein Volk und die Herde seiner Weide.
4 Kommt mit Dank durch seine Tore, mit Lobgesang in seine Höfe! Dankt ihm, preist seinen Namen!
5 Denn der HERR ist gut, ewig währt seine Huld und von Geschlecht zu Geschlecht seine Treue.
Als Antwort auf die Lesung beten wir Psalm 100, der betitelt wird als „Lobgesang der Völker beim Einzug ins Heiligtum“.
„Dient dem HERRN mit Freude! Kommt vor sein Angesicht mit Jubel!“ Diese Worte beziehen sich auf die Heiden, die zum Glauben an den Gott Israels kommen. Vor dem Hintergrund der Lesung gehen wir über die Heiden zur Zeit König Davids hinaus und betrachten die Christen, die vom Tod ins Leben übergegangen sind. Wir denken an die vielen Christen in Ephesus, die Timotheus vom Tod ins Leben verholfen hat, ja ihn selbst, der den christlichen Glauben angenommen hat.
Sie sind es, die zu einem freudigen Dienst aufgefordert werden, nämlich zur Liebe. Der Wortsinn dieses Psalms ist zunächst auf die Heiden in alttestamentlicher Zeit zu beziehen, die zum Tempel kommen sollen („vor sein Angesicht“). Dort gibt es einen eigens für sie bestimmten Tempelhof. Mit Blick auf die frühen Christen müssen wir uns fragen, was dann mit „Angesicht Gottes“ gemeint sein könnte. Jesus hat der samaritanischen Frau am Jakobsbrunnen schon angekündigt, dass in Zukunft weder der Tempel in Jerusalem noch die Kulthöhe auf dem Garizim die Anbetungsorte Gottes darstellen werden. Er hat angekündigt, dass er selbst den Ort der Anbetung darstellen wird und die rechte Weise der Anbetung im Geist und in der Wahrheit sein werde. Es wird keine örtliche Gebundenheit mehr geben, weil Jesus in jeder Heiligen Messe eucharistisch anwesend sein wird! Die Christen der Lesung treten also nun durch die Liturgie zum Angesicht Gottes, egal wo sie sich befinden!
„Erkennt: Der HERR allein ist Gott. Er hat uns gemacht, wir sind sein Eigentum, sein Volk und die Herde seiner Weide.“ Dass es nur diesen einen Gott gibt, wird den Heiden gegenüber natürlich deshalb betont, weil sie den Monotheismus erst einmal lernen müssen. Sie kommen aus einem polytheistischen Kontext (Vielgötterei). Dagegen hat der eine wahre Gott die Welt geschaffen, auch die Menschen. Deshalb gehören alle Menschen ihm. Auch die Heiden gehören zum auserwählten Volk. Das Hebräische gibt dies wieder mit dem Wort עַ֝מֹּ֗ו ammo. Es geht wirklich um das auserwählte Volk. Dies ist bemerkenswert im Kontext des Alten Testaments! Nicht nur das Volk Israel gehört zum Volk Gottes, sondern nun auch die Heiden! Hier wird etwas deutlich, was mit dem Neuen Bund wahr wird: Gottes Volk setzt sich nicht mehr durch biologische Abstammung zusammen, sondern durch Menschen aller Nationen, Völker, Stämme und Sprachen, die durch die Taufe zur neuen Schöpfung werden, eine geistliche Familie. Als solche ist das neue Volk Gottes Herde des guten Hirten. Dieses Bild greift Jesus dann auf, wenn er sich selbst als diesen guten Hirten offenbart und seine Jünger als seine Herde.
„Kommt mit Dank durch seine Tore“ ist wörtlich zunächst auf die Stadttore Jerusalems und des Tempelareals zu beziehen, durch die die Heiden in die Höfe des Tempels gelangen. Im weiteren Sinn meint es auch die Christen des Neuen Bundes. Diese treten durch das Tor der Taufe hindurch in den Hof des Heiligtums Gottes, der in ihren Herzen Wohnung nimmt. Sie treten durch das Tor, wenn sie sich zur Eucharistie versammeln. So ist es mit allen Menschen, die bis heute die Liturgie feiern. Die ganze Menschheit tritt schließlich durch das Tor des Todes ein in die Ewigkeit.
„Dankt ihm, preist seinen Namen!“ Dazu haben vor allem die Getauften Anlass. Sie sind gerettet worden auf das ewige Leben hin. Dies veranlasst sie zu Lob und Dank.
Gott ist gut. Er hat das Heil jedes Menschen im Sinn. Er ist wirklich treu und verlässt seine Schäfchen nie. Deshalb können wir Menschen nicht anders, als zu jubeln über seine guten Taten an uns. Wir erkennen sie nicht immer und manchmal verdunkeln die Krisen unseres Lebens den dankbaren Blick auf das, was wir haben und was uns gelingt. Doch Gott ist immer der gleiche gute Gott, dem Ehre gebührt – gestern, heute und in Ewigkeit.
Lk 8
4 Als sich aber eine große Volksmenge versammelte und Menschen aus allen Städten zu ihm kamen, sprach er in einem Gleichnis:
5 Ein Sämann ging hinaus, um seinen Samen auszusäen. Als er säte, fiel ein Teil auf den Weg und wurde zertreten und die Vögel des Himmels fraßen es.
6 Ein anderer Teil fiel auf Felsen, und als die Saat aufging, verdorrte sie, weil es ihr an Feuchtigkeit fehlte.
7 Ein anderer Teil fiel mitten in die Dornen und die Dornen wuchsen zusammen mit der Saat hoch und erstickten sie.
8 Und ein anderer Teil fiel auf guten Boden, ging auf und brachte hundertfach Frucht. Als Jesus das gesagt hatte, rief er: Wer Ohren hat zum Hören, der höre!
9 Seine Jünger fragten ihn, was das Gleichnis bedeute.
10 Da sagte er: Euch ist es gegeben, die Geheimnisse des Reiches Gottes zu verstehen. Zu den anderen aber wird in Gleichnissen geredet; denn sie sollen sehen und doch nicht sehen, hören und doch nicht verstehen.
11 Das bedeutet das Gleichnis: Der Samen ist das Wort Gottes.
12 Auf den Weg ist der Samen bei denen gefallen, die das Wort hören; dann kommt der Teufel und nimmt das Wort aus ihrem Herzen, damit sie nicht glauben und nicht gerettet werden.
13 Auf den Felsen ist der Samen bei denen gefallen, die das Wort freudig aufnehmen, wenn sie es hören; aber sie haben keine Wurzeln: Eine Zeit lang glauben sie, doch in der Zeit der Prüfung werden sie abtrünnig.
14 Unter die Dornen ist der Samen bei denen gefallen, die das Wort hören, dann aber hingehen und in Sorgen, Reichtum und Genüssen des Lebens ersticken und keine Frucht bringen.
15 Auf guten Boden ist der Samen bei denen gefallen, die das Wort mit gutem und aufrichtigem Herzen hören, daran festhalten und Frucht bringen in Geduld.
Im Evangelium erzählt Jesus das Gleichnis vom Sämann. Es ist unter anderem auch auf die Auferstehung zu beziehen, gilt aber auch schon für das irdische Leben. Kommen wir direkt zur Deutung des Gleichnisses: Der Sämann ist Christus, der Same das Wort Gottes. Jesus sät das Wort Gottes auf die verschiedenen Böden, denn es sind verschiedene Menschen, die seine Verkündigung hören.
Die verschiedenen Beschaffenheiten des Bodens sind die unterschiedlichen Herzenshaltungen der Menschen, mit denen sie Jesu Predigt in sich aufnehmen: Der Same auf dem Weg wird vom Satan direkt geraubt, bevor es Wurzeln schlagen kann. Warum ausgerechnet auf dem Weg? Es sind die Menschen, die im Prozess der Umkehr sind, die noch auf dem Weg zu Gott sind. Der Satan gerät in Panik und tut alles, damit die Seele nicht für Christus gewonnen wird. Der Böse möchte die Seele für sich behalten. Deshalb müssen wir sehr viel für jene beten, die Gott suchen und vielleicht sogar schon auf dem Weg zur Taufe sind. Sie erleiden starke Anfechtungen und Versuchungen, denn Satan will unsere Königskindschaft mit allen Mitteln verhindern.
Der felsige Boden ist die Haltung der Menschen, die einen oberflächlichen Glauben haben, ohne Wurzeln und unbeständig. Beim ersten Widerstand geben sie auf, weil es zu unangenehm wird und es ihnen aufgrund der fehlenden Wurzeln den Boden unter den Füßen wegzieht. Solche „christlichen Sanguiniker“ sind diejenigen, die sich das Angenehme gern herauspicken und das Unangenehme ausblenden. Ihnen fehlt es an Feuchtigkeit, das heißt, sie wollen sich nicht ganz formen lassen von Gott, der auch mal züchtigen muss, der für uns nicht immer nur Feierlaune, sondern auch mal den grauen Alltag bereithält. Die Felsen der eigenen Voreingenommenheit, die Patchwork-Mentalität zerstören aber die Samen des Wortes Gottes. So wächst es nicht in jenen Menschen, so werden jene Menschen also nicht zum Leib Christi, dem fleischgewordenen Wort Gottes.
Die Herzenshaltung des dornigen Gestrüpps ist besonders tödlich. Gottes ewiges Wort, seine Weisheit, die nicht von dieser Welt ist, gerade auch vom Denken her, ist ganz anders als die Sichtweise der Welt mit ihren Verlockungen und ihrer Sünde. Doch in Menschen, die so weltlich eingestellt sind, auch gerade Menschen, die sich übertriebene Sorgen machen, also zu wenig Gottvertrauen besitzen, kann das Wort Gottes nicht keimen, Wurzeln schlagen, wachsen, Früchte tragen. Es stirbt sofort ab, weil das Herz voll von anderem ist. Jesus, das Wort Gottes, findet keinen Platz im Herzen solcher Menschen. Und er ist ein Gentleman. Wer ihn nicht hineinlässt, den lässt er auch in Ruhe. König David hat eine Bodenbeschaffenheit, die das genaue Gegenteil von diesem darstellt. Sein Gottvertrauen ist beachtlich. Dieses Dornengestrüpp dagegen breitet sich in unserer Kirche heutzutage rasant aus. Immer weniger Geistliche sind noch geistlich eingestellt. Wie viele unserer deutschen Bischöfe bestimmen ihr gesamtes Wirken noch von Christus her, dessen Reich nicht von dieser Welt ist? Es dominiert immer mehr die menschliche und weltliche Denkweise. Das Humanistische erfüllt die ganzen kirchlichen Grundvollzüge – so stark, dass für den Hl. Geist kein Platz mehr übrig bleibt.
Schließlich beschreibt Jesus die Fruchtbaren – die, die hören, aufnehmen und Frucht tragen. „Hören“ meint mehr als nur das physische Hören. Es meint den Ge-hor-sam, das Hören mit dem Glauben, das „auf ihn Hören“. In sich aufnehmen tun jene das Wort Gottes, die es an sich heranlassen. Die es akzeptieren und be-herzigen im wortwörtlichen Sinn: die es in sich verarbeiten, es betrachten, darüber nachdenken, es immer tiefer zu verstehen versuchen, die es nicht nur oberflächlich und rein informativ registrieren. Maria ist ein perfektes Beispiel für das „in sich Aufnehmen“. Sie bewahrt alle Geschehnisse in ihrem Herzen und denkt darüber nach. Das macht sie zur perfekten Jüngerin und dem fruchtbarsten Boden – auf dem das Wort Gottes deshalb auch Fleisch geworden ist! Früchte trägt das Wort Gottes dann, wenn die Menschen es in ihr eigenes Denken aufgenommen haben, wenn es von da an ihre eigenen Gedanken, Worte und Taten bestimmt, wenn es konkrete Auswirkungen hat im Verhalten. Und so ist sie der fruchtbare Boden, auf dem auch wir unser armseliges Samenkorn keimen lassen können. Ihr „Dünger“ verhilft uns zu einem ewigen Leben! Wenn wir sie als Hilfe an unserer Seite haben, werden wir viel einfacher unsere Potenziale entfalten und zu einer fruchtbaren Pflanze heranwachsen. Und gute Früchte kann nur ein guter Same bewirken. Wenn wir Christus immer mehr gleichgestaltet werden, wird es auch unser Auferstehungsleib sein, um auf Paulus‘ Worte in der Lesung zurückzukommen. Was wir in diesem Leben bereits aus unserem Samen machen, welchen Boden wir dafür bereitstellen und wie wir düngen, davon hängt auch unser ewiges Leben ab.
Ihre Magstrauss