Mittwoch der 25. Woche im Jahreskreis

Esra 9,5-9; Tob 13,2.3-4.5.8; Lk 9,1-6

Esra 9
5 Zur Zeit des Abendopfers erhob ich mich aus meiner Bußübung, mit zerrissenem Gewand und Mantel. Dann warf ich mich auf die Knie, breitete die Hände aus und betete zum HERRN, meinem Gott:

6 Mein Gott, ich schäme mich und wage nicht, die Augen zu dir, mein Gott, zu erheben. Denn unsere Vergehen sind uns über den Kopf gewachsen; unsere Schuld reicht bis zum Himmel.
7 Seit den Tagen unserer Väter bis heute sind wir in großer Schuld. Wegen unserer Vergehen wurden wir, unsere Könige und Priester, den Königen der Länder ausgeliefert, dem Schwert, der Gefangenschaft, der Plünderung und der Schande, wie es noch heute der Fall ist.
8 Jetzt, für einen kurzen Augenblick, hat der HERR, unser Gott, uns Erbarmen gezeigt; er hat einen Rest gerettet und übrig gelassen und uns einen Ruheplatz an seinem heiligen Ort gewährt. So ließ unser Gott unsere Augen aufleuchten, er ließ uns ein wenig aufleben in unserer Knechtschaft.
9 Ja, wir sind Knechte. Aber auch in unserer Knechtschaft hat unser Gott uns nicht verlassen. Er wandte uns die Gunst der Könige von Persien zu. Er ließ uns aufleben, sodass wir das Haus unseres Gottes wieder aufbauen und es aus den Trümmern wieder aufrichten konnten. Er gewährte uns ein geschütztes Gebiet in Juda und Jerusalem.

In der heutigen Lesung aus dem Buch Esra geht es um einen Missstand, der sich eingeschlichen hat und der Esra nun sehr belastet: Die Israeliten sind immer wieder nichtisraelitische Ehen eingegangen. Von den Priestern und Leviten heißt es sogar, dass sie sich nicht von den Gräueln der Völker ringsum ferngehalten hätten. Das heißt, dass sie anderen Göttern geopfert und Gott somit beleidigt haben. Das schlimme an der ganzen Situation ist: Durch Götzendienst und Treuebruch ist es überhaupt erst zum Babylonischen Exil gekommen. Dass sie jetzt damit weitermachen, ist also eine einzige Katastrophe. Wenn das Volk Israel nicht vom Regen in die Traufe fallen will, muss es diese Sünde dringend beenden.
Esra unternimmt daraufhin Buße und wir hören sein Bußgebet zum Herrn.
Esra schämt sich vor Gott vor lauter schlechtem Gewissen. Er übernimmt Verantwortung für das ganze Volk, das sich so schwer gegen Gott vergeht. Er begreift das Ausmaß der Sünde und bittet den Herrn deshalb um Vergebung. Er betrachtet rückblickend die bisherige Heilsgeschichte Israels mit Gott und erkennt, dass aufgrund der Sünde Fremdherrschaften, militärische NIederlagen, Plünderung und Schande überhaupt erst über Israel gekommen sind.
Und doch ist Gott so barmherzig und geduldig, dass er trotz der großen Schuld einen Rest Judas hat zurückkehren lassen, ja sogar einen neuen Tempelbau zugelassen hat. „Der Ruheplatz an seinem heiligen Ort“ ist vor allem auf das heilige Land zu beziehen, das ihnen einen Schutzraum gewährt, militärisch sowie religiös. Es ist aber vor allem verdichtet an dem heiligen Ort des Tempels zu betrachten, den sie wiederaufbauen dürfen. Nirgendwo kommt der Mensch, auch der Israelit, so sehr zur Ruhe wie in der Gegenwart Gottes. Der Feldherr König David zieht sich immer wieder zurück in den Tempel, um Zwiesprache mit Gott zu halten. Wie ein guter Hirte führt der Herr seine Herde Israel wieder zum Ruheplatz am Wasser, am lebendigen Wasser des Gottesgeistes. Er hat sie wieder aufleben lassen, die schon ganz resigniert waren. Ja, er hat sogar eine sehr kreative Problemlösungsstrategie offenbart, indem ein nichtjüdisches Volk ihnen zum Retter wurde. Der persische König hat ihnen nicht nur die Heimkehr ermöglicht, sondern sogar den Neubau des Tempels. Er hat sogar per Dekret die finanzielle Unterstützung Israels geboten! Doch was tun die Israeliten? Sie fordern Gottes Güte wieder heraus, indem sie mit der schweren Sünde fortfahren. Es ist ein einziger Schlag ins Gesicht Gottes. Deshalb schämt sich Esra auch und kann die Augen nicht zum Herrn erheben. Er tut Buße stellvertretend für das ganze Volk Gottes.

Tob 13
2 Denn er straft und hat Erbarmen. / Er führt hinab in die tiefste Unterwelt unter der Erde / und führt empor aus dem großen Verderben. / Es gibt nichts, was seiner Hand entrinnt. /

3 Ihr Kinder Israels, bezeugt ihn vor den Heiden, / denn er hat euch unter sie zerstreut /
4 und hat euch dort seine Größe gezeigt. / Erhebt ihn vor allem, was lebt! / Denn er ist unser Herr, er unser Gott, / er unser Vater, er ist Gott in alle Ewigkeit. /
5 Er straft euch für euer Unrecht, / doch er erbarmt sich über euch alle unter allen Völkern, wohin auch immer ihr unter ihnen zerstreut seid.
8 Preist den Herrn, alle Erwählten, / und ihr alle, lobt seine Größe! / Ruft Festtage aus und bekennt ihn!

Als Antwort beten wir heute keinen Psalm, sondern den Lobpreis Tobits. Es ist ein weisheitliches Lied, denn Gottes Wirken in der Welt wird reflektiert.
Gott straft und hat Erbarmen. Er ist barmherzig und gerecht. Beides gehört zu ihm und beides gibt er zu gegebener Zeit. Gott führt in die Tiefe und auch wieder heraus. Er lässt zu, dass man in die Knie gezwungen wird, aber er hilft einem auch wieder auf. Dies lässt er oft zu, damit wir uns wieder daran erinnern, dass wir ohne ihn nichts tun können, damit wir unsere eigene Schwachheit sehen und von unserem hohen Ross herabsteigen. Tobit hat so vielen Menschen geholfen, dass er wieder daran erinnert werden musste, dass auch er Hilfe annehmen muss.
Das können wir auch ganz vom Volk Israel sagen. Es hat sich schwer gegen Gott versündigt und deshalb seine Gerechtigkeit zu spüren bekommen. Es ist ganz in die Knie gezwungen, indem es von den Babyloniern erobert und zerstört wurde. Die Deportation und Zerstörung des Tempels haben es ganz zur Besinnung und Fassungslosigkeit gebracht. Dann aber hat Gott den Rest wieder zurückkehren lassen und damit seine Barmherzigkeit erwiesen. Ja, sogar ein neuer Tempelbau wird in die Wege geleitet. Wenn das nicht Ausdruck seiner Barmherzigkeit ist, was dann! Er ist bereit seine Gegenwart wieder auf Erden zu etablieren, indem seine Herrlichkeit wieder auf das Gotteshaus herabkommen wird. So groß ist Gottes Erbarmen.
Gottes Größe soll Israel nicht nur selbst preisen, sondern auch nach außen hin bezeugen. Die Perser sehen es ja bereits. Sie schätzen diesen Gott Israels so sehr, dass sie die Judäer heimkehren lassen und ihnen einen neuen Tempelbau erlauben. Sie unterstützen diesen sogar finanziell. Wir sehen im Nachhinein, dass auch wenn Israel eine traumatische Erfahrung fernab von der Heimat durchmachen musste, diese zur Chance für die Perser geworden ist. Auf diese Weise sind diese mit dem Glauben Israels konfrontiert und zu Werkzeugen des Heils geworden.
Gott ist unser Gott und Vater. Das ist ein sehr fortschrittlicher Gedanke im Buch Tobit. Der Vaterbegriff fasst die Bundesbeziehung sehr gut zusammen, genauso wie der Bräutigamsbegriff. Gott und Israel sind eine Familie für immer. Und so wie ein Vater auch mal mit seinen Kindern schimpfen muss, um sie zu erziehen, so tut es Gott. Er schimpft sein Volk vor allem durch die Propheten, die in seinem Namen immer wieder warnen und zur Umkehr aufrufen. Er erzieht sein Volk auch dadurch, dass er es die Konsequenzen der Sünde spüren lässt. Esra weiß das ja ganz genau und tut deshalb Buße. Gott soll nicht wieder so eine Katastrophe wie das Babylonische Exil zulassen! Zugleich weiß er und vertraut er darauf, dass Gott auch dann wieder voller Erbarmen sein wird.
Zum Schluss fordert Tobit alle zum Lobpreis Gottes aus. Dabei meint er nicht nur die Israeliten, die er als „Erwählte“ umschreibt, sondern auch die Nichtisraeliten. Schließlich möchte er, dass alle den Herrn loben. Das ist letztendlich, was die Propheten des Alten und Neuen Testaments schon geschaut haben: Aus allen Himmelrichtungen werden die Menschen kommen, aus allen Völkern, Stämmen, Sprachen und Nationen. Sie werden zum Zion pilgern und Gott anbeten. Das betrifft aber nicht erst das Himmelreich und den himmlischen Zion, sondern wird bereits auf Erden Realität, wo zu den Wallfahrtsfesten Juden und Heiden zum Tempel kommen werden. Das betrifft auch die Kirche Gottes, zu der aus allen Himmelsrichtungen und Lebenssituationen die Menschen sich zu Christus bekehren und durch die Taufe dem Gottesvolk zugezählt werden. Sie kommen, um ihn in der Eucharistie anzubeten.
Nicht nur die Juden werden wieder Festtage ausrufen können, wenn ihr neuer Tempel errichtet ist. Auch wir Christen rufen Festtage auf, die wir zu einem großen Teil vom jüdischen Festkalender übernommen haben. Auch wir feiern Gott, den Allmächtigen, der gerecht und barmherzig ist.

Lk 9
1 Dann rief er die Zwölf zu sich und gab ihnen Kraft und Vollmacht über alle Dämonen und um Krankheiten zu heilen.

2 Und er sandte sie aus, das Reich Gottes zu verkünden und die Kranken gesund zu machen.
3 Er sagte zu ihnen: Nehmt nichts mit auf den Weg, keinen Wanderstab und keine Vorratstasche, kein Brot, kein Geld und kein zweites Hemd!
4 Bleibt in dem Haus, in dem ihr einkehrt, bis ihr den Ort wieder verlasst!
5 Wenn euch aber die Leute nicht aufnehmen, dann geht weg aus jener Stadt und schüttelt den Staub von euren Füßen, zum Zeugnis gegen sie!
6 Die Zwölf machten sich auf den Weg und wanderten von Dorf zu Dorf. Sie verkündeten das Evangelium und heilten überall.

Im heutigen Evangelium sendet Jesus seinen Zwölferkreis hinaus, weil die Evangelisierung so schneller vorangehen kann. Er tut es aber nicht nur aus pragmatischen Gründen. Das ist nie der Hauptgrund im Falle Jesu. Er möchte seine Jünger dafür sensibilisieren, dass sie nach seinem Tod, seiner Auferstehung und Himmelfahrt, nach der Geistsendung auf diese Weise das Reich Gottes bis an die Enden der Erde bringen sollen und dabei in seiner Vollmacht all die Heilstaten des Messias weiterführen werden. Es handelt sich also sozusagen um eine „Generalprobe“, die vorübergehend ist.
Jesus bevollmächtigt sie noch nicht zu allem, was dann später noch folgen wird, z.B. kommt die Sündenvergebung erst nach seiner Auferstehung. Er bevollmächtigt sie aber jetzt schon zum Exorzismus und zur Krankenheilung.
Wenn Jesus in Vers 3 seine Apostel dazu aufruft, keinen Wanderstab und keine Vorratstasche mitzunehmen, möchte er damit vermitteln: Ihr sollt ganz auf die Vorsehung Gottes vertrauen. Euch soll es zuerst um das Reich Gottes gehen, alles Andere wird euch dazugegeben. Sie sollen deshalb kein Brot, keine Vorratstasche oder Geld mitnehmen. Sie sollen darauf vertrauen, dass Gott ihnen das alles durch andere Menschen geben wird. Dadurch vollziehen seine Apostel für die Menschen eine prophetische Zeichenhandlung. So wie Jesus alles, was er verkündet, auch an seinem Leben verdeutlicht, so sollen seine Nachfolger ebenfalls an ihrer Lebensführung das Verkündete lebendig werden lassen. So können die Menschen an ihrer Person das Gesagte ablesen und werden es als authentisch annehmen.
Sie sollen zudem in dem Haus bleiben, in das sie einkehren. Das soll heißen, dass sie nicht schauen sollen, wo es angenehmer ist. Sie sollen dankbar annehmen, was ihnen angeboten wird.
Wenn man sie an dem Ort aber nicht annimmt, also ihre Botschaft nicht annimmt, sollen sie diesen Ort verlassen und selbst den Staub abschütteln. Sie sollen nicht mehr zurückschauen oder sich an den Ort gebunden fühlen. Wenn man sie nicht möchte, sollen sie stattdessen dorthin gehen, wo das Evangelium angenommen wird. Dieses Abschütteln des Staubs hat noch eine andere Bedeutung, die uns heutzutage nicht mehr so vor Augen steht. Es war nämlich eine Geste der Gerichtsankündigung. Damit wird also ausgesagt: Ihr sollt das Richten Gott überlassen, der mit ihnen tun wird, wie er es für richtig hält. Ihr sollt nicht verurteilen, sondern es Gott überlassen. Nehmt den Segen mit zu jenen, die ihn annehmen.

Gottes Weisung ist für die ganze Menschheit gedacht. Es geht aber nicht mehr um das geschriebene Wort Gottes, die Torah. Vielmehr ist Gott nun bereit, sich den Menschen selbst als Person hinzugeben. Was die Apostel verkünden, was sie an Heilstaten vollbringen, tun sie im Namen Jesu, der die fleischgewordene Torah ist. Er ist die Wahrheit und vertreibt jede Lüge. Das Heil, das Gott zu spenden bereit ist, ist mehr wert als Gold und Silber. Es eröffnet allen Menschen das ewige Leben, wenn sie sich für Gott entscheiden. Auch ihm wird man ins Gesicht schlagen, nicht nur durch den Diener des Hohepriesters in der Nacht vor seinem Tod. Auch mit jeder Sünde trotz des großen Erbarmens und der Erlösung. Immer wieder schlagen wir den Herrn, immer wieder beleidigen wir ihn, wenn wir sündigen. Doch kommen wir auch dann wieder zu ihm zurück in der Haltung Esras und bitten Gott um Vergebung. Sein Erbarmen ist so unendlich groß!

Ihre Magstrauss

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