Donnerstag der 25. Woche im Jahreskreis

Hag 1,1-8; Ps 149,1-2.3-4.5-6au. 9b; Lk 9,7-9

Hag 1
1 Im zweiten Jahr des Königs Darius erging am ersten Tag des sechsten Monats das Wort des HERRN durch den Propheten Haggai an den Statthalter von Juda, Serubbabel, den Sohn Schealtiëls, und an den Hohepriester Jehoschua, den Sohn des Jozadak:

2 So spricht der HERR der Heerscharen: Dieses Volk sagt: Noch ist die Zeit nicht gekommen, das Haus des HERRN aufzubauen.
3 Da erging das Wort des HERRN durch den Propheten Haggai:
4 Ist etwa die Zeit gekommen,/ dass ihr in euren getäfelten Häusern wohnt, / während dieses Haus in Trümmern liegt?
5 Nun aber spricht der HERR der Heerscharen: / Überlegt doch, wie es euch geht!
6 Ihr sät viel und erntet wenig; / ihr esst und werdet nicht satt; / ihr trinkt, aber zum Betrinken reicht es euch nicht; / ihr zieht Kleider an, aber sie halten nicht warm, / und wer etwas verdient, verdient es für einen löcherigen Beutel.
7 So spricht der HERR der Heerscharen: Überlegt also, wie es euch geht!
8 Geht ins Gebirge, schafft Holz herbei und baut den Tempel wieder auf! Das würde mir gefallen und mich ehren, spricht der HERR.

Heute hören wir die Lesung aus dem Buch Haggai, einem der zwölf „kleinen“ Propheten. Er lebt zurzeit des Wiederaufbaus des Tempels, ist also ein Zeitzeuge Esras. In dessen Buch wird Haggai übrigens auch erwähnt (5,1; 6,14). Das zentrale Thema dieses Prophetenbuchs ist der Tempelbau und der Neubeginn nach dem Exil.
Zunächst wird eine zeitliche Einordnung vorgenommen, wie man es in der alttestamentlichen Prophetie immer wieder liest. Das zeitliche Koordinatensystem ist wie so oft die Regierungszeit eines Königs, in diesem Fall des Nachfolgers des Kyrus II, Darius. Zu Beginn von dessen Regierungszeit wird Haggai von Gott zum Propheten berufen. Sogar das genaue Datum wird angegeben. Immer wieder hören wir bei Prophetenberufungen die Wendung „erging das Wort des HERRN“. Dies ist aber auch der Fall, wenn Gott nach längerer Zeit einen der Väter wie Abraham oder Jakob wieder anspricht. Wir lernen daraus etwas, das sich bis heute nicht geändert hat: Wir werden berufen im wahrsten Sinne des Wortes. Gott spricht uns direkt an. Wir nehmen unsere Berufung nicht selbst in die Hand, sondern reagieren als Angesprochene auf den Ruf. Es bestätigt uns einmal mehr, was für ein Gott unser Gott ist – ein sich offenbarender, von dem aus alles ausgeht. Nicht wir müssen losziehen und viele Dinge tun, damit wir mit ihm in Kontakt treten können, sondern er ist zuerst auf uns zugegangen. Wir sind immer schon Geliebte und leben, indem wir die Liebe erwidern oder nicht.
Gott hat eine Botschaft für Serubbabel, den Statthalter Judas, und für Jehoschua, den Hohepriester. Sie sind die religiöse und politische Spitze des judäischen Rests. Gott hat keine allzu positive Botschaft für die beiden. Während die Judäer in getäfelten Häusern sitzen, liegt der Tempel immer noch in Trümmern. Sie lassen sich Zeit, das Haus Gottes aufzubauen. Daran erkennt man ihre Prioritäten. Ihnen liegt anscheinend nicht so viel daran, Gottes Gegenwart auf Erden zu haben. Ihr eigenes Wohl scheint wichtiger zu sein als der Tempel. Und dabei ist es doch dieser eine wahre Gott, dank dem sie die Rückkehr überhaupt erfahren durften! Schon aus Dankbarkeit sollten sie den Tempel so schnell wie möglich wieder aufbauen – damit sie ihm Dankopfer darbringen können!
Gott appelliert an die Judäer durch den Propheten Haggai, indem er ihnen den fehlenden Segen aufzeigt: Sie säen viel und ernten wenig. Sie essen und werden nicht satt. Sie trinken und werden nicht betrunken. Sie kleiden sich, doch es wärmt sie nicht. Finanziell heißt es bei ihnen „wie gewonnen so zerronnen“. Das sollte ihnen alles zu denken geben, denn es sind klassische Indizien für den fehlenden Segen Gottes. Haggai soll es ihnen nicht einfach vorhalten, um sie schlecht zu machen. Er soll es ihnen sagen, damit sie in sich gehen und die Situation selbst realisieren. Deshalb heißt es auch „überlegt also, wie es euch geht!“. Es könnte nicht aktueller sein, was Haggai hier als Botschaft überbringt. Auch wir müssen in uns gehen und nachdenken, wie unser Leben so läuft: Merken auch wir, dass wir irgendwie mit dem Kopf durch die Wand zu laufen scheinen? Dass uns nichts gelingt, was wir anpacken? Das wir eine Enttäuschung nach der anderen erleben? Das kann natürlich unterschiedliche Ursachen haben, aber wenn wir unser Gewissen befragen und wachhalten, wird es uns selbst anklagen. Dann werden wir merken, wo wir unser eigenes Wohl über die Dankbarkeit gegenüber Gott stellen. Der größte Ausdruck von Dankbarkeit ist die Eucharistie, zu Deutsch „Danksagung“. Wir bringen dem Herrn unseren Dank, der sich für uns hingegeben hat. Er schenkt uns schließlich die Freiheit, die Gesundheit, den Frieden im Land, das Dach über dem Kopf, die Lebensmittel, das saubere Trinkwasser, einfach alles. Dafür dürfen und müssen wir ihm auch danken.
Aber nicht nur das. Auch uns muss es darum gehen, in die Kirche, in eine gute Liturgie, in gute liturgische Geräte zu investieren. Natürlich können und müssen wir es auch vor allem den Armen geben, aber Gott gebührt die Ehre. Für ihn sollte uns nichts zu schade sein. Es geht um Prioritätensetzung, ums Prinzip, darum, welchen Stellenwert Gott in unserem Leben hat. Der Hl. Pfarrer von Ars trug Kleidung, dass man ihn mit einem Bettler verwechseln konnte. Es gab Zeiten, da ernährte er sich eine Woche lang von gekochten Kartoffeln. Er sparte sehr an sich selbst, aber für die Kirche war ihm nichts kostbar genug. Das ist die Haltung, die auch Haggai vermitteln soll: Lieben wir Gott, dann werden wir ihm auch etwas Kostbares geben, nicht weil wir materialistisch sind, sondern weil er uns etwas bedeutet.
So sollen die Judäer also den Tempel wieder aufbauen mithilfe des Holzes aus dem Gebirge. Das wird Gott die Ehre geben, der ihnen die Freiheit zurückgeschenkt hat. Sonst werden sie schneller in die nächste Katastrophe rutschen. Undankbarkeit ist kein Kavaliersdelikt.

Ps 149
1 Halleluja! Singt dem HERRN ein neues Lied, sein Lob in der Versammlung der Frommen!
2 Israel soll sich freuen über seinen Schöpfer, die Kinder Zions sollen jubeln über ihren König.
3 Seinen Namen sollen sie loben mit Reigentanz, mit Trommel und Leier ihm spielen.
4 Denn der HERR hat an seinem Volk Gefallen, er krönt die Gebeugten mit Rettung.
5 In Herrlichkeit sollen die Frommen frohlocken, sie sollen jauchzen auf ihren Lagern,
6 Hochgesänge auf Gott in ihrer Kehle

9 Lichtglanz ist das all seinen Frommen. Halleluja!

Als Antwort auf die Lesung beten wir heute einen Lobpreispsalm mit dem Titel „Das neue Lied von der Königsherrschaft Gottes durch Israel“.
Halleluja ist ein Ausruf, der mit „Preist Jahwe“ übersetzt wird. Es handelt sich zu Anfang also wieder um eine typische Lobaufforderung. Diese Art von Lob steht zu Anfang dieses Psalms, weil er zu der Psalmengruppe des Schlusshallels gehört, bei dem am Anfang immer Halleluja steht.
Weil wieder eine Gruppe zum Lob aufgefordert wird und nicht eine Einzelperson, wirkt der Psalm sehr liturgisch. Dies wird uns auch durch die „Versammlung der Frommen“ deutlich. Mit Blick auf die Lesung sehen wir die Judäer vor uns, die im Anschluss an Haggais Worte endlich begreifen, dass vor allem anderen der Aufbau des Hauses Gottes kommen sollte. Wir sehen, wie die Israeliten im neugebauten Tempel wieder Opfer darbringen und den Herrn loben.
„Israel soll sich freuen über seinen Schöpfer, die Kinder Zions sollen jubeln über ihren König.“ Das können die Judäer, die zum Zion zurückkehren durften! Aber stattdessen bauen sie ihre eigenen Häuser wieder auf und kümmern sich zuerst um ihr eigenes Wohl. Sie sollen aber nicht vergessen, Gott zu loben mit „Reigentanz und instrumentaler Begleitung.“ Es sind viele Instrumente, die hier zusammenwirken sollen. Ein einziges Orchester ist Gott gerade gut genug! Wir merken, wie weit die Rückkehrer nach dem Exil diesen Worten nachkommen. Deshalb muss ja Haggai als Prophet wirken, anmahnen, appellieren.
Gott hat an seinem Volk Gefallen, deshalb hat er es auch aus der Knechtschaft Babylons und der Heimatlosigkeit befreit. Er hat die Exilierten aufgerichtet, ihnen gleichsam wieder Perspektive geschenkt. Doch was machen sie? Sie danken ihm nicht, indem sie zuerst den Tempel aufbauen, sondern sitzen in ihren getäfelten Häusern.
„Jauchzen auf ihren Lagern“ zeigt uns, dass die Juden sich nicht nur am Tag, sondern auch in der Nacht freuen und Gott für diese große Barmherzigkeit zu jeder Zeit danken sollen. Immer sei ein Lobgesang in ihrer Kehle. Diese ist mehr als nur ein Teil des Körpers. Mit „Kehle“ ist viel mehr gemeint, denn ursprünglich ist auch die Nephesch als Kehle gedacht worden, durch die der Atem ein- und ausgeht. Deshalb lechzt auch die Seele im Psalmenkontext oft nach Wasser, als ob sie im Mund oder in der Kehle sitzen würde. Den Lobgesang in der Kehle zu haben, heißt also nicht nur die ständige Bereitschaft zum Singen, sondern auch den Lobpreis im „Herzen“, das heißt in der Seele. Dieser Lobpreis ist den Frommen „Lichtglanz“, das heißt Pracht und Schönheit, die sie schmückt. Der Psalm endet mit dem wiederholten Halleluja, für den er bekannt ist.
Insgesamt wird uns durch den Psalm die Diskrepanz bewusst, die zwischen diesen Worten und dem Verhalten der zurückgekehrten Judäer besteht. Doch das muss nicht das Ende sein. Gott gibt ihnen ja die Chance, auch jetzt wieder umzukehren. Gott ist so geduldig mit uns Menschen, dass er uns immer wieder die Gelegenheit zur Umkehr gibt. Bis heute.

Lk 9
7 Der Tetrarch Herodes hörte von allem, was geschah, und wusste nicht, was er davon halten sollte. Denn manche sagten: Johannes ist von den Toten auferstanden.

8 Andere meinten: Elija ist erschienen. Wieder andere: Einer der alten Propheten ist auferstanden.
9 Herodes aber sagte: Johannes habe ich enthaupten lassen. Wer aber ist dieser, von dem man mir solche Dinge erzählt? Und er hatte den Wunsch, ihn zu sehen.

Heute hören wir in dem kurzen Abschnitt aus dem Lukasevangelium von König Herodes. Es ist so, dass Jesu Wirken im ganzen Heiligen Land Wellen schlägt und die Nachricht von seinen Heilstaten sich wie ein Lauffeuer verbreitet. So dringt es vor bis zum Tetrarchen. Er hört von Jesu Machttaten und von den Gerüchten, er sei der auferstandene Täufer, den er hatte hinrichten lassen. Bei Herodes handelt es sich um eine zutiefst gespaltene Person. Einerseits mochte er den Täufer, andererseits beunruhigte dieser ihn. Mit dessen Tod konnte er sein inneres Dilemma wohl kurzzeitig ein wenig verdrängen, doch nun kommt alles wieder hoch.
Jesus wird von den Menschen unterschiedlich bewertet, weshalb die Gerüchte in ganz unterschiedliche Richtungen verlaufen. Die einen setzen Jesus mit Johannes den Täufer in Beziehung, wiederum andere sehen in Jesus einen Propheten wie jene aus dem Alten Testament. Gerade Elija, so die jüdische Vorstellung, werde kurz vor dem kommenden Gottesgericht wiederkommen und dem Messias den Weg bereiten. Während die einen Johannes den Täufer als wiedergekommenen Elija identifiziert hatten, ziehen wiederum andere Jesus als den wiedergekommenen Propheten in Betracht.
Herodes hört von diesen ganzen Spekulationen und wird neugierig. Seine innere Offenheit, die Heilsgestalten seiner Zeit anzuhören, ist auch mit dem Tod des Johannes nicht verschwunden. So möchte er Jesus treffen.
An dem heutigen Abschnitt ist bemerkenswert, dass hier das Thema des Déjà vus aufgegriffen wird. Alles wiederholt sich. Elija kommt wieder und das schließt seine Botschaft mit ein. Wieder erhält der König die Chance, auf die Worte einer wichtigen Person zu hören, diesmal sogar von Gott selbst.

Gott gibt uns allen immer wieder eine neue Chance. Er tut das mit den Judäern, die wieder im Südreich Juda leben dürfen. Er tut es mit Herodes, der seine Chance mit Johannes den Täufer verspielt hat, nun aber Jesus begegnen möchte. Er tut es auch mit uns, wenn wir durch unser Leben gehen. Immer wieder sagt Gott auch uns zu: Geh und sündige nicht mehr! Was machen wir daraus? Nehmen wir seine Barmherzigkeit an oder schlagen wir sie in den Wind? Bei allem müssen wir uns immer wieder selbst fragen: Bin ich dankbar für all das Gute, das Gott mir geschenkt hat?

Ihre Magstrauss

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