Donnerstag der 32. Woche im Jahreskreis

Weish 7,22 – 8,1; Ps 119,89-90.91 u. 130.135 u. 175: Lk 17,20-25

Weish 7-8
22 In ihr ist nämlich ein Geist, vernunftvoll, heilig, / einzigartig, mannigfaltig, zart, / beweglich, durchdringend, unbefleckt, / klar, unverletzlich, das Gute liebend, scharf,

23 nicht zu hemmen, wohltätig, menschenfreundlich, / fest, sicher, ohne Sorge, alles vermögend, alles überschauend / und alle Geister durchdringend, / die gedankenvollen, reinen und zartesten.
24 Die Weisheit ist beweglicher als alle Bewegung; / in ihrer Reinheit durchdringt und durchwaltet sie alles.
25 Sie ist ein Hauch der Kraft Gottes / und reiner Ausfluss der Herrlichkeit des Allherrschers; / darum dringt nichts Verunreinigtes in sie ein.
26 Sie ist der Widerschein des ewigen Lichts, / der ungetrübte Spiegel von Gottes Kraft, / das Bild seiner Güte.
27 Sie ist nur eine und vermag doch alles; / ohne sich zu ändern, erneuert sie alles. Von Geschlecht zu Geschlecht tritt sie in heilige Seelen ein / und schafft Freunde Gottes und Propheten;
28 denn Gott liebt nur den, / der mit der Weisheit zusammenwohnt.
29 Sie ist schöner als die Sonne / und übertrifft jedes Sternbild. / Sie erweist sich strahlender als das Licht;
30 denn diesem folgt die Nacht, / doch über die Weisheit siegt keine Schlechtigkeit.
1 Sie entfaltet ihre Kraft von einem Ende zum andern / und durchwaltet voll Güte das All.

In der heutigen Lesung aus dem Buch der Weisheit hören wir einen Abschnitt aus dem Mittelteil des Buches. In diesem wird die Weisheit gepriesen und betrachtet. Dabei merken wir, dass die Aussagen mit christlichen Augen gelesen teilweise auf den hl. Geist bezogen werden können, andere Aussagen wiederum an den Sohn Gottes erinnern.
Zunächst hören wir eine Aufzählung der guten Eigenschaften der Weisheit. Diese zeigt uns, dass die Weisheit wirklich untrennbar mit Gott verbunden ist, ja selbst Gott ist, denn die Eigenschaften sind Gottes Eigenschaften. Er ist die Vernunft schlechthin, er ist der Heilige, er ist ganz anders als alles, was wir in der Schöpfung wahrnehmen, der ganz Andere und deshalb einzigartig. Er ist mannigfaltig und ein Geheimnis, weil sich sein Wesen uns weitestgehend entzieht. Was wir von ihm wissen, hat er uns offenbart. Er ist wirklich ein menschenfreundlicher Gott und setzt seinen heiligen Willen durch. In diesem Sinne ist er nicht zu hemmen. Er ist wohltätig, weil er barmherzig ist. Gott ist allmächtig, deshalb ist auch seine Weisheit alles vermögend und überschauend. Die Weisheit durchdringt alle Geister, besonders jene mit der richtigen Haltung und Reinheit. Wir könnten es mit anderen Worten sagen: Der hl. Geist ist in den Herzen der Gläubigen, deren Herz rein ist. Wenn sie nicht im Stand der Gnade sind, haben sie sich von ihm willentlich abgeschnitten.
Sehr bemerkenswert, dass die Weisheit „beweglicher als alle Bewegung“ ist. Die Weisheit ist eine der Gaben des hl. Geistes und dieser weht, wo er will. Er durchdringt alles, was man nicht als Pantheismus missverstehen darf. Er wirkt in der Schöpfung, besonders in den Herzen der Menschen. Das Wirken in der Schöpfung können wir darüber hinaus aber auch christologisch verstehen, besser gesagt auf den Logos Gottes beziehen. Die Logostheologie des Johannesevangeliums greift nicht umsonst viele Schriftstellen aus dem AT auf, die die Weisheit in den Blick nehmen. Auch hier könnten wir sagen: Der Logos ist die Vernunft hinter allem, die Ordnung in der Schöpfung. Alle Gesetzmäßigkeiten kommen von diesem Logos, der der Schöpfungsmittler ist. In dieser Hinsicht ist Weisheit ein Begriff, der sowohl auf den Sohn als auch auf den Geist zu beziehen ist. Immer wieder wird Christus im Laufe der Frömmigkeitsgeschichte, der Theologie und Philosophie als die Weisheit bezeichnet.
Der Geist ist wirklich ein Hauch, schon im Hebräischen ausgedrückt mit dem Begriff „ruach“, sodann im Griechischen durch den Begriff des pneuma. Wenn die Weisheit hier als „Ausfluss der Herrlichkeit des Allherrschers“ bezeichnet wird, werden wir sehr an platonische Grundlagen erinnert. Von der trinitarischen Reflektion her können wir sagen, dass der Geist hervorgeht aus dem Vater, so wie auch der Sohn, doch wiederum anders. Weil das so ist, reflektiert sie das ewige Licht, das der Vater ist. Über Jesus heißt es im großen Glaubensbekenntnis „Licht vom Licht“. Gottes Herrlichkeit und Gnade wird mit Licht verglichen.
Niemand spiegelt den Vater besser wider als Christus und dieser wird auch in den Briefen des Neuen Testaments als Bild des Vaters bezeichnet.
Gott ist immer derselbe, unveränderlich. So ist es auch die Weisheit. Vers 27 ist wieder sehr pneumatisch zu verstehen, vor allem wenn wir lesen, dass sie alles erneuert. Der Geist Gottes ist es, der Erneuerung erwirkt und auch die Menschen zu Gottes Freunden macht. Wir dürfen das tauftheologisch weiterführen. Durch die Kraft des hl. Geistes gehen wir den Neuen Bund ein. Er rechtfertigt uns vor Gott und macht uns zu einer Familie mit ihm. Der Geist Gottes ist es auch, der die Propheten erfüllt – des Alten Testaments, aber auch des Neuen! Bis heute haben wir Menschen, die prophetisch wirken.
Gott liebt alle Menschen. Wie kann es hier also heißen, dass Gott jene liebt, die mit der Weisheit zusammenwohnen? Erstens muss man den poetischen Kontext des Weisheitsbuches beachten – die gesamten Ausführungen sind ja voller Bilder und Wendungen. Zweitens muss man beachten, dass der Geist Gottes die Liebesglut Gottes ist. Wer diesen von sich weist, der weist die Liebe von sich. Gott möchte diesen Menschen also auch lieben, aber dieser hat nichts davon, wenn er Gott von sich weist. Das ist genau diese Argumentation, die auch für die Sünde gegen den hl. Geist gilt: Nicht Gott macht Abstriche, sondern der Mensch, der ihn zurückweist.
Wieder wird das Lichtmotiv verwendet und auch hier haben wir ein messianisches Signal – Christus ist die Sonne der Gerechtigkeit. Gottes Licht ist anders und vollkommener als das geschaffene Licht. Man kann es gar nicht richtig vergleichen und doch ist es nur so in Worte zu fassen. Deshalb gibt es keine Nacht im Himmel. Es ist ewiges Licht. Diese Herrlichkeit durchwaltet das All.

Ps 119
89 O HERR, in Ewigkeit steht aufrecht dein Wort am Himmel.
90 Von Geschlecht zu Geschlecht währt deine Treue; du hast die Erde gegründet, sie bleibt bestehen.
91 Nach deinen Entscheiden bestehen sie bis heute, denn das All steht dir zu Diensten.
130 Das Aufschließen deiner Worte erleuchtet, den Unerfahrenen schenkt es Einsicht.
135 Lass dein Angesicht leuchten über deinem Knecht und lehre mich deine Gesetze!
175 Meine Seele lebe, sodass sie dich lobe. Deine Entscheide sollen mir helfen.

Als Antwort beten wir einige Verse aus dem längsten Psalm des Psalters, der betitelt ist mit „Lebenslanger Wandel in der Weisung des Herrn“. Er greift einige Aspekte der sehr tiefgründigen Lesung auf, z.B. wenn das Wort Gottes am Himmel ewig steht. Das ist sehr christologisch und wir verknüpfen hier genau das, was Johannes im Prolog seines Evangeliums tut: Die Aussagen über die Weisheit Gottes auf den Logos zu beziehen. Das Wort Gottes ist der Sohn des Vaters, der auf der Höhe der Zeit Mensch geworden ist, um unter uns zu leben, zu leiden und zu sterben, um am dritten Tage aufzuerstehen und die ganze Menschheit zu erlösen.
Gott ist treu zu allen Zeiten („von Geschlecht zu Geschlecht“). Auch wenn Israel immer wieder untreu geworden ist, blieb Gott bei seinem Bundesschluss mit Israel. Das gilt auch für den Neuen Bund, in dem wir mit Gott verbunden sind. Selbst wenn wir ihm untreu werden, bleibt er uns doch treu. Sein Heilsplan ist unerschütterlich und er setzt ihn entgegen aller Widerstände und Umwege, entgegen aller Irrungen und Wirrungen durch. Gott ist der Schöpfer, aber auch der Erhalter. In diesem Sinne bleibt die Schöpfung bestehen, auch wenn irgendwann die Geschichte abbricht und alles auf Werkseinstellungen zurückgesetzt wird. Dies wird ja wiederum geschehen, um einen neuen Himmel und eine neue Erde zu schaffen.
Alles ist Gott unterworfen. Er ist der Allherrscher. Die Naturgesetze sind Ausdruck des Gehorsams der Schöpfung gegenüber ihrem Schöpfer. Alles steht ihm zu Diensten.
Gottes Wort kommt in Vers 130 noch einmal vor. Seine Worte, wie es im Plural heißt, müssen aufgeschlossen werden. Wenn dies aber geschieht, erleuchtet es den Menschen und schenkt Einsicht. Das ist absolute Offenbarungssprache. Gott ist Geheimnis und sein Heilsplan muss offenbart werden. Das tut Gott selbst, in dem er sich uns die gesamte Heilsgeschichte hindurch offenbart. Der Höhepunkt dieser Offenbarung geschah in Jesus Christus, dem Bild des unsichtbaren Vaters.
Die Bitte in Vers 135 ist angemessener Ausdruck dessen, was wir von Gott erbitten müssen: Ohne seinen Geist, der uns ihn erkennen lässt, kommen wir nicht weiter. Wir sind auf ihn angewiesen. Gott möge uns in seiner Schule aufnehmen, seine Gebote immer besser verständlich machen, auch gerade durch uns anvertraute Katecheten oder Geistliche, durch Eltern und Erzieher, auf dass wir jeden Tag ein wenig mehr begreifen und sich erfüllt, was Jesus seinen Aposteln in Joh 16,13 gesagt hat: Der Geist führe uns in die ganze Wahrheit!
Unser irdisches Dasein muss von Gotteslob erfüllt sein. Schließlich üben wir zeitlebens ein, was wir in der Ewigkeit dauerhaft tun werden – Gott unverhüllt schauen und ihn immerwährend preisen mit allen Engeln und Heiligen. So sei jetzt schon dieses Dasein von Gotteslob erfüllt, aber auch deshalb, weil es die einzige angemessene Antwort auf Gottes Offenbarung an uns darstellt. Seine Selbstkundgabe ist schließlich ein einziger Ausdruck seiner großen Liebe zu uns.

Lk 17
20 Als Jesus von den Pharisäern gefragt wurde, wann das Reich Gottes komme, antwortete er: Das Reich Gottes kommt nicht so, dass man es beobachten könnte.
21 Man kann auch nicht sagen: Seht, hier ist es! oder: Dort ist es! Denn siehe, das Reich Gottes ist mitten unter euch.
22 Er sagte zu den Jüngern: Es werden Tage kommen, in denen ihr euch danach sehnt, auch nur einen von den Tagen des Menschensohnes zu sehen; doch ihr werdet ihn nicht sehen.
23 Und man wird zu euch sagen: Siehe, dort ist er! Siehe, hier ist er! Geht nicht hin und lauft nicht hinterher!
24 Denn wie der Blitz von einem Ende des Himmels bis zum andern leuchtet, so wird der Menschensohn an seinem Tag erscheinen.
25 Vorher aber muss er vieles erleiden und von dieser Generation verworfen werden.

Im Evangelium wird Jesus wie so oft mit einer pharisäischen Frage konfrontiert. Und zwar geht es um den Zeitpunkt des eintreffenden Reiches Gottes. Jesus erklärt daraufhin, dass dessen Kommen nicht zu sehen ist wie eine sichtbare Sache. Deshalb führt er aus: „Man kann auch nicht sagen: Seht, hier ist es! oder: Dort ist es!“ Vielmehr erklärt er voller Verheißung: „Denn siehe, das Reich Gottes ist mitten unter euch.“ Wenn er das so sagt, dann meint er damit sich selbst. Denn das Reich Gottes hängt untrennbar mit der Person Jesu Christi zusammen. An anderer Stelle, zum Beispiel nach Markus bei seiner Antrittsrede, sagt Jesus: „Das Reich Gottes ist nahe“ und immer wieder wird deutlich, dass das Reich Gottes angebrochen ist. Das ist deshalb der Fall, weil Gott Mensch geworden ist, um unter ihnen sein Zelt aufzuschlagen. Wo Jesus Christus gegenwärtig ist, da ist das Reich Gottes schon mitten unter den Menschen. Das bedeutet für uns Katholiken, dass wo die Eucharistie gefeiert wird, wo Christus im allerheiligsten Sakrament angebetet wird, da ist das Reich Gottes schon mitten unter uns. Wie unverzichtbar ist sie also, die heilige Eucharistie! Und wie leichtsinnig ist es also, sie durch Wortgottesdienste zu ersetzen, um den Einfluss von Laien, vor allem Frauen, zu erhöhen.
Das Reich Gottes ist auch zeitlich gesehen schon mitten unter den Menschen, denn eine neue Ära ist mit Christus angebrochen, die erst endet, wenn Christus ein zweites Mal kommen wird – und dann als verherrlichter Menschensohn zum Weltgericht.
Zu seinen Jüngern gewandt sagt Jesus dann: „Es werden Tage kommen, in denen ihr euch danach sehnt, auch nur einen von den Tagen des Menschensohnes zu sehen; doch ihr werdet ihn nicht sehen.“ Er meint damit diese besondere Gnadenzeit, in der Gott Mensch geworden und unter den Menschen wohnt. Sie dürfen Christus live erleben! Das ist so ein Privileg, das die wenigsten Menschen erfahren. Und wenn er dann weg ist, nämlich heimgekehrt zum Vater, werden sie den Wert dieser Gnadenzeit überhaupt erst richtig begreifen. Wenn der Geist Gottes sie erfüllt, werden sie vieles erst so richtig verstehen, aber dann wird Christus nicht mehr da sein. Dann werden sie sich zurücksehnen und ihn vermissen.
Vielleicht kann man die „Tage des Menschensohnes“ aber auch auf das zweite Kommen beziehen, also auf die Parusie Christi. Die Apostel werden die Wiederkunft Christi ersehnen, doch sie werden diese nicht erleben. Sie werden vielmehr als Märtyrer sterben und ins Himmelreich eingehen, aber die Wiederkunft des verherrlichten Menschensohnes auf der Erde werden sie nicht mitbekommen. Angesichts der vielen Bedrängnisse der ersten Christengeneration wird ihre Sehnsucht nach dem zweiten Kommen Christi groß sein.
Es werden falsche Messiasse auftreten und Behauptungen über das Reich Gottes aufgestellt werden. Falsche Propheten werden Häresien verbreiten, die dem Evangelium Jesu Christi widersprechen. Diese Verwirrungen werden dämonische Angriffe sein, doch die Apostel und Jünger sollen darauf nicht hereinfallen. Sie sollen den falschen Propheten nicht hinterherlaufen. In der Abschiedsrede im Abendmahlssaal sagt Jesus: „Euer Herz lasse sich nicht verwirren. Glaubt an Gott und glaubt an mich.“ Das trifft es gut auf den Punkt. Sie sollen ihren Blick nicht von Christus abwenden. Sobald dies geschieht, werden sie der Verwirrung anheimfallen.
Wenn der Menschensohn nämlich kommt (und nun erkennen wir, dass Jesus vor allem von seinem zweiten Kommen gesprochen hat), dann wird das so offensichtlich und sichtbar sein, dass es alle mitbekommen. Sein Kommen wird sein wie ein Blitz über den gesamten Himmel. So können die Jünger also gar nicht hereinfallen und denken, er sei schon gekommen, nur weil es falsche Propheten behaupten. Wenn Christus wiederkommt, werden es alle sehen.
Bevor dies alles geschieht, wird Christus aber vieles erleiden und den grausamen Kreuzestod sterben. Er wird auferstehen und nach vierzig Tagen zum Vater heimkehren. Nach unbekannter Zeit erst wird er wiederkommen.

Gott hat feste Pläne, die wir nicht kennen. Aber das ist nicht schlimm, denn er ist ein wunderbarer Schöpfer, gerechter Richter, guter Versorger der gesamten Schöpfung und wir können uns auf seine gute Vorsehung ganz verlassen. Das wird in den heutigen Lesungen ausführlich und tiefgründig reflektiert. Wir dürfen ihm ganz vertrauen und dieses Vertrauen wird Gott nie missbrauchen. Wenn wir ganz auf ihn vertrauen, haben wir nichts zu verlieren, nur etwas zu gewinnen – nämlich das Reich Gottes.

Ihre Magstrauss

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